Verfahrensgang
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 22. Juni 2022 wird als unzulässig verworfen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Gründe
I
Im Streit sind gesondert berechenbare Investitionskosten für die vollstationären Pflegeplätze in einer Einrichtung der Klägerin für den Zeitraum 1.5.2020 bis 31.3.2022.
Die Klägerin betreibt seit Mai 2020 eine nach § 72 Sozialgesetzbuch Elftes Buch - Soziale Pflegeversicherung - (SGB XI) zugelassene Pflegeeinrichtung mit 135 vollstationären Pflegeplätzen im Kreisgebiet des Beklagten. Diese stationäre Pflegeeinrichtung war nach vierjähriger Bauzeit im Sommer 1990 in Betrieb genommen und in der Vergangenheit mehrmals öffentlich gefördert worden, zuletzt 1985 und 1991 mit insgesamt rund 2,5 Millionen DM. Im Dezember 2020 beantragte die Klägerin nach § 82 Abs 3 SGB XI beim Kommunalverband für Jugend und Soziales Baden-Württemberg (KVJS) als zuständige Landesbehörde die Zustimmung zur gesonderten Berechnung der Investitionskosten. Der KVJS setzte den Betrag zur gesonderten Berechnung der betriebsnotwendigen Investitionskosten auf 9,20 Euro täglich fest; der Beginn des Festsetzungszeitraumes wurde auf den 1.1.2021 bestimmt (Zustimmungsbescheid vom 8.4.2021; Widerspruchsbescheid vom 7.6.2022).
Die Klägerin forderte den Beklagten Ende Dezember 2020 vergeblich zu Verhandlungen über die gesonderte Berechnung der betriebsnotwendigen Investitionskosten auf und machte für die Zeit vom 1.5.2020 bis 31.3.2022 insoweit 20,37 Euro pro Tag und Pflegeplatz geltend. Die von der Klägerin im März 2021 angerufene Schiedsstelle nach § 81 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) hat den Antrag der Klägerin abgewiesen und zur Begründung ua ausgeführt, der Antrag sei unzulässig, weil die Schiedsstelle nicht zuständig sei. Der Beklagte sei an den Zustimmungsbescheid des KVJS gebunden und könne daher derzeit keine Vereinbarung über die gesondert berechenbaren Investitionskosten nach § 82 Abs 4 SGB XI abschließen (Schiedsspruch vom 2.7.2021).
Die Klage hat keinen Erfolg gehabt (Urteil des Landessozialgerichts ≪LSG≫ Baden-Württemberg vom 22.6.2022). Zur Begründung hat das LSG ausgeführt, die Schiedsstelle habe zutreffend entschieden, dass sie nicht zuständig sei. Die Zustimmung nach § 82 Abs 3 Satz 3 SGB XI und die Vereinbarung nach § 82 Abs 4 SGB XI stünden in einem Alternativverhältnis. Die Schiedsstelle sei an einen Zustimmungsbescheid auch dann gebunden, wenn der Zustimmungsbescheid - wie von der Klägerin vorgetragen - auf einen höchst vorsorglichen Antrag nach § 82 Abs 3 Satz 3 SGB XI zurückgehe und im Zeitpunkt der Schiedsstellenentscheidung nicht bestandskräftig sei. Dem beklagten Sozialhilfeträger sei es verwehrt, gemäß § 82 Abs 4 SGB XI eine entsprechende Vereinbarung über die gesondert berechneten Investitionskosten einzugehen, weshalb die Schiedsstelle eine solche Vereinbarung nicht mit einem Schiedsspruch ersetzen könne. Damit sei unerheblich, ob es sich bei der Einrichtung der Klägerin um eine öffentlich geförderte Einrichtung handele oder nicht. Allerdings sei der Senat der Auffassung, dass es insoweit darauf ankomme, ob das durch öffentliche Zuschüsse geförderte Wirtschaftsgut schon vollständig abgeschrieben sei; dies sei vorliegend noch nicht der Fall.
Gegen die Nichtzulassung der Revision in dem bezeichneten Urteil wendet sich die Klägerin mit ihrer Beschwerde. Sie macht die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫) und Divergenz (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG) geltend.
II
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil weder der geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) noch der Divergenz (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG) in der gebotenen Weise dargelegt bzw bezeichnet worden ist. Der Senat konnte deshalb über die Beschwerde ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter nach § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 Satz 3 SGG entscheiden.
Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Um der Darlegungspflicht zu genügen, muss eine konkrete Rechtsfrage formuliert, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihr angestrebten Entscheidung (sog Breitenwirkung) dargelegt werden (vgl nur Bundessozialgericht ≪BSG≫ vom 25.9.2002 - B 7 AL 142/02 B - SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN). Wendet sich ein Kläger mit der Nichtzulassungsbeschwerde gegen ein Urteil des LSG, das sich auf mehrere voneinander unabhängige Begründungen stützt, muss der geltend gemachte Zulassungsgrund für alle Begründungen gelten oder für jede ein Zulassungsgrund dargelegt werden (vgl BSG vom 22.6.2020 - B 9 V 55/19 B - RdNr 6).
Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung der Klägerin nicht gerecht. Sie wirft als Rechtsfrage allein die Frage auf, ob der sozialrechtliche Status einer stationären Pflegeeinrichtung als geförderte Pflegeeinrichtung sich nach der im Förderbescheid festgehaltenen Zweckbindungsdauer bestimme oder dem Ende der Abschreibungsmöglichkeiten für das geförderte Anlagegut. Sie legt aber nicht dar, weshalb sich in einem von ihr angestrebten Revisionsverfahren die von ihr aufgeworfene Frage überhaupt entscheidungserheblich stellt. Das LSG hat als maßgeblich erachtet, dass der nach § 82 Abs 3 Satz 2 SGB XI ergangene Zustimmungsbescheid die Beteiligten binde, solange er nicht aufgehoben sei, und Vereinbarungen nach § 75 SGB XII ausgeschlossen seien, was der Schiedsstelle eine Entscheidung in der Sache verwehre. Auf die Frage, ob die Einrichtung öffentlich gefördert sei, komme es damit nicht an. Mit dieser Auffassung des LSG setzt sich die Klägerin nicht in der gebotenen Weise auseinander. Sie verweist zwar darauf, dass das (höchst vorsorglich eingeleitete) Zustimmungsverfahren nach § 82 Abs 3 SGB XI noch nicht rechtskräftig abgeschlossen sei. Es fehlt aber eine Auseinandersetzung mit der Rechtsauffassung des LSG, vom laufenden Zustimmungsverfahren gehe eine Sperrwirkung für Vereinbarungen nach § 75 Abs 5 SGB XII iVm § 82 Abs 4 SGB XI aus, und die Klägerin behauptet nur, dass die von ihr mit der Beschwerde aufgezeigte Frage für die Entscheidung des LSG tragend war.
Zum Zulassungsgrund der Divergenz (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG) fehlen jegliche Ausführungen. Die Klägerin macht diesen Zulassungsgrund auf Seite 6 ihres Vorbringens zwar geltend, kommt aber hierauf an keiner Stelle ausdrücklich zurück. Den Ausführungen zur grundsätzlichen Bedeutung lässt sich hierzu nichts zu entnehmen. Dazu hätte die Klägerin entscheidungstragende abstrakte Rechtssätze in der Entscheidung des Berufungsgerichts einerseits und in der herangezogenen höchstrichterlichen Entscheidung des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes (GmSOGB) oder des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) andererseits gegenüberstellen und dazu ausführen müssen, weshalb beide miteinander unvereinbar sein sollen (vgl zB BSG vom 28.7.2009 - B 1 KR 31/09 B - RdNr 4; BSG vom 28.6.2010 - B 1 KR 26/10 B - RdNr 4; BSG vom 22.12.2010 - B 1 KR 100/10 B - RdNr 4 mwN).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 154 Abs 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Krauß |
Scholz |
Richter am BSG Prof. Dr. Luik ist wegen … an der Signatur gehindert gez. Krauß |
Fundstellen
Dokument-Index HI16129317 |