Normenkette
BGB § 488 Abs. 1 S. 2
Tenor
1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam vom 28. März 2017, Az. 8 O 253/15, teilweise abgeändert und - zum Teil lediglich klarstellend und unter Berücksichtigung der erfolgten teilweisen Änderung der Widerklage - wie folgt neu gefasst:
Es wird festgestellt, dass die Beklagte aus den Darlehensverträge vom 19./28. Januar 2007 zu den Darlehensnummern 7...833 und 7...908 infolge des am 5. August 2014 bei der Beklagten eingegangen Widerrufs des Klägers keinen Anspruch mehr auf den Vertragszins und die vertragsgemäße Tilgung hat.
Auf die Widerklage wird unter Abweisung der Widerklage im Übrigen,
a) der Kläger verurteilt, an die Beklagte 66.195,72 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 4,42 % p.a. seit dem 1. Februar 2018 sowie weitere 30.863,38 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 4,47 % p.a. seit dem 1. Februar 2018 zu zahlen;
b) festgestellt, dass die Widerklage bezüglich der Differenz des Betrags von 70.336,64 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 4,42 % p.a. seit dem 1. Juli 2016 sowie weiterer 32.699,70 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 4,47 % p.a. seit dem 1. Juli 2018 und der unter a) genannten Beträgen erledigt ist.
2. Die Berufung des Beklagten wird zurückgewiesen.
3. Von den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens trägt der Kläger 70 % und die Beklagte 30 %. Von den Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger 36 % und die Beklagte 64 %.
4. Das Urteil des Landgerichts und dieses Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Parteien können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Beschluss
Der Streitwert für die Gerichtskosten wird für die erste Instanz - die erstinstanzliche Festsetzung abändernd - auf 148.256,59 EUR und für die zweite Instanz auf 44.474,54 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Parteien streiten über die Wirksamkeit des Widerrufs zweier Verbraucherdarlehensverträge und die sich daraus ergebenden Folgen.
Die Beklagte gewährte den Kläger mit zwei Verbraucherverträgen vom 19./28. Januar 2007
1. unter der Kontonummer Nr. 7...833 (im Folgenden: -833) zu einem bis zum 31. Dezember 2016 festgeschriebenen Zinssatz von 4,42 % p.a. ein Darlehen über einen Nominalbetrag von 88.000 EUR mit einer Laufzeit bis Juni 2035,
2. unter der Kontonummer Nr. 7...908 (im Folgenden: -908) zu einem bis zum 30. Juni 2018 festgeschriebenen Zinssatz von 4,47 % p.a. ein Darlehen über einen Nominalbetrag von 40.000 EUR mit einer Laufzeit bis Oktober 2035.
Den - in einer Vertragsurkunde zusammengefassten - Darlehensverträgen war eine Widerrufsbelehrung angefügt, die unter anderem folgende Formulierungen enthielt:
"Widerrufsbelehrung
Sie können ihre Vertragserklärung innerhalb von zwei Wochen ohne Angabe von Gründen in Textform ... widerrufen. Der Lauf der Frist beginnt frühestens mit Erhalt der Belehrung ..."
[...]
Besonderer Hinweise:
Ihr Widerrufsrecht erlischt vorzeitig, wenn der Vertrag vollständig erfüllt ist und Sie dem ausdrücklich zugestimmt haben.
[...]
Finanzierte Geschäfte
[...] Können Sie auch den anderen Vertrag widerrufen, so müssen Sie den Widerruf gegenüber Ihrem diesbezüglichen Vertragspartner erklären.
Zu den weiteren Einzelheiten wird auf die als Anlage K1 zur Akte gereicht Ablichtung der Vertragsurkunde nebst Widerrufsbelehrung Bezug genommen (Bl. 9 ff. d.A.).
Die Darlehen dienten der Umschuldung einer vorangegangenen Finanzierung durch die B... AG im Hinblick auf den Erwerb einer Eigentumswohnung zur Eigennutzung. Zur Sicherung der Ansprüche veranlasste der Kläger die Abtretung eines Teilbetrags von 128.000,00 EUR an der zugunsten der B... AG bestehender Grundschuld an dem finanzierten Objekt ...straße 1 in B.... Die Parteien vereinbarten, dass die Grundschuld der Sicherung aller bestehenden und künftigen Forderungen der Beklagten gegen den Kläger dienen sollte.
Mit E-Mail-Nachrichten vom 8. April 2014 und 19. Juni 2014 fragte der Kläger bei der Beklagten wegen der Möglichkeit einer Anschlussfinanzierung nach. Die von der Beklagten dem Kläger übersandten Prolongationsangebote blieben unbeantwortet.
Mit Schreiben vom 4. August 2014 und mit E-Mail vom 5. August 2014, eingegangen bei der Beklagten jeweils am 5. August 2014, erklärte der Kläger gegenüber der Beklagten den Widerruf seiner auf die Darlehensverträge bezogenen Vertragserklärungen und bat um Mitteilung, wie die Verträge schnellstmöglich rückabgewickelt werden können (K3, Bl. 15 d.A.). Die Beklagte wies mit Schreiben vom 8. August 2014 den Widerruf mit der Begründung zurück, die Widerrufsbelehrung sei hinreichend gewesen, jedenfalls sei die Ausübung des Widerrufsrechts treuwidrig oder verwirkt (K4, Bl. 16-18 d.A.).
Bis zum Widerruf zahlte der Kläger auf das Darlehen -833 Zins- und Tilgungsleistungen in Höhe von 31.387,54 EUR und auf das Darlehen -908 in Höhe von jedenfalls...