Verfahrensgang
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 15. Januar 2024 wird als unzulässig verworfen.
Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
I
Die Klägerin macht als Sonderrechtsnachfolgerin ihres am 16.5.2022 verstorbenen Ehemanns (im Folgenden: Versicherter) einen Anspruch auf eine höhere Erwerbsminderungsrente geltend.
Der Versicherte bezog ab August 2021 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung von der Beklagten(Bescheid vom 31.1.2022) . Seinen Widerspruch, mit dem er ua die Berücksichtigung eines Zuschlags an Entgeltpunkten für langjährig Versicherte(sog Grundrentenzuschlag) begehrte, wies die Beklagte zurück. Es seien nicht mindestens 33 Jahre (396 Monate) Grundrentenzeiten vorhanden(Widerspruchsbescheid vom 19.5.2022) . Klage und Berufung der Klägerin sind erfolglos geblieben(Gerichtsbescheid vom 3.7.2023; Urteil vom 15.1.2024) .
Die Klägerin hat gegen die Nichtzulassung der Revision in dieser Entscheidung Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt, die sie mit Schriftsatz vom 16.3.2024 begründet hat.
II
1. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig und daher gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 iVm § 169 SGG ohne Zuziehung ehrenamtlicher Richter zu verwerfen. Die Klägerin legt die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache(§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG ) nicht hinreichend dar(§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG ) .
Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde auf diesen Zulassungsgrund gestützt, muss dargetan werden, dass die Rechtssache eine Rechtsfrage zu revisiblem Recht(§ 162 SGG ) aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Zur ordnungsgemäßen Darlegung dieses Revisionszulassungsgrundes muss der Beschwerdeführer daher eine Rechtsfrage benennen und zudem deren (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (sog Breitenwirkung) darlegen(stRspr; vgl zBBSG Beschluss vom 31.7.2017 - B 1 KR 47/16 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 30 RdNr 4 mwN;BSG Beschluss vom 22.12.2022 - B 5 R 119/22 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 42 RdNr 5) . Dem wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht.
Die Klägerin macht erstmals mit ihrer Nichtzulassungsbeschwerde geltend, der Versicherte habe weitere 23 Monate Grundrentenzeiten zurückgelegt, weil er aus politischen Gründen vom 23.10.1984 bis zum 22.9.1986 in der DDR inhaftiert gewesen sei. Er sei zunächst zu 18 Monaten Haft verurteilt worden, die Haftzeit sei jedoch verlängert worden. Dieser Zeitraum sei als Ersatzzeit anzuerkennen, auch wenn der Versicherte keinen Antrag auf Rehabilitierung gestellt habe.
Die Klägerin misst der Frage grundsätzliche Bedeutung zu,
"ob 23 Monate Haftzeit als Ersatzzeit anzurechnen sind, wenn die Länge der Haftzeit durch Einsatz von Zelleninformanten verlängert wurde."
Wegen des Einzelfallbezugs formuliert sie damit schon keine aus sich heraus verständliche abstrakte Rechtsfrage zur Auslegung, zur Anwendbarkeit oder zur Vereinbarkeit revisibler (Bundes-)Normen mit höherrangigem Recht, an der das Beschwerdegericht die weiteren Voraussetzungen der Grundsatzrüge prüfen könnte(vgl zu dieser Anforderung zBBSG Beschluss vom 2.3.2015 - B 12 KR 60/14 B - juris RdNr 15 ;BSG Beschluss vom 22.4.2020 - B 5 R 266/19 B - juris RdNr 5 ; jeweils mwN) . Zudem legt die Klägerin die Klärungsbedürftigkeit der aufgeworfenen Frage nicht hinreichend dar(vgl zu den diesbezüglichen Darlegungsanforderungen zBBSG Beschluss vom 8.1.2024 - B 5 R 71/23 B - juris RdNr 8 mwN) . Ihr pauschales Vorbringen, das BSG habe die Frage bislang nicht entschieden, genügt insoweit nicht.
Wollte man dem Gesamtvorbringen sinngemäß eine Frage dazu entnehmen, ob Grundrentenzeiten iS des§ 76g Abs 2 Satz 2 iVm§ 250 Abs 1 Nr 5a SGB VI auch Zeiten sind, in denen Versicherte nach vollendetem 14. Lebensjahr im Beitrittsgebiet in der Zeit vom 8.5.1945 bis zum 30.6.1990 einen Freiheitsentzug erlitten haben, der bei wirksamer Antragstellung als Verfolgungszeit iS des§ 1 Abs 1 Nr 1 Berufliches Rehabilitierungsgesetz (BerRehaG) festgestellt worden wäre, genügt die Beschwerdebegründung ebenfalls nicht den Anforderungen des§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG . Auch unter diesem Aspekt ist nicht anforderungsgerecht dargetan, dass die Antwort auf die - unterstellte - Rechtsfrage nicht außer Zweifel steht, sich zB nicht unmittelbar und ohne Weiteres aus dem Gesetz beantworten lässt oder nicht bereits höchstrichterlich entschieden ist. Zwar geht die Klägerin kurz auf die Entwurfsbegründung zum Renten-Überleitungsgesetz ein(vgl BT-Drucks 12/405 S 125) . Sie zeigt jedoch nicht schlüssig auf, inwiefern den Gesetzesmaterialien zu entnehmen sein könnte, dass es für die Anrechnung einer Ersatzzeit nach§ 250 Abs 1 Nr 5a SGB VI nicht auf die Durchführung eines Rehabilitations- oder Kassationsverfahren ankomme, wenn nach dem Wortlaut des§ 250 Abs 1 Nr 5a SGB VI Zeiten des Freiheitsentzugs im Beitrittsgebiet (nur) Ersatzzeiten sind, soweit eine auf Rehabilitierung oder Kassation erkennende Entscheidung ergangen ist. Die Klägerin geht zudem nicht darauf ein, dass nach§ 22 Abs 3 BerRehaG die Rentenversicherungsträger beim Ausgleich verfolgungsbedingter Nachteile in der Rentenversicherung(§§ 10 ff BerRehaG ) an die Feststellungen in der Rehabilitierungsbescheinigung nach§ 17 Abs 1 BerRehaG gebunden sind. Ebenso wenig setzt sie sich mit der Rechtsprechung des BSG auseinander, wonach die Feststellungen der Rehabilitationsbehörde nicht nur die Sozialleistungsträger binden, sondern auch die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit(sog Tatbestandswirkung; vgl dazuBSG Beschluss vom 17.1.2011 - B 5 R 26/10 BH - BeckRS 2011, 68389 RdNr 9 ff;BSG Beschluss vom 30.11.2023 - B 5 R 26/23 BH - juris RdNr 7 ) .
Indem die Klägerin im Hinblick auf§ 250 Abs 1 Nr 5 SGB VI vorbringt, die Haftzeit hätte als Ersatzzeit anerkannt werden müssen, weil nach ihrem Dafürhalten der Versicherte zum Personenkreis des § 1 Abs 1 Häftlingshilfegesetz (HHG) gehört hätte, wenn nicht vor dem 3.10.1990 sein gewöhnlicher Aufenthalt im Beitrittsgebiet gewesen wäre, wendet sich die Klägerin gegen die rechtliche Würdigung im Einzelfall. Auf die (vermeintliche) inhaltliche Unrichtigkeit der angegriffenen Entscheidung lässt sich eine Revisionszulassung jedoch nicht stützen(stRspr; vgl zBBSG Beschluss vom 10.6.2022 - B 5 R 49/22 B - juris RdNr 10 mwN) .
Falls die Klägerin mit ihrem weiteren Vorbringen, die Voraussetzungen des § 1 Abs 1 HHG seien von Amts wegen zu prüfen gewesen, eine Sachaufklärungsrüge erheben will, ist ein solcher Verfahrensmangel nicht anforderungsgerecht dargetan. Sie bezeichnet schon keinen für das Revisionsgericht ohne Weiteres auffindbaren prozessordnungsgemäßen, bis zuletzt aufrechterhaltenen Beweisantrag, dem das Berufungsgericht nicht gefolgt sei(vgl hierzu und zu den weiteren Anforderungen einer Sachaufklärungsrüge zBBSG Beschluss vom 14.4.2020 - B 5 RS 13/19 B - juris RdNr 11 ) .
Von einer weiteren Begründung wird abgesehen(§ 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG ) .
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 183 Satz 1 iVm einer entsprechenden Anwendung von§ 193 Abs 1 und 4 SGG.
Fundstellen
Dokument-Index HI16468977 |