Verfahrensgang
SG Hamburg (Entscheidung vom 01.07.2021; Aktenzeichen S 50 KR 2013/20) |
LSG Hamburg (Urteil vom 09.06.2022; Aktenzeichen L 1 KR 73/21) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Landessozialgerichts Hamburg vom 9. Juni 2022 wird als unzulässig verworfen.
Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
I
In dem der Nichtzulassungsbeschwerde zugrunde liegenden Rechtsstreit streiten die Beteiligten um die Erhebung von Beiträgen auf Einnahmen des Klägers aus einer sogenannten Rürup-Rentenversicherung für die Zeit ab dem 1.4.2018.
Der Kläger ist Rentner und bei der Beklagten freiwillig krankenversichert. Er bezieht über ein Versorgungswerk eine Altersrente und eine Zusatzrente von der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder. Daneben erhält er seit dem 1.4.2018 eine sogenannte Rürup-Rente von einem Lebensversicherungsunternehmen in Höhe von monatlich 136,86 Euro, seit dem 1.4.2020 in Höhe von monatlich 140,91 Euro. Die Beitragsbemessungsgrenze wird nicht erreicht. Die Beklagte zog auch die Zahlungen der Rürup-Rente in voller Höhe zu Beiträgen heran (Bescheide vom 24.1.2020, 19.5.2020 und 12.6.2020) und wies die Widersprüche des Klägers zurück (Widerspruchsbescheid vom 6.8.2020).
Das SG hat die Klage abgewiesen. Bei freiwillig Versicherten richte sich die Beitragsbemessung nach der gesamten wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. Die Rürup-Rente stehe dem Kläger insgesamt und nicht nur in Höhe des Kapitalertrags für den Lebensunterhalt zur Verfügung und präge insofern wesentlich seine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit. Das ergebe sich auch aus den grundsätzlich verfassungskonformen Beitragsverfahrensgrundsätzen Selbstzahler. Die beitragsrechtliche Ungleichbehandlung von Pflichtversicherten und freiwillig Versicherten unterliege keinen verfassungsrechtlichen Bedenken (Gerichtsbescheid vom 1.7.2021).
Das LSG hat das Verfahren gemäß § 153 Abs 5 SGG auf den Berichterstatter übertragen (Beschluss vom 19.11.2021) und die Berufung unter Mitwirkung ehrenamtlicher Richter und Bezugnahme auf die Ausführungen des SG zurückgewiesen. Hinsichtlich des ineinandergreifenden Normenkomplexes des SGB V und VI bestünden keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Zweifel (Urteil vom 9.6.2022).
Mit der Beschwerde wendet sich der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des LSG.
II
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in der angefochtenen Entscheidung des LSG ist als unzulässig zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 Satz 2 und 3 SGG). Der Kläger hat entgegen § 160a Abs 2 Satz 3 SGG die geltend gemachten Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) und des Verfahrensmangels (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG) nicht hinreichend dargelegt oder bezeichnet.
1. Bei Geltendmachung des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache muss die Beschwerdebegründung ausführen, welche Rechtsfrage sich ernsthaft stellt, deren Klärung über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung im allgemeinen Interesse erforderlich (Klärungsbedürftigkeit) und durch das Revisionsgericht zu erwarten (Klärungsfähigkeit) ist (stRspr; vgl nur BSG Beschluss vom 17.4.2012 - B 13 R 347/11 B - SozR 4-2600 § 72 Nr 5 RdNr 17; BSG Beschluss vom 28.1.2019 - B 12 KR 94/18 B - juris RdNr 6 mwN). Wird mit der Beschwerde die Frage nach einem Grundrechtsverstoß aufgeworfen, hat sie unter Einbeziehung der einschlägigen Literatur und Rechtsprechung - insbesondere des BVerfG, aber auch des BSG - im Einzelnen aufzuzeigen, woraus sich im konkreten Fall die Verfassungswidrigkeit ergeben soll. Dazu müssen der Bedeutungsgehalt der infrage stehenden einfachgesetzlichen Normen aufgezeigt, die Sachgründe ihrer jeweiligen Ausgestaltung erörtert und die Verfassungsverletzung dargelegt werden. Die Beschwerdebegründung darf sich im Fall einer aufgeworfenen verfassungsrechtlichen Frage nicht darauf beschränken, die Verfassungswidrigkeit zu behaupten und die als verletzt angesehenen Normen des GG zu benennen (vgl BSG Beschluss vom 30.4.2015 - B 10 EG 17/14 B - juris RdNr 5 mwN; BSG Beschluss vom 24.5.2017 - B 1 KR 79/16 B - juris RdNr 7 mwN).
Im Rahmen der Klärungsbedürftigkeit ist zudem darzulegen, inwieweit sich weder aus den gesetzlichen Bestimmungen noch aus der Rechtsprechung des BVerfG und des BSG hinreichende Anhaltspunkte zur Beantwortung der aufgeworfenen Rechtsfrage ergeben. Auch wenn eine Rechtsfrage noch nicht ausdrücklich höchstrichterlich entschieden worden ist, so ist sie als geklärt anzusehen, wenn schon eine oder mehrere höchstrichterliche Entscheidungen ergangen sind, die ausreichende Anhaltspunkte auch zur Beurteilung der von der Beschwerde als grundsätzlich herausgestellten Rechtsfrage geben (stRspr; vgl BSG Beschluss vom 21.1.1993 - 13 BJ 207/92 - SozR 3-1500 § 160 Nr 8 S 17 sowie BSG Beschluss vom 31.3.1993 - 13 BJ 215/92 - SozR 3-1500 § 146 Nr 2 S 6). Ist die Frage bereits höchstrichterlich entschieden, ist im Regelfall von einer Klärung auszugehen (vgl BSG Beschluss vom 19.11.2019 - B 3 P 17/18 B - juris RdNr 9; B. Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt, SGG, 14. Aufl 2023, § 160 RdNr 8 mwN). Die Darlegung eines erneuten Klärungsbedarfs erfordert Ausführungen, die substantiiert aufzeigen, dass der Entscheidung in nicht geringem Umfang widersprochen wird oder neue Entwicklungen in der Rechtsprechung oder im Schrifttum eine erneute Klärung erforderlich machen (vgl B. Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt, SGG, 14. Aufl 2023, § 160 RdNr 8b sowie § 160a RdNr 14g, jeweils mwN).
Der Kläger wirft folgende Frage auf:
"Ist es mit dem Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar, dass bei freiwillig versicherten Mitgliedern einer gesetzlichen Krankenkasse Einnahmen aus einer (auch) aus eigenen Mitteln erworbenen privaten Rentenversicherung mit dem gesamten Zahlbetrag i.R.d. § 240 SGB V bei der Beitragsbemessung zu berücksichtigen sind, wohingegen diese Einnahmen bei gesetzlich Krankenversicherten gemäß § 229 Abs. 1 S. 1 Nr. 5, 2. Hs., Var. 2 SGB V außer Betracht zu bleiben haben?"
Der Kläger führt selbst Rechtsprechung zur Klärung der aufgeworfenen Frage sowohl des BSG (auf S 21 f der Beschwerdebegründung: zB "Urt. v. 04.06.1981, 8/8a RK 10/80, BSGE 52, 32 (33)" - "Urteil vom 23.11.1992 (12 RK 8/92, NZS 1993, 360 (361 f.); s. ferner BSG, Urt. v. 06.11.1997, 12 RP 3/96, NZS 1998, 291 (293)" - "BSG, Urt. v. 30.11.2016, B 12 KR 6/15 R, BeckRS 2016, 118048 Rn. 29, m.w.N." ua) als auch des BVerfG (auf S 19 der Beschwerdebegründung: "BVerfG, Beschl. v. 03.02.1993, 1 BvR 1920/92, BeckRS 1993, 8395, Rn. 7, m.w.N.") an. Er beruft sich aber auf neue Gesichtspunkte bezüglich einer Verletzung des Gleichheitssatzes, die eine erneute Klärung erforderlich machten. Seine diesbezüglichen Ausführungen genügen allerdings den Darlegungsanforderungen an einen erneuten Klärungsbedarf nicht.
Der Senat hat bereits wiederholt entschieden, dass die beitragsrechtliche Ungleichbehandlung von Pflichtversicherten und freiwillig Versicherten grundsätzlich keinen verfassungsrechtlichen Bedenken unterliegt (zuletzt mit Beschluss vom 30.1.2023 - B 12 KR 25/22 BH - juris RdNr 9; vgl auch BSG Urteil vom 10.10.2017 - B 12 KR 16/16 R - SozR 4-2500 § 240 Nr 32 RdNr 24; BSG Urteil vom 30.11.2016 - B 12 KR 6/15 R - SozR 4-2500 § 224 Nr 2 RdNr 29 mwN; BSG Urteil vom 27.1.2010 - B 12 KR 28/08 R - SozR 4-2500 § 240 Nr 13 RdNr 18; BSG Beschluss vom 4.4.2018 - B 12 KR 99/17 B - juris RdNr 8). Er hat insoweit darauf hingewiesen, dass das Gesetz typisierend von einer geringeren Schutzbedürftigkeit der freiwillig versicherten Mitglieder im Vergleich zu Pflichtversicherten ausgehe (vgl zB BSG Urteil vom 30.11.2016 - B 12 KR 6/15 R - SozR 4-2500 § 224 Nr 2 RdNr 29 mwN) und ihnen im Hinblick darauf einen adäquaten Beitrag für den Krankenversicherungsschutz selbst dann abverlangen dürfe, wenn sie nur ein geringes oder überhaupt kein Einkommen haben (vgl zB BSG Urteil vom 18.2.1997 - 1 RR 1/94 - SozR 3-2500 § 240 Nr 29 = juris RdNr 14). Insbesondere ist die Ungleichbehandlung mit gesetzlich versicherten Rentnern, die die erforderlichen Vorversicherungszeiten für die KVdR erfüllen, verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Denn diese Personen waren eine angemessene Zeit in der GKV versichert und damit am Solidarausgleich für die KVdR ausreichend beteiligt (vgl BSG Urteil vom 4.9.2013 - B 12 KR 13/11 R - SozR 4-2500 § 5 Nr 21 RdNr 46 mwN).
Das BVerfG hat insoweit ausgeführt, dass "bei den freiwillig Versicherten nicht nur Versorgungsbezüge, also Einnahmen, die unmittelbar auf ein früheres Beschäftigungsverhältnis oder auf frühere Erwerbstätigkeit zurückzuführen sind, sowie Arbeitseinkommen bei der Beitragsberechnung die allein maßgebende Grundlage ist, sondern bei der beitragsmäßigen Leistungsfähigkeit nach § 240 Abs 1 Satz 2 SGB V auch Einnahmen auf Grund betriebsfremder privater Eigenvorsorge, wie Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung sowie aus Kapitalvermögen, berücksichtigt werden, entspricht dem die gesetzliche Krankenversicherung beherrschenden Solidaritätsprinzip, die Versicherten nach Maßgabe ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zu Beiträgen heranzuziehen" (BVerfG Kammerbeschluss vom 3.2.1993 - 1 BvR 1920/92 = SozR 3-2500 § 240 Nr 11- juris RdNr 7).
Auch mit seinen weiteren Ausführungen zur behaupteten erneuten Klärungsbedürftigkeit genügt die Beschwerdebegründung den Zulässigkeitsanforderungen nicht.
a) Der Kläger führt aus, ein erneuter Klärungsbedarf ergäbe sich, weil auch für pflichtversicherte Mitglieder generalisierend davon ausgegangen werde, die der Beitragspflicht unterworfenen Einnahmen deckten ihre gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit ab. Insoweit stützt er seine Argumentation auf Rechtsprechung (auf S 24 der Beschwerdebegründung zitiert er aus: "Beschluss des BVerfG vom 06.12.1988 (2 BvL 18/84, NVwZ 1989, 547 (548), unter B. II. 1.; s. ferner BVerfG, Beschl. v. 28.02.2008, 1 BvR 2137/06, NZS 209, 91 (92), Rn. 24"; auf S 25 der Beschwerdebegründung gibt er an: "Urteil des BSG vom 26.03.1996 (12 RK 5/95, NZS 1996, 429 (432 a.E.)" sowie "BSG, Urt. v. 24.11.1992, 12 RK 8/92, NZS 1993, 360 (362)"). Diese war allerdings bereits bekannt, als das BSG in den oben genannten Entscheidungen weiterhin eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung verneint hat. Neue, zur Zeit der bisherigen ständigen Rechtsprechung noch nicht bekannte und daher unberücksichtigt gebliebene Gesichtspunkte oder neue Entwicklungen tatsächlicher oder rechtlicher Art werden damit nicht aufgezeigt.
Mit der vom Kläger gezogenen rechtlichen Schlussfolgerung, dass sich deshalb eine Ungleichbehandlung aus dem Wortlaut des § 240 Abs 1 Satz 1 und 2 SGB V nicht rechtfertigen lasse, wird lediglich seine Rechtsansicht, nicht aber ein erneuter Klärungsbedarf der bereits vom BSG geklärten Rechtsfrage dargelegt. Insbesondere lassen die Ausführungen jegliche Auseinandersetzung mit der Argumentation des Senats vermissen. Ihnen lässt sich nicht entnehmen, die Argumentation des Senats könnte inzwischen überholt sein.
b) Das gleiche gilt, soweit der Kläger den Grundsatz der Solidarität und die höhere Schutzbedürftigkeit anführt. Auch in diesem Zusammenhang werden keine neuen Gesichtspunkte oder neue Entwicklungen in der Rechtsprechung oder im Schrifttum dargelegt. Vielmehr führt der Kläger aus, das Recht auf Zugang zur Sozialversicherung würde konterkariert, wenn die Beitragszahlung nicht mehr angemessen sei und es erschließe sich nicht, warum die besondere Schutzbedürftigkeit der Versicherungspflichtigen eine höhere Verbeitragung der freiwillig Versicherten in Bezug auf die aus Eigenmitteln finanzierte private Altersversorgung rechtfertigen solle. Für freiwillige Mitglieder wie für Pflichtversicherte sei gleichermaßen in erster Linie die Leistungsfähigkeit von Bedeutung. Solidarität werde vornehmlich dadurch hergestellt, dass die leistungsfähigeren Mitglieder der GKV höhere Beiträge zu entrichten hätten als die einkommensschwachen Mitglieder. Eine erneute Klärungsbedürftigkeit wird dadurch nicht ersichtlich. Die Behauptung einer unangemessenen Beitragsbelastung freiwilliger Mitglieder wird in keiner Weise untermauert. Eine Auseinandersetzung mit der Argumentation der bereits ergangenen Senatsrechtsprechung findet nicht statt.
Soweit der Kläger unter Bezugnahme auf den Beschluss des BVerfG vom 15.3.2000 (1 BvL 16/96 - BVerfGE 102, 68 = SozR 3-5405 Art 56 Nr 6 = NJW 2000, 2730) ausführt, das BVerfG habe sich "kritisch hinsichtlich der unterschiedlichen Verbeitragung von Versorgungsbezügen bei Pflichtversicherten und freiwillig Versicherten geäußert und darauf hingewiesen, dass die Einkommenssituation auch der Pflichtversicherten in einem keinesfalls unwesentlichen Umfang durch Versorgungsbezüge bestimmt wird und sich in dieser Hinsicht nicht wesentlich von der der freiwillig Versicherten unterscheidet", wird auch daraus kein erneuter Klärungsbedarf ersichtlich. Es fehlt nicht nur an einer hinreichenden Auseinandersetzung mit den Ausführungen in diesem Beschluss zum Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers bei einer Neuregelung des Zugangs der Rentner zur GKV und/oder deren beitragsrechtlichen Folgen, sondern es fehlt insbesondere an hinreichenden Darlegungen zu den aufgrund dieser Entscheidung vorgenommenen Gesetzesänderungen und einer Befassung damit, inwieweit diese den Vorgaben des BVerfG nicht genügen.
c) Ein erneuter Klärungsbedarf wird auch nicht dadurch aufgezeigt, dass der Kläger ausführt: "Das gleichsam angeführte Risiko, dass Pflichtversicherte die Krankenversicherung der freiwilligen Mitglieder finanzieren, was der besonderen Schutzbedürftigkeit der zweitgenannten Gruppe zuwiderlaufen würde (BSG Urt. v. 07.11.1991, 12 RK 37/90, BSGE 70, 13 (19 f.)), besteht nicht." Den Ausführungen lässt sich eine von der Senatsrechtsprechung abweichende Ansicht des Klägers entnehmen; sie enthalten aber keinen Hinweis auf neue gesellschaftliche Entwicklungen, Änderungen der Lebensverhältnisse, neue verfassungsrechtliche Gesichtspunkte oder neuere Entwicklungen in Rechtsprechung oder Literatur, die Anlass zu einer Neuinterpretation geben könnten.
d) Schließlich vermag auch der Hinweis des Klägers auf die wegen des inzwischen erforderlichen Nachweises einer anderweitigen Absicherung im Krankheitsfall eingeschränkten oder erschwerten Kündigungsmöglichkeiten keinen erneuten Klärungsbedarf aufzuzeigen. Der Kläger stellt insoweit keine Verbindung zu der Rechtsprechungslinie des Senats her und legt nicht dar, dass oder inwieweit diese Änderung in Bezug auf die Differenzierung zwischen freiwillig und Pflichtversicherten von solcher Bedeutung sein könnte, dass sie eine erneute Befassung des Senats erforderlich machen würde. Schließlich führt der Kläger selbst aus, dass freiwillig Versicherten - anders als Pflichtversicherten - grundsätzlich nach wie vor ein Wechsel in die private Krankenversicherung möglich ist. Eine bereits geklärte Rechtsfrage wirft aber nicht bei jeder Änderung von Umständen einen erneuten Klärungsbedarf auf. Substantiierte Darlegungen, denen sich insoweit ein erneuter verfassungsrechtlicher Klärungsbedarf entnehmen ließe, enthält die Beschwerdebegründung nicht.
e) Auch mit den Ausführungen zu einem vermeintlichen Grundrechtsverstoß legt der Kläger keinen erneuten Klärungsbedarf dar. Abgesehen davon, dass sich auch daraus keine neuen Gesichtspunkte erkennen lassen, die eine erneute Befassung des BSG mit der Rechtsfrage nahe legen würden, werden die Ausführungen auch den Darlegungsanforderungen an einen Grundrechtsverstoß nicht gerecht. Es fehlt schon an einer hinreichenden Auseinandersetzung mit den (vermeintlichen) Vergleichsgruppen der freiwilligen und der pflichtversicherten Mitglieder. Insoweit reicht es nicht aus zu behaupten, zwischen beiden Gruppen bestünden keine Unterschiede, die die gesetzliche Differenzierung rechtfertigen könnten. Erforderlich ist vielmehr eine Darlegung der Gemeinsamkeiten und Unterschiede beider Gruppen in einer Weise, die eine substantiierte Prüfung überhaupt erst ermöglicht. Daran fehlt es hier. So wird beispielsweise die Behauptung einer übermäßigen Beitragsbelastung freiwilliger Mitglieder in keiner Weise untermauert. Die Rechtsprechung des BVerfG wird zwar punktuell herangezogen, sie wird aber nicht systematisch ausgewertet und auf die vorliegende Frage zur Anwendung gebracht.
2. Mit der Rüge der Verletzung rechtlichen Gehörs und der nicht vorschriftsmäßigen Besetzung des Gerichts bezeichnet die Beschwerdebegründung auch einen Verfahrensmangel iS von § 160 Abs 2 Nr 3 SGG nicht hinreichend. Ein Verfahrensmangel iS von § 160 Abs 2 Nr 3 SGG ist der Verstoß des Gerichts im Rahmen des prozessualen Vorgehens im unmittelbar vorangehenden Rechtszug (vgl zB BSG Beschluss vom 30.10.2018 - B 13 R 59/18 B - juris RdNr 7 mwN). Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde darauf gestützt, dass ein Verfahrensmangel vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne, müssen zur ordnungsgemäßen Bezeichnung (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG) die den Verfahrensfehler (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. Darüber hinaus ist die Darlegung erforderlich, dass und warum die Entscheidung des LSG - ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht - auf dem Mangel beruhen kann, dass also die Möglichkeit einer Beeinflussung der Entscheidung besteht. Gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG kann der geltend gemachte Verfahrensmangel allerdings nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 Satz 1 SGG und auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht.
Der Kläger rügt, sein Anspruch auf rechtliches Gehör und die vorschriftsmäßige Besetzung des Gerichts seien verletzt, weil der "kleine" Senat, bestehend aus dem Berichterstatter und den beiden ehrenamtlichen Richtern über die Berufung entschieden habe, ohne die Beteiligten hierzu vorher anzuhören. Durch den Hinweis auf die Unanfechtbarkeit des Beschlusses über die Übertragung der Berufung auf den Berichterstatter habe der Kläger keine Möglichkeit gehabt, eine Entscheidung in vollständiger Besetzung des Senats herbeizuführen oder das Vorgehen in der mündlichen Verhandlung zu beanstanden.
Zwar ist gesetzlicher Richter für die Entscheidung von Verfahren vor dem LSG grundsätzlich ein Senat in der Besetzung mit einem Vorsitzenden, zwei weiteren Berufsrichtern und zwei ehrenamtlichen Richtern (§ 33 Satz 1 SGG). Nach § 153 Abs 5 SGG(eingefügt durch das Gesetz zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und des Arbeitsgerichtsgesetzes vom 26.3.2008, BGBl I 444) kann aber das LSG durch Beschluss der berufsrichterlichen Mitglieder des Senats in den Fällen einer Entscheidung des SG durch Gerichtsbescheid (§ 105 SGG) nach seinem Ermessen die Berufung dem Berichterstatter übertragen, der zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern entscheidet. Von dieser Möglichkeit hat das LSG mit Beschluss vom 19.11.2021 Gebrauch gemacht. Nähere inhaltliche Anforderungen an die Übertragung auf den Berichterstatter formuliert das Gesetz nicht, insbesondere ist nicht erforderlich, dass die Voraussetzungen für den Erlass eines Gerichtsbescheids vorgelegen haben, sondern nur, dass das SG durch Gerichtsbescheid entschieden hat. Weil die Übertragung der Berufung auf den Berichterstatter von der Verantwortung des gesamten Senats getragenen wird, ist sie auch nicht auf Rechtssachen ohne besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art oder ohne grundsätzliche Bedeutung beschränkt (vgl BSG Urteil vom 27.6.2019 - B 11 AL 8/18 R - SozR 4-4300 § 144 Nr 27 RdNr 12; ausführlich BSG Urteil vom 21.9.2017 - B 8 SO 3/16 R - SozR 4-1500 § 153 Nr 16 RdNr 13 ff mwN).
Tatsachen, aus denen sich wegen ermessensfehlerhafter Übertragung auf den Berichterstatter eine Verletzung des Grundsatzes des gesetzlichen Richters (Art 101 Abs 1 Satz 2 GG) ergeben könnte, sind weder vom Kläger dargelegt worden noch ersichtlich. Ermessensfehler führen nur dann zu einer von Amts wegen zu berücksichtigenden fehlerhaften Besetzung der Richterbank, wenn sie von Willkür, sachfremden Erwägungen oder grober Fehleinschätzung getragen werden (vgl BSG Urteil vom 27.6.2019 - B 11 AL 8/18 R - aaO RdNr 13; BSG Urteil vom 21.9.2017 - B 8 SO 3/16 R - aaO RdNr 15). Dafür ist nichts vorgetragen. Insoweit genügt nicht der Hinweis, der Kläger sei vor der Übertragung der Berufung auf den Berichterstatter nach § 153 Abs 5 SGG nicht angehört worden. § 153 Abs 5 SGG schreibt - anders als § 153 Abs 4 Satz 2 SGG - eine vorherige Anhörung nicht ausdrücklich vor. Selbst wenn der Anspruch auf rechtliches Gehör (Art 103 Abs 1 GG, § 62 SGG) eine vorige Anhörung gebieten würde, führt deren Fehlen nicht automatisch zu einer fehlerhaften Besetzung der Richterbank. Bei einer wesentlichen Änderung der Prozesslage kann die Sache durch Beschluss des Senats nach § 202 Satz 1 SGG iVm § 526 Abs 2 Satz 1 Nr 2 ZPO ggf von dem Einzelrichter auf den Senat zurückübertragen werden (ausführlich hierzu BSG Urteil vom 27.6.2019 - B 11 AL 8/18 R - aaO RdNr 14; BSG Urteil vom 21.9.2017 - B 8 SO 3/16 R - aaO RdNr 17).
Eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör, auf der die Entscheidung beruhen kann, legt der Kläger ebenfalls nicht hinreichend dar. Selbst wenn sich der Kläger in der mündlichen Verhandlung lediglich aufgrund der Unanfechtbarkeit des Übertragungsbeschlusses rügelos zur Sache eingelassen haben sollte, fehlt es jedenfalls an hinreichenden Darlegungen dazu, was im Falle einer Anhörung vorgetragen worden wäre, um eine Übertragungsentscheidung des LSG zu verhindern oder nachträglich eine Rückübertragung auf den gesamten Senat zu erreichen. In der Beschwerdebegründung werden auch keine Gründe vorgetragen, anhand derer sich eine wesentliche Änderung der Prozesslage gezeigt hätte. Insbesondere hat der Kläger - auch nachdem er im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren anwaltlich vertreten ist - weder eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (siehe hierzu oben unter 1.) noch besondere Schwierigkeiten der Berufung tatsächlicher oder rechtlicher Art aufgezeigt.
3. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen (§ 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG).
4. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Fundstellen
Dokument-Index HI16148616 |