Leitsatz (amtlich)

Wer eine ihm vom Gericht übersandte vorgedruckte Erklärung über die Klagerücknahme in der Annahme unterschreibt, es handle sich um ein Empfangsbekenntnis, kann sich nicht darauf berufen, es habe ihm der Erklärungswille gefehlt (Anschluß an BSG 1972-07-21 6 RKa 31/68 = SozR Nr 11 zu § 102 SGG).

 

Normenkette

SGG § 102 S. 1; BGB § 119 Abs. 1 Fassung: 1896-08-18

 

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 16. Mai 1974 wird als unzulässig verworfen.

Außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

Die Revision war nach § 169 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) als unzulässig zu verwerfen, weil das Landessozialgericht (LSG) sie nicht zugelassen hat (§ 162 Abs. 1 Nr. 1 SGG) und es an einem tatsächlich vorliegenden (BSG 1, 150 (152)) und formgerecht gerügten (vgl. BSG 1, 91 f) wesentlichen Mangel des Verfahrens (§ 162 Abs. 1 Nr. 2 SGG) fehlt.

Die Nichtzulassung der Revision ist für das Bundessozialgericht (BSG) nach dem z. Zt. noch geltenden Recht bindend; damit kann die Zulässigkeit der Revision nach § 162 Abs. 1 Nr. 2 SGG nicht mit der Rüge begründet werden, die Revision sei zu Unrecht nicht zugelassen worden (BSG 2, 45 (47); 5, 150 (152 f)).

Mit Recht hat das LSG bei dem von ihm erlassenen Prozeßurteil das Vorbringen des Klägers, seine Prozeßbevollmächtigte habe bei der Unterzeichnung der vorgedruckten Erklärung über die Klagerücknahme geglaubt, ein Empfangsbekenntnis zu unterschreiben, für unerheblich gehalten (vgl. BSG SozR Nr. 11 zu § 102 SGG). Die hiergegen geäußerten Bedenken (vgl. Glücklich, SGb 73, 137) greifen nicht durch, weil der Unterzeichnende in diesem Falle sich jedenfalls bewußt ist, Unterschriften für rechtlich erhebliche Zwecke abzugeben (vgl. BGH LM Nr. 6 zu Art. 17 WG); es fehlt ihm weder der Erklärungswille überhaupt noch der zur Abgabe einer prozeßrechtlich erheblichen Erklärung; denn auch ein Empfangsbekenntnis ist prozeßrechtlich erheblich, weil es dem Nachweis des Zugangs prozeßrechtlich bedeutsamer Mitteilungen dient.

Daß die vorgedruckte Karte für die Klagerücknahme nach ihrer Ausgestaltung den behaupteten Irrtum hervorrufen konnte, ist in der Revisionsbegründung nicht in einer § 164 Abs. 2 Satz 2 SGG entsprechenden Weise dargetan.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1649073

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