Leitsatz

  1. Wird ein Brand durch einen Mieter fahrlässig verursacht, so haftet dieser dem Vermieter auf Ersatz des hierdurch entstandenen Schadens. Wird dieser Schaden durch die Gebäudeversicherung des Vermieters ersetzt, gehen die Ersatzansprüche des Vermieters nach den versicherungsrechtlichen Bestimmungen auf den Versicherer über. Jedoch ergibt sich aus einer ergänzenden Auslegung des Gebäudeversicherungsvertrags, dass der Versicherer auf den Regress verzichtet, wenn der Mieter den Schaden nicht vorsätzlich oder grob fahrlässig verursacht hat.
  2. Der Regressverzicht gilt auch dann, wenn der Mieter haftpflichtversichert ist und er deshalb seine Versicherung in Anspruch nehmen könnte. Der Gebäudeversicherer hat aber einen hälftigen Ausgleichsanspruch gegen den Haftpflichtversicherer.
  3. Der Vermieter muss beweisen, dass die Brandursache in dem Verantwortungsbereich des Mieters liegt. Der Mieter muss sich hinsichtlich Verursachung und Verschulden entlasten. Für den Ausgleichsanspruch des Gebäudeversicherers gegen den Haftpflichtversicherer des Mieters gelten keine anderen Beweislastgrundsätze als für den Anspruch des Vermieters gegen den Mieter.
  4. Der Entlastungsbeweis setzt nicht den Ausschluss letzter Zweifel, sondern nur einen für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit voraus.

(Leitsätze der Redaktion)

 

Normenkette

BGB § 538

 

Kommentar

Durch einen Wohnungsbrand entstand ein Schaden in Höhe von ca. 70.000 EUR, der von dem Gebäudeversicherer des Vermieters reguliert wurde. Nach den Ermittlungen lag der Brandherd im Bereich des Fernsehgeräts. Der Mieter war vor dem Gerät eingeschlafen; dieses geriet nach einer ca. 10-stündigen Betriebsdauer in Brand. Die genaue Ursache des Brandes konnte nicht geklärt werden. Die Gebäudeversicherung des Vermieters nimmt den Haftpflichtversicherer des Mieters auf Ersatz der hälftigen Schadenssumme in Anspruch.

Ist der Vermieter gegen einen vom Mieter verursachten Schaden versichert, so ist der Versicherungsvertrag nach ständiger Rechtsprechung des BGH ergänzend dahingehend auszulegen, dass ihm ein Regressverzicht des Versicherers für die Fälle zu entnehmen ist, in denen der Mieter einen Schaden durch einfache Fahrlässigkeit verursacht hat (sog. versicherungsrechtliche Lösung; BGH, Urteil v. 8.11.2000, IV ZR 298/99, NJW 2001 S. 1353; Urteil v. 14.2.2001, VIII ZR 292/98, NVersZ 2001 S. 230; Urteil v. 3.11.2004, VIII ZR 28/04, WuM 2005 S. 57; Urteil v. 18.6.2008, IV ZR 108/06, WuM 2008 S. 502; Urteil v. 27.1.2010, IV ZR 129/09, WuM 2011 S. 579; Urteil v. 10.5.2011, VI ZR 196/10, WuM 2011 S. 575). Der Regressanspruch setzt nach dieser Rechtsprechung voraus, dass der Schaden vom Mieter vorsätzlich oder grob fahrlässig verursacht wird. Der Regressverzicht gilt auch dann, wenn der Mieter haftpflichtversichert ist und er deshalb seine Versicherung in Anspruch nehmen könnte. Der Gebäudeversicherer hat aber einen Ausgleichsanspruch gegen den Haftpflichtversicherer (BGH, Urteil v. 27.1.2010, IV ZR 129/09, WuM 2011 S. 579). Dies führt zum Ergebnis, dass der Schaden von beiden Versicherern je hälftig zu tragen ist (BGH, a.a.O.).

Nach allgemeinen mietrechtlichen Grundsätzen muss der Vermieter beweisen, dass die Brandursache in dem Verantwortungsbereich des Mieters liegt. Dieser Beweis ist geführt, wenn die Schadensursache dem Einflussbereich des Mieters zuzuordnen ist.

Praxis-Beispiel

Beweis durch Vermieter

Hiervon ist auszugehen, wenn feststeht, dass der Brand durch ein dem Mieter gehörendes elektrisches Gerät ausgelöst wurde (BGH, Urteil v. 27.1.2010, IV ZR 129/09, WuM 2011 S. 579 betr. überhitzte Herdplatte).

Dann muss der Mieter sich hinsichtlich Verursachung und Verschulden entlasten. Dieselben Grundsätze gelten im Prozess zwischen dem Gebäude- und dem Haftpflichtversicherer.

Der Senat führt in diesem Zusammenhang aus, dass der Entlastungsbeweis nicht erst dann geführt ist, wenn sämtliche theoretisch denkbaren und möglichen Ursachen ausscheiden. Die Überzeugung des Gerichts setzt "nicht den Ausschluss letzter Zweifel, sondern nur einen für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit voraus".

Hier war dem Mieter nicht vorzuwerfen, dass er vor dem Gerät eingeschlafen ist, weil Fernsehgeräte keiner Überwachung bedürfen. Für Pflichtverstöße des Mieters gab es keine konkreten Anhaltspunkte. Bei dieser Sachlage kommt der Senat zum Ergebnis, dass der Brand durch einen technischen Defekt verursacht wurde. Hierfür hat weder der Mieter noch dessen Haftpflichtversicherung einzustehen.

 

Link zur Entscheidung

OLG Köln, Urteil vom 06.09.2011, 9 U 40/11

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