Verfahrensgang
SG für das Saarland (Entscheidung vom 28.01.2021; Aktenzeichen S 21 AS 837/17) |
LSG für das Saarland (Beschluss vom 30.05.2022; Aktenzeichen L 4 AS 3/21) |
Tenor
Der Antrag des Klägers, ihm zur Durchführung des Verfahrens der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des Landessozialgerichts für das Saarland vom 30. Mai 2022 Prozesskostenhilfe zu bewilligen und Rechtsanwalt K als Prozessbevollmächtigen beizuordnen, wird abgelehnt.
Gründe
Der Antrag auf Bewilligung von PKH ist nicht begründet. PKH ist nur zu bewilligen, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 114 ZPO). An der erforderlichen Erfolgsaussicht fehlt es hier. Hinreichende Aussicht auf Erfolg böte die Nichtzulassungsbeschwerde nur, wenn einer der drei in § 160 Abs 2 SGG abschließend aufgeführten Zulassungsgründe durch einen zugelassenen Prozessbevollmächtigten (§ 73 Abs 4 SGG) mit Erfolg geltend gemacht werden könnte; denn nur diese Gründe können zur Zulassung der Revision führen. Die Revision darf danach nur zugelassen werden, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG), das Urteil von einer Entscheidung des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung beruht (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG) oder ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG). Von diesen Zulassungsgründen kann nach Aktenlage unter Berücksichtigung des Vortrags des Klägers keiner mit Erfolg im Beschwerdeverfahren geltend gemacht werden.
Es ist nicht erkennbar, dass ein Rechtsanwalt erfolgreich einen Verfahrensmangel geltend machen könnte, auf dem die angefochtene Entscheidung des LSG beruhen könnte. Es hat entschieden, die Berufung des Klägers sei wegen Nichterreichens des Beschwerdewerts von 750,01 Euro und im Streit befindlicher Leistungen von nicht mehr als einem Jahr (Zeitraum 1.3.2015 bis 29.2.2016) unzulässig. Zwar hat es erst am Tag der Entscheidung über die Hauptsache den Antrag auf Bewilligung von PKH unter Hinweis auf deren Inhalt abgelehnt. Daraus ergibt sich aber kein relevanter Verfahrensmangel, weil nicht zugleich zu erkennen ist, unter welchem Gesichtspunkt für das Berufungsverfahren eine hinreichende Erfolgsaussicht bestanden haben soll (vgl hierzu zuletzt BSG vom 2.9.2019 - B 14 AS 251/18 B). Das LSG ist im Ergebnis zutreffend davon ausgegangen, dass der Beschwerdewert - abweichend von der Rechtsmittelbelehrung des SG - nicht erreicht wird, die Berufung also unzulässig ist. Denn das SG hatte bei seiner Entscheidung übersehen, dass der Rechtsstreit betreffend den Leistungsanspruch der Tochter des Klägers mit Beschluss vom 14.9.2017 getrennt und an das SG Stuttgart verwiesen worden war. Auch nach eigenen Berechnungen des Klägers im Verfahren vor dem SG (Schriftsatz vom 4.8.2021) ging es ihm für sich selbst um insgesamt höhere Kosten für Unterkunft und Heizung von 352,50 Euro für März bis Dezember 2015 und von 41,80 Euro für Januar und Februar 2016. Zudem machte er Mehrkosten für Heizstrom von 4,75 Euro monatlich für März bis Dezember 2015 und 4,20 Euro für Januar und Februar 2016 geltend. Diese hat das LSG zwar in seiner Berechnung des Beschwerdewerts nicht berücksichtigt; aber selbst die Addition dieser Beträge zu den geltend gemachten Kosten für Unterkunft und Heizung führt nicht zu einem 750 Euro übersteigenden Beschwerdewert.
Soweit der Kläger nunmehr vorbringt, sein Begehren sei nicht auf Kosten für Unterkunft und Heizung beschränkt gewesen und "streitgegenständlich waren allgemeine Leistungen nach SGB II, insbesondere Leistungen für KdUH als auch vermeintliche Rückforderungsansprüche des beklagten Jobcenters", vermag dies die Richtigkeit der Beurteilung des LSG nicht in Zweifel zu ziehen. Zwar ist zutreffend, dass eine ausdrückliche Begrenzung des Streitgegenstands auf Kosten für Unterkunft und Heizung im Verfahren nicht erfolgt ist. Doch allein die Behauptung vor dem BSG, er habe auch "allgemeine Leistungen nach SGB II" geltend gemacht, über die aber im gesamten Verfahren, auch in einer Vielzahl von Schriftsätzen sowie mehreren Erörterungsterminen mit dem Kläger, keine Ausführungen aktenkundig sind, ist für die Bestimmung des Beschwerdewerts ohne Belang. Denn insoweit ist unter Berücksichtigung des gesamten Verfahrensverlaufs davon auszugehen, dass dieser Vortrag bewusst nur deshalb erfolgt, um die Berufungsfähigkeit zu erreichen (BSG vom 22.8.1990 - 10 RKg 29/88 - BSGE 67, 194, 195 = SozR 3-5870 § 27 Nr 1 S 2; BSG vom 26.7.2016 - B 4 AS 12/16 B - RdNr 11) und damit willkürlich ist.
Da das LSG daher zutreffend von der Unzulässigkeit der Berufung ausgegangen ist, verfangen die übrigen Rügen des Klägers, die sich auf die fehlende Auseinandersetzung des LSG mit den in seinem konkreten Fall angemessenen Kosten der Unterkunft beziehen, von vornherein nicht.
Wenn der Kläger schließlich vorträgt, er sehe sich in seinen Grundrechten auf ein faires Verfahren, seinem Recht auf effektiven Rechtsschutz und Rechtsschutzgleichheit sowie in seinen grundrechtsgleichen Rechten auf den gesetzlichen Richter und rechtliches Gehör verletzt, weil sein Befangenheitsantrag gegen den zur Entscheidung berufenen Senat zu Unrecht abgelehnt worden sei, wird ein Verfahrensmangel ebenfalls nicht erfolgreich zu begründen sein. Dem Endurteil vorausgehende Entscheidungen unterliegen der Beurteilung des Revisionsgerichts dann nicht, wenn sie ihrerseits unanfechtbar sind (§ 557 Abs 2 ZPO iVm § 202 SGG). Diese Einschränkung der Prüfungsbefugnis des Revisionsgerichts ist bei Beschlüssen, durch die ein Ablehnungsgesuch gemäß § 60 Abs 1 SGG iVm § 46 Abs 2 ZPO zurückgewiesen wird, immer dann gegeben, wenn sie - wie hier - von einem LSG erlassen werden und deshalb gemäß § 177 SGG der Anfechtung mit der Beschwerde entzogen sind. Dies hat zur Folge, dass die Zurückweisung eines Befangenheitsantrags grundsätzlich auch nicht als Verfahrensfehler des angefochtenen Urteils iS von § 160 Abs 2 Nr 3 SGG geltend gemacht werden kann (vgl BSG vom 5.8.2003 - B 3 P 8/03 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 1 RdNr 7 mwN). Das Vorliegen von durch die Rechtsprechung anerkannten Ausnahmen hierzu (vgl nur BSG vom 9.1.2008 - B 12 KR 24/07 B - RdNr 11) ist nicht ersichtlich.
Fragen grundsätzlicher Bedeutung zur Bestimmung des Beschwerdewerts stellen sich vorliegend ebenso wenig wie sich eine Divergenz erfolgreich begründen ließe.
Mit der Ablehnung von PKH entfällt zugleich die Beiordnung eines Rechtsanwalts im Rahmen der PKH (§ 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 121 Abs 1 ZPO).
S. Knickrehm |
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Neumann |
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Siefert |
Fundstellen
Dokument-Index HI15635399 |