Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausgleich nach täuschungsbedingter Überweisung
Leitsatz (amtlich)
Wenn das Leistungsverhältnis zwischen Zahler und Zahlungsdienstleister fehlt, begründet der nicht autorisierte Zahlungsvorgang eine Nichtleistungskondiktion des Zahlungsdienstleisters gegen den Zahlungsempfänger.
Wer sich nicht dem vermeintlichen Geschäftsherrn verpflichtet fühlt, sondern meint, es bestehe eine eigene Handlungspflicht gegenüber einem anderen, handelt mit dem Willen, diese eigene Pflicht ohne Rücksicht auf die Interessen des vermeintlichen Geschäftsherrn zu erfüllen, und damit ohne Fremdgeschäftsführungswillen. Dass er zugleich auch ein Geschäft des vermeintlichen Geschäftsherrn "mitbesorgt", vermag ein Geschäftsführungsverhältnis nicht zu begründen.
Der Ersatz der Aufwendungen desjenigen, der dem unmittelbar Geschädigten Ersatz leistet, ohne selbst dazu verpflichtet zu sein, gehört nicht zum Schutzobjekt der Geldwäsche (§ 261 StGB). Ein Individualschutz des durch die Vortat Geschädigten beschränkt sich im Falle des Betruges als Vortat auf denjenigen, bei dem durch die irrtumsbedingte Verfügung der Betrugsschaden eingetreten ist.
Das Urteil ist rechtskräftig. Die zugelassene Revision ist nicht eingelegt worden.
Normenkette
BGB §§ 123, 675, 677, 683, 812 Abs. 1 S. 1, § 823 Abs. 2; StGB § 261; VVG § 86 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Cottbus (Urteil vom 18.01.2017; Aktenzeichen 4 O 287/15) |
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Cottbus vom 18. Januar 2017 abgeändert:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Anschlussberufung der Klägerin wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Die Revision der Klägerin wird zugelassen.
Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 Prozent des auf Grund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
Die klagende Versicherungsgesellschaft verfolgt einen Anspruch, den sie auf Grund einer beim Online-Banking begangenen Betrugstat für auf sich übergegangen hält.
I. 1. Die Klägerin war Versicherer der ... Bank. Der Versicherungsvertrag beruhte auf einer sogenannten Geno-Bankpolice. Zum versicherten Risiko gehörten Vermögensschäden, die im Online-Banking durch Überweisungen entstanden, die durch unberechtigte Dritte übermittelt wurden (Bl. 74).
Der Beklagte meldete sich auf eine ebay-Kleinanzeige und schloss einen Arbeitsvertrag mit einem Arbeitgeber, der sich "A... Immobilien" nannte und angab, in der Schweiz ansässig zu sein. Der Beklagte übernahm die Aufgabe, Geldbeträge, die aus Anzahlungen für Immobilienverkäufe seines Arbeitgebers stammen sollten, durch Überweisungen auf sein Bankkonto zu vereinnahmen, abzüglich einer Provision bar abzuheben und mittels einer Bareinzahlung bei einer anderen Bank nach Sankt Petersburg zu übermitteln. Er stand ausschließlich in eMail- und fernmündlichem Kontakt zu seinem Arbeitgeber.
Herr S war Kunde der ... Bank, die sein Girokonto führte. Herr S nahm am Online-Banking teil. Unbekannte installierten auf dem Computer des Herrn S einen Virus und täuschten ihm auf einer von ihnen nachgemachten Internetseite, die wie diejenige der ... Bank aussah, vor, seinem Konto sei eine Überweisung von 9.315 Euro gutgeschrieben worden. Die nachgemachte Internetseite enthielt die vermeintlich von der ... Bank stammende Erklärung, die Überweisung beruhe auf einem Irrtum, und die Bitte, den Betrag zur Bereinigung des Irrtums auf ein angegebenes Konto zu überweisen. Dieser Bitte entsprach Herr S.
Er überwies auf das angegebene Konto, das bei einer anderen Bank für den Beklagten und dessen Ehefrau geführt wurde. Der Beklagte wurde durch einen Anruf seines Arbeitgebers angewiesen, 315 Euro für sich zu behalten und 9.000 Euro von seinem Konto abzuheben und weiterzuleiten. So verfuhr der Beklagte.
Die ... Bank erstattete Herrn S den überwiesenen Betrag. Sie meinte, zur Erstattung verpflichtet zu sein, weil sie dessen Konto nicht habe belasten dürfen, weil er die Überweisung nicht autorisiert habe.
Die Klägerin hat behauptet, sie habe den Betrag auf Grund einer Schadenmeldung an die ... Bank gezahlt. Die Klägerin hat gemeint, der Beklagte habe erkennen müssen, dass er an einem Betrug mitgewirkt habe.
Die Klägerin hat beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an sie 9.315,00 Euro zuzüglich der Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 19.02.15 zu zahlen sowie die vorgerichtlichen Kosten in Höhe von 952,71 Euro nebst gesetzlicher Zinsen seit Rechtshängigkeit,
festzustellen, dass die Forderung i.H.v. 9.315 Euro auf einer vorsätzlich unerlaubten Handlung gem. § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 261 Abs. 2 Nr. 2 StGB beruht.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat den Bestand des Versicherungsvertrages und die Zahlung der Klägerin an die ... Bank bestritten und behauptet, er habe die Herkunft de...