Orientierungssatz
1. Nach der Rechtsprechung des Senats ist der Arzt seit jeher verpflichtet, die bei der Behandlung eines Patienten gemachten Feststellungen und durchgeführten Behandlungsmaßnahmen zu dokumentieren ( BSG vom 7.2.2007 - B 6 KA 11/06 R = SozR 4-2500 § 95c Nr 2 RdNr 23; vgl. auch BSG vom 2.11.2005 - B 6 KA 63/04 R = BSGE 95, 199 = SozR 4-2500 § 106 Nr 11, RdNr 35, vom 28.9.2016 - B 6 KA 44/15 R = SozR 4-2500 § 106 Nr 55 RdNr 32 und BSG vom 15.7.2020 - B 6 KA 13/19 R = SozR 4-5531 Nr 01100 Nr 1 RdNr 33 mwN).
2. Bereits nach § 57 Abs 1 BMV-Ä hat der Vertragsarzt die Befunde, die Behandlungsmaßnahmen sowie die veranlassten Leistungen einschließlich des Tages der Behandlung "in geeigneter Weise zu dokumentieren".
3. Weitergehende Dokumentationsanforderungen können insbesondere - wie sich auch aus § 87 Abs 2d S 1 Halbs 2 SGB 5 ergibt - in der Leistungslegende des EBM-Ä 2008 formuliert werden.
Verfahrensgang
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 22. Februar 2023 wird als unzulässig verworfen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert wird auf 740,20 Euro festgesetzt.
Gründe
I
Im Streit stehen sachlich-rechnerische Richtigstellungen der Gebührenordnungspositionen (GOP) 31102, 31503 und 31609 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes für vertragsärztliche Leistungen (EBM-Ä).
Der Kläger ist als Facharzt für Urologie zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Die beklagte Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) setzte für das Quartal 2/2012 ein Bruttohonorar iHv 108 265,57 Euro fest (Honorarbescheid vom 25.10.2012). Dabei kürzte sie ua vom Kläger abgerechnete Leistungen der GOP 31102 (Dermatochirurgischer Eingriff der Kategorie A2) sowie die mit diesen Leistungen in Verbindung stehenden postoperativen Behandlungs- und Überwachungsziffern 31503 und 31609 in vier (GOP 31102 und GOP 31609) bzw in zwei Fällen (GOP 31503). Die von der Beklagten im Honorarbescheid ebenfalls gekürzten Abrechnungen der GOP 26340 EBM-Ä (Kalibrierung/Bougierung der Harnröhre) sind nicht mehr Gegenstand des Beschwerdeverfahrens.
Der Widerspruch des Klägers blieb ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 13.7.2015). Nach Nr 1 der Präambel zum Kapitel 31.2.2 EBM-Ä setze die Abrechnung dermatochirurgischer Eingriffe eine histologische Untersuchung und/oder eine Fotodokumentation voraus. Der Kläger habe jedoch in den betreffenden Behandlungsfällen weder Histologiebefunde noch Bilddokumentationen vorgelegt, sodass der Leistungsinhalt der jeweiligen GOP nicht erfüllt sei. Hiergegen hat der Kläger Klage erhoben, die er ua damit begründet hat, dass er ambulante Zirkumzisionen zur Behebung von Phimosen (Vorhautverengung) durchgeführt habe. Eine histologische Untersuchung sei nicht geboten gewesen, da in den streitgegenständlichen Fällen Vorhautplastiken erfolgt seien, bei denen Gewebeuntersuchungen nutzlos seien. Die medizinisch nicht indizierten Fotodokumentationen hätten die betroffenen Patienten aus persönlichen Gründen zur Wahrung ihrer Intimsphäre abgelehnt. Die Klage ist ohne Erfolg geblieben (Urteil des SG vom 6.12.2017).
Auf die Berufung des Klägers hat das LSG das Urteil des SG geändert und die Beklagte verurteilt, dem Kläger für das Quartal 2/2012 die GOP 26340 EBM-Ä in 31 Fällen nachzuvergüten. Im Übrigen hat es die Berufung zurückgewiesen (Urteil vom 22.2.2023). Die Leistungsinhalte der GOP 31102, 31502 und 31609 EBM-Ä seien nicht erfüllt. Der Kläger habe in den gekürzten Leistungsfällen weder eine histologische Untersuchung durchgeführt noch eine Bilddokumentation angefertigt. Unabhängig von der Frage, ob er sich auf das Selbstbestimmungsrecht der Patienten berufen könne, seien die Regelungen des Kapitel 31.2.2 EBM-Ä nicht unvertretbar oder unverhältnismäßig. Im Zuge eines praktisch verstärkten Verlangens nach ästhetischer Veränderung im Genitalbereich, welches auch mit Mitteln der plastischen Chirurgie bedient werde, sei es nicht unvertretbar, die medizinische Notwendigkeit mittels Fotodokumentation des OP-Gebietes zu belegen. Mit einer klaren örtlichen Begrenzung auf das OP-Gebiet könne dem Selbstbestimmungsrecht der Patienten zudem ausreichend Rechnung getragen werden.
Mit seiner Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG macht der Kläger die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (Zulassungsgrund gemäß § 160 Abs 2 Nr 1 SGG) geltend.
II
Die Beschwerde des Klägers ist unzulässig, weil sie nicht den aus § 160a Abs 2 Satz 3 SGG abzuleitenden Darlegungsanforderungen entspricht.
1. Für die Geltendmachung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtssache muss in der Beschwerdebegründung eine konkrete Rechtsfrage in klarer Formulierung bezeichnet und zudem aufgezeigt werden, inwiefern diese in dem angestrebten Revisionsverfahren klärungsfähig (entscheidungserheblich), klärungsbedürftig sowie über den Einzelfall hinaus von Bedeutung ist (stRspr; zB BSG Beschluss vom 30.8.2004 - B 2 U 401/03 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 5 RdNr 2 f; BSG Beschluss vom 25.7.2011 - B 12 KR 114/10 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 22 RdNr 5; BSG Beschluss vom 12.9.2018 - B 6 KA 12/18 B - juris RdNr 5; jeweils mwN). Dem wird die Beschwerde des Klägers nicht gerecht.
Der Kläger hält die Rechtsfrage für klärungsbedürftig,
"ob die in der Präambel 31.2.2. EBM enthaltene Voraussetzung einer histologischen Untersuchung und/oder Bilddokumentation unter Berücksichtigung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Patienten (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) verfassungswidrig ist."
Hierzu führt er ua aus, dass die in der Präambel vorgegebene Fotodokumentation des Genitalbereichs einen unzulässigen Eingriff in die durch das GG geschützte Intimsphäre der mittelbar betroffenen Patienten darstelle. Ein solcher Eingriff sei grundsätzlich unzulässig und entziehe sich jeglicher Abwägung und Rechtfertigung. Zwar sei der Vertragsarzt nicht unmittelbar grundrechtsverpflichtet. Das in seinem Kernbereich getroffene allgemeine Persönlichkeitsrecht der Patienten strahle aber auf die privatrechtliche Rechtsbeziehung zum behandelnden Arzt aus und sei von den Fachgerichten ua bei der Auslegung des jeweiligen Rechts zur Geltung zu bringen.
Unabhängig davon, ob der Kläger damit eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung formuliert hat, hat er die Klärungsbedürftigkeit dieser Frage nicht hinreichend klar dargelegt.
a) Für die Auslegung vertragsärztlicher Vergütungsbestimmungen ist nach ständiger Rechtsprechung des Senats (vgl zB BSG Urteil vom 16.5.2001 - B 6 KA 20/00 R - BSGE 88, 126, 127 = SozR 3-2500 § 87 Nr 29 S 146; BSG Urteil vom 15.8.2012 - B 6 KA 34/11 R - SozR 4-5540 § 44 Nr 1 RdNr 13) in erster Linie der Wortlaut der Regelungen maßgeblich. Weder eine ausdehnende Auslegung noch eine analoge Anwendung von GOP des EBM-Ä ist zulässig. Diese Grundsätze hat das Berufungsgericht auch zugrunde gelegt, wenn es davon ausgegangen ist, dass die Abrechnung dermatochirurgischer Eingriffe entsprechend der Vorgaben nach der Präambel zum Kapitel 31.2.2 EBM-Ä, welches die Berechnungsfähigkeit von "definierte(n) operative(n) Eingriffe(n) an der Körperoberfläche" regelt, eine histologische Untersuchung und/oder eine Fotodokumentation voraussetzt, woran es bei den sachlich-rechnerisch richtiggestellten Behandlungsfällen unstreitig fehlt.
Der Kläger befasst sich in seiner Begründung nicht mit der vorliegenden umfangreichen Rechtsprechung des Senats zur weitgehenden Gestaltungsfreiheit des Normgebers bei der Regelung von Vergütungstatbeständen. Nach § 87 Abs 1 Satz 1 SGB V vereinbaren die Kassenärztliche Bundesvereinigung mit dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen durch den Bewertungsausschuss (BewA) als Bestandteil der Bundesmantelverträge einen EBM-Ä. Im EBM-Ä sind gemäß § 87 Abs 2d SGB V Regelungen einschließlich Prüfkriterien vorzusehen, die sicherstellen, dass der Leistungsinhalt der in den Absätzen 2a bis 2c genannten Leistungen und Pauschalen jeweils vollständig erbracht wird, die jeweiligen Qualitätsstandards eingehalten, die abgerechneten Leistungen auf den medizinisch notwendigen Umfang begrenzt sowie die Abrechnung der Fallpauschalen nach Absatz 2c die Mindestanforderungen zu der institutionellen Ausgestaltung der Kooperation der beteiligten Ärzte eingehalten werden; dazu kann die Abrechenbarkeit der Leistungen an die Einhaltung der vom Gemeinsamen Bundesausschuss und in den Bundesmantelverträgen beschlossenen Qualifikations- und Qualitätssicherungsanforderungen sowie an die Einhaltung der gegenüber der KÄV zu erbringenden Dokumentationsverpflichtungen geknüpft werden. Bei der Bestimmung von Inhalt und Verhältnis der Leistungen kommt dem BewA ein weitgehender Beurteilungs- und Gestaltungsspielraum zu. Der BewA kann im Interesse der Überschaubarkeit und Praktikabilität der Vergütungsordnung insbesondere auch generalisierende, pauschalierende, schematisierende und typisierende Regelungen treffen (vgl BSG Urteil vom 8.9.2004 - B 6 KA 82/03 R - SozR 4-5533 Nr 653 Nr 1; BSG Urteil vom 23.2.2005 - B 6 KA 55/03 R - SozR 4-2500 § 87 Nr 9 RdNr 26; BSG Urteil vom 25.11.2010 - B 6 KA 31/19 R - SozR 4-2500 § 87b Nr 28 RdNr 26). Die gerichtliche Überprüfung des auf der Grundlage des § 87 SGB V vom BewA vereinbarten EBM-Ä ist im Wesentlichen darauf beschränkt, ob der Ausschuss den ihm zustehenden Entscheidungsspielraum überschritten oder seine Bewertungskompetenz missbräuchlich ausgenutzt hat (BSG Urteil vom 19.8.1992 - 6 RKa 18/91 - SozR 3-2500 § 87 Nr 5 S 23; BSG Urteil vom 9.12.2004 - B 6 KA 44/03 R - BSGE 94, 50 = SozR 4-2500 § 72 Nr 2, RdNr 86 mwN; BSG Urteil vom 3.4.2019 - B 6 KA 67/17 R - SozR 4-2500 § 75 Nr 21 RdNr 21 mwN).
Nach der Rechtsprechung des Senats ist der Arzt zudem seit jeher verpflichtet, die bei der Behandlung eines Patienten gemachten Feststellungen und durchgeführten Behandlungsmaßnahmen zu dokumentieren (BSG Urteil vom 7.2.2007 - B 6 KA 11/06 R - SozR 4-2500 § 95c Nr 2 RdNr 23; vgl auch BSG Urteil vom 2.11.2005 - B 6 KA 63/04 R - BSGE 95, 199 = SozR 4-2500 § 106 Nr 11, RdNr 35; BSG Urteil vom 28.9.2016 - B 6 KA 44/15 R - SozR 4-2500 § 106 Nr 55 RdNr 32; BSG Urteil vom 15.7.2020 - B 6 KA 13/19 R - SozR 4-5531 Nr 01100 Nr 1 RdNr 33 mwN; für den Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung siehe auch etwa § 57 ≪Dokumentation≫ Bundesmantelvertrag-Ärzte ≪BMV-Ä≫ und § 8 Abs 3 ≪Rechte und Pflichten der Vertragszahnärzte≫ Bundesmantelvertrag-Zahnärzte ≪BMV-Z≫; zur Aufzeichnungspflicht der Leistungserbringer vgl § 294, § 295 Abs 1 Satz 1 Nr 2 SGB V; zur allgemeinen Dokumentationspflicht von Behandlern siehe auch § 10 Abs 1 (Muster-)Berufsordnung für die in Deutschland tätigen Ärztinnen und Ärzte sowie § 12 Abs 1 Musterberufsordnung der Bundeszahnärztekammer und auch § 630f BGB idF des Gesetzes zur Verbesserung der Rechte von Patientinnen und Patienten vom 20.2.2013, BGBl I 277, mWv 26.2.2013). Bereits nach § 57 Abs 1 BMV-Ä hat der Vertragsarzt die Befunde, die Behandlungsmaßnahmen sowie die veranlassten Leistungen einschließlich des Tages der Behandlung "in geeigneter Weise zu dokumentieren". Weitergehende Dokumentationsanforderungen können insbesondere - wie sich auch aus § 87 Abs 2d Satz 1 Halbsatz 2 SGB V ergibt - in der Leistungslegende des EBM-Ä (vgl etwa zur Dokumentation eines mindestens sechsmonatigen Schmerzintervalls bei der Akupunktur als Teil der Leistungslegende: BSG Urteil vom 13.2.2019 - B 6 KA 56/17 R - SozR 4-5531 Nr 30790 Nr 1 und zur Dokumentation der Größe des operativen Eingriffs bei Exzision von erkranktem Gewebe als Teil der Allgemeinen Bestimmungen zum EBM-Ä: BSG Beschluss vom 25.11.2020 - B 6 KA 6/20 B - juris) formuliert werden. Soweit der BewA zur Abrechnung von dermatochirurgischen Eingriffen einheitlich eine histologische Untersuchung des entnommenen Materials und/oder eine Bilddokumentation des prä- und postoperativen Befundes für erforderlich erachtet hat, wäre darzulegen gewesen, warum sich diese schematisierende und typisierende Betrachtung nicht in dem ihm zustehenden Gestaltungsspielraum bewegt, zumal die Erfüllung der Abrechnungsvorgaben sowohl durch eine histologische Untersuchung als auch durch eine Bilddokumentation möglich ist.
b) Zudem darf ein Beschwerdeführer, der mit seiner Nichtzulassungsbeschwerde einen Verfassungsverstoß geltend macht, sich nicht auf die bloße Benennung angeblich verletzter Grundrechte beschränken. Vielmehr muss er unter Auswertung der einschlägigen Rechtsprechung des BVerfG und des BSG zu den gerügten Verfassungsnormen bzw -prinzipien in substantieller Argumentation darlegen, welche gesetzlichen Regelungen welche Auswirkungen haben und woraus sich im konkreten Fall die Verfassungswidrigkeit ergeben soll (vgl BSG Beschluss vom 11.10.2017 - B 6 KA 45/17 B - juris RdNr 8 mwN). Hierzu müssen der Bedeutungsgehalt der in Frage stehenden Normen aufgezeigt, die Sachgründe der jeweiligen Ausgestaltung erörtert und die Verletzung der konkreten Regelung des GG im Einzelnen dargelegt werden. Eine solche Erörterung der höchstrichterlichen und verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung lässt die Beschwerde vermissen.
Zwar benennt der Kläger die seiner Auffassung nach verletzten Grundgesetznormen (Art 2 Abs 1 iVm Art 1 Abs 1 GG) und führt aus, dass die Fotodokumentation einen Eingriff in den "Intimbereich" der Patienten begründe, wofür keine Rechtfertigung bestehe. Jedoch findet die gebotene Auseinandersetzung mit der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung zum allgemeinen Persönlichkeitsrecht nicht statt. Soweit der Kläger in der Beschwerdebegründung (vgl S 5) ausführt, "die erforderliche Fotodokumentation des Genitals" stelle "einen per se unzulässigen Eingriff in die … geschützte Intimsphäre der mittelbar betroffenen Patienten dar" und ein solcher Eingriff sei "grundsätzlich unzulässig" und entziehe sich "jeglicher Abwägung und Rechtfertigung", zitiert er zwar drei Entscheidungen des BVerfG ("vgl. z.B. BVerfGE 6, 32 (41); BVerfGE 27, 344 (351); BVerfGE 32, 373 (379)"). Es bleibt aber offen, auf welche konkreten Aussagen in den Entscheidungen er sich bezieht und welchen Bedeutungsgehalt die Ausführungen des BVerfG für den vorliegenden Sachverhalt haben. Dazu hätte insbesondere auch deswegen Anlass bestanden, weil das BVerfG in der - vom Kläger zitierten - Entscheidung vom 8.3.1972 (2 BvR 28/71 - BVerfGE 32, 373, 379) zB ausführt, dass ärztliche Karteikarten mit ihren Angaben über Anamnese, Diagnose und therapeutische Maßnahmen gerade nicht die unantastbare Intimsphäre, sondern den privaten Bereich des Patienten betreffen. Insoweit fehlt es in der Beschwerdebegründung an Darlegungen zu Inhalt und Reichweite des Schutzbereiches des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Patienten bzw der "unantastbaren Intimsphäre", insbesondere im Rahmen ärztlicher Behandlungsmaßnahmen.
Auch der allgemeine Hinweis in der Beschwerdebegründung, dass "Grundrechte auch im Verhältnis unter Privaten, d.h. im Rahmen des zwischen Arzt und Patienten bestehenden Behandlungsvertrages Anwendung finden" (Beschwerdebegründung S 9 f), führt nicht weiter. Die von dem Kläger in diesem Zusammenhang zitierte Entscheidung des BVerfG beschäftigt sich mit einem Stadionverbot und zivilrechtlichen Befugnissen aus Eigentum und Besitz (BVerfG Beschluss vom 11.4.2018 - 1 BvR 3080/09 - BVerfGE 148, 267) und enthält zur Beurteilung möglicher Grundrechtsverstöße im Rahmen der - hier vom Kläger angegriffenen - Vorgaben des EBM-Ä zum Leistungsinhalt vertragsärztlicher Behandlungen keine Aussage.
Zudem legt der Kläger nicht dar, nach welchen Vorgaben und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen er sich auf das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Patienten konkret im Rahmen seiner Leistungsabrechnung gegenüber der KÄV berufen kann. Wenn er in diesem Zusammenhang ausführt, der behandelnde Arzt dürfe "nicht faktisch dazu verpflichtet werden, die Intimsphäre seiner Patienten bei der Durchführung seiner vertraglichen Verpflichtungen zu verletzen" (Beschwerdebegründung S 10), wird damit eine grundsätzliche Bedeutung der aufgeworfenen Frage nicht dargelegt. Denn ärztliche Behandlungen bzw Untersuchungen und damit verbundene Dokumentationen berühren vielfach die "Intimsphäre" der Patienten. Aus dem GG kann dabei in diesem Zusammenhang lediglich abgeleitet werden, dass Patienten nicht gegen ihren Willen zu bestimmten Untersuchungen bzw körperlichen Eingriffen gezwungen werden dürfen (vgl bereits BSG Beschluss vom 16.5.2001 - B 6 KA 30/01 B - juris RdNr 8).
Grundsätzlich handelt es sich jedenfalls bei der Bilddokumentation (Foto- oder Videodokumentation) um ein gängiges ärztliches Dokumentationsverfahren (vgl zur Bilddokumentation im Rahmen der Qualitätssicherung zB § 6 Abs 3 Qualitätssicherungsvereinbarung zur Koloskopie, § 10 Abs 4 Ultraschallvereinbarung), welches bereits mehrfach Gegenstand der Rechtsprechung des Senats gewesen ist (vgl zB BSG Beschluss vom 25.11.2020 - B 6 KA 6/20 B - juris - zur ≪Bild-≫Dokumentation der Größe des operativen Eingriffs bei Exzision von erkranktem Gewebe; BSG Urteil vom 2.4.2014 - B 6 KA 15/13 R - SozR 4-1300 § 47 Nr 1 - zur Nierensonographie). Dass eine Dokumentation von ärztlichen Behandlungen, welche - was keineswegs selten der Fall ist - die "Intimsphäre" des Patienten berühren, ebenfalls einen Bezug zur "Intimsphäre" aufweisen kann, ergibt sich aus der Natur der Sache. Hieraus kann aber nicht abgeleitet werden, dass für solche ärztlichen Behandlungen bzw für die Abrechenbarkeit als vertragsärztliche Leistungen generell keine Anforderungen an die Dokumentation formuliert werden dürften. Dass gerade durch die in der Präambel zum Kapitel 31.2.2 EBM-Ä geforderte histologische Untersuchung und/oder eine Fotodokumentation die zum Persönlichkeitsrecht entwickelten verfassungsrechtlichen Vorgaben verletzt würden, hat der Kläger nicht in der erforderlichen Weise in Auseinandersetzung mit der dazu vorliegenden umfangreichen Rechtsprechung dargelegt.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm §§ 154 ff VwGO. Danach hat der Kläger die Kosten des von ihm ohne Erfolg durchgeführten Rechtsmittels zu tragen (§ 154 Abs 2 VwGO).
3. Die Festsetzung des Streitwerts entspricht der im Beschwerdeverfahren noch streitigen Richtigstellung der GOP 31102, 31503 und 31609 EBM-Ä (§ 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 1 SGG iVm § 63 Abs 2 Satz 1, § 52 Abs 1 und 3, § 47 Abs 1 und 3 GKG).
Oppermann |
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Rademacker |
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Loose |
Fundstellen
Dokument-Index HI16233970 |