Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Nichtzulassungsbeschwerde. grundsätzliche Bedeutung
Orientierungssatz
Zu den erforderlichen Darlegungen in einer Nichtzulassungsbeschwerde, mit der die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache geltend gemacht wird.
Normenkette
SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1, § 160a Abs. 2 S. 3
Verfahrensgang
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 12. August 2009 wird als unzulässig verworfen.
Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Gründe
Das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen hat im Urteil vom 12.8.2009 den von der Klägerin geltend gemachten Anspruch auf Erstattung der von ihr für Zeiten einer Beschäftigung als angestellte Rechtsanwältin entrichteten Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung verneint.
Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil hat die Klägerin beim Bundessozialgericht (BSG) Beschwerde eingelegt. Sie macht eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend.
Die Beschwerde der Klägerin ist unzulässig. Ihre Beschwerdebegründung vom 16.10.2009 genügt nicht der gesetzlich vorgeschriebenen Form, denn sie hat Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung (Zulassungsgrund gemäß § 160 Abs 2 Nr 1 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫) nicht in der hierfür erforderlichen Weise dargetan (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG).
Wer die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung erstrebt, muss in der Beschwerdebegründung eine konkrete Rechtsfrage in klarer Formulierung bezeichnen und schlüssig darlegen, dass diese klärungsbedürftig, in dem angestrebten Revisionsverfahren klärungsfähig (entscheidungserheblich) sowie über den Einzelfall hinaus von Bedeutung ist (vgl BSG SozR 4-1500 § 160 Nr 13 RdNr 19; BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 5 RdNr 2 ff und Nr 9 RdNr 4, jeweils mwN). Es muss aus der Beschwerdebegründung ersichtlich sein, dass sich die Antwort auf die Rechtsfrage nicht ohne Weiteres aus dem Gesetz oder der bisherigen Rechtsprechung ergibt; hierzu bedarf es der Auseinandersetzung mit den vorinstanzlichen Entscheidungen und sonstiger einschlägiger Rechtsprechung. Diese Anforderungen, die allerdings nicht überspannt werden dürfen, sind verfassungsrechtlich unbedenklich (Bundesverfassungsgericht ≪BVerfG - Kammer≫ SozR 4-1500 § 160a Nr 12 RdNr 3 f; Nr 16 RdNr 4 f).
Die von der Klägerin persönlich vorgelegte Beschwerdebegründung, die gemäß § 73 Abs 4 Satz 5 SGG auch ohne Einschaltung eines Prozessbevollmächtigten zu beachten ist, wird diesen Erfordernissen nicht in vollem Umfang gerecht.
Ihr Vorbringen benennt bereits keine konkrete Rechtsfrage, die vom Revisionsgericht mit "ja" oder "nein" beantwortet werden könnte (zu diesem Erfordernis vgl BAGE 121, 52 RdNr 5 f sowie BSG, Beschluss vom 5.11.2008 - B 6 KA 24/07 B - BeckRS 2009-50073 RdNr 7).
Aber selbst wenn ihrem Vorbringen bei wohlwollender Würdigung sinngemäß die Rechtsfragen entnommen würden, ob die unterschiedlich ausgestalteten Voraussetzungen eines Rechts zur freiwilligen Versicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung gemäß § 7 Abs 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) für nicht versicherungspflichtige selbstständig tätige Rechtsanwälte einerseits und gemäß § 7 Abs 2 SGB VI für von der Versicherungspflicht befreite angestellte Rechtsanwälte andererseits und die daraus resultierende unterschiedliche Möglichkeit, bei noch nicht erfüllter allgemeiner Wartezeit gemäß § 210 Abs 1 Nr 1 SGB VI die Erstattung bereits gezahlter Beiträge zu erlangen, mit dem Gleichbehandlungsgebot des Art 3 Abs 1 Grundgesetz (GG) sowie mit dem Eigentumsgrundrecht in Art 14 Abs 1 GG vereinbar ist, hat die Klägerin die grundsätzliche Bedeutung dieser Rechtsfragen nicht ausreichend dargelegt.
Insbesondere fehlen jegliche Ausführungen zur Klärungsbedürftigkeit dieser Rechtsfragen. Hierzu wäre - wie die Klägerin selbst vorträgt (vgl Abschnitt I letzter Absatz der Beschwerdebegründung vom 16.10.2009) - aufzuzeigen gewesen, ob und inwieweit bereits ergangene oberstgerichtliche Rechtsprechung zu den aufgeworfenen Fragen Rechtsgrundsätze herausgearbeitet hat und in welchem Rahmen noch eine weitere Ausgestaltung, Erweiterung oder Änderung derselben für die Entscheidung des Rechtsstreits erforderlich erscheint. Diesen Vorgaben entspricht die Beschwerdebegründung der Klägerin (in Abschnitt II aaO) nicht. Vielmehr legt sie - wie sie mehrfach betont - allein ihre eigene Rechtsmeinung dar und macht auch nicht geltend, dass einschlägige Rechtsprechung zu den genannten Rechtsfragen noch nicht vorliege. Sie setzt sich insoweit noch nicht einmal mit der bereits im LSG-Urteil in Bezug genommenen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG ≪Kammer≫, Beschluss vom 26.6.2007 - SozR 4-2600 § 2 Nr 10) und des BSG (Urteil vom 14.8.2008 - B 5 R 39/07 R, SozR 4-2600 § 210 Nr 2) auseinander. Ohne dass dies für die Entscheidung des Senats Bedeutung erlangt hätte, sei auf den Beschluss des BVerfG vom 31.8.2004 (BVerfG ≪Kammer≫ SozR 4-2600 § 7 Nr 2) hingewiesen, der ebenfalls zum Gegenstand hatte, ob einem selbstständig tätigen Rechtsanwalt mit noch nicht erfüllter allgemeiner Wartezeit die Beiträge zu erstatten seien.
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen einer Revisionszulassung beizutragen (§ 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG).
Die Verwerfung der danach nicht formgerecht begründeten und somit unzulässigen Beschwerde erfolgt gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 Satz 2 und 3 SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 Abs 1 SGG.
Fundstellen
Dokument-Index HI15052562 |