Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsätzliche Bedeutung der Rechtsfrage. Bezeichnung der Verletzung der Aufklärungspflicht. Nichtzulassungsbeschwerde
Orientierungssatz
1. Ergibt sich die Antwort auf die gestellte Rechtsfrage unmittelbar aus dem Gesetz oder steht sie nach Maßgabe von Literatur und Rechtsprechung praktisch außer Zweifel, fehlt es an der Klärungsbedürftigkeit.
2. Ein Aufklärungsmangel (Verletzung des § 103 SGG) ist nur dann ausreichend bezeichnet, wenn die Gründe angegeben werden, aus denen heraus sich das LSG von seinem sachlich-rechtlichen Standpunkt aus hätte gedrängt sehen müssen, den von ihm nicht erhobenen Beweis zu erheben.
Normenkette
SGG § 160 Abs 2 Nr 1, § 160 Abs 2 Nr 3, § 160a Abs 2 S 3, § 103
Verfahrensgang
Bayerisches LSG (Entscheidung vom 14.05.1987; Aktenzeichen L 9 Al 47/86) |
Gründe
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig. Der Beschwerdeführer hat einen Grund, der nach § 160 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zur Zulassung der Revision berechtigt, entgegen § 160a Abs 2 Satz 3 SGG nicht dargetan.
Er meint, die Revision sei zuzulassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung habe (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG). Grundsätzliche Bedeutung mißt der Beschwerdeführer der Frage bei, ob der (alleinige) Geschäftsführer einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) sozialversicherungspflichtig ist, der zwar nicht an der GmbH, aber als Kommanditist maßgeblich an der Kommanditgesellschaft (KG) beteiligt ist, deren einziger Komplementär die GmbH ist. Damit mag zwar die Rechtsfrage aufgezeigt sein; deren Klärungsbedürftigkeit als Teilvoraussetzung der grundsätzlichen Bedeutung hat der Beschwerdeführer indes nicht in der durch § 160a Abs 2 Satz 3 SGG gebotenen Weise dargelegt; denn seine diesbezüglichen Ausführungen beschränken sich auf den Hinweis, daß eine auf den vorliegenden Fall abgestimmte Rechtsprechung noch nicht ergangen sei und allgemeine Rechtsunsicherheit herrsche. Zwar hat im allgemeinen eine Rechtsfrage keine grundsätzliche Bedeutung mehr, wenn sie durch die Revisionsgerichte entschieden ist; umgekehrt gilt indes nicht, daß eine Rechtsfrage solange grundsätzliche Bedeutung hätte, bis eine höchstrichterliche Entscheidung vorliegt. Ergibt sich nämlich die Antwort auf die gestellte Frage unmittelbar aus dem Gesetz, was hier allerdings nicht der Fall ist, oder steht sie nach Maßgabe von Literatur und Rechtsprechung praktisch außer Zweifel, fehlt es an der Klärungsbedürftigkeit (vgl BSG SozR 1500 § 160 Nr 17 und § 160a Nr 4). Der Beschwerdeführer hätte daher zumindest aufzeigen müssen, daß auch unter Berücksichtigung der Grundsätze, die die Rechtsprechung zur Versicherungspflicht von in der Gesellschaft führend tätigen Kommanditisten entwickelt hat, ernstlich zweifelhaft ist, ob der als Kommanditist die KG beherrschende Geschäftsführer der Komplementär-GmbH beitragspflichtig beschäftigt ist oder nicht. Die nicht substantiierte Behauptung des Beschwerdeführers, es herrsche allgemeine Rechtsunsicherheit, ersetzt Darlegungen dieser Art nicht, zumal da diese Behauptung durch die vom Beschwerdeführer zitierten zwei Belegstellen nicht bestätigt wird. Schneider, Sozialversicherung in der Praxis, Bd 67 der Schriften des Betriebs-Beraters, Heidelberg 1984, S 23 führt nämlich aus, daß dann, wenn einem Kommanditisten Einfluß auf die Geschäftsführung und die Vertretung der Gesellschaft eingeräumt wird, sich die versicherungsrechtliche Stellung des Kommanditisten nach dem Maß seines Einflusses bestimmt; bestimme der Kommanditist im wesentlichen das Geschäftsgebaren und die Beschlüsse der KG, so stehe er in keinem persönlichen Abhängigkeitsverhältnis und sei nicht versicherungspflichtig. Auch aus dem vom Beschwerdeführer in Fotokopie vorgelegten Zeitungsartikel des Handelsblattes vom 13. November 1984 ergibt sich unschwer, daß die Versicherungspflicht/Versicherungsfreiheit von Kommanditisten einer GmbH & Co KG nach dem Einfluß des Kommanditisten auf die KG zu beurteilen ist und ein Kommanditist dann nicht versicherungspflichtig ist, wenn er über sein Stimmrecht auf die Willensbildung der KG wesentlich einwirken kann.
Der Beschwerdeführer meint, die Revision sei ferner zuzulassen, weil ein Verfahrensmangel vorliege, auf dem das Urteil des LSG beruhen könnte (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG). Der Beschwerdeführer rügt insoweit, daß das Landessozialgericht (LSG) seinem Beweisangebot dafür, daß ein rechtskräftiger Verwaltungsakt der Beigeladenen zu 2) über das Bestehen einer Sozialversicherungspflicht vorliege, nicht gefolgt sei, ohne dies hinreichend zu begründen. Damit ist indes der angebliche Verfahrensmangel nicht ordnungsgemäß iS des § 160a Abs 2 Satz 3 SGG bezeichnet. Hierzu müssen nämlich wie bei der Verfahrensrüge innerhalb einer zugelassenen Revision die den Verfahrensmangel (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nrn 14, 24, 34 und 36). Das ist hier nicht geschehen. Der Beschwerdeführer hat nicht berücksichtigt, daß das Tatsachengericht den Sachverhalt von Amts wegen erforscht, ohne an das Vorbringen oder die Beweisanträge der Beteiligten gebunden zu sein (§ 103 Satz 2 SGG). Das Tatsachengericht bestimmt daher grundsätzlich selbst, welcher Beweismittel es sich bedienen will und begeht einen Aufklärungsmangel (Verletzung des § 103 SGG), indem es einem Beweisantrag nicht folgt, nur dann, wenn es sich veranlaßt sehen mußte, weitere Ermittlungen anzustellen. Ein Aufklärungsmangel ist daher nur dann ausreichend bezeichnet, wenn die Gründe angegeben werden, aus denen heraus sich das LSG von seinem sachlichrechtlichen Standpunkt aus hätte gedrängt sehen müssen, den von ihm nicht erhobenen Beweis zu erheben (vgl BSGE 1, 91, 93; SozR Nr 64 zu § 162 SGG und Nr 14 zu § 103 SGG; BSG SozR 1500 § 160a Nr 34). Eine solche Darlegung ist hier unterblieben. Es kommt daher nicht mehr darauf an, ob der Beschwerdeführer das Beweisangebot, das er noch in der letzten Verhandlung vor dem LSG aufrechterhalten haben muß, ordnungsgemäß bezeichnet hat; insoweit wird darauf hingewiesen, daß entgegen den Angaben in der Beschwerdebegründung Bl 4 der Klagebegründung vom 5. September 1984 kein Beweisangebot enthält und der Hinweis auf S 17 dieser Schrift ebenfalls unrichtig ist, weil die Klagebegründung nur fünf Blätter umfaßt hat.
Entspricht die Begründung der Beschwerde somit nicht den gesetzlichen Anforderungen, muß diese in entsprechender Anwendung des § 169 SGG als unzulässig verworfen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Fundstellen