Leitsatz

  1. Der Regressverzicht des Versicherers entfällt nur dann, wenn der Brand vom Mieter vorsätzlich oder grob fahrlässig verursacht wurde. Im Fall der groben Fahrlässigkeit ist erforderlich, dass der Mieter sowohl objektiv als auch subjektiv grob fahrlässig handelt. Die subjektive Fahrlässigkeit kann entfallen, wenn das Fehlverhalten des Mieters auf einem Augenblicksversagen beruht.
  2. Das Vorliegen der objektiven und subjektiven groben Fahrlässigkeit ist vom Versicherer zu beweisen.

(Leitsätze der Redaktion)

 

Normenkette

BGB § 538

 

Kommentar

Der Mieter einer Wohnung gab eine Packung tiefgefrorener Kroketten in eine Friteuse und verließ die Küche, um das Fernsehgerät einzuschalten und ein ihm zusagendes Programm auszuwählen. Beim "Zappen" durch die Programme vergaß er die Friteuse, deren kochendes Fett sich entzündete. Es kam zu einem Wohnungsbrand, wodurch ein erheblicher Schaden entstand. Die Gebäudeversicherung des Vermieters hat den Schaden ersetzt; sie nimmt den Mieter auf Regress in Anspruch.

Nach den Grundsätzen der Rechtsprechung ist der Gebäudeversicherungsvertrag dahin ergänzend auszulegen, dass ihm ein Regressverzicht des Versicherers für die Fälle zu entnehmen ist, in denen der Mieter einen Schaden durch einfache Fahrlässigkeit verursacht hat (sog. "versicherungsrechtliche Lösung"; BGH, Urteil v. 8.11.2000, IV ZR 298/99, BGHZ 145 S. 393; Urteil v. 14.2.2001, VIII ZR 292/98, VersR 2001 S. 856; Urteil v. 3.11.2004, VIII ZR 28/04, WuM 2005 S. 57; Urteil v. 12.12.2001, XII ZR 153/99, VersR 2002 S. 433; Urteil v. 18.6.2008, IV ZR 108/06, VersR 2008 S. 1108). Der Regressanspruch setzt danach also voraus, dass der Schaden vom Mieter vorsätzlich oder grob fahrlässig verursacht wird.

Hier kommt grobe Fahrlässigkeit in Betracht. Sie liegt vor, wenn der Mieter die verkehrsübliche Sorgfalt in ungewöhnlich hohem Maße verletzt. Dabei ist zwischen der objektiven und der subjektiven Fahrlässigkeit zu unterscheiden. Die Haftung wegen grober Fahrlässigkeit setzt voraus, dass der Mieter sowohl objektiv als auch subjektiv grob fahrlässig handelt. Bei der subjektiven Fahrlässigkeit spielt insbesondere der Begriff des "Augenblicksversagens" eine Rolle. Ein solches Augenblicksversagen ist zu erwägen, wenn das Fehlverhalten auf einer vorübergehenden Konzentrationsschwäche beruht. Dies hat das Gericht im Entscheidungsfall angenommen.

 

Link zur Entscheidung

BGH, Urteil v. 10.5.2011, VI ZR 196/10, VersR 2011 S. 916

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