Jan Curschmann, Daniel Coelho Moreira
1. Eintritt in das Liquidationsstadium
Rz. 122
Nach der Auflösung einer Gesellschaft haben die Geschäftsführer unverzüglich die Ernennung der Liquidatoren zu veranlassen; die Geschäftsführung ist auf unaufschiebbare Geschäfte zu beschränken, Art. 1053 i.V.m. Art. 1036 CC. Gehen die Geschäftsführer nach Auflösung der Gesellschaft neue Geschäfte im Namen der Gesellschaft ein, so haften sie für die entstehenden Verbindlichkeiten gesamtschuldnerisch und unbeschränkt, Art. 1053 i.V.m. Art. 1036 CC. Im Falle der Auflösung kraft Gesetzes kann jeder Gesellschafter die gerichtliche Liquidation beantragen, Art. 1053 i.V.m. Art. 1036 § 1 CC. Erlischt die Genehmigung einer genehmigungsbedürftigen Gesellschaft, ohne dass die Gesellschaft in das Liquidationsstadium eintritt, so veranlasst die Staatsanwaltschaft (ministério público) die gerichtliche Liquidation, Art. 1053 i.V.m. Art. 1037 CC. Löst sich eine befristete Gesellschaft durch Zeitablauf auf, ohne dass die Gesellschaft in das Liquidationsstadium eintritt, gilt dagegen eine prolongatio tacita, wenn kein Gesellschafter Widerspruch erhebt (siehe Rdn 120).
Rz. 123
Die Ernennung eines Gesellschafters oder Dritten zum Liquidator erfolgt, soweit seine Person nicht im Gesellschaftsvertrag benannt ist, durch Gesellschafterbeschluss mit einfacher Mehrheit, Art. 1071 Abs. 7, 1076 Abs. 3, 1053 i.V.m. Art. 1038 CC. Soweit der Liquidator nicht bereits Geschäftsführer der Limitada war, wird seine Ernennung mit der Eintragung im zuständigen Register rechtswirksam, Art. 1102 § 1 CC. Der so berufene Liquidator kann jederzeit durch Gesellschafterbeschluss mit einfacher Mehrheit abberufen werden, Art. 1071 Abs. 7, 1076 Abs. 3, 1053 i.V.m. Art. 1038 § 1 Abs. 1 CC. In jedem Fall kann ein Liquidator aus wichtigem Grund (justa causa) durch gerichtlichen Beschluss auf Antrag eines Gesellschafters abberufen werden, Art. 1053 i.V.m. Art. 1038 § 1 Abs. 2 CC.
2. Durchführung der Liquidation
Rz. 124
Der Liquidator stellt ein Inventar und eine Bilanz der Aktiva und Passiva auf, Art. 1103 Abs. 3 CC. Er beendet die Geschäfte der Gesellschaft, realisiert die Aktiva, bezahlt die Passiva und teilt das übrige Vermögen unter den Gesellschaftern auf, Art. 1103 Abs. 4 CC. Weitere Aufgaben des Liquidators regelt Art. 1103 CC.
Rz. 125
Der Liquidator bezahlt die Schulden der Gesellschaft zu gleichen Anteilen, ungeachtet ihrer Fälligkeit, jedoch unter Berücksichtigung vorzugsweise zu befriedigender Gläubiger, Art. 1106 CC. Bezahlt der Liquidator eine Schuld vor der Fälligkeit, so sind die Zwischenzinsen vom Betrag der Forderung abzuziehen. Der Liquidator verlangt von den Gesellschaftern die Einzahlung der Stammeinlagen, soweit die Aktiva der Gesellschaft zur Deckung ihrer Passiva nicht ausreichen, Art. 1103 Abs. 5 CC.
Rz. 126
Auf die Haftung des Liquidators finden die Vorschriften für Geschäftsführer entsprechende Anwendung, Art. 1104 CC. Der Liquidator hat Vertretungsmacht für alle Handlungen, die zur Liquidation erforderlich sind, einschließlich der Veräußerung von Grundstücken, Art. 1105 CC. Zur Aufnahme von Darlehen – außer zur Bezahlung einer unaufschiebbaren Schuld – und zur Belastung beweglicher und unbeweglicher Sachen bedarf der Liquidator der ausdrücklichen Ermächtigung durch den Gesellschaftsvertrag oder eines Gesellschafterbeschlusses mit absoluter Mehrheit, Art. 1105 § 1 CC.
Rz. 127
Der Liquidator ist dem Aufsichtsrat zur Auskunft verpflichtet. Der Aufsichtsrat erfüllt die ihm zugewiesenen Aufgaben auch während der Liquidation der Gesellschaft unter Beachtung der besonderen Bestimmungen für die Liquidation (siehe Rdn 104). Der Liquidator berichtet der Gesellschafterversammlung halbjährlich unter Vorlage einer Bilanz und Rechnungslegung, Art. 1103 Abs. 6 CC.
3. Abschluss der Liquidation
Rz. 128
Nachdem die Passiva bezahlt sind und das restliche Gesellschaftsvermögen aufgeteilt wurde, beruft der Liquidator die Gesellschafterversammlung zur abschließenden Rechnungslegung ein, Art. 1108 CC. Über die Prüfung der Rechnungslegung der Liquidatoren befinden die Gesellschafter mit einfacher Mehrheit, Art. 1076 Abs. 3 i.V.m. Art. 1071 Abs. 7 CC. Die Beendigung des Liquidationsstadiums erfolgt durch Gesellschafterbeschluss mit ¾-Mehrheit, Art. 1109, 1076 Abs. 1 i.V.m. Art. 1071 Abs. 6 CC. Die Gesellschaft erlischt mit Eintragung des Gesellschafterbeschlusses im zuständigen Register, Art. 1109 CC. Der Abschluss der Liquidation führt zur Löschung der Gesellschaft im Register, Art. 51 § 3 CC. Die Verpflichtungen der Gesellschafter erlöschen nach Abschluss der Liquidation, Art. 1053 i.V.m. Art. 1001 CC. Indessen kann ein unberücksichtigt gebliebener Gläubiger nach Abschluss der Liquidation von jedem Gesellschafter Befriedigung aus dem aufgeteilten Vermögen verlangen, Art. 1110 CC.