Leitsatz (amtlich)
1. Bescheide der Berufsgenossenschaften nach den RVO §§ 1588 bis 1590 aus der Zeit vor dem 1954-01-01 haben prozeßrechtlich die Eigenschaft erstinstanzlicher Entscheidungen.
2. SGG § 96 findet jedenfalls dann keine Anwendung, wenn sowohl der erste Bescheid als auch die diesen abändernden oder ersetzenden weiteren Bescheide des Versicherungsträgers vor Inkrafttreten des SGG ergangen sind.
3. Das Revisionsgericht ist auch bei der Statthaftigkeitsprüfung nach SGG § 162 Abs 1 Nr 2 und 3 an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden, außer wenn in bezug auf diese Feststellungen zulässige und begründete Revisionsgründe vorgebracht sind.
Normenkette
SGG § 96 Abs. 1 Fassung: 1953-09-03, § 162 Abs. 1 Nr. 2 Fassung: 1953-09-03, Nr. 3 Fassung: 1953-09-03, § 163 Fassung: 1953-09-03, § 215 Abs. 4 Fassung: 1953-09-03, Abs. 7 Fassung: 1953-09-03, § 214 Fassung: 1953-09-03; RVO § 1588 Fassung: 1924-12-15, § 1589 Fassung: 1924-12-15, § 1590 Fassung: 1924-12-15, § 1675 Fassung: 1924-12-15
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen in Essen vom 12. März 1954 wird als unzulässig verworfen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
Der Kläger stellte in den Jahren 1945, 1948, 1950 und 1953 bei der Beklagten Anträge auf Gewährung einer Rente mit der Begründung, er litte an einer entschädigungspflichtigen Staublunge. Der erste Antrag wurde durch formlosen Bescheid der Beklagten vom 17. Juni 1946 mit der Begründung abgelehnt, es handele sich nur um eine Staublunge leichten bis mittleren Grades ohne Anzeichen einer aktiv fortschreitenden Tuberkulose. Den zweiten Antrag lehnte die Beklagte durch rechtsmittelfähigen Bescheid vom 22. September 1948 mit der Begründung ab, es handele sich höchstens um mittelgradige Staubveränderungen ohne Anhaltspunkte für das Vorliegen einer aktiv fortschreitenden Lungentuberkulose. Gegen diesen Bescheid legte der Kläger Berufung bei den Knappschaftsoberversicherungsamt (KOVA.) in Dortmund ein. Die Berufung wurde durch Urteil vom 10. Juni 1949 mit im wesentlichen gleicher Begründung zurückgewiesen. Zusätzlich stellte das KOVA. noch fest, daß die bei dem Kläger vorhandene Bronchitis, Lungenblähung und Herzschädigung keine Folge der Silikose sei. Gegen dieses Urteil legte der Kläger am 27. Juli 1949 Rekurs ein. Den dritten Antrag lehnte die Beklagte durch Bescheid vom 22. Januar 1952 mit der Begründung ab, es läge keine entschädigungspflichtige Staublungenerkrankung vor; das festgestellte Lungenemphysem, die chronische Bronchitis und die leichte Herzmuskelschädigung, auf die die geklagten Beschwerden zurückzuführen seien, bestünden unabhängig und unbeeinflußt von der leichten bis mittleren Staublungenerkrankung. Gegen diesen Bescheid legte der Kläger ebenfalls Berufung bei dem KOVA. in Dortmund ein. Diese wurde durch Urteil vom 7. November 1952 mit der Begründung zurückgewiesen, daß die festgestellten Staubveränderungen nur leichten Grades ohne Anhalt für eine aktiv fortschreitende Lungentuberkulose seien: das Lungenemphysem mit chronischer Bronchitis und nachweisbaren coronaren Durchblutungsstörungen habe keinen ursächlichen Zusammenhang mit der leichten Silikose. Gegen dieses Urteil legte der Kläger am 31. Januar 1953 Rekurs ein und erhob außerdem am 3. September 1953 Klage bei dem Landesverwaltungsgericht (LVerwGer.) in Gelsenkirchen. Der vierte Antrag wurde durch rechtsmittelfähigen Bescheid vom 3. Oktober 1953 mit der Begründung abgelehnt, es läge keine entschädigungspflichtige Staublungenerkrankung vor; die chronische Bronchitis und das Lungenemphysem bestünden unabhängig von der Staublungenerkrankung. Hiergegen wurde ausweislich der Akten ein Rechtsmittel nicht eingelegt.
Der gegen das Urteil des KOVA. vom 10. Juni 1949 eingelegte Rekurs vom 27. Juli 1949 galt nach § 214 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) vom 1. Januar 1954 an als Berufung im Sinne der §§ 143 bis 159 SGG. Der Kläger beantragte nach der am 15. Februar 1954 erfolgten Belehrung gemäß § 214 Abs. 4 SGG die Verfolgung dieses Rechtsmittels. Die gegen das Urteil des KOVA. vom 7. November 1952 beim LVerwGer. in Gelsenkirchen erhobene Klage ging am 1. Januar 1954 nach § 215 Abs. 7 SGG als Berufung auf das Landessozialgericht (LSGer.) in Essen über. In der mündlichen Verhandlung vom 12. März 1954 erklärte der Kläger, daß er den von ihm eingelegten Rekurs vom 27. Januar 1953 und die als Berufung übergegangene verwaltungsgerichtliche Klage vom 3. September 1953 als ein Rechtsmittel behandelt wissen wolle.
Das LSGer. wies durch Urteil vom 12. März 1954 die Berufung gegen das Urteil des KOVA. Dortmund vom 7. November 1952 zurück. Es stellt, gestützt auf eine Reihe von Fachgutachten, in dem angefochtenen Urteil fest, daß die bei dem Kläger vorhandene Silikose so gering sei, daß sie nicht entschädigungspflichtig im Sinne der 5. VO über die Ausdehnung der Unfallversicherung auf Berufskrankheiten vom 26. Juli 1952 sei, und weist darauf hin, daß auch Prof. Dr. in dem vom Kläger beigebrachten Gutachten keinen abweichenden Lungenbefund festgestellt habe. Dem Attest der Sanitätskompanie 1463 vom 8. Mai 1945, in dem das Vorliegen einer schweren Staublunge bescheinigt wird, mißt es keine ausschlaggebende Bedeutung zu.
Insbesondere verneint es den ursächlichen Zusammenhang der Silikose mit dem Lungenemphysem, der chronischen Bronchitis sowie dem Herzschaden. Es stützt diese Auffassung vor allem auf die Gutachten von Prof. Dr. vom 12. September 1949, Dr. ... vom 16. Juli 1951, Prof. Dr. ... vom 30. September 1952 und Dr. ... vom 17. August 1953 und hält das vom Kläger beigebrachte Gutachten des Prof. Dr. nicht für geeignet, diese Auffassung zu erschüttern, da diesem Gutachter Vorgutachten nicht Vorgelegen hätten, so daß er sich kein vollständiges Bild über den Leidensablauf habe verschaffen können, sondern auf die unvollständigen Angaben des Klägers angewiesen gewesen sei.
Das LSGer. hat die Revision gegen dieses Urteil nicht zugelassen. Das Urteil wurde dem Prozeßbevollmächtigten des Klägers am 30. März 1954 zugestellt. Dieser legte am 17. April 1954 für den Kläger Revision ein.
Der Kläger rügt unter Hinweis auf § 162 Abs. 1 Nr. 2 SGG, daß das LSGer. den Kausalzusammenhang zwischen der Silikose und den weiteren Leiden des Klägers (Lungenemphysem, chronische Bronchitis und Herzschaden) zu Unrecht verneint habe. Er wirft dem LSGer. vor, daß es der militärärztlichen Beurteilung und dem Gutachten des Prof. Dr. ... keine ausschlaggebende Bedeutung gegenüber den anderen Gutachten beigemessen habe. Insbesondere bemängelt er das Gutachten des Prof. Dr. ..., da dieser die im Ruhrbergbau auftretende Silikose in dieser Hinsicht nicht mit der beim Tunnelbau in der Schweiz auftretenden Silikose gleichsetze und daher entgegen den Feststellungen schweizerischer Ärzte zu dem Ergebnis käme, daß die im Ruhrbergbau auftretende Silikose in ihrem Frühstadium nicht geeignet sei, eine chronische Bronchitis zu verursachen. Auch rügt er, daß das Berufungsgericht irrtümlich angenommen habe, die Ansicht des Prof. Dr. ... decke sich mit der der übrigen Gutachter. Weiter rügt er die Verletzung des § 157 SGG sowie ferner, daß seine Berufung gegen das Urteil des KOVA. Dortmund vom 10. Juni 1949, da sie besonders hätte behandelt werden müssen, in dem zusammengefaßten Termin und Urteil von 12. März 1954 nicht genügende oder keine Berücksichtigung gefunden habe. Aus diesem Grunde müsse der gesamte Streitfall noch einmal vor dem Bundessozialgericht (BSGer.) verhandelt werden, zumal die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung habe.
Er beantragt,
das angefochtene Urteil aufzuheben und festzustellen, daß der Kläger an einer entschädigungspflichtigen Berufskrankheit leide.
Die Beklagte beantragt,
die Revision als unzulässig au verwerfen, hilfsweise, sie zurückzuweisen.
Sie ist der Ansicht, daß die eingelegte Revision unstatthaft, sei, weil das LSGer. nicht nur über die unter § 214 SGG, sondern auch über die unter § 215 Abs. 7 SGG fallenden Rechtsmittel endgültig entscheide; vor allem sei es nicht möglich, daß in demselben Verfahren das Rechtsmittel gleichzeitig nach § 214 Abs. 5 SGG als endgültig und nach § 215 Abs. 7 SGG als nicht endgültig behandelt werde.
Im übrigen sei die Revision aber auch deshalb unstatthaft, weil die Revision nicht zugelassen sei und weder die Voraussetzungen der Nr. 2 noch der Nr. 3 des § 162 Abs. 1 SGG vorlägen. Die Revision ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden; sie ist jedoch nicht statthaft.
Zwar ist das angefochtene Urteil entgegen der Ansicht der Beklagten nicht endgültig. Wie der beschließende Senat bereits entschieden hat, können Urteile der Landessozialgerichte in Rechtsstreitigkeiten, die unter § 215 Abs. 7 SGG fallen, angefochten werden, wenn die Revision im Einzelfall nach § 162 Abs. 1 SGG statthaft ist (vgl. Beschluß vom 14.9.1955 in Sachen ... ./. Bergbauberufsgenossenschaft - 5 RKn 5/54 -). Dies gilt nach Ansicht des beschließenden Senats auch dann, wenn das LSGer. gleichzeitig über einen nach § 215 Abs. 4 SGG als Berufung geltenden Rekurs und eine nach § 215 Abs. 7 SGG als Berufung auf das LSGer. übergegangene Verwaltungsklage entschieden hat (vgl. Urteil vom 13. Oktober 1955 in Sachen ... ./. Bergbauberufsgenossenschaft - 5 RKn 10/55 -).
Die Revision ist jedoch nicht statthaft, weil keine der nach § 162 Abs. 1 SGG erforderlichen Voraussetzungen erfüllt ist.
1.) Das LSGer. hat die Revision nicht zugelassen. Wie der erkennende Senat bereits anderweitig entschieden hat, ist das Revisionsgericht hieran gebunden (Beschl. v. 11.6.1955 - 5 RKn 2/54).
2a) Die Rüge des Klägers, das Berufungsgericht habe bei seiner Feststellung, zwischen der Silikose und den anderen Leiden des Klägers (Lungenblähung, chron. Bronchitis, Herzschaden) bestünde kein ursächlicher Zusammenhang, die vorliegenden Gutachten nicht richtig gewürdigt, da es dem Gutachten des Prof. Dr. ... und der militärärztlichen Bescheinigung keine ausschlaggebende Beachtung geschenkt habe, ist nicht schlüssig. Der Kläger verkennt, daß das erkennende Gericht nach § 163 SGG an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden ist, außer wenn in bezug auf diese Feststellungen zulässige und begründete Revisionsgründe vorgebracht worden sind. § 163 SGG hat nicht nur Bedeutung für die vom Revisionsgericht vorzunehmende Prüfung, ob die Revision begründet ist, sondern ebenso für die Prüfung, ob die Revision statthaft ist. Der Wortlaut selbst ist in dieser Hinsicht zwar nicht ganz eindeutig. Während der entscheidende erste Halbsatz allgemein die Bindung des Revisionsgerichts an die getroffenen tatsächlichen Feststellungen anordnet, deutet der letzte Halbsatz darauf hin, daß der Gesetzgeber nur an die Begründetheitsprüfung gedacht hat. Selbst wenn man aber dem letzten Halbsatz in dieser Hinsicht die ausschlaggebende Bedeutung beimißt, muß § 163 SGG doch mindestens entsprechend auch für die Statthaftigkeitsprüfung gelten. Die Fälle des § 162 Abs. 1 Nr. 2 und 3 SGG sind nach den Revisionsgrundsätzen des Zivilprozesses zur Begründetheitsprüfung gehörende, hier aber in die Statthaftigkeitsprüfung vorgezogene Sachverhalte. Man muß davon ausgehen, daß der Gesetzgeber die Bindung des Revisionsgerichts im Sinne des § 163 SGG bei der Statthaftigkeitsprüfung nach § 162 Abs. 1 Nr. 2 und 3 SGG nicht anders regeln wollte wie bei der Begründetheitsprüfung; denn andernfalls würde u.U. derselbe Sachverhalt zwar zur Statthaftigkeit, nicht aber zur Begründetheit führen können, was vom Gesetzgeber nicht beabsichtigt sein kann.
Das Revisionsgericht ist daher grundsätzlich an die Feststellung des Landessozialgerichts, daß zwischen der Silikose und den weiteren Leiden des Klägers kein ursächlicher Zusammenhang besteht, gebunden. Nach § 162 Abs. 1 Nr. 2 SGG könnte diese Rüge daher nur dann schlüssig und begründet sein, wenn das Verfahren des Landessozialgerichts in Bezug auf diese Feststellung an einem wesentlichen Verfahrensmangel litte.
Verfahrensverstöße dieser Art sind jedoch vom Kläger nicht schlüssig vorgetragen worden. Da das Berufungsgericht nach § 128 SGG die Beweiswürdigung nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis gewonnenen Überzeugung unter Beachtung der Denkgesetze und allgemeinen Erfahrungssätze vorzunehmen hat, könnte die Rüge hier wirksam nur darauf gestützt werden, daß das Berufungsgericht bei der Beweiswürdigung gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verstoßen hätte. In der Tatsache allein, daß das Landessozialgericht einer Gruppe von Gutachten den Vorzug vor einer anderen Gruppe von Gutachten gibt, kann aber ein solcher Verstoß nicht erblickt werden. Wenn der Kläger das Gutachten des Prof. Dr. ... und damit die Beweiswürdigung des Berufungsgerichts darüber hinaus deshalb angreift, weil dieser es abgelehnt habe, die durch Schweizer Ärzte bei den beim dortigen Tunnelbau entstandenen Silikosefällen gemachten besonderen Erfahrungen auf die Verhältnisse im Ruhrbergbau zu übertragen, so ist auch dies nicht schlüssig; denn die Ansicht von Prof. Dr. daß die im Ruhrbergbau auftretende Silikose im Frühstadium nicht geeignet sei, eine chronische Bronchitis zu verursachen, verstößt nicht gegen die herrschende Ansicht der sich mit der Silikoseforschung im Ruhrbergbau besonders beschäftigenden Ärzte, nach welcher dieser Zusammenhang in diesen Fällen in der Regel zu verneinen ist.
Der Kläger rügt weiter, das Berufungsgericht sei davon ausgegangen, daß das Gutachten des Prof. Dr. ... mit den übrigen Gutachten übereinstimme, obwohl dies in Wirklichkeit nicht der Fall sei. Abgesehen davon, daß auch diese Rüge nicht schlüssig ist, weil das Gutachten als solches aus allgemeinen Gründen für die Überzeugungsbildung des Landessozialgerichts ohnedies keine ausschlaggebende Bedeutung gehabt hat, was der Kläger auch selbst vorträgt, trifft diese Behauptung nicht zu; denn das Berufungsgericht hat lediglich ausgeführt, daß sich der von Prof. Dr. ... festgestellte Lungenbefund mit dem der übrigen Gutachten deckt, hat dagegen eine Übereinstimmung hinsichtlich der Beurteilung dieser Befunde nicht angenommen.
Die Rüge des Klägers, daß gegen § 157 SGG verstoßen sei, ist nicht genügend substantiiert, so daß sie schon deshalb keine Berücksichtigung finden kann.
b) Mit seiner Rüge, das Rechtsmittel gegen das Urteil des KOVA. vom 10. Juni 1949 "habe nicht genügende oder keine Berücksichtigung gefunden", meint der Kläger wohl, das Landessozialgericht habe auch schon in diesem Verfahren über den als Berufung geltenden Rekurs vom 27. Juli 1944 mitentscheiden müssen. Auch diese Rüge ist nicht schlüssig.
§ 96 SGG kann nach Ansicht des beschließenden Senats auf Fälle, bei denen alle Bescheide vor Inkrafttreten des Sozialgerichtsgesetzes ergangen sind, nicht rückwirkend angewandt werden. Zwar ergreifen Änderungen des Prozeßrechts grundsätzlich auch die schwebenden Verfahren (vgl. Rosenberg, Lehrbuch des Zivilprozeßrechts, 6, Aufl., § I). Voraussetzung ist jedoch, daß die zu beurteilenden Prozeßhandlungen alten Rechts im Vergleich zu den Prozeßhandlungen neuen Rechts keine grundsätzlichen Unterschiede aufweisen. Dies ist aber hier der Fall. Der Bescheid alter Art hatte prozeßrechtlich die Eigenschaft einer erstinstanzlichen Entscheidung, gegen die als Rechtsmittel die Berufung vorgesehen war, während die Bescheide neuer Art normale Verwaltungsakte sind, gegen die die Anfechtungsklage gegeben ist. Eine prozeßrechtliche Gleichbehandlung ist daher nicht möglich. In § 215 Abs. 4 SGG ist zwar angeordnet, daß die rechtshängigen Berufungen alter Art als Klagen neuer Art zu gelten haben, jedoch erst mit Wirkung vom 1. Januar 1954. Wenn der Gesetzgeber diese Prozeßhandlungen alter Art trotzdem mit § 96 SGG hätte rückwirkend erfassen wollen, hätte er dies nach Ansicht des erkennenden Senats durch eine besondere Übergangsvorschrift anordnen müssen. Dies ist jedoch nicht geschehen.
Ob das Landessozialgericht die beiden Verfahren nach § 113 Abs. 1 SGG hätte verbinden sollen, kann nicht nachgeprüft werden, da es sich insoweit um eine der Nachprüfung entzogene freie Ermessensentscheidung des Landessozialgerichts handelt (vgl. dazu Baumbach, Kommentar zur ZPO, 22. Aufl., Einleitung III 4 B).
Das Verfahren betr. den Bescheid vom 3. Oktober 1953 kann nicht überprüft werden, weil eine entsprechende Rüge nicht erhoben ist.
Nach alledem liegen die Voraussetzungen des § 162 Abs. 1 Nr. 2 SGG nicht vor.
3) Der Kläger rügt, das Berufungsgericht habe zu Unrecht den ursächlichen Zusammenhang zwischen der Silikose und den weiteren Leiden des Klägers verneint. Es war daher weiter zu prüfen, ob nicht die Revision nach Nr. 3 a.a.O. statthaft ist. Es ist unerheblich, daß der Kläger diese Vorschrift nicht ausdrücklich bezeichnet hat; es genügt vielmehr, daß sich aus den vorgetragenen Tatsachen ergibt, auf welche Vorschriften er sich stützen will. Da nach § 163 SGG, der, wie schon ausgeführt, auch bei der Prüfung der Statthaftigkeit anzuwenden ist, das Revisionsgericht grundsätzlich an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen Feststellungen - hier die hinsichtlich der Kausalität - gebunden ist, Verfahrensmängel bei der Feststellung des ursächlichen Zusammenhangs schon deshalb ausscheiden, weil sie nicht schlüssig gerügt sind, und eine Verkennung des Begriffs des ursächlichen Zusammenhangs durch das Landessozialgericht nicht ersichtlich ist, liegen auch die Voraussetzungen der Nr. 3 nicht vor.
Die Revision ist somit unstatthaft und mußte nach § 169 Satz 2 SGG als unzulässig verworfen werden.
Die Kostenentscheidung ergeht in entsprechender Anwendung des § 193 SGG.
Fundstellen