Verfahrensgang
Bayerisches LSG (Urteil vom 15.07.1999) |
Tenor
Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 15. Juli 1999 wird als unzulässig verworfen.
Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens zu erstatten.
Gründe
Mit Urteil vom 15. Juli 1999 hat das Bayerische Landessozialgericht (LSG) die Berufung der Beklagten gegen die sozialgerichtliche Entscheidung zurückgewiesen, durch die dem Kläger Versichertenrente wegen Erwerbsunfähigkeit (EU) zugesprochen worden ist. Zur Begründung hat das LSG im wesentlichen auf das erstinstanzliche Urteil Bezug genommen. Danach sei mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, daß der Kläger aufgrund einer Psychose aus dem schizophrenen Formenkreis mit ausgeprägter Residualsymptomatik bereits vor dem 1. Juli 1984 keine Erwerbstätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mehr habe ausüben können.
Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil hat die Beklagte beim Bundessozialgericht (BSG) Beschwerde eingelegt. Sie rügt ausschließlich Verfahrensmängel.
Die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten ist unzulässig. Die Begründung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen, da die Beklagte keinen der in § 160 Abs 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) abschließend aufgeführten Zulassungsgründe iS von § 160a Abs 2 Satz 3 SGG ordnungsgemäß dargetan hat.
Nach dem hier allein in Betracht kommenden § 160 Abs 2 Nr 3 SGG ist die Revision nur zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann. Der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 Satz 1 SGG und auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. In der Beschwerdebegründung sind dazu diejenigen Tatsachen genau anzugeben, die den Mangel ergeben sollen (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nrn 10, 14).
Soweit – wie vorliegend – eine Verletzung der Sachaufklärungspflicht (§ 103 SGG) gerügt wird, ist der Darlegungspflicht (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG) nur genügt, wenn die Beschwerdebegründung folgende Punkte enthält: (1) Bezeichnung eines für das Revisionsgericht ohne weiteres auffindbaren Beweisantrages, dem das LSG nicht gefolgt ist, (2) Wiedergabe der Rechtsauffassung des LSG, aufgrund deren die von diesem Beweisantrag berührten Tatfragen als klärungsbedürftig hätten erscheinen müssen, (3) Darlegung der das bisherige Beweisergebnis betreffenden Umstände, die zu einer weiteren Sachaufklärung hätten Anlaß geben müssen, (4) Angabe des voraussichtlichen Ergebnisses der unterbliebenen Beweiserhebung, (5) Schilderung, daß und warum die Entscheidung des LSG auf dem angeblich fehlerhaften Unterlassen einer Beweisaufnahme beruhen kann, das LSG mithin bei Kenntnis des behaupteten Ergebnisses der unterlassenen Beweisaufnahme von seinem Rechtsstandpunkt aus zu einem anderen, dem Beschwerdeführer günstigeren Ergebnis hätte gelangen können (vgl BSG SozR 1500 § 160 Nrn 5, 35, 45 und § 160a Nrn 24, 34). Diesen Kriterien hat die Beklagte nicht hinreichend Rechnung getragen.
Die Beklagte hat einen Beweisantrag iS von § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG nicht ordnungsgemäß bezeichnet. Ein solcher Beweisantrag muß nicht nur den Anforderungen des Prozeßrechts (vgl § 118 Abs 1 SGG iVm §§ 402 ff der Zivilprozeßordnung) entsprechen, sondern auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht aufrechterhalten worden sein (vgl dazu BSG SozR 1500 § 160 Nr 12). Wird ein Beweisantrag in einem vorbereitenden Schriftsatz gestellt, so ist er dann nicht iS von § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG übergangen worden, wenn aus den näheren Umständen zu entnehmen ist, daß er in der maßgebenden mündlichen Verhandlung nicht mehr weiter verfolgt wurde. Dies ist bei rechtskundig vertretenen Beteiligten regelmäßig anzunehmen, wenn in der letzten mündlichen Verhandlung nur noch ein Sachantrag gestellt und der Beweisantrag nicht wenigstens hilfsweise – auch durch eine ausdrückliche Bezugnahme auf den früher gestellten Antrag – wiederholt wird (vgl BSG, Beschluß vom 3. März 1999 – B 9 VJ 1/98 B).
Dazu fehlt es an hinreichenden Darlegungen der Beklagten. Sie hat insoweit nur auf ihren Schriftsatz vom 25. Juni 1999 Bezug genommen, sich jedoch zu den von ihr in der mündlichen Berufungsverhandlung abgegebenen Erklärungen nicht geäußert. Diesbezügliche Ausführungen waren hier um so mehr erforderlich, als ein Beweisantrag der Beklagten in der Sitzungsniederschrift vom 15. Juli 1999 keine Erwähnung findet.
Des weiteren rügt die Beklagte eine Verletzung des Grundsatzes der Gewährung rechtlichen Gehörs (vgl §§ 62, 128 Abs 2 SGG). Ein derartiger Verfahrensmangel liegt ua dann vor, wenn das Gericht seiner Pflicht, das Vorbringen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in seine Erwägungen einzubeziehen, nicht nachgekommen ist (vgl BVerfGE 25, 137, 140) oder sein Urteil auf Tatsachen und Beweisergebnisse stützt, zu denen sich die Beteiligten nicht haben äußern können (vgl BSG SozR 3-1500 § 62 Nr 12). Zur Begründung eines entsprechenden Revisionszulassungsgrundes ist nicht nur der Gehörverstoß selbst zu bezeichnen, sondern auch darzutun, welches Vorbringen dadurch ggf verhindert worden ist und inwiefern die angefochtene Entscheidung darauf beruhen kann (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 36). In diesem Zusammenhang ist auch von Bedeutung, daß ein Verstoß gegen § 62 SGG nicht geltend gemacht werden kann, wenn der Beteiligte von gegebenen prozessualen Möglichkeiten, sich Gehör zu verschaffen, keinen Gebrauch gemacht hat (vgl Meyer-Ladewig, SGG, 6. Aufl § 62 RdNr 11c).
Den sich daraus ergebenden Darlegungserfordernissen ist die Beklagte nicht gerecht geworden. Insbesondere ist ihrem Vorbringen nicht zu entnehmen, daß sie alles getan habe, um das LSG zur Berücksichtigung ihres schriftsätzlich gestellten Beweisantrages zu veranlassen. Insbesondere hat sie nicht dargetan, daß sie in der mündlichen Verhandlung vor dem LSG zumindest ausdrücklich, dh zur Sitzungsniederschrift, auf den betreffenden Beweisantrag Bezug genommen habe (vgl dazu BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 22).
Die Verwerfung der danach nicht formgerecht begründeten und somit unzulässigen Beschwerde erfolgt in entsprechender Anwendung des § 169 Satz 3 SGG ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nrn 1, 5; BVerfG SozR 1500 § 160a Nr 30).
Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung des § 193 SGG.
Fundstellen