Verfahrensgang
Tenor
Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 14. Juli 2000 wird als unzulässig verworfen.
Die Beklagte hat der Klägerin zu 2) die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu erstatten.
Tatbestand
I
Das Landessozialgericht (LSG) hat festgestellt, daß 14 Arbeitnehmer der Klägerin zu 2) im grenzüberschreitenden Güterverkehr arbeitserlaubnisfrei seien. Es handelt sich dabei um türkische Arbeitnehmer mit Wohnsitz in der Türkei, die auf Lastkraftwagen eingesetzt werden, die für die Klägerin zu 1) in Deutschland zugelassen sind. Die Feststellungsklage der Klägerin zu 1) hat das LSG wegen fehlenden Feststellungsinteresses abgewiesen. Die Feststellung hat das LSG mit der Entwicklung des Tatbestands arbeitserlaubnisfreier Beschäftigung des fahrenden Personals im grenzüberschreitenden Güterverkehr (§ 9 Arbeitserlaubsnisverordnung ≪AEV≫) begründet. Nach § 9 Nr 2 Buchst a AEV idF vom 30. September 1996 (BGBl I 1491), die am 10. Oktober 1996 in Kraft getreten ist, sei das fahrende Personal nur arbeitserlaubnisfrei, sofern das Fahrzeug im Sitzstaat des Arbeitgebers zugelassen sei. Diese Regelung habe mit ihrem Inkrafttreten konstitutive Wirkung gehabt. Nach dem zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei am 23. Dezember 1963 geschlossenen Assoziationsabkommen (BGBl 1964 II 509), dem Beschluß des Assoziationsrats Nr 1/80 vom 19. September 1980 (ANBA 1980 S 4), der dazu ergangenen Rechtsprechung und den Grundsätzen rechtsstaatlichen Vertrauensschutzes könne die am 10. Oktober 1996 in Kraft getretene Einschränkung der Arbeitserlaubnisfreiheit nicht auf Arbeitsverhältnisse bezogen werden, die bereits zu diesem Zeitpunkt bestanden hätten. Dies treffe für die mit der Klägerin zu 2) zwischen 1988 und 1994 begründeten Arbeitsverhältnisse zu. Andernfalls ergäbe sich eine unechte Rückwirkung, die auch mit dem von der Neufassung des § 9 Nr 2 AEV verfolgten Schutz des deutschen Arbeitsmarktes nicht zu rechtfertigen sei. Die Revision hat das LSG nicht zugelassen, weil sich seine Entscheidung nur auf vor dem 10. Oktober 1996 begründete Sachverhalte beziehe und nicht die Wirksamkeit des § 9 Nr 2 AEV nF für die Zukunft in Frage stelle.
Mit der Beschwerde macht die beklagte Bundesanstalt für Arbeit (BA) grundsätzliche Bedeutung als Zulassungsgrund geltend.
Sie führt aus, das LSG habe eine Übergangsregelung angenommen für Arbeitnehmer, die bereits vor dem 10. Oktober 1996 im grenzüberschreitenden Güterverkehr eingesetzt gewesen seien. Damit stelle sich die Frage, ob die Grundsätze, die das Bundessozialgericht (BSG) in seinem Urteil vom 10. März 1994 – 7 RAr 44/93 – (BSGE 74, 90 = SozR 3-4210 § 9 Nr 1) entwickelt habe, ohne weiteres auf ein türkisches Unternehmen mit Sitz in der Türkei übertragen werden könnten. Es handele sich dabei nicht um einen Einzelfall, denn beim BSG seien insgesamt 10 Verfahren zu der dargestellten Rechtsfrage anhängig. Eine größere Anzahl von im Inland ansässigen Unternehmern setze ausländische Kraftfahrer auf ihren Fahrzeugen ein. Bei einem Großteil der Fälle liege ein Türkeibezug vor. Die Ausgangslage sei in allen Fällen die gleiche, türkische Arbeitnehmer, die in der Türkei wohnten und zu Bedingungen des türkischen Arbeits- und Sozialversicherungsrechtes angestellt seien, würden auf im Inland zugelassenen Fahrzeugen eingesetzt. Die Frage der Arbeitserlaubnisfreiheit sei noch nicht abschließend geklärt. Zu der vom LSG angeführten sogenannten Stillhalteklausel vertrete die BA die Ansicht, daß diese nicht den unbeschränkten Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt bedeute. Das LSG Baden-Württemberg habe mit Urteil vom 23. Mai 2000 – L 13 AL 3131/98 – gegensätzlich zum Bayerischen LSG entschieden.
Entscheidungsgründe
II
Die Beschwerde ist nicht zulässig, denn der geltend gemachte Zulassungsgrund ist nicht in der nach § 160a Abs 2 Satz 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) unerläßlichen Weise dargelegt.
Die grundsätzliche Bedeutung der Sache läßt sich nur darlegen, indem die Beschwerdebegründung ausführt welche Rechtsfrage sich (ernsthaft) stellt (BSGE 40, 40, 42 = SozR 1500 § 160a Nr 4; BSG Beschluß vom 18. September 2000 – B 11 AL 147/00 B –), deren Klärung über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Rechtsfortbildung im Allgemeininteresse erforderlich ist (Klärungsbedürftigkeit) und deren Klärung durch das Revisionsverfahren zu erwarten ist (Klärungsfähigkeit) (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nrn 7, 59 und 65; BVerwG NJW 1999, 304; vgl auch: BVerfG SozR 3-1500 § 160 Nr 8). Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung der BA nicht.
Den Ausführungen ist schon nicht klar zu entnehmen, welche Rechtsfrage die BA durch ein Revisionsverfahren in dieser Sache geklärt wissen will. Sie knüpfen an die Überlegungen des LSG zum Assoziationsabkommen und der dazu ergangenen Rechtsprechung sowie den rechtsstaatlichen Grundsatz des Vertrauensschutzes an, machen aber nicht deutlich, inwiefern und von welcher Seite der vom LSG im Anschluß an Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und des BSG entwickelte Grundsatz zum Übergangsrecht in Zweifel gezogen wird. Die Beschwerdebegründung befaßt sich ferner mit dem Verständnis des § 9 Nr 2 AEV in der ab 10. Oktober 1996 geltenden Fassung. Sie nimmt zwar zur Kenntnis, daß sich das LSG nicht zu dieser Frage, sondern allein zur Übergangsproblematik geäußert hat. Es hat seine Nebenentscheidung über die Nichtzulassung der Revision ausdrücklich damit begründet, der Übergangsproblematik komme für die Zukunft keine grundsätzliche Bedeutung mehr zu. Die BA arbeitet im Hinblick auf diesen Umstand schon nicht heraus, welche Rechtsfrage sie für klärungsbedürftig und in diesem Verfahren für klärungsfähig hält.
Hält sie die vom LSG behandelte Frage für klärungsbedürftig, ob § 9 Nr 2 AEV in der ab 10. Oktober 1996 geltenden Fassung auch auf Arbeitnehmer anwendbar sei, die vor dem Inkrafttreten dieser Regelung im grenzüberschreitenden Güterfernverkehr eingesetzt waren, so hätte sie darlegen müssen, inwiefern diese Frage nicht bereits durch die vom LSG angeführte Rechtsprechung geklärt ist. Abgesehen davon hätte sie – wie stets bei Rechtsfragen des Übergangsrechts – ausführen müssen, inwiefern gerade die Frage des Übergangsrechts mehr als 4 Jahre nach Inkrafttreten des § 9 Nr 2 AEV nF noch über den Einzelfall hinaus im Allgemeininteresse klärungsbedürftig sein soll. Die Anführung von Aktenzeichen anhängiger Verfahren ohne substantielle Äußerung zu ihrem Gegenstand reicht dazu nicht aus. Es ist nicht Aufgabe des Revisionsgerichts im Beschwerdeverfahren zur Zulassung der Revision anhand mitgeteilter Aktenzeichen zu ermitteln, ob sie den Gegenstand des anhängigen Verfahrens treffen. Vielmehr ist es nach § 160a Abs 2 Satz 3 SGG Aufgabe des Beschwerdeführers, dies substantiell darzulegen. Daran fehlt es.
Sollte die BA mit der Beschwerde die Frage des Anwendungsbereichs des § 9 Nr 2 AEV nF unabhängig von der Übergangsfrage einer Klärung durch das BSG zuführen wollen, so hätte sie darlegen müssen, daß dies im anhängigen Verfahren klärungsfähig ist. Dazu bestand um so mehr Anlaß, als das LSG die Auslegung des § 9 Nr 2 AEV nF wegen der von ihm vertretenen Ansicht zum Übergangsrecht offengelassen hat. Auch dazu ist der Beschwerdebegründung nichts zu entnehmen.
Da ihre Begründung nicht den gesetzlichen Anforderungen entspricht, ist die Beschwerde entsprechend § 169 SGG als unzulässig zu verwerfen.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG. Die Erstattung von Kosten der Klägerin zu 1) ist nicht geboten, weil die BA die Revisionszulassung nicht erstrebt, soweit das LSG die Klage dieser Klägerin abgewiesen hat.
Fundstellen