Orientierungssatz

In kassenärztlichen Zulassungsstreitigkeiten bestimmt sich der Geschäftswert nach der Höhe der Bruttoeinnahmen abzüglich der Praxiskosten, die der Bewerber im Fall der Zulassung voraussichtlich im Laufe von etwa fünf bis zehn Jahren erzielen kann.

 

Normenkette

BRAGebO § 116 Abs 2 S 1 Nr 1, § 8 Abs 2 S 2; GKG § 13 Abs 1 S 1

 

Verfahrensgang

SG Stuttgart (Entscheidung vom 11.02.1981; Aktenzeichen 14 Ka 2031/80)

 

Gründe

Nach der Rechtsprechung des Senats bestimmt sich in kassenärztlichen Zulassungsstreitigkeiten der Gegenstandswert für die Berechnung der Rechtsanwaltsgebühren gemäß § 8 Abs 2 Satz 2 der Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte (BRAGebO) nach billigem Ermessen; dabei ist § 13 des Gerichtskostengesetzes (GKG) ergänzend heranzuziehen (BSG SozR 1930 § 8 BRAGebO Nr 2). Das Verfahren der Revision gegen das Urteil des Sozialgerichts (SG) Stuttgart vom 11. Februar 1981 gehört zu den Zulassungsstreitigkeiten, denn es geht um die weitere Zulassung des Beigeladenen zu 1) als Kassenarzt. Die "sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebende Bedeutung der Sache" (§ 13 GKG) entspricht seinem wirtschaftlichen Interesse an der Entscheidung (BSG aaO). Mit der Revision wollen die klagenden Landesverbände der Betriebs- und Ortskrankenkassen erreichen, daß die Zulassung des Beigeladenen zu 1) als Kassenarzt bestehen bleibt. Hinsichtlich der Bedeutung der Sache kann dieses Begehren mit demjenigen eines Arztes auf Zulassung als Kassenarzt vergleichbar erachtet werden.

Der Senat hat in der erwähnten Entscheidung auf die kassenärztlichen Zulassungsstreitigkeiten die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes in anwaltlichen Zulassungssachen übertragen. Danach ist der Geschäftswert in der Regel in Höhe der Einnahmen anzusetzen, die der Bewerber insgesamt aus der Anwaltspraxis im Lauf von etwa fünf bis zehn Jahren voraussichtlich im Fall der Zulassung erzielen kann. Der Senat hat bei der Wertermittlung die Praxisunkosten von den Bruttoeinnahmen abgezogen (BSG aaO).

An seiner Rechtsprechung hält der Senat fest, obwohl die Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit bei Streitigkeiten wegen Erteilung der ärztlichen Berufserlaubnis, Gewerbeuntersagung oder Erteilung oder Rücknahme einer gewerblichen Erlaubnis annehmen, daß die Bedeutung der Sache iS § 13 GKG durch den einfachen Betrag des Jahresgewinns bestimmt werde (OVG Koblenz, NjW 1978, 1212; OVG Münster Gew Arch 1976, 381; so auch Noll, Die Streitwertfestsetzung im Verwaltungsprozeß 1970, 31, 32). Es liegt nahe, die Bedeutung der Sache nach § 13 GKG nach dem einfachen Jahresgewinn zu bestimmen, der nach § 16 GKG auch für Miet-, Pacht- und ähnliche Nutzungsverhältnisse sowie nach § 17 GKG für bestimmte wiederkehrende Leistungen maßgebend ist. Dagegen nimmt § 8 BRAGebO im Absatz 2 Satz 1 weitgehend auf Bestimmungen der Kostenordnung (KostO) Bezug, so auf § 24 Abs 1 und 2 KostO, wo der Wert von wiederkehrenden Nutzungen und Leistungen gerade nicht auf den einfachen Jahresbetrag beschränkt ist.

Der Beigeladene zu 1) hat in den Jahren 1977, 1978 und 1979 insgesamt aus seiner Kassenarzttätigkeit Bruttoeinkünfte abzüglich 50 % Praxisunkosten in Höhe von 115.000,-- DM erzielt. Der Gewinn beläuft sich im Jahr mithin auf 38.333,-- DM. Im Hinblick auf das Alter des 1938 geborenen Klägers wäre die Annahme eines Gegenstandswerts von weniger als dem fünffachen Jahresbetrag nicht gerechtfertigt. Der Senat hält es andererseits für angemessen, diesen Betrag nicht zu überschreiten.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1657026

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