Normenkette
VOB/B § 17 Nr. 1
Verfahrensgang
LG Potsdam (Urteil vom 13.10.2010) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 8. Zivilkammer des LG Potsdam vom 13.10.2010 abgeändert:
Das Versäumnisurteil vom 14.6.2010 wird aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen hat die Klägerin zu tragen mit Ausnahme der Kosten der Säumnis im Termin am 14.6.2010, die von der Beklagten zu tragen sind.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Herausgabe einer zugunsten der Beklagten ausgestellten Bürgschaftsurkunde der Z. AG vom 14.10.2002 über 70.278,62 EUR in Anspruch.
Die Bürgschaft bezieht sich auf Gewährleistungsansprüche der Beklagten gegen die Klägerin aufgrund eines Bauvertrages vom 10.07./1.10.2001 über den "Neubau der schlüsselfertigen Zwei-Feld-Mehrzwecksporthalle inkl. Außenanlagen und Neubau der Zufahrtstraße".
In dem Bauvertrag war eine Gewährleistung von fünf Jahren, beginnend jeweils mit der förmlichen Abnahme, vereinbart.
Die von der Klägerin erbrachten Leistungen wurden am 27.9.2002 abgenommen.
Die Bürgschaftserklärung vom 14.10.2002 hat unter II. folgenden Wortlaut:
"... bürgt die Z. AG ... für den Auftragnehmer gegenüber dem Auftraggeber selbstschuldnerisch unter Verzicht auf die Einreden der Anfechtung der Aufrechnung und der Vorausklage (§§ 770 Abs. 1 und 2, 771 BGB) für die Erfüllung der Mängelgewährleistungsansprüche im Rahmen der VOB/VOL bis zur Höhe der unten genannten Bürgschaftssumme. Die Z. kann nur auf Bezahlung der Mängelbeseitigungskosten in Anspruch genommen werden.
Bürgschaftssumme: 70.278,82 EUR
...
Laufzeit: unbefristet
Die Verpflichtung aus dieser Bürgschaft erlischt, soweit der Z. diese Urkunde - auch über Dritte - zurück gegeben wird, spätestens, wenn die Z. nicht bis zum Ablauf der vertraglich vereinbarten Gewährleistungsfrist in Anspruch genommen wurde, auf jeden Fall jedoch zum Ende der oben angegebenen Laufzeit."
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Beklagte sei nach Ablauf der Gewährleistungsfrist am 27.9.2007 zur Herausgabe der Bürgschaft verpflichtet und befinde sich mit dieser Verpflichtung jedenfalls nach Fristsetzung bis zum 29.10.2008 seit dem 30.10.2008 in Verzug. Soweit die Beklagte Mängel, insbesondere in Bezug auf die Abdichtung des Gebäudes geltend mache, seien diese verjährt.
Die Beklagte hat gemeint, ihr stehe ein Zurückbehaltungsrecht gegenüber der Forderung auf Herausgabe der Bürgschaft zu, da die Klägerin die innerhalb der Gewährleistungsfrist angezeigten Mängel nicht vollständig und nicht ordnungsgemäß beseitigt habe. Insoweit ist zwischen den Parteien streitig, ob überhaupt noch Mängel vorhanden und in unverjährter Zeit gerügt worden sind, was die Klägerin insbesondere unter Bezugnahme auf ein Schreiben der Beklagten vom 9.4.2009 in Frage stellt.
Das LG hat die Beklagte zunächst mit Versäumnisurteil vom 14.6.2010 zur Herausgabe der Bürgschaftsurkunde sowie zur Zahlung eines Verzugsschadens i.H.v. 4 % pro Jahr aus 70.278,42 EUR seit dem 30.10.2008 verurteilt und festgestellt, dass die durch die Bürgschaft gesicherten Gewährleistungsansprüche gegen die Klägerin aus dem Bauvertrag erloschen sind.
In dem nach Einspruch fortgesetzten erstinstanzlichen Rechtsstreit hat die Klägerin ihre Klage um einen Anspruch auf Verurteilung der Beklagten zur Zahlung außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten erweitert, die sie insoweit im Termin vom 20.9.2010 allerdings in Bezug auf die zunächst geltend gemachte Mehrwertsteuer wieder zurückgenommen hat. Darüber hinaus hat die Klägerin den Feststellungsantrag zu 3. zurückgenommen.
Mit Urteil vom 13.10.2010 hat das LG das Versäumnisurteil vom 14.10.2010 sodann in Bezug auf die Ziff. 1 und 2 aufrechterhalten und die Beklagte darüber hinaus verurteilt, an die Klägerin 807,80 EUR als vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten zu zahlen.
Zur Begründung hat das LG ausgeführt, der Klägerin stehe ein Anspruch auf Rückgabe der Bürgschaftsurkunde zu, wobei dahinstehen könne, ob die Beklagte überhaupt hinreichend vorgetragen und unter Beweis gestellt habe, welche Mängel an dem streitgegenständlichen Objekt tatsächlich noch vorlägen.
Zwar sei anerkannt, dass der Auftraggeber eine Sicherheit i.S.d. § 17 Nr. 1 VOB/B a.F. nicht herausgeben müsse, wenn die der Sicherheitsvereinbarung zugrunde liegenden Gewährleistungsansprüche zwar verjährt seien, er aber die Mängel, auf denen die geltend gemachten Ansprüche beruhten, in unverjährter Zeit gerügt habe. Etwas anderes gelte allerdings dann, wenn das Berufen auf das aus § 17 Nr. 8 Satz 2 VOB/B abgeleitete Zurückbehaltungsrecht rechtsmissbräuchlich sei. Dies sei jedenfalls dann anzunehmen, wenn sich der Auftraggeber aus der Gewährleistungsbürgschaft im Verhältnis zum Bürgen nicht mehr...