Entscheidungsstichwort (Thema)
Nichtzulassungsbeschwerde. Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache. Verfassungsmäßigkeit der Übertragung von Rentenanwartschaften. Grundwehrdienst. berufsständisches Versorgungssystem
Orientierungssatz
Zur Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Frage, ob während des Grundwehrdienstes in der gesetzlichen Rentenversicherung erworbenen Rentenanwartschaften auf ein berufständische Versorgungssystem zu übertragen sind.
Normenkette
SGG § 160a Abs. 2 S. 3, § 160 Abs. 2 Nr. 1; GG Art. 3 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Beteiligten streiten in der Hauptsache, ob die Beigeladene zu 2) verpflichtet ist, "die in der gesetzlichen Rentenversicherung zurückgelegte Pflichtbeitragszeit vom 2. Juli 1979 bis 30. September 1980 (Grundwehrdienst) auf das Beitragskonto bei dem Beigeladenen zu 1) zu übertragen".
Nachdem sich die Beklagte in einem gerichtlichen Vergleich verpflichtet hatte, den Antrag des Klägers, seine in der Wehrdienstzeit erworbenen "Rentenanwartschaften" zu übertragen, rechtsmittelfähig zu bescheiden, lehnte sie diesen Antrag ab. Das Sozialgericht (SG) hat die Klage gegen die ablehnende Entscheidung der Beklagten abgewiesen. Im Berufungsverfahren hat die Beklagte ihre ablehnende Entscheidung wegen sachlicher Unzuständigkeit aufgehoben. Das Landessozialgericht (LSG) hat daraufhin mit Urteil vom 17. November 2004 das Urteil des SG aufgehoben und die nunmehr gegen die Beigeladene zu 2) gerichtete Klage abgewiesen. Es hat ua ausgeführt: Die jetzt gegen die Beigeladene zu 2) gerichtete Klage sei unbegründet, denn der Kläger habe gegen diese mangels gesetzlicher Grundlage keinen Anspruch auf Übertragung der für seinen Wehrdienst entrichteten Pflichtbeiträge auf das beigeladene Versorgungswerk. Zwar sei im Rahmen der Nachversicherung eine Übertragung von Pflichtbeiträgen an eine berufsständische Versorgungseinrichtung möglich, es fehle jedoch ein Nachversicherungstatbestand. Eine analoge Anwendung des § 8 Abs 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) iVm § 186 SGB VI sei verfassungsrechtlich nicht geboten, denn es liege kein gesetzgeberisches Defizit vor, durch das der Kläger in seinen Grundrechten verletzt sein könnte. Es erscheine schon fraglich, ob Beiträge, die nicht vom Versicherten mitgetragen worden seien, überhaupt dem Schutzbereich des Art 14 Abs 1 Grundgesetz (GG) unterfielen. Dies könne jedoch dahinstehen, weil die entrichteten Pflichtbeiträge und die hieraus resultierenden Rentenanwartschaften unangetastet blieben. Der Kläger könne die Anzahl der Beiträge durch eine freiwillige Versicherung nach § 7 SGB VI aufstocken. Der Kläger werde auch nicht in seiner Freiheit, Eigenvorsorge für das Alter zu treffen (Art 2 Abs 1 GG), beeinträchtigt. Ein Verstoß gegen Art 3 Abs 1 GG liege ebenfalls nicht vor. Der Nachversicherung liege ein anderer Sachverhalt zu Grunde als der Versicherungspflicht während des Wehrdienstes.
Der Kläger wendet sich mit seiner Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde des Klägers ist in entsprechender Anwendung von § 169 Satz 2 und 3 iVm § 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) als unzulässig zu verwerfen. Denn der Kläger hat in der Beschwerdebegründung entgegen § 160a Abs 2 Satz 3 SGG den allein geltend gemachten Revisionszulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) nicht in der gebotenen Weise dargelegt.
Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie geeignet ist, die Rechtseinheit zu erhalten oder die Fortbildung des Rechts zu fördern. Dass und warum dies der Fall ist, muss sich allein aus der Beschwerdebegründung ergeben. Der Beschwerdeführer muss also die in dem angestrebten Revisionsverfahren zu entscheidende Rechtsfrage klar bezeichnen und ausführen, dass diese von allgemeiner Bedeutung, klärungsbedürftig und klärungsfähig, dh entscheidungserheblich ist (vgl BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 1). Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung hier nicht gerecht.
Der Kläger ist der Auffassung, der Rechtsstreit werfe folgende Fragen auf:
"1. Verstößt die Verweigerung der Übertragung von während der Wehrdienstzeiten erworbenen Rentenanwartschaften auf das berufsständische Versorgungswerk gegen Art 14 Abs 1 GG?"
"2. Verstößt die Verweigerung der Übertragung von während der Wehrdienstzeiten erworbenen Rentenanwartschaften auf das berufsständische Versorgungswerk gegen Art 3 Abs 1 GG?"
"3. Verstößt das Landessozialgericht mit seiner Urteilsbegründung gegen Art 3 Abs 1 GG, wenn es ausführt, die berufsständischen Versorgungswerke sehen für den Betroffenen insgesamt recht günstige Regelungen bzw Leistungen vor und diese Feststellung des Gerichts ohne konkrete Begründung, zB durch eine Berechnung und Herstellung einer Relation zu Beiträgen und Leistungen anderen Rentenversicherungsträgern bleibt?"
Der Kläger hat mit der Frage 3 schon keine abstrakte Rechtsfrage formuliert, deren Beantwortung über den Einzelfall hinaus von allgemeiner Bedeutung sein könnte. Im Übrigen hat er sich im Rahmen der Begründung der von ihm aufgeworfenen verfassungsrechtlichen Fragen 1 und 2 nicht mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundessozialgerichts zur Auslegung des Art 14 Abs 1 GG und Art 3 Abs 1 GG auseinander gesetzt. Soweit er sein Begehren, "seine während des Grundwehrdienstes in der gesetzlichen Rentenversicherung erworbenen Rentenanwartschaften auf das berufsständische Versorgungswerk zu übertragen", unmittelbar auf Art 14 Abs 1 GG stützt, hat er nicht dargelegt, weshalb die von ihm während des Grundwehrdienstes erworbenen "Rentenanwartschaften" bereits ein durch Gesetz ausgestaltetes konkretes vermögenswertes subjektives Recht begründet haben könnten, das vom Schutzbereich des Art 14 Abs 1 Satz 1 GG erfasst würde (vgl BSGE 82, 83, 87 f = SozR 3-2600 § 93 Nr 7 S 50). Soweit er sein Begehren unmittelbar auf Art 3 Abs 1 GG stützt, hat er sich nicht mit der Frage auseinander gesetzt, ob er insoweit nicht lediglich einen vor der Sozialgerichtsbarkeit nicht verfolgbaren Anspruch auf Gesetzgebung (vgl dazu BSGE 72, 50, 52 f = SozR 3-8570 § 10 Nr 1 S 4; BSGE 81, 1, 12 = SozR 3-8120 Kap VIII H III Nr 9 Nr 14 S 119) geltend macht.
Im Übrigen hat der Kläger in der Beschwerdebegründung die Klärungsbedürftigkeit nicht hinreichend substantiiert dargetan. Insbesondere hat er sich nicht mit dem Problem auseinander gesetzt, ob sich die Beantwortung der von ihm aufgeworfenen Fragen 1 und 2 im Hinblick auf den im Sozialrecht geltenden Grundsatz des Vorbehalts des Gesetzes (§ 31 Erstes Buch Sozialgesetzbuch) nicht bereits eindeutig aus dem Gesetz ergibt (vgl zuletzt BSG Beschluss vom 30. März 2005 - B 4 RA 257/04 B, in: SozR 4-1500 § 160a Nr 7). Danach dürfen Rechte und Pflichten in den Sozialleistungsbereichen des SGB nur begründet, festgestellt, geändert oder aufgehoben werden, soweit ein Gesetz es vorschreibt oder zulässt. Einer analogen Anwendung von Rechte und Pflichten begründenden Rechtsvorschriften, wie sie hier der Kläger unter Heranziehung des § 186 SGB VI befürwortet, sind somit sowohl einfachrechtlich als auch verfassungsrechtlich (Art 20 Abs 3 GG) Grenzen gesetzt.
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat gemäß § 160a Abs 4 Satz 3 Halbsatz 2 SGG ab.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung der §§ 183, 193 SGG.
Fundstellen