Entscheidungsstichwort (Thema)
Nichtzulassungsbeschwerde. grundsätzliche Bedeutung. Hodenkrebs. Heilungsbewährung
Orientierungssatz
Die Rechtsfrage, ob die einem Hodenkrebs mit Lymphknotenbefall entsprechende Festsetzung der MdE wegen Heilungsbewährung nicht schon fünf Jahre nach der operativen Entfernung des Hodens zurückgenommen werden darf, sondern erst fünf Jahre nach Abschluß einer anschließenden Strahlenbehandlung ist in den "Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertengesetz", 1983, die grundsätzlich um des allgemeinen Gleichheitssatzes willen einheitlich anzuwenden sind, eindeutig beantwortet. Wenn eine tatsächlich bestehende Leukämie laufend behandelt wird, ist die Sachlage anders, als wenn zur Zeit der operativen Entfernung des Hodens ein Verdacht auf eine Krebserkrankung anderer Körperteile nicht ausgeschlossen werden konnte und deshalb der Patient vorsorglich eine Zeitlang bestrahlt wurde. Daß in einem solchen Fall die auf den Verdacht gegründete MdE-Feststellung schon nach fünf Jahren aufgehoben werden darf, hat der Senat bereits entschieden und damit allgemeingültig geklärt (vgl Urteil vom 11.11.1987 - 9a RVs 1/87).
Normenkette
SGG § 160 Abs 2 Nr 1, § 160a Abs 2 S 3
Verfahrensgang
Schleswig-Holsteinisches LSG (Entscheidung vom 30.03.1987; Aktenzeichen L 2a Vs b 21/85) |
Gründe
Die Revision ist nicht durch das Bundessozialgericht (BSG) zuzulassen; denn der Kläger hat mit seiner Beschwerde keinen der Zulassungsgründe des § 160 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) gemäß § 160a Abs 2 Satz 3 SGG erfolgreich geltend gemacht.
Der Kläger könnte die Rechtsfrage für bedeutsam iS des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG halten, ob die einem Hodenkrebs mit Lymphknotenbefall entsprechende Festsetzung der Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) - jetzt des Grades der Behinderung (GdB) - wegen Heilungsbewährung nicht schon fünf Jahre nach der operativen Entfernung des Hodens zurückgenommen werden darf, sondern erst fünf Jahre nach Abschluß einer anschließenden Strahlenbehandlung. Dies wäre aber kein Zulassungsgrund der bezeichneten Art. Die Frage braucht nicht um der Rechtseinheit willen geklärt zu werden. Sie ist in den "Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertengesetz", 1983, die grundsätzlich um des allgemeinen Gleichheitssatzes willen einheitlich anzuwenden sind, eindeutig beantwortet (S 86), und medizinische Bedenken gegen die tatsächliche Grundlage dieser Regelung sind auch der Beschwerdebegründung nicht zu entnehmen (BSG SozR 1500 § 160 Nr 17; 1500 § 160a Nr 13). Wenn eine tatsächlich bestehende Leukämie laufend behandelt wird, ist die Sachlage anders, als wenn - wie beim Kläger - zur Zeit der operativen Entfernung des Hodens ein Verdacht auf eine Krebserkrankung anderer Körperteile nicht ausgeschlossen werden konnte und deshalb der Patient vorsorglich eine Zeitlang bestrahlt wurde. Daß in einem solchen Fall die auf den Verdacht gegründete MdE-Feststellung schon nach fünf Jahren aufgehoben werden darf, hat der Senat bereits entschieden und damit allgemeingültig geklärt (Urteil vom 11. November 1987 - 9a RVs 1/87 -).
Selbstverständlich und daher nicht mehr klärungsbedürftig iS des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG ist die dem Berufungsurteil zugrundeliegende Auslegung der ausschließlich auf § 30 Abs 1 Bundesversorgungsgesetz (BVG) verweisenden Schwerbehindertenvorschrift (§ 3 Abs 1 Satz 2 Schwerbehindertengesetz -SchwbG- aF, § 3 Abs 3 SchwbG nF), daß besondere Erwerbsbeschränkungen in einem bestimmten einzelnen Beruf (hier: Strahlengefährdung für einen Physiker) nicht entsprechend § 30 Abs 2 BVG bei der Bemessung des GdB zu berücksichtigen sind. Für eine iS des § 30 Abs 1 BVG rechtserhebliche Beeinträchtigung der strahlenbehandelten Personen in einer nennenswerten Anzahl von Berufen des allgemeinen Erwerbslebens, worüber über die bisherige Rechtsprechung hinaus (vgl Urteil des Senats vom 9. Oktober 1987 - 9a RVs 5/86 -) allgemein-gültig entschieden werden müßte, findet sich weder in der Beschwerdebegründung noch in den einschlägigen Vorschriften noch im Fachschrifttum ein hinreichender Anhalt.
Zur Frage, ob asthmatische Beschwerden aufgrund einer "Neigung zu asthmoider Bronchitis", die regelmäßig jahreszeitlich bedingt wiederkehren, aber weniger als sechs Monate lang anhalten, als eine Behinderung iS des § 3 Abs 1 SchwbG nF zu bewerten sind, hat der Kläger nicht schlüssig dargetan, inwiefern die Beantwortung dieser Frage für die Entscheidungen des Berufungs- und des Revisionsgerichts rechtserheblich sein soll (BSG SozR 1500 § 160a Nr 54). Insbesondere ist nicht deutlich gemacht, daß eine andere Beantwortung, als sie das LSG getroffen hat, eine Schwerbehinderteneigenschaft mit einem Gesamt-GdB von mindestens 50 vH begründen könnte, wenn von den übrigen Teil-GdB-Beträgen auszugehen ist, die nicht aufgrund einer Revision höher zu bewerten wären.
Soweit der Kläger beanstandet, daß das LSG sich in den Entscheidungsgründen nicht ausdrücklich mit einer Allgemeinschwäche auseinandergesetzt hat, hat er keinen Verfahrensfehler gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 1 iVm § 128 Abs 1 Satz 2 SGG schlüssig dargetan. Er zeigt verschiedene Möglichkeiten auf, die andere Verfahrensfehler ergeben könnten; diese sind aber als Zulassungsgründe nach § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG ausgeschlossen. Das Berufungsgericht soll den Sachverhalt nicht vollständig erforscht und die Allgemeinschwäche übergangen (§ 103 SGG) oder die Grenzen seines Rechts zur freien richterlichen Beweiswürdigung überschritten haben (§ 128 Abs 1 Satz 1 SGG). Somit ist gerade nicht zwingend dargetan, die schriftlichen Entscheidungsgründe gäben nicht vollständig wieder, was tatsächlich für die Richter leitend war.
Die Kostenentscheidung entspricht § 193 SGG.
Fundstellen