Verfahrensgang
LG Potsdam (Aktenzeichen 51 0 7/21) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 1 Kammer für Handelssachen vom 24.09.2021 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
1. Es wird festgestellt, dass der zu Tagesordnungspunkt 1 gefasste Beschluss der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 23. 05.2018 über die Einziehung des Geschäftsanteils des Gesellschafters T... K... nichtig ist.
2. Es wird festgestellt, dass der Kläger Gesellschafter der Beklagten ist.
3. Die Beklagte wird verurteilt, die aktuelle Gesellschafterliste entsprechend der Anlage zu diesem Urteil unverzüglich bei dem Amtsgericht Potsdam, Registergericht, zum Geschäftszeichen HRB ... P zur Hereinnähme in den geführten Registerordner einzureichen.
Die weitergehende Klage wird abgewiesen, die Berufung im Übrigen zurückgewiesen.
Von den Kosten beider Instanzen haben der Kläger 5 % und die Beklagte 95 % zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar
Gründe
l. Der Kläger und F... R... (im Folgenden: F... R. oder Mitgesellschafter) waren ausweislich der Gesellschafterliste vom 28.09.2012 zu gleichen Teilen als Gesellschafter der Beklagten eingetragen. Zwischen den Gesellschaftern besteht jedenfalls seit Ende 2017 Streit, der in diversen einstweiligen Verfügungsverfahren und Rechtsstreitigkeiten über mehrere Instanzen ausgetragen wurde und wird. So erhob F... R. Nichtigkeits- und Anfechtungsklage gegen die Beschlussfassungen der Gesellschafterversammlung vom 26. 02.2018 und 01. 03.2018, mit denen ihm sein Geschäftsanteil entzogen wurde, er als Geschäftsführer abberufen und der hiesige Kläger zum Geschäftsführer berufen wurde, der - rechtskräftig - stattgegeben wurde. Die in jenem Verfahren (52 0 75/18 bzw. 4 U 134/20) von F... R. überdies erhobene allgemeine Feststellungsklage gerichtet darauf festzustellen, dass der Beschluss der außerordentlichen Gesellschafterversammlung vom 23.05.2018, mit dem die Geschäftsanteile des hiesigen Klägers eingezogen worden sind, wirksam sei, ist in der Berufungsinstanz ohne Erfolg geblieben, eine Nichtzulassungsbeschwerde ist beim BGH (II ZR 102/21) anhängig.
Im Nachgang zu der vorgenannten Gesellschafterversammlung vom 23. 05. 2018 reichte F... R. am 19. 06.2018 eine neue Gesellschafterliste ein, die nur noch ihn als Gesellschafter ausweist und am 02. 07.2018 in den Registerordner eingestellt wurde.
Mit seiner am 18. 06.2018 eingegangenen und am 19. 07.2018 zugestellten Klage wendet sich der Kläger u.a. gegen in dieser außerordentlichen Gesellschafterversammlung vom 23. 05.2018 gefasste Beschlüsse, mit denen sein Geschäftsanteil eingezogen (TOP 1) und das Steuerbüro (X) Steuerberatungsgesellschaft mit der Erstellung der Jahresabschlüsse für die Jahre 2015 bis 2017 und der entsprechenden Buchungen der Geschäftsvorfälle beauftragt wurde (TOP 2).
Er machte im Wesentlichen geltend, beide Beschlüsse seien unwirksam, weil sie infolge der bereits in der Gesellschaften/ersammlung vom 01. 03.2018 erfolgten Einziehung der Geschäftsanteile des F... R. nicht mit der erforderlichen Stimmenmehrheit gefasst worden seien. Die Beschlüsse seien überdies deshalb nichtig, jedenfalls anfechtbar, da F... R. die Ladungsberechtigung gefehlt habe und die Gesellschafterversammlung an einem untauglichen Ort, nämlich - unstreitig - im Keller des Privathauses des Mitgesellschafters, und in Anwesenheit von 4 weiteren Personen stattgefunden hat. Der Kläger vertrat die Auffassung, bei einer Zwei-Personen-GmbH seien wechselseitige Einziehungsanträge unzulässig, in einem solchen Fall sei eine Auflösungsklage geboten. Ein wichtiger Grund für die Ausschließung des Klägers aus der Gesellschaft sei nicht vorgetragen. Jedenfalls seien F... R. selbst seine Ausschließung rechtfertigende Pflichtverletzungen vorzuwerfen mit der Folge, dass er die Ausschließung des Klägers nicht verlangen könne. Der Einziehungsbeschluss sei nichtig, weil die Beklagte zum Zeitpunkt der Beschlussfassung nicht in der Lage gewesen sei, die nach § 14 des Gesellschaftsvertrages geschuldete Einziehungsvergütung, die mit mindestens dem von der Beklagten ermittelten Betrag von 189. 476,79 anzusetzen sei, nicht aus ihrem freien Vermögen habe zahlen können; dies ergebe sich etwa aus den eine bilanzielle Überschuldung ausweisenden veröffentlichten Jahresabschlüssen der Beklagten für 2017 und 2018.
Die klageerweiternd für den Fall des Obsiegens mit dem Klageantrag zu 1 begehrte Verurteilung zur Einreichung einer geänderten Gesellschafterliste werde auf ein gesetzliches Schuldverhältnis gestützt; der Rechtsanspruch im Falle einer erforderlichen Änderung der Gesellschafterliste müsse (auch) gegenüber der Gesellschaft durchsetzbar sein.
Die - in erster Instanz durch F... R. als Geschäftsführer vertretene - Beklagte wandte gegen ihre Inanspruchnahme im Wesentlichen ein, der Klageantrag zu 1 sei wegen doppelter Rechtshängigkeit unzulässig. Ohnehin sei der Kläger nicht Gesellschafter geworden; die Anteilsübertragung mit notariellem Vertrag vom 28. 09. 2012 sei sittenwid...