Verfahrensgang
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des Landessozialgerichts Hamburg vom 16. Januar 2017 wird als unzulässig verworfen.
Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Gründe
I
Die Klägerin begehrt Versorgungsleistungen nach dem Opferentschädigungsgesetz (OEG).
Im August 2011 beantragte die 1962 geborene Klägerin beim Beklagten Versorgung nach dem OEG. Während ihrer Krankenhausaufenthalte als Kind habe sie massive Gewalt, Rohheit und Vernachlässigung erfahren, was sie traumatisiert habe.
Der Beklagte lehnte den Antrag ab. Es sei nicht zu beweisen, dass die Klägerin Opfer eines Angriffs iS von § 1 OEG geworden sei (Bescheid vom 29.8.2012, Widerspruchsbescheid vom 1.3.2013).
Klage und Berufung sind erfolglos geblieben. Das LSG hat ausgeführt, auch unter Beachtung der Beweiserleichterung des §§ 15 Gesetz über das Verwaltungsverfahren der Kriegsopferversorgung (KOVVFG) sei ein vorsätzlicher, rechtswidriger tätlicher Angriff gegen die Klägerin nicht glaubhaft gemacht worden (Beschluss vom 16.1.2017).
Gegen die Nichtzulassung der Revision in dieser Entscheidung hat die Klägerin Beschwerde zum BSG eingelegt. Sie macht geltend, das LSG habe einen Verfahrensfehler begangen, weil es versäumt habe, ein Sachverständigengutachten einzuholen.
II
Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin ist unzulässig. Die Begründung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen, weil der behauptete Verfahrensmangel nicht ordnungsgemäß dargetan worden ist (vgl § 160a Abs 2 S 3 SGG).
1. Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde wie im Fall der Klägerin darauf gestützt, es liege ein Verfahrensmangel vor, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne (§ 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 1 SGG), so müssen bei der Bezeichnung des Verfahrensmangels (§ 160a Abs 2 S 3 SGG) zunächst die diesen Mangel (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. Gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG kann der geltend gemachte Verfahrensmangel dabei auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Will die Beschwerde demnach einen Verstoß gegen die tatrichterliche Sachaufklärungspflicht rügen (§ 103 SGG), so muss sie einen für das Revisionsgericht ohne Weiteres auffindbaren Beweisantrags bezeichnen, dem das LSG nicht gefolgt ist. Damit ein solcher Beweisantrag seine Warnfunktion für das Berufungsgericht erfüllen kann, muss er bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem LSG gestellt und noch zumindest hilfsweise aufrechterhalten bleiben (vgl zB BSG Beschluss vom 14.6.2005 - B 1 KR 38/04 B - Juris RdNr 5; BSG Beschluss vom 25.4.2006 - B 1 KR 97/05 B - Juris RdNr 6; BSG Beschluss vom 29.3.2007 - B 9a VJ 5/06 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 13 RdNr 11 mwN). Macht das LSG von der ihm durch § 153 Abs 4 SGG eingeräumten Möglichkeit Gebrauch, die Berufung ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss zurückzuweisen, muss jedenfalls ein rechtskundig vertretener Beteiligter der Anhörungsmitteilung nach § 153 Abs 4 SGG entnehmen, dass das Berufungsgericht keine weitere Sachaufklärung mehr beabsichtigt und etwaige schriftlich gestellte Beweisanträge lediglich als Beweisanregungen ansieht. Nach Zugang der Anhörungsmitteilung muss daher der Beteiligte, der schriftlich gestellte Beweisanträge aufrechterhalten oder neue Beweisanträge stellen will, dem LSG ausdrücklich die Aufrechterhaltung dieser Anträge mitteilen oder neue förmliche Beweisanträge stellen (vgl BSG Beschluss vom 9.3.2016 - B 1 KR 6/16 B - Juris RdNr 4 f mwN).
Die Beschwerde legt nicht dar, ob und wie die Klägerin die genannten beweisrechtlichen Anforderungen erfüllt und insbesondere bis zuletzt einen konkreten Beweisantrag aufrechterhalten hat. Sie kritisiert lediglich in allgemeiner Form, das LSG habe zu Unrecht eine Beweiserhebung vor allem durch ein neurologisches Gutachten unterlassen. Damit legt sie keinen prozessordnungsgemäßen Beweisantrag dar.
Soweit die Beschwerde sich im Übrigen ausführlich gegen die rechtlichen Wertungen und die Beweiswürdigung des LSG wendet, rügt sie einen im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde unerheblichen Rechtsanwendungsfehler (error in iudicando). Die Beweiswürdigung und die inhaltliche Richtigkeit der Entscheidung des LSG im Einzelfall sind indes nicht Gegenstand der Nichtzulassungsbeschwerde (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 7).
Schließlich trägt die Klägerin noch vor,
das LSG hätte ebenfalls darauf hinweisen müssen, dass dieser Sachverhalt ihm nicht klar und gegebenenfalls Beweis zu erheben sei; ansonsten mitteilen müssen, wie es zu dieser Einschätzung, die andernfalls nicht überprüfbar sei, gelangt sei.
Soweit darin eine Rüge der Verletzung rechtlichen Gehörs durch eine Überraschungsentscheidung des LSG (vgl BVerfGE 86, 133, 144 f; vgl Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 62 RdNr 8a, 8b mwN) gemeint sein sollte, ist sie jedenfalls nicht hinreichend substantiiert. Die Beschwerde legt nicht substantiiert dar, warum die anwaltlich vertretene Klägerin nicht mit einer Zurückweisung ihrer Berufung ohne weitere Beweiserhebung zu rechnen brauchte, obwohl bereits das SG die Klage abgewiesen und das LSG sie zur Zurückweisung der Berufung durch Beschluss nach § 153 Abs 4 SGG angehört hatte.
Die Beschwerde ist somit ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter zu verwerfen (§ 160a Abs 4 S 1 Halbs 2, § 169 SGG).
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (vgl § 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).
2. Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 SGG.
Fundstellen
Dokument-Index HI11141419 |