Verfahrensgang
Tenor
Der Antrag des Klägers, ihm für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundessozialgericht Prozeßkostenhilfe zu bewilligen und ihm einen Rechtsanwalt als Prozeßbevollmächtigten beizuordnen, wird abgelehnt.
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Hamburg vom 14. März 1995 wird als unzulässig verworfen.
Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.
Gründe
Nach § 73a des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) in Verbindung mit § 114 der Zivilprozeßordnung (ZPO) kann einem Beteiligten für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundessozialgericht (BSG) nur dann Prozeßkostenhilfe bewilligt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Diese Voraussetzung ist hier nicht erfüllt. Die Beschwerde des Klägers ist nicht formgerecht eingelegt und begründet worden. Ob eine formgerechte Nichtzulassungsbeschwerde zur Zulassung der Revision führen könnte, kann indes dahingestellt bleiben. Bei der Gewährung von Prozeßkostenhilfe ist die hinreichende Erfolgsaussicht nämlich nicht allein danach zu beurteilen, ob eine Zulassung der Revision in Betracht kommt. Vielmehr ist Prozeßkostenhilfe auch dann zu versagen, wenn klar auf der Hand liegt, daß der Antragsteller sein eigentliches Klageziel letztlich nicht erreichen kann. Die Prozeßkostenhilfe hat nicht den Zweck, Bedürftigen die Durchführung solcher Verfahren zu ermöglichen, welche im Ergebnis nicht zu ihrem Vorteil ausgehen können, die also ein vernünftiger Rechtsuchender nicht auch auf eigene Kosten führen würde (vgl BSG SozR 3-1500 § 73a Nr 3 mwN).
Der Kläger erstrebt eine Zusatzrente aus den von ihm vor seiner Übersiedelung in die Bundesrepublik Deutschland im Jahre 1988 in der ehemaligen DDR geleisteten Beiträgen zur Freiwilligen Zusatzrentenversicherung (FZR), die neben der ihm bereits nach dem Fremdrentengesetz (FRG) zuerkannten Rente wegen Erwerbsunfähigkeit erbracht werden soll. Bereits nach der von Amts wegen durchgeführten summarischen Prüfung des Streitstoffs ist jedoch klar ersichtlich, daß ihm ein solcher Anspruch nicht zustehen kann. Es kann daher offenbleiben, ob dargelegt werden kann, daß die Frage der Passivlegitimation der Beklagten für die Gewährung einer solchen Leistung, an deren Fehlen das Landessozialgericht Hamburg (LSG) das Begehren des Klägers hat scheitern lassen, grundsätzliche Bedeutung iS des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG habe.
Bezieher von Renten nach dem FRG können nicht zusätzlich zu diesen Leistungen Anspruch auf Gewährung einer Zusatzrente aus von ihnen in der ehemaligen DDR vor dem 18. Mai 1990 zurückgelegten Beitragszeiten in der FZR haben.
Bereits in Art 20 Abs 7 des Vertrages über die Schaffung einer Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik vom 18. Mai 1990 (Staatsvertrag – StVtr) ist festgelegt, daß Personen, die nach dem 18. Mai 1990 ihren gewöhnlichen Aufenthalt aus dem Gebiet der einen in das Gebiet der anderen Vertragspartei verlegt haben, von dem bisher zuständigen Rentenversicherungsträger ihre nach den für ihn geltenden Rechtsvorschriften berechnete Rente für die dort zurückgelegten Zeiten erhalten (vgl auch Art 23 des Gesetzes zum StVtr ≪StVtrG≫, §§ 20, 21 des Rentenangleichungsgesetzes ≪RAnglG-DDR≫). Übersiedler, die – wie der Kläger – bis zum 18. Mai 1990 ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland genommen haben, erhalten demnach für in der DDR bis zu diesem Stichtag zurückgelegte rentenrechtliche Zeiten ausschließlich Leistungen nach dem FRG. Nach diesem Gesetz werden Übersiedler so behandelt, als hätten sie ihr bisheriges Arbeitsleben in der Bundesrepublik verbracht (vgl § 15 FRG), werden also individuell in deren Sozialgefüge eingegliedert. Damit wäre es unvereinbar, zusätzlich einzelne in der DDR nach deren Versorgungssystem erworbene Rentenansprüche zu gewähren.
Anhaltspunkte, die eine hiervon abweichende Auslegung der einschlägigen Rechtsvorschriften nahelegen könnten, sind nicht erkennbar. Insbesondere für die von dem Kläger offenbar für richtig gehaltene “Kombinationstheorie”, nach der für Zeiten vor dem Stichtag gleichzeitig Leistungen nach dem FRG und den rentenrechtlichen Vorschriften der DDR bzw den Überleitungsregelungen bezogen werden könnten, ist kein Raum.
Die Beantwortung der Frage, ob der Stichtag “18. Mai 1990” grundsätzlich verfassungsgemäß oder mit dem Recht der Europäischen Gemeinschaft zu vereinbaren ist, kann jedenfalls bei einem Versicherten, der bereits mehrere Jahre vor diesem Zeitpunkt übergesiedelt ist, nicht unklar sein. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) ist es dem Gesetzgeber durch Art 3 Abs 1 des Grundgesetzes (GG) nicht verwehrt, zur Regelung bestimmter Lebenssachverhalte Stichtage einzuführen, obwohl jeder Stichtag unvermeidlich gewisse Härten mit sich bringt. Die Regelung muß lediglich überhaupt und in der Wahl ihres Zeitpunktes am gegebenen Sachverhalt orientiert und somit sachlich vertretbar sein (vgl etwa BVerfGE 29, 283, 299; 43, 286, 288). Die Vertragsparteien des StVtr wollten eine umfassende Union mit dem Ziel der Wiederherstellung der deutschen Einheit eingehen und dazu ua eine Vereinheitlichung ihrer sozialen Sicherungssysteme anstreben (Sozialunion); es war notwendig und sachgerecht, die Sozialversicherten beider Staaten von einem bestimmten Zeitpunkt an nur noch nach dem Recht ihres Herkunftsgebietes zu behandeln, um diesen Prozeß geordnet und vorhersehbar durchführen zu können. An der Sachbezogenheit der Regelung, daß Versicherte, die – wie der Kläger – bereits längere Zeit vor der politischen “Wende” im Jahre 1989 die DDR verlassen hatten, nicht mehr nach deren Rentenvorschriften, sondern nach den regelmäßig günstigeren Bestimmungen des FRG zu behandeln sind, bestehen keine Zweifel.
Die vom Kläger unter dem Gesichtspunkt des Eigentumsschutzes geäußerten Zweifel an der Regelung, nach der Beiträge zur FZR bei der Festsetzung von Renten nach dem FRG nicht besonders zu berücksichtigen sind, haben keine Berechtigung. Nach der Rechtsprechung des BVerfG können Gegenstand der Eigentumsgarantie des Art 14 GG und – damit Grundlage für einen Entschädigungsanspruch wegen Enteignung – überhaupt nur Ansprüche sein, die vom Gesetzgeber der Bundesrepublik Deutschland dieser gegenüber neu begründet (vgl dazu BVerfGE 41, 126, 150) oder zumindest als bestehend anerkannt (vgl BVerfGE 87, 1, 42 = SozR 3-5761 Allg Nr 1) worden sind. Ansprüche aus der FZR sind vom Bundesgesetzgeber jedenfalls für Übersiedler, die vor dem 18. Mai 1990 in das Bundesgebiet gelangt sind, zu keinem Zeitpunkt als bestehend anerkannt oder neu begründet worden.
Der Antrag des Klägers auf Beiordnung eines Rechtsanwalts (§ 73a Abs 1 SGG in Verbindung mit § 121 ZPO) war abzulehnen, weil ihm kein Anspruch auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe zusteht.
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision war als unzulässig zu verwerfen, weil sie nicht von einem bei dem BSG zugelassenen Prozeßbevollmächtigten (§ 166 SGG) eingelegt worden ist. Dies konnte in entsprechender Anwendung des § 169 Satz 3 SGG auch ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter geschehen (BSG SozR 1500 § 160a Nrn 1 und 5; BVerfG SozR 1500 § 160a Nr 30).
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Fundstellen