Verfahrensgang
LSG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 20.11.1996) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 20. November 1996 wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
Die gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts (LSG) eingelegte Beschwerde ist zurückzuweisen. Der geltend gemachte Zulassungsgrund iS des § 160 Abs 2 Nr 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) liegt nicht vor.
Der Kläger hält für klärungsbedürftig die Rechtsfrage: „Verstößt § 539 Abs 2 RVO in der durch das BSG erhaltenen Ausformung insoweit gegen Art 3 Abs 1 GG als danach Verwandte 2. Grades, die mit dem „Unternehmer” nicht in häuslicher Gemeinschaft leben, gegenüber nicht verwandten Helfern nur dann Versicherungsschutz genießen, wenn sie je nach Stärke der tatsächlichen verwandtschaftlichen Beziehungen eine größere Arbeitsleistung erbringen müssen, als die nicht verwandten Helfer?”.
Nach § 160 Abs 2 Nr 1 SGG ist die Revision zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Die grundsätzliche Bedeutung ist nur dann anzunehmen, wenn die vom Beschwerdeführer für grundsätzlich gehaltene abstrakte Rechtsfrage für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits im angestrebten Revisionsverfahren klärungsbedürftig, klärungsfähig und entscheidungserheblich ist (BSG SozR 1500 § 160 Nrn 53 und 54; Beschluß des Senats vom 21. Januar 1997 – 2 BU 269/96 –; Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 2. Aufl, 1997, IX, RdNrn 63 ff mwN). Das ist hier nicht der Fall. Die vom Kläger aufgeworfene Rechtsfrage ist nicht klärungsbedürftig iS des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG, weil bereits der Ansatz der Frage im Hinblick auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) unzutreffend ist und sich daher eine Beantwortung von selbst erübrigt. Denn das BSG hat nicht generell über den Versicherungsschutz gemäß § 539 Abs 2 der Reichsversicherungsordnung (RVO) bei Verwandten 2. Grades – sei es in gerader oder etwa in Seitenlinie – die mit dem „Unternehmer” nicht in häuslicher Gemeinschaft leben, befunden.
Nach der gefestigten Rechtsprechung des BSG (vgl BSG SozR 3-2200 § 539 Nr 25; SozR 3-2200 § 548 Nr 20 jeweils mwN) sind gegen Arbeitsunfall Personen versichert, die wie ein nach Abs 1 des § 539 RVO Versicherter tätig werden. Die Anwendung der Vorschrift erfordert eine ernsthafte, dem Unternehmen zu dienen bestimmte und seinem wirklichen oder mutmaßlichen Willen entsprechende Tätigkeit, die ihrer Art nach sonst von Personen verrichtet werden könnte, die in einem dem allgemeinen Arbeitsmarkt zuzurechnenden Beschäftigungsverhältnis stehen, und die unter solchen Umständen geleistet wird, daß sie einer Tätigkeit aufgrund eines Beschäftigungsverhältnisses ähnlich ist. Eines persönlichen oder wirtschaftlichen Abhängigkeitsverhältnisses bedarf es beim Tätigwerden nach § 539 Abs 2 iVm Abs 1 Nr 1 RVO nicht. Dabei kommt es für den Unfallversicherungsschutz auf das Gesamtbild der ausgeübten Tätigkeit im Einzelfall an. Der Versicherungsschutz scheidet nicht bereits deshalb aus, weil er im Tätigwerden zugunsten eines Verwandten erfolgt ist. Denn nach der Rechtsprechung des BSG schließt auch Verwandtschaft bei Freundschafts- und Gefälligkeitsdiensten einen Versicherungsschutz nach § 539 Abs 2 nicht von vornherein aus. Ein Versicherungsschutz nach dieser Vorschrift ist aber nicht gegeben, wenn die unter Verwandten vorgenommene Gefälligkeitshandlung im wesentlichen durch die familiären Beziehungen zwischen den Verwandten geprägt ist. Je enger die verwandtschaftliche Beziehung ist, um so größer ist regelmäßig der Rahmen derjenigen Tätigkeiten, die ihr Gepräge durch das familiäre Band erhalten und deshalb nicht mehr als arbeitnehmerähnlich angesehen werden können. Dabei sind aber jeweils neben der tatsächlichen Stärke der verwandtschaftlichen Beziehungen die gesamten Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen, insbesondere Art, Umfang und Zeitdauer der vorgesehenen Tätigkeit.
Nachdem bereits der Ausgangspunkt der Frage von grundsätzlicher Bedeutung im Hinblick auf die auf das individuelle Gesamtbild des jeweiligen Einzelfalles abstellende Rechtsprechung des BSG zu § 539 Abs 2 RVO unzutreffend ist, liegt der Zulassungsgrund des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG nicht vor.
Ob das LSG die von der Rechtsprechung des BSG zu § 539 Abs 2 RVO entwickelten Grundsätze seiner Entscheidung zutreffend zugrundegelegt hat und in der Sache richtig entschieden hat, ist nicht Gegenstand des Verfahrens über die Nichtzulassungsbeschwerde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (BSG SozR 1500 § 160a Nr 7 sowie Beschluß des Senats vom 29. Juli 1996 – 2 BU 134/96 –).
Die Beschwerde war daher als unbegründet zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Fundstellen