Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Höherbewertung von Ersatzzeiten nach Art 2 § 55 ArVNG

 

Orientierungssatz

Bei den beitragslosen Zeiten spielt es keine Rolle, ob während des Wehrdienstes auch Unterkunft und Verpflegung gewährt wurde. Nicht der Wert des Wehrdienstes wird angerechnet, sondern der Wert der ausgefallenen Zeit, während der der Versicherte hätte beitragspflichtig tätig sein können.

 

Normenkette

ArVNG Art 2 § 55 Abs 2

 

Verfahrensgang

Schleswig-Holsteinisches LSG (Entscheidung vom 01.12.1988; Aktenzeichen L 3 J 85/88)

 

Gründe

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts (LSG) vom 1. Dezember 1988 ist unzulässig, weil der Kläger seine Beschwerde nicht substantiiert begründet hat.

Die Revision kann nur aus den in § 160 Abs 2 Nrn 1 bis 3 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) genannten Gründen - grundsätzliche Bedeutung, Divergenz oder Verfahrensfehler - zugelassen werden. Der Kläger hat sich auf grundsätzliche Bedeutung berufen. In der Begründung muß jedoch die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache "dargelegt" werden (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG). Das ist nicht hinreichend geschehen.

Von grundsätzlicher Bedeutung ist eine Rechtsfrage dann, wenn sie über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung besitzt. Sie muß also der Verallgemeinerung fähig sein, und die Entscheidung muß im allgemeinen Interesse liegen, weil durch sie das Recht oder die Rechtsanwendung fortentwickelt oder vereinheitlicht wird. Eine Rechtsfrage und damit die von ihr geprägte Rechtssache kann nur dann grundsätzliche Bedeutung haben, wenn sie klärungsbedürftig ist, wenn also die Beantwortung der Rechtsfrage nicht völlig klar ist, insbesondere, wenn die Beantwortung der Rechtsfrage umstritten ist. Zur Klärungsbedürftigkeit der Rechtsfrage ist im einzelnen darzulegen, in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die Beantwortung der Rechtsfrage umstritten ist (BSG SozR 1500 § 160 Nr 17). Der Kläger hält es für unklar, ob bei den Ersatzzeiten wegen Wehrdienst Sachbezüge wie Unterkunft und Verpflegung gem Artikel 2 § 55 Arbeiterrenten-Versicherungsneuregelungsgesetz (ArVNG) zu einer höheren Bewertung dieser Zeiten führen. Diese Frage ergibt sich indessen eindeutig aus dem Gesetz. Nach Artikel 2 § 55 Abs 2 ArVNG sind Sachbezüge anzurechnen, wenn der Versicherte "für eine versicherungspflichtige Beschäftigung neben Barbezügen im wesentlichen Umfang Sachbezüge erhalten hat". Schon aus dem Wortlaut geht hervor, daß Sachbezüge nur bei einer versicherungspflichtigen Beschäftigung eine Rolle spielen, nicht aber bei Ersatzzeiten. Es folgt auch aus der Systematik des Gesetzes. Denn wie das LSG zu Recht ausgeführt hat, sind zwar Beitragszeiten und Ersatzzeiten Versicherungszeiten (§ 1250 Reichsversicherungsordnung -RVO-). Jedoch ist ihre Bewertung unterschiedlich geregelt, nämlich der Beitragszeiten in § 1255 RVO und der beitragslosen Zeiten in § 1255a RVO. Nur bei den Beitragszeiten spielt es eine Rolle, welchen Wert sie tatsächlich im Einzelfall gehabt haben, während den beitragslosen Zeiten nach dem Gesetz feste Werte zugeschrieben werden. Bei den letzteren kann es deshalb keine Rolle spielen, ob während des Wehrdienstes auch Unterkunft und Verpflegung gewährt wurde. Nicht der Wert des Wehrdienstes wird angerechnet, sondern der Wert der ausgefallenen Zeit, während der der Versicherte hätte beitragspflichtig tätig sein können. Der Kläger hat damit die Klärungsbedürftigkeit der Sache nicht dargetan.

Die Beschwerde des Klägers ist damit unzulässig und durch Beschluß ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter zu verwerfen (§ 202 SGG iVm § 574 Zivilprozeßordnung und § 169 SGG analog; vgl BSG SozR 1500 § 160a Nrn 1, 5; BVerfG aaO Nr 30).

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1655065

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