Verfahrensgang
SG Heilbronn (Entscheidung vom 17.01.2022; Aktenzeichen S 3 R 1377/20) |
LSG Baden-Württemberg (Urteil vom 16.04.2024; Aktenzeichen L 13 R 449/22) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 16. April 2024 wird als unzulässig verworfen.
Der Antrag des Klägers, ihm für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin H zu gewähren, wird abgelehnt.
Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine Kosten zu erstatten.
Gründe
I
Der 1965 geborene Kläger begehrt eine Rente wegen voller Erwerbsminderung.
Der beklagte Rentenversicherungsträger lehnte seinen Rentenantrag vom 20.11.2019 ab und würdigte dabei ua den Entlassungsbericht der Klinik am Zauberwald, Waldachtal, vom 27.6.2019(Bescheid vom 18.12.2019, Widerspruchsbescheid vom 27.4.2020) . Das SG hat die Klage abgewiesen, nachdem es die behandelnde Psychiaterin L schriftlich befragt und ein nervenärztliches Gutachten von E vom 18.8.2021 mit ergänzender Stellungnahme vom 23.11.2021 eingeholt hatte(Gerichtsbescheid vom 17.1.2022) . Die dagegen vom Kläger eingelegte Berufung hat das LSG mit Urteil vom 16.4.2024 zurückgewiesen. Der Beweiswürdigung des SG sei zu folgen. Dabei könne offenbleiben, ob der geltend gemacht Schmerzmittelabusus vorliege. Es habe sich nicht die Überzeugung gewinnen lassen, dass das Leistungsvermögen des Klägers in quantitativer Hinsicht einschränkt sei. Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder einer spezifischen Leistungsbehinderung lägen nicht vor.
Gegen die Nichtzulassung der Revision in dieser Entscheidung hat der Kläger beim BSG Beschwerde eingelegt, die er mit Schriftsatz vom 17.7.2024 begründet hat. Mit Schriftsatz vom 18.6.2024 hat er für die Durchführung des Beschwerdeverfahrens Prozesskostenhilfe (PKH) beantragt.
II
1. Die Beschwerde des Klägers ist unzulässig und daher gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 Satz 2 und 3 SGG zu verwerfen.
a) Der geltend gemachte Zulassungsgrund der Divergenz ist nicht anforderungsgerecht dargetan. Divergenz liegt vor, wenn der angefochtenen Entscheidung ein abstrakter Rechtssatz zugrunde liegt, der von einem zu derselben Rechtsfrage entwickelten abstrakten Rechtssatz in einer Entscheidung des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG abweicht, und die angefochtene Entscheidung auf dieser Abweichung beruht. Dass diese Voraussetzungen erfüllt sind, ist in der Beschwerdebegründung im Einzelnen darzulegen. Hierzu sind die betreffenden Rechtssätze einander gegenüberzustellen; zudem ist näher zu begründen, weshalb diese nicht miteinander vereinbar sind und inwiefern die Entscheidung des LSG auf der Abweichung beruht(stRspr; vglBSG Beschluss vom 29.3.2007 - B 9a VJ 5/06 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 13 RdNr 17;BSG Beschluss vom 31.7.2017 - B 1 KR 47/16 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 30 RdNr 13) . Nicht ausreichend ist hingegen, wenn die fehlerhafte Anwendung eines als solchen nicht in Frage gestellten höchstrichterlichen Rechtssatzes durch das Berufungsgericht geltend gemacht wird (bloße Subsumtionsrüge), denn nicht die Unrichtigkeit einer Entscheidung im Einzelfall, sondern nur eine Nichtübereinstimmung im Grundsätzlichen ermöglicht die Zulassung der Revision wegen Divergenz(stRspr; zBBSG Beschluss vom 7.7.2022 - B 5 R 87/22 B - juris RdNr 5 mwN) . Den daraus abgeleiteten Darlegungsanforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht.
Der Kläger trägt vor, die Entscheidung des LSG sei mit dem Urteil des BSG vom 11.12.2019( B 13 R 7/18 R - BSGE 129, 274 = SozR 4-2600 § 43 Nr 22) unvereinbar. Danach liege "eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen … auch dann vor, wenn mehrere auf den ersten Blick gewöhnliche Leistungseinschränkungen aufgrund einer besonderen Aktivierungs- und Verstärkungswirkung ernste Zweifel an der Einsetzbarkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt begründen" würden. Diese Voraussetzungen würden bei ihm, dem Kläger, vorliegen. Dem lässt sich schon nicht entnehmen, welche abstrakten Rechtssätze die Beschwerde dem LSG zuschreibt. Der Kläger behauptet nicht, das LSG habe im angefochtenen Urteil ausdrücklich einen oder mehrere tragende Rechtssätze aufgestellt, die von denjenigen abweichen würden, die das BSG in der Entscheidung vom 11.12.2019 entwickelt habe. Ebenso wenig zeigt er auf, dass sich ein divergierender Rechtssatz unzweifelhaft aus den Ausführungen im Berufungsurteil ableiten lasse und dass das LSG den Rechtssatz als solchen auch tatsächlich vertreten wollte(vgl zur den Anforderungen an die Darlegung eines nur implizit zugrunde gelegten Rechtssatzes zBBSG Beschluss vom 13.7.2023 - B 1 KR 25/22 B - juris RdNr 10 mwN) . Der Kläger wendet sich im Kern gegen die Beweiswürdigung im Einzelfall, indem er unter Hinweis auf die bei ihm vorliegenden Erkrankungen vorbringt, das LSG habe die erforderliche Einzelfallprüfung und Würdigung, ob bei ihm ein Summierungsfall oder eine spezifische Leistungsbehinderung vorliege, unterlassen. Hierauf kann eine Nichtzulassungsbeschwerde nicht gestützt werden,§ 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG .
b) Falls der Kläger zudem eine Verletzung der Amtsermittlungspflicht(§ 103 Satz 1 SGG ) geltend machen wollte, indem er vorbringt, er habe bereits gegenüber dem SG auf eine weitere Aufklärung der Auswirkungen seiner Schmerzmittelabhängigkeit gedrängt, wäre auch ein solcher Verfahrensmangel nicht anforderungsgerecht dargetan. Die Beschwerde bezeichnet schon keinen für das Revisionsgericht ohne Weiteres auffindbaren prozessordnungsgemäßen, bis zuletzt aufrechterhaltenen Beweisantrag, dem das Berufungsgericht nicht gefolgt sei(vgl hierzu und zu den weiteren Anforderungen einer Sachaufklärungsrüge zBBSG Beschluss vom 14.4.2020 - B 5 RS 13/19 B - juris RdNr 11 ) .
Von einer weiteren Begründung wird abgesehen(§ 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG ) .
2. Der Antrag des Klägers auf Bewilligung von PKH für das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde unter Beiordnung von Rechtsanwältin H ist abzulehnen. Die bereits vor dem PKH-Antrag unbedingt eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde bietet - wie ausgeführt - keine hinreichende Aussicht auf Erfolg(vgl § 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm§ 114 Abs 1 Satz 1 ZPO ) .
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 183 Satz 1 SGG und einer entsprechenden Anwendung von§ 193 Abs 1 und 4 SGG.
Fundstellen
Dokument-Index HI16612115 |