Entscheidungsstichwort (Thema)
Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung in der Nichtzulassungsbeschwerde
Orientierungssatz
1. Ergibt sich die Antwort auf die gestellten Rechtsfragen unmittelbar aus dem Gesetz, muß zu ihrer Klärungsbedürftigkeit im einzelnen dargelegt werden, von welcher Seite und in welchem Umfang ihre Beantwortung gleichwohl bestritten wird und aus welchen Gründen sie im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig (geblieben) ist. Dazu reicht jedenfalls die Darlegung einer dem Wortlaut des Gesetzes widersprechenden, nicht näher erläuterten Auslegung nicht aus.
2. Zwar kann auch die Frage der Verfassungsmäßigkeit oder Verfassungswidrigkeit einer gesetzlichen Vorschrift die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache rechtfertigen. Seiner Darlegungspflicht aus § 160a Abs 2 S 3 SGG genügt der Beschwerdeführer jedoch in derartigen Fällen nur dann, wenn er im einzelnen vorträgt, welche Norm des GG verletzt ist und auf welchen Gründen diese Verletzung beruht; die bloße Behauptung der Verfassungswidrigkeit reicht hingegen nicht aus. In diesem Fall muß deutlich gemacht werden, gegen welche Vorschrift des GG die genannten Normen verstoßen und woraus sich ihre Verfassungswidrigkeit im einzelnen ergibt.
Normenkette
SGG § 160a Abs 2 S 3
Verfahrensgang
LSG Nordrhein-Westfalen (Entscheidung vom 20.05.1988; Aktenzeichen L 14 An 212/87) |
Gründe
Die Beschwerde ist unzulässig. Die zu ihrer Begründung allein geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ist nicht, wie es § 160a Abs 2 Satz 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) verlangt, hinreichend dargelegt.
Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache dann, wenn sie geeignet ist, die Rechtseinheit zu erhalten oder die Fortbildung des Rechts zu fördern. Daß und warum dies der Fall ist, muß aus der Beschwerdebegründung ersichtlich sein. Dazu gehört auch die Darlegung der Klärungsbedürftigkeit der Rechtssache. Eine Rechtssache und damit die ihr zugrundeliegende Rechtsfrage ist regelmäßig dann nicht klärungsbedürftig, wenn ihre Beantwortung so gut wie unbestritten ist. Der Beschwerdeführer muß daher, um eine Ausnahme darzutun, im einzelnen darlegen, in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die Beantwortung der Rechtsfrage gleichwohl umstritten und inwiefern sie im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig geblieben oder erneut geworden ist (BSG SozR 1500 § 160 Nr 17; Hennig/Danckwerts/König, SGG, § 160 RdNr 7.4.; § 160a RdNr 7.7.7.). Hieran fehlt es.
Der Kläger hält - sinngemäß - die Frage für grundsätzlich bedeutsam, ob bei der Berechnung des Versorgungsausgleichs (bzw der Ermittlung des Wertausgleichs von Rentenanwartschaften iS von § 83 Angestelltenversicherungsgesetz -AVG-) die Gegenüberstellung der während der Ehedauer erworbenen anteiligen Rentenanwartschaften auf das gesamte zurückgelegte Versicherungsleben oder nur auf die konkreten Versicherungsjahre während der Ehe bezogen werden darf, insbesondere, ob auch die vor der Ehe erarbeiteten Werteinheiten und die auf ihrer Grundlage errechnete Rentenbemessungsgrundlage beim Versorgungsausgleich berücksichtigt werden dürfen. Diese Frage ist nicht klärungsbedürftig, weil sich ihre Beantwortung unmittelbar aus dem Gesetz ergibt. Das hat das Landessozialgericht (LSG) unter Zitierung des Wortlauts des § 83 AVG im einzelnen dargelegt. In dieser Bestimmung ist im einzelnen geregelt, wie das auf die Ehezeit entfallene Altersruhegeld zu berechnen ist. Zunächst wird das Altersruhegeld aus allen bis zum fiktiven Versicherungsfall des Alters (Ende der Ehezeit) zurückgelegten Versicherungszeiten ermittelt (§ 83 Abs 1 AVG). Sodann wird das auf die Ehezeit entfallende Altersruhegeld in der Weise festgestellt, daß die Werteinheiten der Ehezeit zu den Werteinheiten des gesamten Altersruhegeldes ins Verhältnis gesetzt werden; mit diesem Verhältniswert ist das gesamte Altersruhegeld zu vervielfältigen (§ 83 Abs 2 AVG). Dies ergibt das auf die Ehezeit entfallende Altersruhegeld.
Ergibt sich mithin die Antwort auf die vom Kläger gestellten Rechtsfragen unmittelbar aus dem Gesetz, hätte zu ihrer Klärungsbedürftigkeit im einzelnen dargelegt werden müssen, von welcher Seite und in welchem Umfang ihre Beantwortung gleichwohl bestritten wird und aus welchen Gründen sie im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig (geblieben) ist. Dazu reicht jedenfalls die Darlegung einer dem Wortlaut des Gesetzes widersprechenden, nicht näher erläuterten Auslegung nicht aus (BSG SozR 1500 § 160a Nr 59). Ebenfalls reicht es nicht aus, daß der Kläger Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der den Versorgungsausgleich regelnden Vorschriften der § 83 AVG, § 1587 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) geltend macht. Zwar kann auch die Frage der Verfassungsmäßigkeit oder Verfassungswidrigkeit einer gesetzlichen Vorschrift die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache rechtfertigen (BSG SozR 1500 § 160a Nr 17). Seiner Darlegungspflicht aus § 160a Abs 2 Satz 3 SGG genügt der Beschwerdeführer jedoch in derartigen Fällen nur dann, wenn er im einzelnen vorträgt, welche Norm des Grundgesetzes (GG) verletzt ist und auf welchen Gründen diese Verletzung beruht; die bloße Behauptung der Verfassungswidrigkeit reicht hingegen nicht aus (BSG SozR 1500 § 160a Nr 11). Der Kläger hätte deshalb im vorliegenden Fall deutlich machen müssen, gegen welche Vorschrift des GG die genannten Normen nach seiner Auffassung verstoßen und woraus sich ihre Verfassungswidrigkeit im einzelnen ergibt. Zu entsprechenden Darlegungen hätte schon deshalb Anlaß bestanden, weil das LSG Gründe für den vom Gesetzgeber in § 83 AVG gewählten Wertausgleich genannt, auf seinen Zusammenhang mit der Rentenformel hingewiesen und ferner ausgeführt hat, aus welchen Gründen es im Falle des Klägers zu einem atypischen Ergebnis gekommen ist. Damit hat sich die Beschwerdebegründung nicht auseinandergesetzt und insbesondere nicht dargelegt, aus welchen Gründen das in seinem Fall erzielte Ergebnis verfassungswidrig ist. Es ist im übrigen vom Bundesverfassungsgericht nicht beanstandet worden, wenn das Bundessozialgericht (BSG) bei einer auf § 160 Abs 2 Nr 1 SGG gestützten Nichtzulassungsbeschwerde Ausführungen dazu verlangt, worin der Beschwerdeführer die für eine Grundrechtsverletzung wesentlichen Sachverhaltsmerkmale erblickt (Beschluß des Bundesverfassungsgericht vom 8. Juni 1982 in SozR 1500 § 160a Nr 45).
Die Beschwerde muß daher entsprechend § 169 SGG als unzulässig verworfen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung von § 193 SGG
Fundstellen