Verfahrensgang
SG Chemnitz (Entscheidung vom 18.12.2019; Aktenzeichen S 9 R 1423/13) |
Sächsisches LSG (Urteil vom 18.11.2023; Aktenzeichen L 5 R 60/20) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 28. November 2023 wird als unzulässig verworfen.
Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine Kosten zu erstatten.
Gründe
I
Der Kläger wendet sich gegen die teilweise Aufhebung einer Rentenbewilligung und Geltendmachung einer Erstattungsforderung iHv 56 085,40 Euro.
Der 1954 geborene Kläger bezieht seit dem 29.7.2000 eine große Witwerrente von der Beklagten. Am 11.9.2000 nahm er eine Beschäftigung auf. Das daraus erzielte Einkommen wurde nicht auf die Rente angerechnet. Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger die Beschäftigungsaufnahme am 11.10.2000 in einem Telefongespräch mit einer Mitarbeiterin der Rechtsvorgängerin der Beklagten mitteilte. Jedenfalls am 4.3.2013 wurde der Beklagten der Einkommensbezug bekannt. Sie nahm nach Anhörung des Klägers die Rentenfestsetzungen für den Zeitraum seit dem 11.9.2000 zurück und verlangte Erstattung in der genannten Höhe(Bescheid vom 16.4.2013; Widerspruchsbescheid vom 30.7.2013) .
Das SG hat den angegriffenen Rücknahme- und Erstattungsbescheid aufgehoben(Gerichtsbescheid vom 18.12.2019) . In dem von der Beklagten angestrengten Berufungsverfahren hat das LSG ua eine schriftliche Erklärung der vom Kläger benannten Mitarbeiterin eingeholt. Es hat die erstinstanzliche Entscheidung aufgehoben und die Klage abgewiesen(Urteil vom 28.11.2023) . Der Kläger habe nicht auf den Bestand der Rentenfestsetzungen vertrauen können, weil er sein Erwerbseinkommen grob fahrlässig nicht angegeben habe. Dass er die erforderlichen Angaben am 11.10.2000 telefonisch gemacht habe, stehe nicht zur vollen Überzeugung des Senats fest. Der Inhalt eines solchen Gesprächs habe sich nicht mehr aufklären lassen.
Der Kläger hat gegen die Nichtzulassung der Revision in dieser Entscheidung Beschwerde zum BSG eingelegt, die er mit Schriftsatz vom 9.2.2024 begründet hat.
II
1. Die Beschwerde des Klägers ist unzulässig und daher gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 Satz 2 und 3 SGG zu verwerfen. Der geltend gemachte Zulassungsgrund der Divergenz ist nicht anforderungsgerecht dargetan.
Divergenz liegt vor, wenn der angefochtenen Entscheidung ein abstrakter Rechtssatz zugrunde liegt, der von einem zu derselben Rechtsfrage entwickelten abstrakten Rechtssatz in einer Entscheidung des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG abweicht, und die angefochtene Entscheidung auf dieser Abweichung beruht. Dass diese Voraussetzungen erfüllt sind, ist in der Beschwerdebegründung im Einzelnen darzulegen. Hierzu sind die betreffenden Rechtssätze einander gegenüberzustellen; zudem ist näher zu begründen, weshalb diese nicht miteinander vereinbar sind und inwiefern die Entscheidung des LSG auf der Abweichung beruht(stRspr; vglBSG Beschluss vom 29.3.2007 - B 9a VJ 5/06 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 13 RdNr 17;BSG Beschluss vom 31.7.2017 - B 1 KR 47/16 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 30 RdNr 13) . Nicht ausreichend ist hingegen, wenn die fehlerhafte Anwendung eines als solchen nicht in Frage gestellten höchstrichterlichen Rechtssatzes durch das Berufungsgericht geltend gemacht wird (bloße Subsumtionsrüge), denn nicht die Unrichtigkeit einer Entscheidung im Einzelfall, sondern nur eine Nichtübereinstimmung im Grundsätzlichen ermöglicht die Zulassung der Revision wegen Divergenz(stRspr; zBBSG Beschluss vom 7.7.2022 - B 5 R 87/22 B - juris RdNr 5 mwN) . Den daraus abgeleiteten Darlegungsanforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht.
Der Kläger trägt vor, das LSG sei vom Urteil des BSG vom 21.10.2020( B 13 R 19/19 R - SozR 4-1300 § 45 Nr 25) abgewichen. Danach sei die aus§ 45 Abs 4 Satz 1 SGB X resultierende Befugnis zur Rücknahme eines Verwaltungsakts mit Wirkung für die Vergangenheit "für begünstigende Verwaltungsakte mit Dauerwirkung, zu denen auch die Zahlbetragsfestsetzung einer Altersrente gehört, nach§ 45 Abs. 3 SGB X beschränkt". Das BSG habe festgehalten, dass in den Fällen des§ 45 Abs 3 Satz 2 SGB X iVm§ 580 Nr 7b ZPO , in denen eine Restitutionsklage statthaft und nicht zugleich der Vertrauensschutz gemäߧ 45 Abs 2 Satz 3 Nr 1 SGB X ausgeschlossen sei, die 10-Jahres-Frist gelte. Eine solche Konstellation sei hier gegeben, weil er, der Kläger, mit der Berufungserwiderung einen eigenen Vermerk über das streitbefangene Telefongespräch vorgelegt habe.
Dem lässt sich schon nicht entnehmen, welche abstrakten Rechtssätze die Beschwerde dem LSG zuschreibt. Der Kläger behauptet nicht, das LSG habe im angefochtenen Urteil ausdrücklich einen oder mehrere tragende Rechtssätze aufgestellt, die von denjenigen abweichen würden, die das BSG in der Entscheidung vom 21.10.2020 entwickelt habe. Ebenso wenig zeigt er auf, dass sich ein divergierender Rechtssatz unzweifelhaft aus den Ausführungen im Berufungsurteil ableiten lasse und dass das LSG den Rechtssatz als solchen auch tatsächlich vertreten wollte(vgl zur den Anforderungen an die Darlegung eines nur implizit zugrunde gelegten Rechtssatzes zBBSG Beschluss vom 13.7.2023 - B 1 KR 25/22 B - juris RdNr 10 mwN) . Der Kläger wendet sich im Kern gegen die Anwendung des§ 45 SGB X im Einzelfall, indem er vorbringt, das LSG habe der Entscheidung des BSG vom 21.10.2020 mit der Ausführung widersprochen, die Fristen des§ 45 Abs 3 und 4 SGB X seien eingehalten worden.
Ungeachtet dessen legt die Beschwerde nicht hinreichend dar, inwiefern die vom BSG in der Entscheidung vom 21.10.2020 aufgestellten Rechtssätze für die Beurteilung des hier zugrunde liegenden Sachverhalts relevant sein können. Insbesondere setzt der Kläger sich nicht damit auseinander, dass das BSG einen Fall zu entscheiden hatte, in dem, anders als hier, die Zahlung der betroffenen Geldleistung bereits vor Beginn des Verwaltungsverfahrens über die Rücknahme geendet hatte. Die Regelung in§ 45 Abs 3 Satz 4 SGB X , wonach unter bestimmten Voraussetzungen ein Verwaltungsakt über eine laufende Geldleistung auch nach Ablauf der 10-Jahres-Frist zurückgenommen werden kann, wenn diese Geldleistung mindestens bis zum Beginn des Verwaltungsverfahrens über die Rücknahme gezahlt wurde, kam daher von vornherein nicht zur Anwendung(vglBSG Urteil vom 21.10.2020 - B 13 R 19/19 R - SozR 4-1300 § 45 Nr 25 RdNr 23) .
Von einer weiteren Begründung wird abgesehen(§ 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG ) .
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 183 Satz 1 SGG und einer entsprechenden Anwendung von§ 193 Abs 1 und 4 SGG.
Fundstellen
Dokument-Index HI16469036 |