Entscheidungsstichwort (Thema)
Prozesskostenhilfe. Formloser Antrag. Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse. Form. Formular. Beschwerdefrist. Verlängerung. Anhörungsrüge
Leitsatz (redaktionell)
1. Voraussetzung für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist, dass sowohl der (grundsätzlich formlose) Antrag auf Prozesskostenhilfe als auch die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse in der für diese gesetzlich vorgeschriebenen Form, d.h. auf dem durch die Prozesskostenhilfeformularverordnung eingeführten Formular, bis zum Ablauf der Beschwerdefrist eingereicht werden.
2. Der Umstand, dass der Kläger gegen das Urteil beim LSG zunächst eine (nicht statthafte) Anhörungsrüge erhoben hat, verlängert die Beschwerdefrist nicht.
Normenkette
SGG § 64 Abs. 2, § 67 Abs. 1, § 73 Abs. 4, § 73a Abs. 1 S. 1, § 160a Abs. 1 S. 2, § 169 Sätze 2-3; ZPO § 117 Abs. 2, 4, § 121
Verfahrensgang
SG Nürnberg (Entscheidung vom 11.10.2021; Aktenzeichen S 4 R 1020/19) |
Tenor
Der Antrag des Klägers, ihm für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 12. Mai 2022 Prozesskostenhilfe zu bewilligen und Rechtsanwältin T aus N
beizuordnen, wird abgelehnt.
Gründe
I
Der Kläger hat mit einem am 28.8.2022 per Telefax beim BSG eingegangenen Schreiben vom 25.8.2022 einen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) für die Durchführung eines Verfahrens der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Bayerischen LSG vom 12.5.2022 und Beiordnung von Rechtsanwältin T aus N gestellt. Das Urteil des LSG wurde ihm am 26.7.2022 zugestellt, ein Beschluss des LSG vom 22.8.2022 über die Verwerfung einer Anhörungsrüge als unzulässig am 25.8.2022.
II
1. Die Bewilligung von PKH ist abzulehnen. Voraussetzung für die Bewilligung von PKH ist nach der Rechtsprechung des BSG und der anderen obersten Gerichtshöfe des Bundes, dass sowohl der (grundsätzlich formlose) Antrag auf PKH als auch die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse (Erklärung) in der für diese gesetzlich vorgeschriebenen Form (§ 73a Abs 1 Satz 1 SGG, § 117 Abs 2 und 4 ZPO), dh auf dem durch die Prozesskostenhilfeformularverordnung vom 6.1.2014 (BGBl I 34) eingeführten Formular, bis zum Ablauf der Beschwerdefrist eingereicht werden (stRspr; zB BSG Beschluss vom 30.1.2017 - B 5 R 30/16 R - juris RdNr 4; BSG Beschluss vom 13.1.2021 - B 5 R 16/20 BH - juris RdNr 3; jeweils mwN). Das LSG hat den Kläger in den der Entscheidung beigefügten Erläuterungen zur PKH zutreffend darüber informiert, dass sowohl der PKH-Antrag als auch die formgerechte Erklärung bis zum Ablauf der Beschwerdefrist beim BSG eingegangen sein müssen.
Diese Voraussetzung ist hier nicht erfüllt. Der Kläger hat bis zum Ablauf der einmonatigen Beschwerdefrist, die am Freitag, dem 26.8.2022 endete (§ 160a Abs 1 Satz 2, § 64 Abs 2 SGG), weder den Antrag gestellt noch die erforderliche Erklärung vorgelegt. Der Antrag und das im Übrigen unvollständige, nicht unterschriebene Erklärungsformular sind erst am 28.8.2022 und damit nach Ablauf der Beschwerdefrist beim BSG eingegangen. Der Umstand, dass der Kläger gegen das Urteil beim LSG zunächst eine (nicht statthafte) Anhörungsrüge erhoben hat, verlängert die Beschwerdefrist nicht.
Auch mit Blick auf die im Schreiben vom 25.8.2022 erwähnten gesundheitlichen Einschränkungen ist nicht ersichtlich, dass der Kläger iS von § 67 Abs 1 SGG ohne Verschulden verhindert gewesen sein könnte, PKH fristgemäß zu beantragen und die Erklärung rechtzeitig vorzulegen.
2. Da dem Kläger keine PKH zusteht, entfällt zugleich die Möglichkeit der Beiordnung der von ihm benannten Rechtsanwältin im Rahmen der PKH (§ 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 121 Abs 1 ZPO).
Fundstellen
Dokument-Index HI15459347 |