Orientierungssatz
Soll mit der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision geltend gemacht werden, daß das LSG unter Verletzung des § 150 Nr 2 SGG die Berufung als unzulässig verworfen hat, muß der Beschwerdeführer darlegen, wann und wo ein wesentlicher Mangel des erstinstanzlichen Verfahrens vor dem LSG gerügt worden ist.
Normenkette
SGG § 150 Nr 2, § 160 Abs 2 Nr 3, § 160a Abs 2 S 3
Verfahrensgang
LSG Niedersachsen (Entscheidung vom 10.11.1987; Aktenzeichen L 7 Ar 171/87) |
Gründe
Prozeßkostenhilfe kann dem Kläger nicht bewilligt werden, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 73 Abs 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz -SGG- iVm § 114 Satz 1 Zivilprozeßordnung).
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig. Der Kläger hat keinen der Zulassungsgründe des § 160 Abs 2 SGG in der nach § 160a Abs 2 Satz 3 SGG gebotenen Form bezeichnet.
Er rügt als wesentlichen Mangel sowohl des erstinstanzlichen wie des zweitinstanzlichen Verfahrens, daß das Gericht von Amts wegen hätte beschließen müssen, den Sachverständigen Dr. S. zur Erläuterung seines Gutachtens anzuhören. Auch hätte es diesen Gutachter intensiver dazu befragen müssen, ob er, der Kläger, die Bedeutung der von ihm am 11. Dezember 1985 schriftlich erklärten Rücknahme seines Widerspruches richtig eingeschätzt habe. Zur Begründung trägt er vor, aus der abschließenden Beurteilung des Gutachters ergebe sich, daß er, der Kläger, nicht nur unter leichter Kritikschwäche, sondern unter verminderter Einsichtsfähigkeit in seine Lebenssituation gelitten habe; bei einer solchen gutachterlichen Formulierung hätte das Gericht sich nicht mit der bloßen Feststellung des Arztes begnügen dürfen, sondern ihn persönlich hören müssen. Immerhin sei der Kläger erst im Mai 1985 nach einer Gehirnoperation aus dem Krankenhaus entlassen worden. Darüber hinaus sei das Verhalten der beiden Sachbearbeiter der Beklagten am 11. Dezember 1985 insofern ungewöhnlich gewesen, als sie dem Kläger Zug um Zug gegen Rücknahme seines Widerspruches eine Erhöhung des wöchentlichen Bemessungsentgelts von 400,-- auf 600,-- DM zugebilligt hätten. Auch dies hätte dem Gericht Veranlassung zu der Annahme geben müssen, daß der Kläger die Bedeutung des von ihm unterschriebenen Schriftstückes über die Rücknahme des Widerspruches nicht richtig habe beurteilen können.
Dieser Vortrag des Klägers ist nicht geeignet, die Revisionsinstanz zu eröffnen. Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung des Klägers als unzulässig verworfen, weil sie die Höhe der Leistung betraf und somit nach § 147 SGG ausgeschlossen war. Das Vorbringen des Klägers ergibt nicht, inwiefern für diese Entscheidung eine Anhörung und weitere Befragung des Sachverständigen Dr. S. erheblich gewesen wäre.
Allerdings stellt es nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) einen Verfahrensmangel dar, wenn das LSG die Berufung als unzulässig verwirft, obwohl die Berufung zulässig war (BSG SozR 1500 § 144 Nr 1). Das gilt grundsätzlich auch dann, wenn die Berufung nach den §§ 144 bis 149 SGG ausgeschlossen ist und sich ihre Statthaftigkeit nur daraus ergeben hat, daß der Berufungskläger vor dem Berufungsgericht einen wesentlichen Mangel des erstinstanzlichen Verfahrens gerügt hatte, der auch tatsächlich vorlag (§ 150 Nr 2 SGG; vgl BSGE 34, 236, 237). Soll mit der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision geltend gemacht werden, daß das LSG unter Verletzung des § 150 Nr 2 SGG die Berufung als unzulässig verworfen hat, muß der Beschwerdeführer darlegen, wann und wo ein wesentlicher Mangel des erstinstanzlichen Verfahrens vor dem LSG gerügt worden ist (BSG SozR 1500 § 160a Nr 55). Darüber hinaus hat er die den Verfahrensmangel begründenden Tatsachen substantiiert darzutun; denn nur auf diese Weise ist das Revisionsgericht in der Lage, sich allein anhand der Beschwerdebegründung ein Urteil darüber zu bilden, ob die angegriffene Entscheidung auf einem Verfahrensmangel beruhen kann (BSG SozR 1500 § 160a Nr 14).
Hier fehlt es an beiden genannten Voraussetzungen. Weder hat der Kläger aufgezeigt, wann und wo ein wesentlicher Mangel des sozialgerichtlichen Verfahrens vor dem LSG gerügt worden ist, noch hat er substantiiert dargetan, aus welchen Gründen der Verfahrensmangel tatsächlich vorgelegen hat. Sein Vorbringen über die persönliche Anhörung von Dr. S. und die Berücksichtigung der Umstände, die zur Rücknahme des Widerspruchs durch den Kläger geführt hätten, betrifft die zur Urteilsfindung gehörende Beweiswürdigung des Sozialgerichts (SG) und zeigt folglich keinen Verfahrensmangel auf. Daß das SG insoweit die Grenzen seines Rechts zur freien Beweiswürdigung überschritten hätte, macht der Kläger nicht geltend.
Die Beschwerdebegründung wird somit nicht den Anforderungen des § 160a Abs 2 Satz 3 SGG gerecht.
Die Beschwerde ist deshalb in entsprechender Anwendung des § 169 SGG als unzulässig zu verwerfen.
Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung von § 193 SGG.
Fundstellen