Alexander C. Blankenstein
Die öffentlich-rechtlichen Pflichten der Wohnungseigentümer bezüglich des Zustands des Gemeinschaftseigentums sind gemeinschaftsbezogene Pflichten, die nach § 9a Abs. 2 WEG die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer wahrzunehmen hat. Der Verwalter fungiert im Rahmen seiner gesetzlichen Vertretungsbefugnis nach § 9b Abs. 1 WEG als ihr Ausführungsorgan. Er kann also als Zustandsstörer niemals verantwortlich sein.
Eine an die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer gerichtete Ordnungsverfügung kann allerdings dem Verwalter als Empfangsvertreter zugestellt werden, der dann die Wohnungseigentümer unverzüglich zu unterrichten hat. Hat die Behörde die sofortige Vollziehbarkeit einer gegen die Wohnungseigentümer gerichteten Ordnungsverfügung angeordnet, kann der Verwalter im Rahmen seiner gesetzlichen Aufgaben und Befugnisse nach§ 27 Abs. 1 Nr. 2 entsprechende Notmaßnahmen für die Gemeinschaft veranlassen.
Ist es also aus Gründen des Brandschutzes bei einem 6-geschossigen Gebäude erforderlich, einen zweiten Rettungsweg herzustellen, ist die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer in Anspruch zu nehmen. Handelt es sich um eine Sofort- bzw. Notmaßnahme, dürfte nach wie vor der Verwalter in Anspruch genommen werden, wenn eine Sofortmaßnahme, nämlich die Errichtung eines Gerüstes, durchzuführen ist, bei der für "Wie" und "Ob" kein Ermessen besteht. Die Ermächtigungsgrundlage für den Verwalter bildet hier nämlich § 27 Abs. 1 Nr. 2 WEG.
Als Handlungsstörer kann der Verwalter ordnungsrechtlich zur Verantwortung gezogen werden, wenn die Verursachung der Gefahr ihm bei wertender Betrachtung zuzuordnen ist, wenn sie also auf seiner selbstständigen Entscheidung beruht.
Mit Blick auf den Brandschutz sind allerdings praxisrelevante Konstellationen kaum denkbar.
Im Rahmen seiner Organisationspflicht ist der Verwalter verpflichtet, die Wohnungseigentümer auf die Anforderungen des Brandschutzes hinzuweisen und entsprechende Beschlüsse der Wohnungseigentümer vorzubereiten, etwa zur Einschaltung eines Sachverständigen. Verstoßen die Wohnungseigentümer durch Beschluss vorsätzlich gegen die einschlägigen öffentlich-rechtlichen Vorschriften, handelt der Verwalter ordnungswidrig, wenn er sich vorsätzlich an der Vorbereitung oder Durchführung des Beschlusses beteiligt. In diesem Fall kann die Behörde ein Bußgeld auch gegen den Verwalter verhängen.
Zusammengefasst kann der Verwalter allenfalls bei Notmaßnahmen, die keiner vorherigen Entscheidung durch die Eigentümer bedürfen, in Anspruch genommen werden. Darüber hinaus kann er als lediglich ausführendes Organ nicht für die Verpflichtungen der Eigentümer einstehen. Vielmehr muss er im Zweifel vorsorglich entsprechende Maßnahmen zur Beschlussfassung auf die Tagesordnung setzen, um so die Erfüllung seiner Pflichten zu dokumentieren.
Vorgehensweise des Verwalters
- Generell bietet es sich an, den Zustand des Gebäudes von einem Brandschutzexperten in Augenschein nehmen und sich bei der Verbesserung des Brandschutzes beraten zu lassen. Aufgrund der Beratung lassen sich die erforderlichen Maßnahmen in der Eigentümerversammlung besser begründen und umsetzen.
- Der Miet- bzw. Sondereigentumsverwalter muss den Eigentümer ausdrücklich auf die bestehenden Pflichten hinweisen und auf deren Erfüllung dringen. Im eigenen Interesse sollten diese Hinweise – insbesondere, wenn sich Probleme abzeichnen – in schriftlicher Form dokumentiert werden.
- Auch der WEG-Verwalter muss die Gemeinschaft auf die bestehenden Pflichten hinweisen und auf deren Erfüllung dringen. Da die Willensbildung gemäß § 23 WEG regelmäßig durch Beschluss in der Eigentümerversammlung erfolgt, sollten die jeweiligen Themen auf die Tagesordnung gesetzt und ein Beschluss herbeigeführt werden. Dies gilt selbst dann, wenn die Eigentümer den Beschluss absehbar ablehnen werden. Der Verwalter ist zur ordnungsmäßigen Verwaltung verpflichtet, wozu auch gehört, die Ausführung von gesetzlichen bzw. behördlichen Pflichten zu organisieren. Vorsorglich ist dies zu dokumentieren – selbst wenn dies durch ein Protokoll mit einem Negativbeschluss geschieht.
- Wird der Verwalter persönlich seitens der Baubehörde für einen Mangel verantwortlich gemacht bzw. nimmt diese ihn durch eine Verfügung in Anspruch, muss der Verwalter innerhalb der vermerkten Rechtsbehelfsfrist Widerspruch erheben und sofort anwaltlichen Beistand suchen, um hier die notwendigen Maßnahmen ergreifen zu können.