Verfahrensgang
SG Hannover (Entscheidung vom 20.04.2020; Aktenzeichen S 29 P 134/18) |
LSG Niedersachsen-Bremen (Urteil vom 19.10.2022; Aktenzeichen L 12 P 27/20) |
Tenor
Die Anträge des Klägers, ihm einen besonderen Vertreter zu bestellen, sowie, ihm für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 19. Oktober 2022 Prozesskostenhilfe unter Beiordnung eines Rechtsanwalts zu bewilligen, werden abgelehnt.
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem vorstehend bezeichneten Urteil wird als unzulässig verworfen.
Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
I
In dem der Nichtzulassungsbeschwerde zugrunde liegenden Rechtsstreit begehrt der Kläger insbesondere die Bescheidung seines Antrags auf Erlass von Beiträgen zur sozialen Pflegeversicherung. Das SG hat die Untätigkeitsklage abgewiesen. Sie sei bereits unzulässig, weil der Kläger sie vor Ablauf der gesetzlichen 6-Monats-Frist seit der erstmaligen Beantragung des Beitragserlasses erhoben habe (Gerichtsbescheid vom 20.4.2020). Das LSG hat die Berufung zurückgewiesen; zum Zeitpunkt der Entscheidung sei kein hinreichendes Rechtsschutzbedürfnis für das klägerische Begehren erkennbar (Urteil vom 19.10.2022). Der Kläger hat gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem ihm am 7.11.2022 zugestellten Urteil mit mehreren Schreiben, erstmals am 8.11.2022, ua Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt und Prozesskostenhilfe (PKH) unter Beiordnung eines Rechtsanwalts sowie einen "Verfahrenspfleger" beantragt.
II
1. Der Antrag auf Bestellung eines "Verfahrenspflegers" wird entsprechend der im Sozialgerichtsgesetz vorgesehenen Möglichkeiten als Antrag auf Bestellung eines besonderen Vertreters ausgelegt. Nach § 72 Abs 1 SGG kann für einen nicht prozessfähigen Beteiligten ohne gesetzlichen Vertreter bis zum Eintritt eines Vormunds, Betreuers oder Pflegers für das Verfahren ein besonderer Vertreter bestellt werden, dem alle Rechte, außer dem Empfang von Zahlungen, zustehen (vgl hierzu BSG Beschluss vom 14.8.2017 - B 12 KR 103/14 B - juris RdNr 4 mwN). Die Voraussetzungen hierfür liegen nicht vor. An der Prozessfähigkeit fehlt es bei Personen, die sich in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit befinden, sofern nicht der Zustand seiner Natur nach ein vorübergehender ist (§ 104 Nr 2 BGB). Der Senat ist aufgrund seiner Erkenntnisse in einem anderen, durch Senatsbeschluss vom 15.8.2022 abgeschlossenen Verfahren des Klägers (B 12 KR 6/22 BH) und unter Würdigung des vorliegenden Akteninhalts nicht davon überzeugt, dass bei dem Kläger entsprechende Störungen und damit Prozessunfähigkeit vorliegen. Eine Verschlechterung seines Gesundheitszustands ist weder geltend gemacht worden noch ersichtlich.
2. Der Antrag des Klägers auf Bewilligung von PKH und Beiordnung eines Rechtsanwalts ist abzulehnen. Der Kläger hat den erforderlichen Nachweis seiner Bedürftigkeit nicht rechtzeitig erbracht.
PKH kann nur bewilligt werden, wenn eine Partei aufgrund ihrer persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann (§ 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 114 Abs 1 Satz 1 ZPO). Nach der Rechtsprechung sowohl des BSG als auch der anderen obersten Gerichtshöfe des Bundes hat dazu der Beschwerdeführer nicht nur den (grundsätzlich formlosen) Antrag auf PKH, sondern auch die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse (im Folgenden: Erklärung) in der für diese gesetzlich vorgeschriebenen Form (§ 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 117 Abs 2 und 4 ZPO), dh mit dem gemäß § 117 Abs 3 ZPO durch die Prozesskostenhilfeformularverordnung vom 6.1.2014 (BGBl I 34) in neuer Fassung eingeführten Formular, bis zum Ablauf der Beschwerdefrist einzureichen (BSG Beschluss vom 13.4.1981 - 11 BA 46/81 - SozR 1750 § 117 Nr 1 S 2 und Beschluss vom 30.4.1982 - 7 BH 10/82 - SozR 1750 § 117 Nr 3 S 4 f; BVerfG Beschluss vom 20.10.1981 - 2 BvR 1058/81 - SozR 1750 § 117 Nr 2; Beschluss vom 13.4.1988 - 1 BvR 392/88 - SozR 1750 § 117 Nr 6 und Beschluss vom 7.2.2000 - 2 BvR 106/00 - NJW 2000, 3344). Hierauf ist der Kläger in den dem angefochtenen Urteil beigefügten Erläuterungen zur PKH ausdrücklich hingewiesen worden. Er hätte daher die Erklärung innerhalb eines Monats nach der Zustellung des angefochtenen Urteils (§ 160a Abs 1 Satz 2 SGG) bis zum 7.12.2022 vorlegen müssen. Das ist nicht geschehen.
Mit der Ablehnung des Antrags auf Bewilligung von PKH entfällt auch die Beiordnung eines Rechtsanwalts (vgl § 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 121 ZPO).
3. Die von dem Kläger selbst eingelegte Beschwerde entspricht nicht der gesetzlichen Form, da dieses Rechtsmittel nur durch einen vor dem BSG zugelassenen Prozessbevollmächtigten eingelegt werden kann (§ 73 Abs 4 SGG). Die nicht formgerecht eingelegte Beschwerde ist daher durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter als unzulässig zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 Satz 2 und 3 SGG).
4. Die Kostenentscheidung für das Beschwerdeverfahren beruht auf entsprechender Anwendung des § 193 SGG.
Fundstellen
Dokument-Index HI15946069 |