Verfahrensgang
SG Halle (Saale) (Entscheidung vom 15.02.2019; Aktenzeichen S 13 R 582/16) |
LSG Sachsen-Anhalt (Beschluss vom 17.12.2020; Aktenzeichen L 3 BA 7/19) |
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 17. Dezember 2020 wird als unzulässig verworfen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3229,63 Euro festgesetzt.
Gründe
I
In dem der Nichtzulassungsbeschwerde zugrunde liegenden Rechtsstreit streiten die Beteiligten darüber, ob der Beigeladene zu 1. in seiner Tätigkeit für die Klägerin in der Zeit von 2011 bis 31.3.2014 aufgrund Beschäftigung der Versicherungspflicht unterlag und aufgrund geringfügiger Beschäftigung Beiträge iH von 3229,63 Euro von der Klägerin nachzuzahlen sind.
Der Beigeladene zu 1. war wiederholt für die Klägerin tätig. Nach den Feststellungen des LSG hat er ua Autos (Betriebsfahrzeuge) gewaschen, Maschinen und Anlagen gesäubert, Räume und Hallen aufgeräumt und gesäubert, Anlagen gewartet ("abschmieren"). Nach einer Betriebsprüfung stellte die beklagte Deutsche Rentenversicherung Mitteldeutschland Versicherungspflicht aufgrund Beschäftigung fest und forderte Beiträge aufgrund geringfügiger Beschäftigung iH von 3229,63 Euro nach (Bescheid vom 26.11.2015; Widerspruchsbescheid vom 29.9.2016). Klage und Berufung sind erfolglos geblieben (SG-Urteil vom 15.2.2019; LSG-Beschluss vom 17.12.2020). Mit ihrer Beschwerde wendet sich die Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des LSG.
II
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in der angefochtenen Entscheidung ist gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 SGG in entsprechender Anwendung von § 169 Satz 2 und 3 SGG als unzulässig zu verwerfen. In der Begründung des Rechtsmittels ist entgegen § 160a Abs 2 Satz 3 SGG kein Zulassungsgrund hinreichend dargelegt oder bezeichnet.
Die Beschwerdebegründung vom 15.3.2021 stützt sich auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) und macht das Vorliegen von Verfahrensmängeln (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG) geltend. Beide Zulassungsgründe werden aber von der Klägerin nicht in einer den Zulässigkeitsanforderungen entsprechenden Weise dargelegt bzw bezeichnet.
1. Bei Geltendmachung des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache muss die Beschwerdebegründung ausführen, welche Rechtsfrage sich ernsthaft stellt, deren Klärung über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung im allgemeinen Interesse erforderlich (Klärungsbedürftigkeit) und durch das Revisionsgericht zu erwarten (Klärungsfähigkeit) ist (stRspr; vgl nur BSG Beschluss vom 17.4.2012 - B 13 R 347/11 B - SozR 4-2600 § 72 Nr 5 RdNr 17; BSG Beschluss vom 28.1.2019 - B 12 KR 94/18 B - juris RdNr 6 mwN).
Die Klägerin formuliert auf Seite 20 der Beschwerdebegründung folgende Frage:
"Werden durch die Rechtsprechung des LSG Sachsen-Anhalt über die Einordnung ob selbständige oder nichtselbständige Tätigkeit vorliegt durch das Feststellen welche Merkmale überwiegen
die Kleinunternehmer gem. § 19 UStG
gem. Art. 3 GG und §§ 1, 2 I Nr. 1 AGG gegenüber wirtschaftlich stärkeren Fachfirmen benachteiligt, da potentielle Auftraggeber unter Umgehung des Datenschutzes über den Kleinunternehmer erst nähere Informationen einholen müssten, wie Informationen über dessen Betriebsstätte, dessen unternehmerische Tätigkeiten, dessen Kundenstamm, dessen Rechnungsnummern oder dessen Einkommensdeklaration in dessen Einkommenssteuerbescheiden, um abzuwägen, ob mit diesen Verträge geschlossen werden."
a) Die Beschwerdebegründung erfüllt die Darlegungsvoraussetzungen für eine Grundsatzrüge (vgl hierzu exemplarisch BSG Beschluss vom 25.9.2002 - B 7 AL 142/02 B - SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN) nicht, weil darin keine abstrakt-generelle Rechtsfrage zur Auslegung, zum Anwendungsbereich oder zur Vereinbarkeit einer konkreten revisiblen Norm des Bundesrechts (§ 162 SGG) mit höherrangigem Recht (BSG Beschluss vom 23.12.2015 - B 12 KR 51/15 B - juris RdNr 11 mwN) formuliert wird. Die Bezeichnung einer abstrakten, aus sich heraus verständlichen Rechtsfrage ist jedoch unverzichtbar, damit das Beschwerdegericht an ihr die weiteren Voraussetzungen der Grundsatzrüge prüfen kann (BSG Beschluss vom 10.9.2014 - B 10 ÜG 3/14 B - juris RdNr 11 mwN).
b) Unabhängig davon legt die Klägerin die Klärungsbedürftigkeit der in den Raum gestellten Frage nicht dar. Die Klägerin stellt keinen hinreichenden Bezug der in den Raum gestellten Frage zur streitigen Frage einer Versicherungspflicht aufgrund (geringfügiger) Beschäftigung her. Sie behauptet lediglich das Vorliegen einer "Benachteiligung", die sich allerdings nicht auf die Klägerin, sondern offenbar auf den Beigeladenen zu 1. beziehen und darin bestehen soll, dass die Klägerin "Informationen" über das Kleinunternehmen einholen müsse. Dabei legt die Klägerin auch nicht dar, inwieweit die von ihr in den Raum gestellte Rechtsfrage über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung im allgemeinen Interesse erforderlich sein soll. Ausdrücklich bezieht sie sich nur auf die Rechtsprechung des LSG Sachsen-Anhalt. Den geltend gemachten Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz nach Art 3 Abs 1 GG legt die Klägerin ebenfalls nicht hinreichend dar. Hierzu muss die Beschwerdebegründung unter Einbeziehung der einschlägigen Literatur und Rechtsprechung - insbesondere des BVerfG, aber auch des BSG - im Einzelnen aufzeigen, woraus sich im konkreten Fall die Verfassungswidrigkeit ergeben soll (zB BSG Beschluss vom 8.12.2008 - B 12 R 38/07 B - juris RdNr 7 mwN). Dazu müssen der Bedeutungsgehalt der in Frage stehenden einfachgesetzlichen Normen aufgezeigt, die Sachgründe ihrer jeweiligen Ausgestaltung erörtert und die Verfassungsverletzung dargelegt werden. Daran fehlt es.
c) Schließlich enthält die Beschwerdebegründung keine Ausführungen zur Klärungsfähigkeit der in den Raum gestellten Frage.
2. Auch einen Verfahrensmangel iS von § 160 Abs 2 Nr 3 SGG bezeichnet die Klägerin nicht in einer den Zulässigkeitsanforderungen entsprechenden Weise.
Nach § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG kann sich der geltend gemachte Verfahrensmangel nicht auf eine Verletzung von § 109 SGG und § 128 Abs 1 Satz 1 SGG stützen. Ferner kann die Geltendmachung eines Verfahrensmangels auf eine Verletzung des § 103 SGG (Amtsermittlungspflicht) gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Prüfungsmaßstab ist die materiell-rechtliche Rechtsauffassung des LSG (vgl BSG Beschluss vom 14.5.2007 - B 1 KR 21/07 B - juris RdNr 18 mwN). Neben der Geltendmachung des Vorliegens eines Verstoßes gegen das Verfahrensrecht ist mit der Beschwerdebegründung darzulegen, dass die angefochtene Entscheidung auf diesem Verstoß beruhen kann. Ein entscheidungserheblicher Mangel des Berufungsverfahrens wird nur dann substantiiert bezeichnet, wenn er hinsichtlich aller ihn (vermeintlich) begründenden Tatsachen dargelegt wird, sodass das BSG allein anhand der Beschwerdebegründung darüber befinden kann, ob die angegriffene Entscheidung des LSG möglicherweise auf dem geltend gemachten Verfahrensmangel beruht.
a) Soweit die Klägerin einen vermeintlichen Verstoß gegen § 103 SGG rügt, bezeichnet sie entgegen § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG in ihrer Beschwerdebegründung keinen im Berufungsverfahren prozessordnungsgemäß gestellten Beweisantrag, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.
b) Soweit sich die Klägerin gegen die inhaltliche Richtigkeit der angegriffenen Entscheidung wendet, berücksichtigt sie nicht, dass sich nach § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG der geltend gemachte Verfahrensmangel nicht auf eine Verletzung von § 128 Abs 1 Satz 1 SGG stützen kann. Die Behauptung, die Entscheidung des Berufungsgerichts sei inhaltlich unrichtig, kann nicht zur Zulassung der Revision führen (vgl BSG Beschluss vom 26.1.2005 - B 12 KR 62/04 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 6 RdNr 18 = juris RdNr 9).
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen (§ 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm § 154 Abs 2, § 162 Abs 3 VwGO.
Die Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren hat ihre Grundlage in § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 1 SGG iVm § 63 Abs 2 Satz 1, § 52 Abs 1 und 3, § 47 Abs 1 und 3 GKG und entspricht der von den Beteiligten nicht beanstandeten Festsetzung durch das LSG.
Fundstellen
Dokument-Index HI14800540 |