Normenkette

BGB § 765

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam vom 24. Mai 2017 teilweise wie folgt abgeändert:

Die Beklagte wird verurteilt, über den bereits zuerkannten Betrag hinaus weitere 102.400,00 EUR nebst Zinsen hieraus i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 3. Mai 2016 zu zahlen.

Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz haben die Klägerin 9 % und die Beklagte 91 % zu tragen; die Kosten des Berufungsverfahrens fallen der Beklagten zur Last.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages Sicherheit leistet.

 

Gründe

Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Zahlung von zuletzt 1.120.000 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus einer mit Bürgschaftsurkunde vom 28.04.2010 zur Sicherung der von der Klägerin für die V... GbR (im Folgenden: Hauptschuldnerin) gewährten Kredite zum Erwerb eines Schiffs übernommenen Ausfallbürgschaft in Anspruch.

Die Klägerin vertrat die Auffassung, nach den Bürgschaftsbedingungen hafte die Beklagte - über die unstreitige Haftung für den Betriebsmittelkontokorrentkredit i.H.v. 40.000 EUR hinaus - für ihren Ausfall in Bezug auf das Hausbankdarlehen II i.H.v. 1.235.649,79 EUR begrenzt auf 80 % der ursprünglichen Darlehenssumme (1.350.000 EUR), mithin i.H.v. 1.080.000 EUR.

Die Beklagte wandte gegen ihre Inanspruchnahme im Wesentlichen ein, sie hafte - wie es in der Vergangenheit auch die Klägerin gesehen habe - lediglich i.H. von 80 % des Ausfalls. Überdies sei sie nach Ziffer 5.10 ihrer AGB von der Einstandspflicht insgesamt befreit, denn die Klägerin habe sowohl bei der Einräumung der Kredite und Beantragung der Ausfallbürgschaft als auch bei deren Überwachung unsorgfältig gehandelt.

Der Klägerin sei die Kenntnis des Herrn H..., dass (auch vorliegend) kein "echtes" Eigenkapital der Partikuliere vorhanden gewesen sei, zuzurechnen. Sie hätte sie auch darüber informieren müssen, dass sie bereits gegen den Kreditvermittler H... den Verdacht gefasst - und angezeigt - habe, dass dieser Geldwäsche betreibe. Die Klägerin hätte sich nicht auf das Wertgutachten des Sachverständigen S... verlassen dürfen, weil ihr und dem Kreditvermittler H... bekannt gewesen sei, dass dessen Bewertung des Schiffs nicht auf gutachterlicher Expertise beruht habe, sondern durch den verlangten Kaufpreis vorgegeben gewesen sei. Sie habe zudem auf die durchgängig überhöhten Entnahmen der Gesellschafter der Hauptschuldnerin nicht rechtzeitig und angemessen reagiert.

Die Beklagte meinte, der Hauptschuldnerin stehe gegen die Klägerin ein Schadensersatzanspruch wegen fehlerhafter Beratung zur Finanzierung des Schiffs entsprechend der Schrottimmobilienrechtsprechung zu, denn sie sei über die Risiken des Geschäfts, insbesondere die Strafbarkeit der Eigenmittelmanipulation und den wesentlich geringeren als in dem Gutachten ausgewiesenen Wert des Schiffs, nicht aufgeklärt worden; diesen Anspruch könne sie als Bürgin gemäß § 768 BGB der Klägerin entgegenhalten.

Des Weiteren stehe ihr sowohl aus c.i.c. als auch aus unerlaubter Handlung ein eigener Schadensersatzanspruch zu, mit dem sie hilfsweise gegen die Klageforderung aufrechne.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird mit der folgenden Ergänzung auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 ZPO):

Die der Bürgschaftsurkunde beigefügten "Allgemeine[n] Bedingungen für den Bürgschaftsvertrag" (im Folgenden: ABB, Anlage K 4, Bl. 21 f. d.A.) der Beklagten lauten auszugsweise wie folgt:

"1. Umfang der Bürgschaft

1.1. Bis zum Höchstbetrag werden verbürgt

(...)

1.1.3. ab Eintritt des Verzugs die Zinsen, die gegenüber dem Kreditnehmer als Schadensersatzanspruch geltend gemacht werden können. Die Höhe des Schadensersatzanspruchs ist auf den Basiszinssatz zuzüglich 3 % begrenzt. In keinem Fall darf jedoch der vertraglich vereinbarte und von der B...bank gebilligte Regelzinssatz überschritten werden.(...)

1.2 Sonstige Verzugsschäden (...) und alle etwaigen sonstigen Nebenforderungen sind nicht verbürgt und dürfen auch nicht mittelbar in eine Ausfallberechnung einbezogen werden (...).

3.1 Der Kreditgeber hat bei der Antragstellung und der Beurteilung des Kreditnehmers und seines Antrags sowie bei der Einräumung, Verwaltung, Überwachung und Abwicklung des verbürgten Kredits und der hierfür bestellten Sicherheiten die Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns anzuwenden. (...)

3.4 Der Kreditgeber ist verpflichtet, die zweckgebundene Verwendung der Kreditmittel und die Einhaltung der im Zusammenhang mit der Übernahme der Bürgschaft getroffenen Vereinbarungen zu überwachen.

3.5. Der Kreditgeber hat Ereignisse, die wesentliche Rückwirkungen auf das V...

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