Verfahrensgang
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 29. Juni 2017 wird als unzulässig verworfen.
Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
I
Der bei der beklagten Krankenkasse (KK) versicherte Kläger erkrankte an einem Plattenepithelkarzinom im Bereich des Gaumens. Zur Resektion des Tumors mussten auch Zähne im Ober- und Unterkiefer gezogen werden. Der Kläger ist mit seinem Begehren, ihn über die Zahlung des Festzuschusses (353,52 Euro) hinaus kostenfrei mit konventionellem Zahnersatz im Oberkiefer zu versorgen, bei der Beklagten und den Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben. Das LSG hat - unter Bezugnahme auf das SG-Urteil - zur Begründung ausgeführt, die Leistung der KK bleibe bei der Versorgung mit Zahnersatz auch dann auf einen Zuschuss beschränkt, wenn der Zahnersatz anderen als zahnmedizinischen Zwecken diene oder integrierter Bestandteil einer anderen Behandlung sei. Eine volle Kostenübernahme sei auch nicht unter Berücksichtigung der Rspr des BVerfG und des BSG zum "Aufopferungsgedanken" geboten. Die Entfernung der Backenzähne im Oberkiefer sei nicht Folge einer zwingenden rechtlichen Vorgabe, sondern der Erkrankung des Klägers gewesen, die anders nicht optimal hätte behandelt werden können. Der Kläger habe kein Sonderopfer für die Gemeinschaft erbracht. In seinem Fall habe sich vielmehr das allgemeine Lebensrisiko verwirklicht (Urteil vom 29.6.2017).
Der Kläger wendet sich mit seiner Beschwerde sinngemäß gegen die Nichtzulassung der Revision im LSG-Urteil.
II
Die Beschwerde des Klägers ist unzulässig und daher gemäß § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 iVm § 169 S 3 SGG zu verwerfen. Ihre Begründung entspricht nicht den aus § 160a Abs 2 S 3 SGG abzuleitenden Anforderungen an die Darlegung der abschließend geregelten Revisionszulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG), der Divergenz (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG) und des Verfahrensfehlers (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG).
1. Wer sich auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) beruft, muss eine Rechtsfrage klar formulieren und ausführen, inwiefern diese Frage im angestrebten Revisionsverfahren entscheidungserheblich sowie klärungsbedürftig und über den Einzelfall hinaus von Bedeutung ist (vgl zB BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 21 S 38; BSG SozR 3-4100 § 111 Nr 1 S 2 f; BSG SozR 3-2500 § 240 Nr 33 S 151 f mwN). Daran fehlt es. Der Kläger formuliert bereits keine konkrete Rechtsfrage und geht nicht auf Fragen ein, die über den Einzelfall hinaus von Bedeutung sind. Er wendet sich im Kern gegen die Richtigkeit der Entscheidung. Dies reicht indes nicht aus, um die Revision zuzulassen (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 7 S 10; BSG Beschluss vom 22.5.2017 - B 1 KR 9/17 B - Juris RdNr 9 mwN).
2. Der Kläger bezeichnet den Zulassungsgrund der Divergenz (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG) ebenfalls nicht in einer den Anforderungen des § 160a Abs 2 S 3 SGG entsprechenden Weise. Wer eine Rechtsprechungsdivergenz darlegen will, muss entscheidungstragende abstrakte Rechtssätze in der Entscheidung des Berufungsgerichts einerseits und in dem herangezogenen höchstrichterlichen Urteil andererseits gegenüberstellen und dazu ausführen, weshalb beide miteinander unvereinbar sein sollen (vgl zB BSG Beschluss vom 28.7.2009 - B 1 KR 31/09 B - RdNr 4; BSG Beschluss vom 28.6.2010 - B 1 KR 26/10 B - RdNr 4; BSG Beschluss vom 22.12.2010 - B 1 KR 100/10 B - Juris RdNr 4 mwN). Erforderlich ist, dass das LSG bewusst einen abweichenden Rechtssatz aufgestellt hat und nicht etwa lediglich fehlerhaft das Recht angewendet hat (vgl zB BSG Beschluss vom 15.1.2007 - B 1 KR 149/06 B - RdNr 4; BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 26 S 44 f mwN). Auch daran fehlt es. Der Kläger spricht keine abstrakten Rechtssätze an.
3. Nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG ist die Revision zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung von § 109 SGG und § 128 Abs 1 S 1 SGG (Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung) und auf eine Verletzung des § 103 SGG (Amtsermittlungsgrundsatz) nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Um einen Verfahrensmangel in diesem Sinne geltend zu machen, müssen die Umstände bezeichnet werden, die den entscheidungserheblichen Mangel ergeben sollen (vgl zB BSG SozR 1500 § 160a Nr 14, 24, 36). Daran fehlt es.
Der Kläger rügt, das LSG habe sich nicht damit auseinandergesetzt, dass die Entfernung der Backenzähne die einzige medizinische Möglichkeit gewesen sei, den Tumor wirksam zu behandeln. Der hierdurch ausgelöste Verlust der weiteren Zähne könne nicht als integrativer Bestandteil dieser Behandlung angesehen werden. Soweit der Kläger damit sinngemäß eine Verletzung seines rechtlichen Gehörs rügen will (§ 62 SGG; Art 103 Abs 1 GG; Art 47 Abs 2 Charta der Grundrechte der Europäischen Union, Art 6 Abs 1 Europäische Menschenrechtskonvention), ist das Vorbringen unschlüssig. Das Gebot der Wahrung des rechtlichen Gehörs verpflichtet ein Gericht regelmäßig nur dazu, die Ausführungen von Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und bei seiner Entscheidung in Erwägung zu ziehen. Es ist aber erst verletzt, wenn sich klar ergibt, dass das LSG das Vorbringen eines Beteiligten entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder bei der Entscheidung gar nicht erwogen hat (vgl zB BVerfGE 65, 293, 295 f mwN = SozR 1100 Art 103 Nr 5; BSG Beschluss vom 16.1.2007 - B 1 KR 133/06 B - Juris RdNr 4; BSG Beschluss vom 28.3.2017 - B 1 KR 66/16 B - Juris RdNr 14 = ZMGR 2017, 211). Ein Gericht muss sich dagegen nicht ausdrücklich mit jedem Beteiligtenvorbringen auseinandersetzen, wenn sich aus der Entscheidung zweifelsfrei ergibt, dass es das Vorbringen auch ohne explizite Erwähnung für unerheblich gehalten hat (vgl BSG Beschluss vom 18.10.2016 - B 1 AS 1/16 C - RdNr 4; Hauck in Zeihe/Hauck, SGG, Stand August 2017, § 136 Anm 13b aa; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl 2017, § 136 RdNr 7a mwN). Der Kläger legt nicht dar, wieso das LSG nach seinem Begründungsansatz, dass es an einer Aufopferungssituation bereits deswegen fehle, weil für die Behandlung seiner Tumorerkrankung keine zwingenden rechtlichen Vorgaben bestünden, dem Umstand, dass die Zähne im Oberkiefer nicht im Rahmen der Erstbehandlung, sondern erst in deren Folge entfernt werden mussten, hätte Bedeutung beimessen sollen.
4. Der Senat sieht von einer weiteren Begründung ab (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).
5. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Fundstellen
Dokument-Index HI11554085 |