Verfahrensgang
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des Bayerischen Landessozialgerichts vom 25. August 2020 wird als unzulässig verworfen.
Die Beteiligten haben einander auch für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Gründe
I
Im Streit steht die Erstattung von Umzugskosten im Verlaufe der Durchführung einer Umschulungsmaßnahme. Während der beklagte Rentenversicherungsträger die vom Kläger geltend gemachten Aufwendungen für einen Umzug, die ihm vor dem Beginn der Maßnahme entstanden waren, schlussendlich erstattete, lehnte er dies für einen weiteren Umzug während der Durchführung der Maßnahme ab. Mit seiner hiergegen gerichteten Klage ist der Kläger vor dem SG erfolglos geblieben (Urteil vom 21.6.2019). Das LSG hat die Berufung gegen dieses Urteil zurückgewiesen und die Revision in dem Beschluss vom 25.8.2020 nicht zugelassen.
Gegen Letzteres wendet sich der Kläger mit seiner Beschwerde an das BSG. Er macht als Zulassungsgrund eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) geltend und rügt die Verletzung seines rechtlichen Gehörs durch das LSG (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG).
II
Die Beschwerde des Klägers ist unzulässig. Seine Begründung vom 26.10.2020 genügt nicht der gesetzlich vorgeschriebenen Form, weil er die geltend gemachten Zulassungsgründe nicht in der nach § 160a Abs 2 Satz 3 SGG gebotenen Weise dargetan bzw bezeichnet hat.
Zur Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtssache ist in der Beschwerdebegründung eine konkrete Rechtsfrage zu bezeichnen und schlüssig aufzuzeigen, dass diese klärungsbedürftig, in dem angestrebten Revisionsverfahren klärungsfähig (entscheidungserheblich) sowie über den Einzelfall hinaus von Bedeutung ist (vgl BSG SozR 4-1500 § 160 Nr 13 RdNr 19, Nr 22 RdNr 5; BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 5 RdNr 2 ff, Nr 9 RdNr 4, jeweils mwN). Es muss aus der Beschwerdebegründung ersichtlich sein, dass sich die Antwort auf die Rechtsfrage nicht ohne Weiteres aus dem Gesetz oder der bisherigen Rechtsprechung ergibt; hierzu bedarf es der Auseinandersetzung mit den vorinstanzlichen Entscheidungen und sonstiger einschlägiger Rechtsprechung. Diese Anforderungen, die allerdings nicht überspannt werden dürfen, sind verfassungsrechtlich unbedenklich (BVerfG ≪Kamme≫ SozR 4-1500 § 160a Nr 12 RdNr 3 f, Nr 16 RdNr 4 f, Nr 24 RdNr 5 ff).
Der Kläger formuliert sinngemäß folgende Fragen:
1) Ob ein Praktikumsverhältnis einem Beschäftigungsverhältnis bei der Frage der Bewilligung einer Umzugskostenbeihilfe gleichzustellen sei?
2) Ob eine Analogie festzustellen sei zwischen einem Arbeitsverhältnis in der Gestalt eines Praktikums und der Begründetheit des Umzugs und damit der Umzugskostenbeihilfe, wenn
der Umzug nicht nur aufgrund eigener gesundheitlicher Einschränkungen erforderlich sei, sondern auch als Pflegekraft für einen Angehörigen, hier des eingetragenen Lebenspartners, um für diesen als Familienmitglied Verantwortung zu übernehmen?
Er macht geltend, die Entscheidung des LSG beruhe im Wesentlichen darauf, dass der Umzug nach dessen Auffassung nicht für die Aufnahme eines Beschäftigungsverhältnisses erforderlich gewesen sei, sondern (nur) zum Erhalt des Praktikumsplatzes. Das Praktikum sei aufgrund einer gesundheitlichen Beeinträchtigung durch Schimmel in der zunächst bezogenen Unterkunft und des Erfordernisses der Pflege seines Lebenspartners, mit Auswirkungen auf die Arbeitsleistung, jedoch gefährdet gewesen. Erst nach dem zweiten Umzug habe sich sein Gesundheitszustand stabilisiert, sei die Umschulungsmaßnahme erfolgreich beendet worden und habe in ein Beschäftigungsverhältnis gemündet. Der Umzug stehe damit - entgegen der Auffassung des LSG - in einem direkten Zusammenhang mit dem Erhalt des Arbeitsplatzes und sei für den Erfolg der Teilhabemaßnahme erforderlich gewesen.
Mit diesen Darlegungen werden die Anforderungen an eine Grundsatzrüge jedoch nicht erreicht. Es mangelt bereits an der Formulierung abstrakt-genereller Rechtsfragen zur Auslegung, zum Anwendungsbereich oder zur Vereinbarkeit einer konkreten revisiblen Norm (vgl § 162 SGG) mit höherrangigem Recht (stRspr; vgl BSG Beschluss vom 13.4.2015 - B 12 KR 109/13 B - juris RdNr 23). Die Formulierung einer abstrakten, aus sich heraus verständlichen Rechtsfrage ist jedoch unverzichtbar, damit das Beschwerdegericht die Voraussetzungen einer Grundsatzrüge prüfen kann. Die vom Kläger aufgeworfenen Fragen zielen jedoch erkennbar auf den konkreten Einzelfall und nehmen keinerlei Bezug, wie auch im Übrigen in der Beschwerdebegründung, auf eine Norm des revisiblen materiellen Rechts (vgl hierzu Becker, SGb 2007, 261, 265; Krasney/Udsching/Groth, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 7. Aufl 2016, Kap IX, RdNr 181). Auf derartige Einzelfallfragen kann die Beschwerde jedoch nicht gestützt werden (stRspr; vgl zB BSG Beschluss vom 25.7.2011 - B 12 KR 114/10 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 22 RdNr 4; BVerfG Beschluss vom 6.5.2010 - 1 BvR 96/10 - SozR 4-1500 § 178a Nr 11 RdNr 28 mwN).
Im Übrigen fehlt es auch an Darlegungen zur Klärungsbedürftigkeit der aufgeworfenen Fragen. In der Beschwerdebegründung wird entgegen der oben benannten Anforderungen nichts dazu vorgebracht, warum sich die aufgeworfenen Fragen nicht bereits aus dem Gesetz selbst beantworten lassen oder dass sich aus der höchstrichterlichen Rechtsprechung keine Hinweise auf Antworten ergeben würden (vgl zu diesem Darlegungserfordernis etwa BSG Beschluss vom 8.2.2017 - B 13 R 294/16 B - juris RdNr 4). So mangelt es nicht nur an einer Auseinandersetzung mit der in Betracht kommenden Anspruchsgrundlage für das Begehren des Klägers, sondern auch mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu den Voraussetzungen einer Umzugsbeihilfe als Teil der Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben. Hierzu hätte jedoch Anlass bestanden, weil § 33 Abs 3 Nr 6 SGB IX in der im vorliegenden Fall noch anzuwendenden, bis zum 31.12.2017 geltenden Fassung (ab dem 1.1.2018 soweit hier anwendbar inhaltlich nicht geändert in § 49 Abs 3 Nr 7 SGB IX idF des BTH, BGBl I 2016, 3234) lautete, "… die Leistungen umfassen insbesondere … sonstige Hilfen zur Förderung der Teilhabe am Arbeitsleben, um behinderten Menschen eine angemessene und geeignete Beschäftigung oder eine selbstständige Tätigkeit zu ermöglichen und zu erhalten". Nach § 33 Abs 8 Nr 6 SGB IX aF (nun § 49 Abs 8 Nr 6 SGB IX nF) gehören hierzu auch die Kosten der Beschaffung, der Ausstattung und der Erhaltung einer behinderungsgerechten Wohnung in angemessenem Umfang. Die Norm gibt damit bereits vom Wortlaut her einen Zusammenhang zwischen der Hilfeleistung sowie dem Erhalten und dem Ermöglichen einer Beschäftigung vor. Daher wird in der Literatur auch die Auffassung vertreten, dass die Wohnungshilfe gerade wegen der Teilhabe am Arbeitsleben erforderlich sein müsse, dh es müsse ein enger Zusammenhang mit der Beschäftigung bestehen. Der Förderrahmen beschränke sich daher auf die durch die Berufsausübung bzw Erreichung des Arbeitsplatzes ausgelöste Bedarfslage (Luik in jurisPK-SGB IX, § 49, Stand 17.6.2020, RdNr 265). Dies legt nahe, dass andere Bedarfslagen für einen Umzug keine Rolle spielen dürfen und es bei einem Praktikum darauf ankommen muss, ob es prognostisch in den Erhalt einer Beschäftigung mündet oder zB lediglich im Rahmen der Teilhabemaßnahme dem Erproben der Umsetzung des theoretisch Erlernten in die Praxis dient. In diesem Sinne hat auch das BSG in seinem Urteil vom 26.10.2004 (B 7 AL 16/04 R - BSGE 93, 283 = SozR 4-3250 § 14 Nr 1, juris RdNr 21) befunden, im Rahmen der Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben habe die Wohnungshilfe zum Ziel, die Folgen behinderungsbedingter Erschwernisse auszugleichen, die sich im Leben des behinderten Menschen bei der Teilhabe am Arbeitsleben auswirkten. Maßnahmen, die ohne unmittelbaren Bezug zur Berufsausübung zum Bestandteil der persönlichen Lebensführung gehörten, die Verbesserung der Lebensqualität bewirkten sowie elementare Grundbedürfnisse befriedigten und sich auf diese Weise nur mittelbar bei der Berufsausübung auswirkten, seien nicht durch Leistungen zur Förderung der Teilhabe am Arbeitsleben förderungsfähig und allenfalls im Wege der Förderung der Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft nach § 55 Abs 2 Nr 5 SGB IX aF zu übernehmen. Als Teilhabeleistungen müssten sie also final auf das gesetzlich vorgegebene Ziel der positiven Entwicklung der Erwerbsfähigkeit ausgerichtet sein, was sich danach beurteile, welchem Lebensbereich die begehrte Leistung schwerpunktmäßig zuzuordnen sei (unter Hinweis auf BSG vom 9.11.1983 - 7 RAr 48/82 - SozR 4100 § 56 Nr 14 S 26 f - juris RdNr 32 ff; BSG vom 26.5.1976 - 12/7 RA 41/75 - SozR 4100 § 56 Nr 4 S 4 f). Dass sich angesichts dieser Kriterien die aufgeworfenen Fragen nicht beantworten ließen, legt der Kläger nicht dar.
Auch der von dem Kläger geltend gemachte "Gehörsverstoß" (§ 62 SGG iVm Art 103 GG) des LSG, weil es "ohne mündliche Verhandlung" entschieden habe, führt nicht zu dem Ziel der Zulassung der Revision oder der Zurückverweisung an das LSG (§ 160a Abs 5 SGG).
Der Kläger hat mit diesem Vorbringen bereits keinen Verfahrensfehler dargebracht, denn das SGG sieht grundsätzlich die Möglichkeit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung in § 124 Abs 2 SGG oder eine Entscheidung des LSG durch Beschluss - ebenfalls ohne mündliche Verhandlung - nach § 153 Abs 4 SGG vor. Ob und ggf welche dieser Entscheidungsformen das LSG im konkreten Fall gewählt hat, führt der Kläger nicht aus. Unabhängig davon hat er jedoch auch nicht vorgebracht, dass das LSG entweder die Einholung des Einverständnisses iS des § 124 Abs 2 SGG oder die erforderliche Anhörung nach § 153 Abs 4 Satz 2 SGG unterlassen habe, so dass der Senat nach seinem Vorbringen bereits nicht erkennen kann, ob das LSG insoweit verfahrensfehlerhaft gehandelt und ggf den Kläger in seinem rechtlichen Gehör verletzt haben könnte.
Wenn er zugleich geltend macht, ihm sei durch die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung die Möglichkeit einer Äußerung im Rahmen einer Anhörung vor dem LSG entgangen, führt auch dies nicht zu einer Zulassung der Revision. Zwar gilt nach ständiger Rechtsprechung des BSG, dass dann, wenn der Kläger etwa aufgrund des Anhörungsschreibens nach § 153 Abs 4 Satz 2 SGG die Einholung - weiterer - Gutachten anregt und das LSG der Beweisanregung nicht folgen will, es den Kläger darauf hinweisen muss, dass und weshalb der Anregung nicht gefolgt werde. Ansonsten ist regelmäßig von einem Verstoß gegen die Grundsätze des rechtlichen Gehörs und des fairen Verfahrens auszugehen (BSG Beschluss vom 20.11.2003 - B 13 RJ 38/03 B - SozR 4-1500 § 153 Nr 1; BSG Beschluss vom 25.5.2011 - B 12 KR 81/10 B - mwN). Weder hat der Kläger jedoch vorgebracht, dass er einen Beweisantrag gestellt habe, noch dass danach eine derartige erneute Anhörung unterblieben sei. In der Beschwerdebegründung werden der zugrunde liegende Sachverhalt zwar kurz geschildert, der Verfahrensgang jedoch gar nicht und die tragenden Entscheidungsgründe des LSG nur rudimentär. Daher ist es dem Senat auch insoweit nicht möglich, anhand der Beschwerdebegründung nachzuvollziehen, wie im Einzelnen das Verfahren prozessrechtlich verlaufen ist und aufgrund welcher tatsächlichen Prozesshandlungen das LSG durch Beschluss entschieden hat. Es ist nicht Aufgabe des Revisionsgerichts, sich die maßgebenden Umstände aus den Akten selbst zusammenzusuchen.
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG).
Die Verwerfung der danach nicht formgerecht begründeten und somit unzulässigen Beschwerde erfolgt gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 Satz 2 und 3 SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Fundstellen
Dokument-Index HI14423945 |