Entscheidungsstichwort (Thema)
Sachkunde der Richter. rechtliches Gehör
Orientierungssatz
Es liegt keine Verletzung des rechtlichen Gehörs vor, wenn das Berufungsgericht in der mündlichen Verhandlung nicht auf die Sachkunde verwiesen hat. Das LSG braucht, nachdem es in der (aufgrund der mündlichen Verhandlung erfolgten) Beratung die Sachkunde der ehrenamtlichen Richter für ausreichend angesehen hat, jedenfalls hier die mündliche Verhandlung nicht wieder zu eröffnen, um die erschienenen Beteiligten hierüber zu unterrichten.
Normenkette
SGG § 62
Verfahrensgang
Bayerisches LSG (Entscheidung vom 25.11.1987; Aktenzeichen L 12 Ka 34/85) |
Gründe
Dem als Internisten an der Ersatzkassenpraxis beteiligten Kläger wurde das Ersatzkassenhonorar für das Quartal III/81 wegen unwirtschaftlicher Behandlungsweise gekürzt.
Die Kürzung erfolgte bei den Sonderleistungen, die er um 200,07 % überschritten hatte, mit 30 % (Kürzungsbetrag: 5.859,32 DM). Klage und Berufung hatten keinen Erfolg.
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht ist nicht begründet.
1. Unter Ziffer 1 seiner Beschwerdebegründung hat der Kläger keine hinreichende Begründung eines der drei Zulassungsgründe des § 160 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) gegeben. Welcher konkrete Verfahrensfehler vorliegen soll, wurde weder unter Angabe der Verfahrensbestimmung noch unter entsprechender Auseinandersetzung mit den Urteilsgründen dargetan.
2. Unter Ziffer 2 wird mit der Behauptung, es lägen Abweichungen zur Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) vor, lediglich gerügt, das Landessozialgericht (LSG) sei den Verfahrensanforderungen des BSG nicht gefolgt. Weder werden die Voraussetzungen einer Divergenz nach § 160 Abs 2 Nr 2 SGG vorgetragen, noch wird ein hinreichend begründeter Verfahrensmangel nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG geltend gemacht.
3. Das gilt auch hinsichtlich der Rüge, das LSG habe das Vorliegen offenkundiger Praxisbesonderheiten verneint.
4. Soweit der Kläger "Mängel in der Entscheidungsbegründung" rügt (vgl Bl 18), wird keiner der drei Nichtzulassungsgründe des § 160 Abs 2 SGG begründet, sondern lediglich Begründungskritik geübt.
5. Soweit der Kläger eine Versagung des rechtlichen Gehörs rügt, wird letztlich bloß vorgebracht, daß das LSG dem Vorbringen und der Argumentation des Klägers nicht gefolgt sei. Ein rechtlicher Verstoß gegen § 62 SGG (Rechtliches Gehör) wurde damit aber nicht geltend gemacht. Soweit er rügt, das LSG habe in der mündlichen Verhandlung nicht auf die im Urteil behauptete Sachkunde verwiesen, liegt keine Verletzung des § 62 SGG vor. Das LSG brauchte, nachdem es in der (aufgrund der mündlichen Verhandlung erfolgten) Beratung die Sachkunde der ehrenamtlichen Richter für ausreichend angesehen hatte, jedenfalls hier die mündliche Verhandlung nicht wieder zu eröffnen, um die erschienenen Beteiligten hierüber zu unterrichten. Soweit der Kläger dazu vorbringt, das LSG habe auch nicht näher ausgeführt, worauf seine Sachkunde beruhe, liegt jedenfalls keine Verletzung des § 62 SGG vor. Schließlich rügt der Kläger als Verletzung des rechtlichen Gehörs den Umstand, daß das LSG erstmals festgestellt habe, die gastroskopischen und proktoskopischen Leistungen seien nur in 14 Behandlungsfällen abgerechnet worden. Der Kläger führt aber selbst aus, daß diese Zahl jedenfalls hinsichtlich der proktoskopischen Leistungen zutreffe und in der Häufigkeitsstatistik, auf die das Urteil Bezug nimmt, auch aufgeführt wurde. Bei der vom Kläger behaupteten Übertragung dieser Zahl auch auf die gastroskopischen Leistungen handelt es sich unter diesen Umständen aber um keine Verletzung des rechtlichen Gehörs.
6. Soweit der Kläger rügt, das LSG habe hinsichtlich des geltend gemachten verminderten Rentneranteils weiter aufklären müssen, fehlt es schon an der Darlegung eines speziell hierauf gerichteten Beweisantrages. Dem Vorbringen entnimmt der Senat aber eine Divergenzrüge. Es kann dahingestellt bleiben, ob das LSG insoweit überhaupt einen Rechtssatz aufgestellt hat. Die Divergenzrüge greift jedenfalls deshalb nicht durch, weil der Kläger nicht ausreichend dargelegt hat, warum das Urteil des LSG auf der behaupteten Abweichung beruht. Sein Vorbringen, bei gewichteter Überprüfung des Rentneranteils hätte sich eine nicht mehr zu beanstandende Überschreitung des Fachgruppendurchschnitts ergeben, ist im einzelnen nicht nachvollziehbar, auch nicht im Zusammenhang mit den im Tatbestand des Berufungsurteils wiedergegebenen Ausführungen, der unterdurchschnittliche Rentneranteil wirke sich bei den Sonderleistungen erhöht aus, weil Rentner zwar mehr Arztkosten verursachten als Mitglieder, im allgemeinen aber altersbedingte und chronische Leiden hätten. Auf einer Abweichung vom Urteil des BSG vom 18. Mai 1983 - 6 RKa 18/80 (KVRS A - 6100/6) - könnte das Berufungsurteil nur beruhen, wenn es aufgrund der Feststellungen des LSG und seiner Rechtsauffassung ohne die Abweichung möglicherweise zu einer anderen Entscheidung gekommen wäre. Deshalb muß der Beschwerdeführer jedenfalls auf solche Feststellungen und rechtlichen Ausführungen des Berufungsurteils eingehen, die der Entscheidungserheblichkeit der Abweichung in offensichtlicher Weise entgegenstehen können. Das hat der Kläger nicht getan. Im Berufungsurteil heißt es, daß der Kläger bei den Rentnern durchweg die Nummern 406, 407, 651 und 685 E-GO zur Abrechnung gebracht habe. Diese Leistungsnummern enthalten die jeweils aufwendigeren Ultraschall-, elektrokardiographischen und gastroskopischen Untersuchungen. Deshalb hätte es einer genaueren Darlegung bedurft, warum gerade in der Praxis des Klägers die Überschreitungen bei den Sonderleistungen (einschließlich der von der Beschwerdekommission gerade als unwirtschaftlich hervorgehobenen, oben genannten Untersuchungen) durch einen niedrigeren Rentneranteil bedingt sein sollen.
7. Soweit der Kläger rügt, daß das LSG sogenannte ungezielte Überweisungen nicht als Praxisbesonderheit ansehe, enthalten seine Ausführungen lediglich urteilskritische Bemerkungen, jedoch keine hinreichende Darlegung einer der drei Zulassungsgründe des § 160 SGG.
8. Das gilt auch vom Vorbringen zur Frage der Kausalität zwischen dem Mehraufwand und dem behaupteten Minderaufwand bei Arzneimitteln,
9. ebenso wie von dem Vorbringen, das LSG habe die Grenzen des Ermessensspielraumes der Beschwerdekommission verkannt, indem es deren Herabsetzung des Kürzungsbetrages von 50 % auf 30 % toleriert habe, obwohl dieser Entscheidung die erforderliche und nachvollziehbare Begründung gefehlt habe. Der Kläger hat auch hier nicht vorgebracht, ob eine Divergenz zwischen sich widerstreitenden Rechtssätzen vorliegt bzw worin der nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG zulassungsberechtigende Verfahrensfehler liegen soll.
Ausführungen darüber, inwiefern das Urteil rechtlich angreifbar sein soll, entsprechen möglicherweise den Anforderungen der Revisionsbegründung nach § 164 Abs 2 SGG, damit nicht aber zwingend auch den Anforderungen der Beschwerdebegründung nach den §§ 160a Abs 2, 160 Abs 2 SGG.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Fundstellen