Verfahrensgang
SG Stade (Entscheidung vom 13.07.2020; Aktenzeichen S 4 R 114/18) |
LSG Niedersachsen-Bremen (Urteil vom 27.09.2023; Aktenzeichen L 9 BA 40/20) |
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 27. September 2023 wird als unzulässig verworfen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5000 Euro festgesetzt.
Gründe
I
In dem der Nichtzulassungsbeschwerde zugrunde liegenden Rechtsstreit streiten die Beteiligten darüber, ob die zwischenzeitlich verstorbene Beigeladene in ihrer Tätigkeit für die Klägerin im Oktober und Dezember 2012 aufgrund Beschäftigung der Sozialversicherungspflicht unterlag.
Die Klägerin ist Inhaberin eines ambulanten Pflegedienstes. Die Beigeladene war Pflegehelferin und erlangte im August 2016 die Qualifikation der examinierten Altenpflegerin. In einem Statusfeststellungsverfahren stellte die beklagte Deutsche Rentenversicherung Bund fest, dass die Tätigkeit der Beigeladenen als Pflegekraft bei der Klägerin seit 1.10.2012 im Rahmen eines abhängigen und damit dem Grunde nach sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt werde und dem Grunde nach der Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie dem Recht der Arbeitsförderung unterliege(Bescheid vom 19.11.2013; Widerspruchsbescheid vom 17.7.2014) . Das SG hat die Bescheide aufgehoben und festgestellt, dass die Beigeladene im Oktober und Dezember 2012 nicht abhängig beschäftigt gewesen sei und nicht der Versicherungspflicht unterlegen habe(Urteil vom 13.7.2020) . Auf die Berufung der Beklagten hat das LSG das SG-Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen. Insbesondere spreche der organisatorische Rahmen der Tätigkeitsausübung für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis der Beigeladenen(Urteil vom 27.9.2023) . Mit ihrer Beschwerde wendet sich die Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des LSG.
II
1. Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in der angefochtenen Entscheidung ist gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 SGG in entsprechender Anwendung von § 169 Satz 2 und 3 SGG als unzulässig zu verwerfen. In der Begründung des Rechtsmittels ist entgegen § 160a Abs 2 Satz 3 SGG kein Zulassungsgrund hinreichend dargelegt oder bezeichnet.
Bei Geltendmachung des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache muss die Beschwerdebegründung ausführen, welche Rechtsfrage sich ernsthaft stellt, deren Klärung über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung im allgemeinen Interesse erforderlich (Klärungsbedürftigkeit) und durch das Revisionsgericht zu erwarten (Klärungsfähigkeit) ist(stRspr; vgl nurBSG Beschluss vom 17.4.2012 - B 13 R 347/11 B - SozR 4-2600 § 72 Nr 5 RdNr 17;BSG Beschluss vom 28.1.2019 - B 12 KR 94/18 B - juris RdNr 6 mwN) . Dem wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht.
Die Klägerin führt aus, die Entscheidung des LSG beruhe auf der Rechtsfrage,
"ob es sich bei dem Beschäftigungsverhältnis der Beigeladenen im Rahmen des ambulanten Pflegedienstes der Klägerin um eine abhängige oder selbstständige Beschäftigung handelt."
Die Rechtsfrage sei klärungsbedürftig. Sie sei weder vom BSG noch von den Tatsachengerichten der Sozialgerichtsbarkeit abschließend entschieden. Die Antwort auf die Rechtsfrage ergebe sich auch nicht zweifelsfrei aus dem Gesetz. Ferner könnten auch die Entscheidungen des BSG vom 19.10.2021( B 12 R 6/20 R - juris; B 12 R 17/19 R - SozR 4-2400 § 7 Nr 63) zu Tätigkeiten von Pflegekräften in der ambulanten Pflege nicht herangezogen werden, weil es sich dabei um andere und nicht vergleichbare Sachverhaltskonstellationen handele. Insbesondere habe die Beigeladene ihre Arbeitsleistung nicht nach Maßgabe der Pflegeplanung und im arbeitsteiligen Zusammenwirken mit anderen Mitarbeitern erbracht. Aufgrund dessen sei die bisherige Rechtsprechung des BSG nicht übertragbar.
a) Die Beschwerdebegründung erfüllt die Darlegungsvoraussetzungen für eine Grundsatzrüge(vgl hierzu exemplarischBSG Beschluss vom 25.9.2002 - B 7 AL 142/02 B - SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 f mwN) nicht, weil darin keine abstrakt-generelle Rechtsfrage zur Auslegung, zum Anwendungsbereich oder zur Vereinbarkeit einer konkreten revisiblen Norm des Bundesrechts(§ 162 SGG ) mit höherrangigem Recht(BSG Beschluss vom 23.12.2015 - B 12 KR 51/15 B - juris RdNr 11 mwN) formuliert wird. Die Bezeichnung einer abstrakten, aus sich heraus verständlichen Rechtsfrage ist jedoch unverzichtbar, damit das Beschwerdegericht an ihr die weiteren Voraussetzungen der Grundsatzrüge prüfen kann(BSG Beschluss vom 10.9.2014 - B 10 ÜG 3/14 B - juris RdNr 11 mwN) .
b) Unabhängig davon legt die Klägerin auch die Klärungsbedürftigkeit der aufgeworfenen Frage nicht hinreichend dar. Eine Rechtsfrage ist dann höchstrichterlich geklärt und damit als nicht (mehr) klärungsbedürftig anzusehen, wenn diese bereits beantwortet ist. Ist sie noch nicht ausdrücklich entschieden, genügt es, dass schon eine oder mehrere höchstrichterliche Entscheidungen ergangen sind, die ausreichende Anhaltspunkte zur Beantwortung der von der Beschwerde als grundsätzlich herausgestellten Rechtsfrage geben(BSG Beschluss vom 30.8.2016 - B 2 U 40/16 B - SozR 4-1500 § 183 Nr 12 RdNr 7 mwN) . Daher muss substantiiert aufgezeigt werden, dass und warum sich früheren Entscheidungen keine solchen Anhaltspunkte entnehmen lassen. Dem wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht. Die Klägerin unterlässt die gebotene Auseinandersetzung mit der umfangreichen Rechtsprechung des BSG zur Abgrenzung von abhängiger Beschäftigung und Selbstständigkeit ua im Bereich ambulanter Pflegedienstleistungen, auf die das LSG hingewiesen hat. Demzufolge unterbleibt auch die gebotene Darlegung, inwieweit sich hieraus bereits hinreichende Kriterien für die Beantwortung der aufgeworfenen Frage ergeben. Die Klägerin führt lediglich aus, frühere Entscheidungen des BSG hätten keine identischen Sachverhalte zum Gegenstand gehabt. Sie macht umfangreiche Angaben zur konkreten Tätigkeit der Beigeladenen und kommt zu einer anderen rechtlichen Bewertung. Hierdurch wird aber eine, die Revisionszulassung rechtfertigende, grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nicht dargelegt. Auch kann die Behauptung, die Entscheidung des Berufungsgerichts sei inhaltlich unrichtig, im sozialgerichtlichen Verfahren nicht zur Zulassung der Revision führen(vglBSG Beschluss vom 26.1.2005 - B 12 KR 62/04 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 6 RdNr 18) .
2. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen(§ 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG ).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm§ 154 Abs 2 ,§ 162 Abs 3 VwGO .
4. Die Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren hat ihre Grundlage in § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 1 SGG iVm § 63 Abs 2 Satz 1, § 52 Abs 1 und 2, § 47 Abs 1 und 3 GKG und entspricht der von den Beteiligten nicht beanstandeten Festsetzung durch das LSG.
Fundstellen
Dokument-Index HI16461440 |