Verfahrensgang

SG Dresden (Entscheidung vom 15.07.2020; Aktenzeichen S 41 SB 222/17)

Sächsisches LSG (Urteil vom 10.06.2022; Aktenzeichen L 9 SB 133/20)

 

Tenor

Der Antrag des Klägers, ihm für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 10. Juni 2022 Prozesskostenhilfe unter Beiordnung eines Rechtsanwalts zu bewilligen, wird abgelehnt.

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im vorbezeichneten Urteil wird als unzulässig verworfen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I

Der Kläger begehrt in der Hauptsache die Feststellung eines höheren Grades der Behinderung (GdB) als 40 und die Zuerkennung des Merkzeichens G.

Diesen Anspruch hat das LSG mit Urteil vom 10.6.2022 wie vor ihm das SG (Gerichtsbescheid vom 15.7.2020) und der Beklagte (Bescheid vom 26.11.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24.4.2017) verneint. Das LSG hat zur Begründung umfassend auf die Entscheidungsgründe des SG verwiesen und darüber hinaus in seinen Entscheidungsgründen ausgeführt, die Einschränkung der Lungenfunktion des Klägers geringen Grades sei nach Teil B Nr 8.3 der (in Anlage zu § 2 Versorgungsmedizin-Verordnung geregelten) Versorgungsmedizinischen Grundsätze mit einem GdB von 30 zutreffend bewertet. Wie die erneute orthopädische Begutachtung in der Berufungsinstanz bestätigt habe, lägen beim Kläger nur geringe Wirbelsäulenfunktionsstörungen vor, die keine höhere Bewertung als 10 zuließen. Da beim Kläger auch sonst nur geringgradige Funktionsstörungen bestünden, sei ein Gesamt-GdB über den bereits vergebenen Wert von 40 hinaus unter keinem denkbaren Gesichtspunkt begründbar.

Nach Zustellung des Urteils am 20.6.2022 hat der Kläger mit einem beim BSG am 11.7.2022 eingegangenen Schreiben vom selben Tag Prozesskostenhilfe (PKH) sowie die Beiordnung eines Rechtsanwalts für die Durchführung einer Nichtzulassungsbeschwerde beantragt und zugleich Beschwerde eingelegt.

II

1. Der Antrag des Klägers auf Bewilligung von PKH für die Durchführung des Beschwerdeverfahrens ist abzulehnen.

Nach § 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 114 Abs 1 Satz 1 ZPO kann einem Beteiligten für das Verfahren vor dem BSG nur dann PKH bewilligt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. An der erforderlichen Erfolgsaussicht fehlt es hier. Es ist nicht zu erkennen, dass ein zugelassener Prozessbevollmächtigter (§ 73 Abs 4 SGG) in der Lage wäre, die vom Kläger angestrebte Nichtzulassungsbeschwerde erfolgreich zu begründen.

Hinreichende Erfolgsaussicht hätte die Nichtzulassungsbeschwerde nur, wenn einer der in § 160 Abs 2 SGG abschließend aufgeführten Zulassungsgründe mit Erfolg geltend gemacht werden könnte. Die Revision darf danach nur zugelassen werden, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG), das Urteil von einer Entscheidung des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes (GmSOGB) oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung beruht (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG) oder ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG).

Nach Durchsicht der Akten und der im PKH-Verfahren gebotenen summarischen Prüfung fehlen hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass ein vor dem BSG zugelassener Prozessbevollmächtigter einen der in § 160 Abs 2 Nr 1 bis 3 SGG abschließend aufgeführten Zulassungsgründe mit Erfolg darlegen oder bezeichnen könnte. Die Sache bietet keine Hinweise für eine über den Einzelfall des Klägers hinausgehende grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG). Auch ist nicht ersichtlich, dass das LSG entscheidungstragend von der Rechtsprechung des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG abgewichen sein könnte (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG).

Schließlich fehlt ein ausreichender Anhalt dafür, dass ein die Revisionszulassung rechtfertigender Verfahrensfehler des LSG vorliegen könnte. Nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG ist die Revision zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung von § 109 SGG (Anhörung eines bestimmten Arztes) und § 128 Abs 1 Satz 1 SGG (Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung) und auf eine Verletzung des § 103 SGG (Amtsermittlungsgrundsatz) nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Entsprechende Verfahrensmängel lassen sich weder dem PKH-Antrag des Klägers noch den Verfahrensakten entnehmen. Der Kläger kritisiert in seinem Fall "erlogene", "erschwindelte" und "widersprüchliche" Gutachten. Soweit der in der Berufungsinstanz anwaltlich nicht vertretene Kläger damit eine unzureichende Sachaufklärung durch das LSG rügen will, hätte er beim LSG zumindest ein hinreichend konkretes Sachaufklärungsverlangen äußern und bis zuletzt aufrechterhalten müssen (vgl stRspr; zB BSG Beschluss vom 25.8.2022 - B 9 SB 4/22 B - juris RdNr 11; BSG Beschluss vom 22.12.2021 - B 9 SB 42/21 B - juris RdNr 36; BSG Beschluss vom 8.5.2018 - B 1 KR 3/18 B - juris RdNr 5). Dafür ist nichts ersichtlich (vgl zu den Anforderungen an einen solchen zumindest sinngemäß gestellten Beweisantrag: BSG Beschluss vom 7.2.2017 - B 5 R 308/16 B - juris RdNr 20; BSG Beschluss vom 22.7.2010 - B 13 R 585/09 B - juris RdNr 11; BSG Beschluss vom 2.6.2003 - B 2 U 80/03 B - juris RdNr 4). Im Übrigen entzieht § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG die vom Kläger anscheinend kritisierte Beweiswürdigung des LSG vollständig der Beurteilung durch das Revisionsgericht. Kraft der darin enthaltenen ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung kann diese mit der Nichtzulassungsbeschwerde weder unmittelbar noch mittelbar angegriffen werden (stRspr; zB BSG Beschluss vom 1.7.2020 - B 9 SB 5/20 B - juris RdNr 10 mwN).

2. Da dem Kläger keine PKH zusteht, kann er auch nicht die Beiordnung eines Rechtsanwalts beanspruchen (§ 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 121 Abs 1 ZPO).

3. Die von dem Kläger selbst eingelegte Beschwerde ist unzulässig; sie entspricht nicht der gesetzlichen Form. Der Kläger konnte die Beschwerde wirksam nur durch einen vor dem BSG zugelassenen Prozessbevollmächtigten einlegen lassen. Darauf hatte die Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen LSG-Urteils ihn ausdrücklich hingewiesen (§ 73 Abs 4 SGG).

4. Die Verwerfung der Beschwerde erfolgt gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 Satz 2 und 3 SGG ohne Beteiligung der ehrenamtlichen Richter.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung des § 193 SGG.

Kaltenstein                              Othmer                                     Röhl

 

Fundstellen

Dokument-Index HI15523900

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