Entscheidungsstichwort (Thema)
Klärungsbedürftigkeit der Rechtssache bei Prozeßvergleich
Orientierungssatz
Zur Frage der Klärungsbedürftigkeit einer Rechtsfrage, wenn Auslegungsgrundsätze eines Urteils des Bundessozialgerichts auf einen Verwaltungsakt angewandt werden, der auf einem Prozeßvergleich beruht.
Normenkette
SGG § 160a Abs 2 S 3
Verfahrensgang
LSG Baden-Württemberg (Entscheidung vom 03.12.1987; Aktenzeichen L 12 V 3393/85) |
Gründe
Die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde entspricht nicht der in § 160 Abs 2 und § 160a Abs 2 Satz 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) festgelegten gesetzlichen Form. Sie war deshalb entsprechend §§ 169, 193 SGG ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter zu verwerfen (BVerfG SozR 1500 § 160a Nr 30).
Wenn ein Beschwerdeführer als Zulassungsgrund § 160 Abs 2 Nr 1 SGG nennt und behauptet, die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung, ist der Zulassungsgrund nach ständiger Rechtsprechung erst dann so "dargelegt" und "bezeichnet", wie dies § 160a Abs 2 Satz 3 SGG verlangt, wenn die Zulassungsgründe auch schlüssig dargetan sind: Zur Begründung der Grundsätzlichkeit der Rechtssache muß erläutert werden, daß und warum in dem angestrebten Revisionsverfahren eine Rechtsfrage erheblich sein würde, die über den Einzelfall hinaus allgemeine Bedeutung hat (vgl BVerfG SozR 1500 § 160a Nr 44; BSG SozR 1500 § 160 Nr 39). Das ist dann zu bejahen, wenn die Entscheidung der Frage im allgemeinen Interesse liegt, weil das Recht fortentwickelt oder vereinheitlicht wird. Es muß auch dargetan werden, daß die Rechtsfrage klärungsbedürftig und klärungsfähig ist. Dazu sind Ausführungen erforderlich, inwiefern die Beantwortung der Frage zweifelhaft und im angestrebten Revisionsverfahren entscheidungserheblich ist (BSG SozR 1500 § 160a Nr 60 mwN). Diese Erfordernisse betreffen die gesetzliche Form iS des § 169 Satz 1 SGG (vgl BVerfG SozR 1500 § 160a Nr 48).
Die Beschwerde ist in diesem Sinn nicht formgerecht begründet. Als klärungsbedürftig wird zunächst die Rechtsfrage bezeichnet, ob aus der Höhe der Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) Schlüsse auf den Ursachenzusammenhang zwischen Schädigungsfolgen und Gesundheitsstörungen zulässig sind, ohne daß dargelegt wird, daß diese Rechtsfrage für den vorliegenden Fall von Bedeutung ist. In Wahrheit greift der Beschwerdeführer insoweit einen Teil der Beweiswürdigung des Berufungsgerichts an; es handelt sich somit um eine Rüge der Verletzung des § 128 Abs 1 Satz 1 SGG, auf die aber die Beschwerde nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG nicht gestützt werden kann. Es fehlt an einer Darlegung dazu, daß bei zugelassener Revision im vorliegenden Streitfall auch das Revisionsgericht diese Frage zu entscheiden hätte.
Als ebenfalls klärungsbedürftig hat der Beschwerdeführer die Rechtsfrage bezeichnet, ob die Auslegungsgrundsätze in BSGE 11, 57 auch dann Gültigkeit haben, wenn die Anerkennung der Schädigungsfolgen durch gerichtlichen Vergleich erfolgt. Angesichts der Tatsache, daß die genannte Rechtsprechung zur Auslegung von Verwaltungsakten mangels entgegenstehender Meinungen selbst nicht klärungsbedürftig ist (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 13) und es an einer Darlegung dazu fehlt, warum nicht auch gerichtliche Vergleiche, also vertragliche Vereinbarungen gerichtlicher Auslegung fähig sein sollten, mangelt es insbesondere an Ausführungen dazu, worin im vorliegenden Fall der grundsätzlich neue Aspekt im Verhältnis zu BSGE 11, 57 und die hierzu ergangene Folgerechtsprechung gesehen werden könnte. Denn im vorliegenden Fall war zwar ein auf einem Prozeßvergleich beruhender Verwaltungsakt zu beurteilen; dieser das Verfahren beendende Vergleich war jedoch dadurch zustandegekommen, daß im Verlauf eines Rechtsstreits der Beklagte weitere Gesundheitsstörungen - genau wie im später ausführenden Verwaltungsakt - anerkannt und der Kläger sich damit zufrieden gegeben hat. Es wären daher Ausführungen dazu erforderlich gewesen, inwiefern gerade im vorliegenden Fall die Beantwortung der gestellten Frage zweifelhaft erscheinen kann. Daran fehlt es.
Fundstellen