Verfahrensgang

LSG Nordrhein-Westfalen (Urteil vom 25.03.2022; Aktenzeichen L 21 AS 1438/21)

SG Münster (Entscheidung vom 21.09.2021; Aktenzeichen S 11 AS 195/21)

 

Nachgehend

BVerfG (Beschluss vom 24.01.2023; Aktenzeichen 1 BvR 2352/22)

 

Tenor

Der Antrag des Klägers, ihm zur Durchführung des Verfahrens der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 25. März 2022 Prozesskostenhilfe zu bewilligen und einen Rechtsanwalt beizuordnen, wird abgelehnt.

 

Gründe

Nach § 73a SGG iVm § 114 ZPO kann einem Beteiligten für das Verfahren vor dem BSG nur dann PKH bewilligt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet; das ist hier nicht der Fall. Es ist nicht zu erkennen, dass ein zugelassener Prozessbevollmächtigter (§ 73 Abs 4 SGG) in der Lage wäre, eine Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers erfolgreich zu begründen. Da kein Anspruch auf Bewilligung von PKH besteht, ist auch der Antrag auf Beiordnung eines Rechtsanwalts abzulehnen (§ 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 121 ZPO).

Nach § 160 Abs 2 SGG ist die Revision nur zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1), das Urteil des LSG von einer Entscheidung des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes (GmSOGB) oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Nr 2) oder wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (Nr 3). Solche Zulassungsgründe sind nach summarischer Prüfung des Streitstoffs auf der Grundlage des Inhalts der Gerichtsakten sowie unter Berücksichtigung des Vorbringens des Klägers nicht erkennbar.

Eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) ist nur anzunehmen, wenn eine Rechtsfrage aufgeworfen wird, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Dies ist hier nicht der Fall. Das LSG hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen, weil es dessen Begehren auf Gewährung von Leistungen für Unterkunft und Heizung für unbegründet erachtet hat. Der Kläger sei im streitigen Zeitraum gegenüber seinen Eltern, in deren Haus er lebte, keinem wirksamen und ernsthaften Zahlungsverlangen in Bezug auf die geltend gemachten Nebenkosten ausgesetzt gewesen, sodass insofern ein Anspruch aus § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II nicht bestehe. Dies betrifft die Umstände des Einzelfalles, wirft aber keine grundsätzlichen Rechtsfragen auf (vgl BSG vom 1.6.2022 - B 4 AS 44/22 BH - juris RdNr 3). Die Maßstäbe für die Anerkennung von Unterkunftskosten bei Personen, die ein Mietverhältnis mit Verwandten behaupten, sind in der Rechtsprechung des BSG geklärt (BSG vom 3.3.2009 - B 4 AS 37/08 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 15 RdNr 24; BSG vom 7.5.2009 - B 14 AS 31/07 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 21 RdNr 16; vgl zur Notwendigkeit wirksamer Zahlungsverpflichtungen auch BSG vom 30.6.2021 - B 4 AS 76/20 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 116 RdNr 20). Ebenso ist geklärt, dass die objektive Beweislast für das Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen derjenige trägt, der Grundsicherungsleistungen geltend macht (BVerfG ≪Kammer≫ vom 1.2.2010 - 1 BvR 20/10 - juris RdNr 2; BSG vom 29.6.2021 - B 4 AS 96/21 B - juris RdNr 2 mwN; BSG vom 6.4.2022 - B 4 AS 380/21 B - juris RdNr 4). Auf § 66 SGB I schließlich hat das LSG seine Entscheidung nicht gestützt, sodass die Ausführungen des Klägers hierzu ins Leere gehen.

Es ist auch nicht erkennbar, dass die Entscheidung des LSG von einer Entscheidung des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG abweicht, weshalb eine Divergenzrüge keine Aussicht auf Erfolg verspricht (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG).

Nach Aktenlage ist schließlich nicht ersichtlich, dass ein Verfahrensmangel geltend gemacht werden könnte, auf dem die angefochtene Entscheidung des LSG beruhen kann (§ 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 1 SGG). Keinen Erfolg könnte der Kläger insbesondere mit der Rüge haben, er sei vor Erlass der streitgegenständlichen Bescheide nicht angehört worden. Verfahrensmangel iS des § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 1 SGG kann nur ein Mangel des gerichtlichen Verfahrens sein (BSG vom 12.3.2021 - B 4 AS 378/20 B - juris RdNr 4), nicht aber ein Mangel des Verwaltungsverfahrens. Abgesehen davon ist § 24 Abs 1 SGB X ohnehin nicht einschlägig, wenn eine Leistung nicht oder lediglich in niedrigerer Höhe als beantragt bewilligt wird. Der Anwendungsbereich des § 24 Abs 1 SGB X ist nur eröffnet, wenn durch den Verwaltungsakt in bestehende Rechtspositionen eingegriffen, nicht aber, wenn - wie hier - lediglich ein Antrag (teilweise) abgelehnt werden soll (BSG vom 29.11.1990 - 7 RAr 6/90 - BSGE 68, 42 [43 ff] = SozR 3-4100 § 139a Nr 1 S 3 ff = juris RdNr 27 ff; BSG vom 29.6.1995 - 11 RAr 87/94 - SozR 3-1300 § 104 Nr 9 S 31 = juris RdNr 26; BSG vom 9.12.2004 - B 6 KA 44/03 R - BSGE 94, 50 = SozR 4-2500 § 72 Nr 2, RdNr 23 = juris RdNr 36 mwN; BSG vom 1.6.2022 - B 4 AS 44/22 BH - juris RdNr 6).

Meßling                                     Söhngen                                    Burkiczak

 

Fundstellen

Dokument-Index HI15459335

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