Verfahrensgang
Tenor
Die Revision des Klägers gegen den Beschluß des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 28. März 1995 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten auch des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
I
Der Kläger, der im Januar 1989 aus der ehemaligen DDR in die Bundesrepublik Deutschland übergesiedelt ist, begehrt bei der Feststellung der Höhe seiner Altersrente zusätzlich die Berücksichtigung von Beiträgen, die er in der ehemaligen DDR zur Freiwilligen Zusatzrentenversicherung (FZR) entrichtet hat.
Die Beklagte bewilligte dem 1933 geborenen Kläger mit Bescheid vom 8. Februar 1993 ab 1. April 1993 eine Altersrente wegen Arbeitslosigkeit nach den Bestimmungen des Sechsten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB VI); der monatliche Auszahlbetrag nach Abzug des Beitragsanteils des Klägers zur gesetzlichen Krankenversicherung belief sich danach auf 2.534,51 DM. Mit dem Widerspruch beanstandete der Kläger, daß seine Beiträge zur FZR in Höhe von 37.563,41 M der DDR (einschließlich „des Arbeitgeberanteils”) bei der Berechnung seiner Rente nicht berücksichtigt worden seien; er erhalte zu Unrecht eine ebenso hohe Rente wie andere Übersiedler aus der DDR, die keine Beiträge zur FZR gezahlt hätten. Mit Bescheid vom 26. Mai 1993 wies die Beklagte den Widerspruch mit der Begründung zurück: Für Berechtigte, die vor dem 18. Mai 1990 ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland gehabt hätten, errechne sich die Rente bei einem Rentenbeginn vor dem 1. Januar 1996 nach § 259a SGB VI. Infolgedessen seien anstelle der nach §§ 256a un
d 256b SGB VI zu ermittelnden Werte Entgeltpunkte nach den Anlagen 1 bis 16 zum Fremdrentengesetz (FRG) zugrunde zu legen.
Das Sozialgericht (SG) hat durch Urteil vom 25. November 1993 die Klage, auch gegen den zwischenzeitlich ergangenen Neufeststellungsbescheid vom 5. Oktober 1993, abgewiesen und ausgeführt: Der Kläger begehre, wie seinem Vorbringen zu entnehmen sei, die Berechnung seiner Altersrente gemäß § 256a SGB VI. Es könne dahinstehen, ob die Ermittlung der Entgeltpunkte nach dieser Vorschrift für den Kläger günstiger sei. Denn jedenfalls sei eine verfassungsrechtlich relevante Benachteiligung durch Anwendung des § 259a SGB VI nicht erkennbar. Weder sei Art 3 Abs 1 Grundgesetz (GG) noch werde Art 14 GG verletzt. Eine Eigentumsgarantie für in der ehemaligen DDR zurückgelegte Beitragszeiten könne nur in dem vom Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR über die Herstellung der Einheit Deutschlands (Einigungsvertrag ≪EinigVtr; im folgenden: EV≫) vom 31. August 1990 (BGBl II S 889) festgelegten Umfang erwachsen. Selbst wenn man einen entsprechenden Eigentumsschutz der in der ehemaligen DDR erworbenen Rentenanwartschaften annehmen wolle, sei nicht ersichtlich, weshalb § 259a SGB VI gegen Art 14 GG verstoße. Im Hinblick ua auf die weite Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers und der mit der Wiedervereinigung verbundenen außerordentlichen Belastung des Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung sei eine pauschale Regelung ohne Einzelfallprüfung nicht zu beanstanden. § 259a SGB VI habe Vertrauensschutzcharakter; die Vorschrift habe verhindern sollen, daß die Rentenansprüche derjenigen, die zum Stichtag bereits ihren gewöhnlichen Aufenthalt in den alten Bundesländern gehabt und auf eine nach den Bestimmungen des FRG berechnete Rente vertraut hätten, sich mindere. Durch Beschluß vom 28. März 1995 hat das Landessozialgericht (LSG) im wesentlichen unter Bezugnahme auf die Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils die Berufung des Klägers zurückgewiesen und die Revision zugelassen.
Mit der Revision rügt der Kläger einen Verstoß gegen Art 14 und Art 2 GG iVm dem Rechtsstaatsprinzip und trägt vor:
Bei den Beitragszahlungen zur FZR handele es sich um echte Rentenversicherungsbeiträge. Damit habe er echte und nicht lediglich fiktive Beitragszeiten erworben. Die auf Beitragszahlungen beruhenden Rentenanwartschaften seien mithin gemäß Art 14 GG eigentumsgeschützt. Weder Vertrauensschutz noch Verwaltungsvereinfachung noch Pauschalierung rechtfertigten eine Entwertung dieser Anwartschaften. Aus dem vom SG zur Begründung herangezogenen Gedanken des Eingliederungsprinzips ergebe sich nichts anderes, da das SGB VI grundsätzlich die Beitragszahlungen zur FZR als echte Beiträge anerkenne. Die Tabellenwerte des FRG seien lediglich ein Hilfsmittel für den Fall, daß derartige Beiträge nicht entrichtet worden seien. Die „einzigartige Übergangssituation” bei der Wiedervereinigung erlaube es nicht, als wirksam anerkannte Beitragszahlungen zu entwerten.
In der mündlichen Verhandlung vom 29. Juli 1997 hat der Kläger ergänzend vorgetragen:
Es sei willkürlich, wenn seine Rente so bemessen sei, als ob er – während er in der DDR gelebt habe – in der Bundesrepublik Deutschland einen vergleichbaren Beruf ausgeübt, entsprechende westdeutsche Arbeitsentgelte erhalten und Pflichtbeiträge in die gesetzliche Rentenversicherung entrichtet habe. Durch seine Beitragsleistung zur FZR habe er das Recht erworben, daß die in der DDR versicherten Arbeitsentgelte zusätzlich – entgeltpunktsteigernd – auch über die Beitragsbemessungsgrenze hinaus anzurechnen seien; andernfalls werde er ohne Sachgrund gegenüber denjenigen benachteiligt, die in der DDR keine FZR-Beiträge gezahlt hätten.
Der Kläger beantragt,
den Beschluß des LSG Niedersachsen vom 28. März 1995 sowie das Urteil des SG Lüneburg vom 25. November 1993 aufzuheben und den Bescheid der Beklagten vom 8. Februar 1993 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Mai 1993 sowie den Bescheid vom 5. Oktober 1993 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, bei der Rentenberechnung auch die im Beitrittsgebiet ab 1. November 1969 zur freiwilligen Zusatzrentenversicherung gezahlten Beiträge zu berücksichtigen,
hilfsweise,
den Rechtsstreit nach Art 100 GG auszusetzen, und dem Bundesverfassungsgericht die Frage vorzulegen, ob und inwieweit es dem Grundgesetz entspricht, daß bei der Berechnung der ihm zustehenden Rente die im Beitrittsgebiet zur freiwilligen Zusatzrentenversicherung gezahlten Beiträge außer Acht bleiben bzw mit den gleichen Werten berücksichtigt werden, wie etwa bei einem Bürger aus dem Beitrittsgebiet, der keinerlei Beiträge an die FZR gezahlt hat.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie trägt vor:
Eine zusätzliche Berücksichtigung der durch Beiträge zur FZR versicherten Entgelte komme nicht in Betracht. Dies widerspreche dem sog Eingliederungsprinzip. Die vom Kläger in der ehemaligen DDR zurückgelegten Beitragszeiten auch in der FZR seien „in den Anwendungsbereich des FRG” einbezogen worden. Damit sei der Kläger bei der Berechnung seiner Rente so gestellt worden, als hätte er sein Arbeitsleben nicht in der ehemaligen DDR, sondern in der Bundesrepublik Deutschland verbracht. Eine besondere Abgeltung von FZR-Beiträgen schreibe das FRG nicht vor. Eine Vergleichsberechnung mit Entgelten nach § 256a SGB VI sei gesetzlich nicht vorgesehen; eine derartige Berechnung wäre im übrigen mit einem unverhältnismäßigen Aufwand verbunden, da dann für alle seit Kriegsende aus der ehemaligen DDR in die Bundesrepublik Deutschland übergesiedelten Rentenberechtigten und deren Hinterbliebenen entsprechende Berechnungen vorgenommen werden müßten. Der gewählte Stichtag für die Anwendung des FRG, der 18. Mai 1990, der Tag der Unterzeichnung des Vertrages über die Schaffung einer Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion (Staatsvertrag) vom 18. Mai 1990 (BGBl II S 537), sei sachgerecht. Denn ab diesem Zeitpunkt habe das durch die Nachkriegsverhältnisse geprägte Rentensystem des FRG geendet und sei die Vereinheitlichung der Rentenversicherung eingeleitet worden.
Entscheidungsgründe
II
Die Revision des Klägers ist unbegründet.
Zu Recht haben SG und LSG den vom Kläger mit der Verpflichtungsklage (§ 54 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫) geltend gemachten Anspruch auf Zuerkennung einer Altersrente (§ 38 SGB VI) auch unter Berücksichtigung von Beitragszahlungen zur FZR verneint.
Die Beklagte hat in den angefochtenen Entscheidungen bei der Rentenberechnung zutreffend Entgeltpunkte gemäß § 259a SGB VI nach den Tabellenwerten der Anlagen 1 bis 16 zum FRG zugrunde gelegt, anstelle der nach §§ 256a, 256b SGB VI zu ermittelnden Werte (Entgeltpunkte nach dem durch Beiträge versicherten Arbeitsentgelt, § 63 Abs 2 SGB VI). Der Kläger macht insoweit nicht geltend, die Beklagte habe § 259a SGB VI in den angefochtenen Verwaltungsentscheidungen unrichtig umgesetzt; er ist – wie sich aus seinem Vorbringen ergibt – jedoch der Auffassung, seine FZR-Beiträge müßten in die Rentenberechnung miteinfließen. Für einen derartigen, allein nach Bundesrecht (§ 162 SGG) zu beurteilenden Anspruch gibt es jedoch keine Rechtsgrundlage (so auch entsprechend der 5. Senat des BSG, Urteil vom 19. März 1997 – 5 RJ 72/95). Der Kläger ist so behandelt worden, wie ein westdeutscher Versicherter, der einen vergleichbaren Beruf ausgeübt, entsprechende Arbeitsentgelte erhalten hat und entsprechend versichert worden ist.
1. Die Höhe der bei der Rentenberechnung zugrundezulegenden Entgeltpunkte (vgl §§ 63 Abs 2, 6; 64 Nr 1 SGB VI) bestimmt sich bis 18. Mai 1990 für die dem Kläger ab April 1993 zuerkannte Rente ausschließlich nach § 259a SGB VI.
a) Der Kläger ist vor dem 1. Januar 1937 geboren und hatte seinen gewöhnlichen Aufenthalt am 18. Mai 1990 im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ohne das Beitrittsgebiet. Damit gehörte er zu dem Personenkreis der Rentenberechtigten, der von dem Überführungsprogramm des EV und den diesen umsetzenden nachfolgenden – rentenrechtlichen – Bestimmungen gerade nicht erfaßt worden ist. Dies hatte zur Folge, daß „DDR-Recht” auch nicht als sekundäres Bundesrecht übergangsrechtlich auf ihn und auf die von ihm in der ehemaligen DDR „erworbenen Rechte” Anwendung gefunden hat (vgl § 20 des Gesetzes zur Angleichung der Bestandsrenten an das Nettorentenniveau der Bundesrepublik Deutschland und zu weiteren rentenrechtlichen Regelungen ≪Rentenangleichungsgesetz – RAG -≫) vom 28. Juni 1990 (GBl I Nr 38 S 495, 1457; EV Anlage II Kapitel VIII F Abschn III Nr 8). Sein Rentenanspruch richtete sich, ohne daß in irgendeiner Weise „DDR-Verhältnisse” bei der Rentenberechnung von Bedeutung gewesen wären, ausschließlich nach dem bis zum 18. Mai 1990 geltenden Recht der Bundesrepublik Deutschland, das in seiner Grundstruktur für die Zeit ab 1. Januar 1992 im SGB VI weitergeführt worden ist.
b) Der og „Stichtag”, der 18. Mai 1990, bildete rentenrechtlich eine Zäsur, wie bereits Art 20 Abs 7 des Staatsvertrages iVm Art 23 § 1 des Gesetzes zu dem Vertrag vom 18. Mai 1990 über die Schaffung einer Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR vom 25. Juni 1990 (BGBl II S 518) zeigt. Danach galt für diejenigen, die – wie der Kläger – vor dem 18. Mai 1990 in die Bundesrepublik Deutschland übergesiedelt waren und hier ihren gewöhnlichen Aufenthalt hatten, ausschließlich das Rentenrecht der Bundesrepublik Deutschland. Damit unterlagen sie den Bestimmungen des FRG und infolgedessen dem das FRG tragenden Prinzip der Eingliederung. Nach diesem Prinzip wurden (werden) alle in die Bundesrepublik Deutschland zugewanderten Personen wegen Verlustes ihres Versicherungsschutzes rentenrechtlich so gestellt, als hätten sie ihn in der Bundesrepublik Deutschland (ohne das Beitrittsgebiet) erworben, obgleich sie entsprechende Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung nicht erbracht haben; sie werden also so behandelt, als ob sie ihre bisherigen Tätigkeiten unter der Wirksamkeit deutscher Rechtsnormen zurückgelegt hätten (vgl hierzu BVerfG SozR 5050 § 22 Nr 16; Großer Senat des BSG SozR 5050 § 15 Nrn 32, 35). Das dabei angestrebte Ziel einer Gleichstellung von Vertriebenen und Flüchtlingen, die ihr Arbeitsleben unter den unterschiedlichsten Bedingungen in den Herkunftsländern und unter sehr unterschiedlichen Wirtschafts- und Sozialstrukturen verbracht hatten, ließ sich, ohne daß Art 3 Abs 1 GG verletzt wurde, nur durch Typisierungen und verhältnismäßig grobe Pauschalierungen erreichen, wobei Härten in Einzelfällen bei solchen generalisierenden Regelungen unvermeidlich und hinzunehmen sind (so BVerfG SozR 5050 § 22 Nr 16).
2. Der vom Gesetzgeber gewählte „Stichtag”, der 18. Mai 1990, der Tag des Abschlusses des ersten Staatsvertrages, und die damit zusammenhängende Stichtagsregelung, verstößt nicht gegen Art 3 Abs 1 GG.
a) Die Stichtagsregelung hatte zur Folge, daß es für die vor diesem Zeitpunkt aus der ehemaligen DDR in die Bundesrepublik Deutschland Übergesiedelten bei dem maßgeblichen Recht der Bundesrepublik Deutschland verblieb, ohne daß individuell in der ehemaligen DDR entrichtete Beiträge – auf welche Weise auch immer – bei der Berechnung der Rente berücksichtigt werden konnten. Diejenigen, die nach dem 18. Mai 1990 ihren gewöhnlichen Aufenthalt aus dem Gebiet der ehemaligen DDR auf das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland (ohne das Beitrittsgebiet) verlegten, erhielten – allerdings – für die dort zurückgelegten Beitragszeiten „von dem bisher zuständigen Rentenversicherungsträger” ihre Rente nach den für diesen geltenden Rechtsvorschriften. Mit Abschluß des Staatsvertrages sollte die Übersiedlung von Ost nach West und umgekehrt uneingeschränkt möglich sein, ohne daß die nach diesem Zeitpunkt in die Bundesrepublik Deutschland Übergesiedelten eine „Westrente” beanspruchen konnten (vgl Art 20 Abs 7 Staatsvertrag; § 20 RAG iVm EV Anlage II Kapitel VIII F Abschn III Nr 8). Ab diesem Zeitpunkt sollte das unterschiedliche Rentensystem der ehemaligen DDR dem der Bundesrepublik Deutschland angeglichen und mit Hilfe der im Staatsvertrag enthaltenen, umzusetzenden Vereinbarungen eine Sozialunion geschaffen werden (vgl Art 20 Abs 7 Staatsvertrag; BVerfG, Beschluß vom 12. November 1996 – 1 BvL 4/88 –; BSG SozR 3-8570 § 11 Nr 4 S 38). Im Hinblick hierauf bestand für eine Anwendung des FRG, das einen Verlust des „fremden” Versicherungsschutzes ausgleichen sollte, auf diesen Personenkreis ab dem 19. Mai 1990 kein Anlaß mehr.
b) Die einmal getroffene Stichtagsregelung für den Personenkreis der vor dem 18. Mai 1990 aus der ehemaligen DDR Übergesiedelten ist auch noch für die Zeit nach der Wiedervereinigung, dem 3. Oktober 1990, nicht zu beanstanden, obwohl nach dem EV (Art 30 Abs 5) die in der ehemaligen DDR „erworbenen Ansprüche und Anwartschaften” in die gesetzliche Rentenversicherung überführt werden sollten. Denn die Wahl des Zeitpunktes des Stichtages orientierte sich am vorgegebenen Sachverhalt und war sachlich vertretbar (vgl hierzu BVerfGE 87, 1, 43 f). Grundlage für die Stichtagsregelung war einmal eine mit ihr verbundene erhebliche Verwaltungsvereinfachung für den Träger der gesetzlichen Rentenversicherung, da dieser ohne Einzelfallprüfung auf die für diesen Personenkreis bereits entsprechend gespeicherten Daten zurückgreifen konnte (vgl BT-Drucks 12/4810 S 24 f); infolgedessen sprechen die praktischen Erfordernisse bei der „Ordnung von Massenerscheinungen”, wozu auch die Angelegenheiten der gesetzlichen Rentenversicherung zählen, für die Beibehaltung des Stichtags (vgl hierzu BVerfGE 87, 234, 255 f). Zum anderen sollte durch die Stichtagsregelung das Vertrauen all derjenigen in das bis zu diesem Zeitpunkt geltende Recht geschützt werden, die vor bzw bei Abschluß des Staatsvertrages bereits ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland hatten (vgl BT-Drucks 12/4810 S 24 f); sie konnten bis zu diesem Zeitpunkt davon ausgehen, bei der Feststellung ihrer Rente werde das – für sie in der Regel günstigere – FRG zur Anwendung gelangen (vgl hierzu BSG SozR 3-8110 Kapitel VIII H I Nr 17, Nr 1).
c) Die Stichtagsregelung war auch noch bei Inkrafttreten des SGB VI – und bei Erlaß der angefochtenen Rentenbescheide im Jahre 1993 – gerechtfertigt. Denn sowohl der Gesichtspunkt der Verwaltungsvereinfachung als auch der des Vertrauensschutzes für einen Personenkreis, der vor dem 18. Mai 1990 nicht ohne weiteres damit rechnen konnte, das für ihn maßgebende – in der Regel günstigere – westdeutsche Rentenrecht werde sich ändern, stellten rechtlich erhebliche Gründe für das Beibehalten der Stichtagsregelung dar. Wie bei jeder Stichtagsregelung mußte der Gesetzgeber abwägen, zwischen dem Vertrauen der Betroffenen in die bestehende und den Gründen für eine andere – regelmäßig ungünstigere – Regelung. Wenn der Gesetzgeber bei den bis 1937 geborenen, relativ rentennahen Jahrgängen dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes und damit einer typisierenden und nicht einer individuell ausgestalteten Regelung den Vorzug gab, ist dies nicht zu beanstanden. Hätte der Gesetzgeber im übrigen rückwirkend – unter Berücksichtigung eines Bestandsschutzes – sämtliche Renten neu berechnet, so hätte dies – worauf die Beklagte zutreffend hingewiesen hat – einen erheblichen Verwaltungsmehraufwand bedeutet.
3. Es ist auch nicht erkennbar, daß § 259a SGB VI und damit die der Rentenberechnung des Klägers zugrundeliegende Regelung in anderer Weise gegen den allgemeinen Gleichheitssatz verstößt. Art 3 Abs 1 GG gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Damit ist dem Gesetzgeber allerdings nicht jede Differenzierung verwehrt. Er verletzt das Grundrecht vielmehr nur, wenn er eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, daß sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (vgl BVerfGE 55, 72, 88; 87, 234, 255).
a) Sollte der Kläger einen Verstoß gegen Art 3 Abs 1 GG rügen wollen, weil ihm eine Rente – allein – unter Zugrundelegung der Tabellenwerte der Anlagen 1 bis 16 zum FRG und keine weitere (oder höhere) Leistung unter Berücksichtigung seiner Beiträge zur FZR zuerkannt worden ist, so kann dem nicht gefolgt werden. Denn es ist bereits keine Personengruppe vorhanden – der Kläger hat eine solche auch nicht genannt –, der vom Gesetzgeber eine derartige bzw entsprechende Doppelversorgung zugesagt wird, nämlich eine Versorgung sowohl nach dem FRG als auch – für den selben Zeitraum – eine weitere unter Berücksichtigung von FZR-Beiträgen bzw von Beitragszeiten des jeweiligen Herkunftslandes.
b) Es ist auch nicht erkennbar, daß der Personenkreis, dem der Kläger angehört, etwa durch die Regelung in § 259b SGB VI benachteiligt sein könnte. Dort ist zwar – unabhängig von der Stichtagsregelung – für den Personenkreis der Sonder- und Zusatzversorgungsberechtigten angeordnet, daß die Entgeltpunkte nicht nach den Tabellenwerten der Anlagen 1 bis 16 zum FRG zu ermitteln sind, sondern der Verdienst nach dem Gesetz zur Überführung der Ansprüche und Anwartschaften aus Zusatz- und Sonderversorgungssystemen (Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz ≪AAÜG≫) vom 25. Juli 1991 (BGBl I S 1606, 1677), also auch unter Heranziehung der Begrenzungsvorschriften des § 6 Abs 2 und 3 sowie des § 7 AAÜG, bei der Ermittlung der Entgeltpunkte zugrunde zu legen ist. Ob der Gesetzgeber insoweit eine sachgerechte Differenzierung dieses Personenkreises im Verhältnis zu den ehemals Sozialpflicht- und FZR-Versicherten vorgenommen hat, kann dahinstehen. Denn jedenfalls ist für den hier zu entscheidenden umgekehrten Fall bereits eine Benachteiligung des unter den Anwendungsbereich des § 259a SGB VI fallenden Personenkreises gegenüber demjenigen, dessen Rente sich ua nach § 259b SGB VI errechnet, nicht ersichtlich. Es ist nicht erkennbar, daß ein unter Berücksichtigung von §§ 6 und 7 AAÜG zugrundezulegender „ostdeutscher” Verdienst – jedenfalls bis zur Beitragsbemessungsgrenze – pauschalierend und typisierend betrachtet zu Rentenleistungen führt, die höher sind als diejenigen, die sich nach den Tabellenwerten des FRG bestimmen.
4. Ein Verstoß gegen Art 14 GG liegt nicht vor; der Gesetzgeber hat bei der Ausgestaltung des Rentenanspruchs des Klägers nicht in eine eigentumsgeschützte Rechtsposition eingegriffen, als er die FZR-Beiträge unberücksichtigt ließ. Denn diese Beiträge und die sich hierauf gründenden „Beitragszeiten” unterfielen nicht dem Eigentumsschutz des Art 14 GG. Gegenstand einer Eigentumsgarantie konnten erst die vom bundesdeutschen Gesetzgeber neu begründeten Ansprüche sein.
Zwar werden Renten und Rentenanwartschaften aus der gesetzlichen Rentenversicherung der Bundesrepublik Deutschland durch Art 14 Abs 1 GG geschützt (vgl BVerfGE 53, 257, 289 ff = SozR 7610 § 1587 Nr 1). Um derartige eigentumsgeschützte Rechtspositionen handelte es sich jedoch bei Ansprüchen und Anwartschaften aus der Sozialpflicht- und FZR-Versicherung der ehemaligen DDR nicht. Der Schutz der individual-grundrechtlichen Eigentumsgarantie des Art 14 GG erstreckte sich nicht rückwirkend auf Erwerbstatbestände, die im Gebiet der ehemaligen DDR zurückgelegt worden sind (vgl hierzu entsprechend BVerfG, Beschluß vom 30. Oktober 1993 – 1 BvL 42/92). Der räumliche Verantwortungsbereich der dem GG verpflichteten Staatsgewalt der Bundesrepublik Deutschland beschränkte sich sowohl tatsächlich als auch staatsrechtlich allein auf das damalige Gebiet der Bundesrepublik Deutschland (Art 23 Satz 1 GG aF). Infolgedessen bestand für derartige in der ehemaligen DDR begründete Rechtspositionen grundsätzlich keine Verantwortlichkeit im Sinne eines Einstehenmüssens der Bundesrepublik Deutschland (vgl hierzu BVerfGE 84, 90, 122 f; BVerfG SozR 3-8560 § 26 Nr 1 S 9); es sei denn, derartige Eigentumspositionen wären im EV als Eigentum ausgestaltet worden, wie in dem vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG) durch Beschluß vom 22. November 1994 (BVerfGE 91, 294) entschiedenen Fall. Dieses Einstehenmüssen ergab sich auch nicht im Wege einer Gesamtrechtsnachfolge. Denn mit dem Wirksamwerden des Beitritts gemäß Art 23 Satz 2 GG aF ist die ehemalige DDR als staatsrechtliches Gebilde erloschen; sie hat damit ihren Anspruch auf Gebiets- und Personalhoheit fallen gelassen, Gebiet und Bevölkerung in die Bundesrepublik Deutschland eingegliedert, sich selbst aufgelöst und so die staatliche Einheit Deutschlands hergestellt; erst in demselben Zeitpunkt ist das GG in den am 3. Oktober 1990 zu Bundesländern gewordenen Ländern im Beitrittsgebiet in Kraft getreten (Art 3 EV, vgl BSG SozR 3-8570 § 11 Nr 3 S 33). Der an das GG und nicht etwa an ein wie immer definiertes „Eigentums-Naturrecht” im Sinne einer Garantie des Sacheigentums (vgl hierzu entsprechend BVerfGE 10, 59, 81) gebundene Gesetzgeber unterlag mithin nicht den Bindungen des Individualgrundrechts aus Art 14 Abs 1 GG, als er Rentenansprüche von Erwerbstätigen der ehemaligen DDR regelte.
Da § 259a SGB VI somit verfassungskonform und ein Verstoß gegen Art 2 und Art 20 GG nicht erkennbar ist, ist die Revision des Klägers zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen