Leitsatz (amtlich)
Ein Ehegatte, der ohne weitere Angehörigen mit dem anderen Ehegatten einen gemeinsamen Haushalt führt und sonst keine Angehörigen unterhält, hat den anderen Ehegatten nicht schon dann überwiegend unterhalten iS des AVG § 18 Abs 2 (= RVO § 1241 Abs 2), wenn sein Beitrag zum gemeinsamen Unterhalt größer ist als die hälfte der Summe der Beiträge beider Ehegatten; sein Beitrag muß nach Abzug der Hälfte des gemeinsamen Unterhalts größer sein als der Beitrag des anderen Ehegatten.
Leitsatz (redaktionell)
An dem Anrufungsverfahren sind alle Senate beteiligt, von deren Rechtsprechung abgewichen werden soll. Bei gleichen Rechtsbegriffen ist, auch wenn sie sich in verschiedenen Vorschriften finden, die Identität zu bejahen, wenn es unter Beachtung hergebrachter Auslegungsregeln nicht folgerichtig wäre, die Begriffe ungleich auszulegen.
Orientierungssatz
"Beteiligt" iS von SGG § 41 Abs 5 S 2 sind alle Senate, von deren Entscheidung der vorlegende Senat abweichen will.
Normenkette
RVO § 1241 Abs. 2 Fassung: 1957-02-23; AVG § 18 Abs. 2 Fassung: 1957-02-23; SGG § 41 Abs. 5 S. 2 Fassung: 1953-09-03
Tenor
Ein Ehegatte, der ohne weitere Angehörige mit dem anderen Ehegatten einen gemeinsamen Haushalt führt und sonst keine Angehörigen unterhält, hat den anderen Ehegatten nicht schon dann überwiegend unterhalten im Sinne des § 18 Abs. 2 des Angestelltenversicherungsgesetzes, wenn sein Beitrag zum gemeinsamen Unterhalt größer ist als die Hälfte der Summe der Beiträge beider Ehegatten; sein Beitrag muß nach Abzug der Hälfte des gemeinsamen Unterhalts größer sein als der Beitrag des anderen Ehegatten.
Gründe
I
Der Kläger des beim Bundessozialgericht (BSG) schwebenden Ausgangsverfahrens ist kaufmännischer Angestellter und als solcher bei der beklagten Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) versichert; er ist kinderlos verheiratet. Ende April 1962 erkrankte er und begab sich deswegen in stationäre Behandlung. Nach deren Abschluß gewährte die Beklagte ihm ein Heilverfahren. Im Zusammenhang hiermit bewilligte sie ihm vom 16. Juni 1962 an, dem Tage, an dem sein Gehalt in Höhe von monatlich 608,95 DM netto weggefallen war, ein Übergangsgeld nach § 18 des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG) von 7,80 DM täglich; der Satz entsprach 33 1/3 v. H. seines letztjährigen durchschnittlichen Bruttoarbeitsentgelts. Nach den von der Beklagten zu § 18 Abs. 2 AVG erlassenen Richtlinien wären dem Übergangsgeld 65 v. H. des Arbeitsentgelts zugrunde zu legen gewesen, wenn der Kläger vor Beginn des Heilverfahrens einen Familienangehörigen überwiegend unterhalten hätte. Diese Voraussetzung für ein höheres Übergangsgeld verneinte die Beklagte jedoch in bezug auf die - allein in Betracht kommende - Ehefrau des Klägers, weil diese in der maßgebenden Zeit als Stenokontoristin ein monatliches Nettogehalt von 335,98 DM bezogen hatte. Nach der Betrachtungsweise der Beklagten hatte der Unterhaltsbedarf der Ehefrau die Hälfte des Gesamteinkommen des Ehepaares, also rd. 609 + 336 = 945 : 2 = 472,50 DM, ausgemacht, die Ehefrau aber mehr als die Hälfte hiervon selbst verdient, während der Kläger für sie aus seinen Mitteln nur 136,50 DM aufgewandt hatte. Bei dieser Begründung stützte sich die Beklagte auf ein Urteil des 2. Senats des BSG vom 25. Mai 1961 (BSG 14, 203), das einen - die Gewährung überwiegenden Unterhalts durch die versicherte Ehefrau voraussetzenden - Anspruch auf Witwerrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung nach § 589 der Reichsversicherungsordnung (RVO) idF vor dem Unfallversicherungs-Neuregelungsgesetz vom 30. April 1963 (UVNG) betrifft.
Die Klage, mit der die Erhöhung des Übergangsgeldes auf 65 v. H. des Arbeitsentgelts erstrebt wird, hat vor dem Sozialgericht und dem Landessozialgericht Erfolg gehabt. Diese Instanzen haben unter Berufung auf eine Entscheidung des 3. Senats des BSG vom 13. Februar 1964 (BSG 20, 148) den Standpunkt vertreten, der Kläger habe seine Ehefrau überwiegend unterhalten, weil er mehr als diese zum gemeinsamen Unterhalt des Ehepaares beigetragen habe.
Der mit der Revision des Beklagten befaßte 1. Senat des BSG war geneigt, sich der Auffassung des 3. Senats insoweit anzuschließen, als dieser den Unterhaltsbeitrag des einen Ehegatten nicht vorweg ganz auf den auf ihn entfallenden Anteil am Unterhaltsaufwand angerechnet wissen will, sah sich daran aber durch seiner Ansicht nach entgegenstehende Entscheidungen des BSG, nämlich das bereits erwähnte Urteil des 2. Senats vom 25. Mai 1961 und die Urteile des 4. Senats vom 23. August 1966 (BSG 25, 157) und vom 30. November 1966 - 4 RJ 137/66 - gehindert. In beiden vom 4. Senat entschiedenen Fällen war um die Höhe eines Übergangsgeldes nach § 1241 RVO (= § 18 AVG) für einen Versicherten gestritten worden, der mit seiner Ehefrau und gemeinsamen Kindern zusammengelebt hatte. In diesen Entscheidungen hat der 4. Senat die Rechtsauffassung vertreten, in einem Mehrpersonenhaushalt sei ein Familienangehöriger von dem Betreuten i. S. des § 1241 RVO nicht überwiegend unterhalten worden, wenn aus seinem Beitrag oder dem Beitrag eines anderen zur gemeinsamen Haushaltsführung wenigstens die Hälfte des auf ihn entfallenden Unterhaltsaufwands gedeckt worden sei.
Zur Behebung der aufgezeigten Divergenz hat der 1. Senat auf Grund des § 42 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) dem Großen Senat des BSG die Rechtsfrage zur Entscheidung vorgelegt:
"Hat ein Ehegatte, der ohne weitere Angehörige mit seinem Ehegatten einen gemeinsamen Haushalt führt und außerhalb dieses Haushalts keine Angehörigen unterhält, seinen Ehegatten dann im Sinne des § 18 Abs. 2 AVG überwiegend unterhalten, wenn sein Beitrag zum gemeinsamen Haushalt größer ist als die Hälfte der Beiträge beider Ehegatten?"
II
Der Große Senat hatte vorab von Amts wegen zu prüfen, ob die dem Urteilskopf zu entnehmende Zusammensetzung der Richterbank - Präsident, acht weitere Berufsrichter und vier ehrenamtliche Richter - den Vorschriften des Gesetzes entspricht.
Nach § 41 Abs. 1 SGG besteht der Große Senat aus dem Präsidenten, sechs weiteren Bundesrichtern und vier Bundessozialrichtern. Diese elf Richter bilden jedoch, wie sich aus § 41 Abs. 5 SGG ergibt, in keinem Falle die endgültige Besetzung, vielmehr treten noch ein oder mehrere Berufsrichter hinzu, nämlich in Fällen des § 42 SGG die Präsidenten - oder bestimmte Mitglieder - der beteiligten Senate und in Fällen des § 43 SGG der Präsident - oder ein Mitglied - des erkennenden Senats. Es gibt demnach im Hinblick auf die Teilnahmepflicht der beteiligten bzw. erkennenden Senate keine auf die in § 41 Abs. 1 SGG genannten Richter beschränkte "ursprüngliche Besetzung", welche über die endgültige Zusammensetzung des Großen Senats des BSG entscheiden könnte (vgl. hierzu Beschluß des Großen Senats des Bundesfinanzhofs - BFH - in BFH 92, 188, 191 zu dem von § 41 SGG abweichenden und insoweit den Regelungen in den übrigen Verfahrensordnungen - § 132 Abs. 5 des Gerichtsverfassungsgesetzes, § 11 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung, § 45 Abs. 3 des Arbeitsgerichtsgesetzes - entsprechenden § 11 der Finanzgerichtsordnung). Da es sich im vorliegenden Fall um eine sogenannte Divergenz-Anrufung nach § 42 SGG handelt, gehören die Präsidenten der "beteiligten Senate" der Richterbank an. Beteiligt in diesem Sinne sind, wie sich aus der Bezugnahme des § 41 Abs. 5 Satz 2 auf § 42 SGG ergibt, der vorlegende Senat und der Senat, von dessen Entscheidung der vorlegende abweichen will. Wenn von Entscheidungen mehrerer Senate abgewichen werden soll, sind alle diese Senate beteiligt. Für eine Beschränkung der Beteiligung auf einen der mehreren Senate könnte allenfalls der Wortlaut des § 42 SGG - "eines" anderen Senats - sprechen, ohne daß er indessen Aufschluß darüber gäbe, welcher von mehreren Senaten die Beteiligtenrolle der anderen mit übernehmen soll. Demgegenüber erfordert jedoch der Zweck der gesetzlichen Regelung, daß alle Senate, von deren Rechtsprechung abgewichen werden soll, an dem Anrufungsverfahren beteiligt werden. Es dient in höherem Maße der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung, wenn die Erfahrungen aller Senate, von deren Entscheidungen in einer bestimmten Rechtsfrage abgewichen werden soll, dem Verfahren nutzbar gemacht werden und ihm damit eine möglichst breite Grundlage gegeben wird. Diesen Gedanken hat der Große Senat des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) in seiner Entscheidung vom 16. März 1964 (Sammel- und Nachschlagewerk der Rechtsprechung des BVerwG, Bd. 3 Nr. 6 zu § 11 VwGO) mit Recht herausgestellt. In Übereinstimmung hiermit wird auch im Schrifttum, soweit die Frage behandelt wird, einhellig die Auffassung vertreten, daß alle Senate, von doren Entscheidungen der vorlegende Senat abweichen will, beteiligt sind (vgl. z. B. Klinger, Kommentar zur Verwaltungsgerichtsordnung, 2. Aufl., § 11 Anm. B 2; Eyermann/Froehler, Kommentar zur Verwaltungsgerichtsordnung, 4. Aufl., § 11 Anm. 1; Ziemer/Birkholz, Kommentar zur Finanzgerichtsordnung, § 11 Randnr. 6).
Gegen diese Auffassung ergeben sich keine Bedenken aus § 4 Abs. 1 des Gesetzes zur Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung der obersten Gerichtshöfe des Bundes vom 19. Juni 1968 (BGBl I 661). Hiernach sind am Verfahren vor dem Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe der vorlegende Senat und der Senat des obersten Gerichtshofs beteiligt, von dessen Entscheidung der vorlegende Senat abweichen will; haben mehrere Senate des anderen obersten Gerichtshofs über die Rechtsfrage abweichend entschieden, so ist der Senat beteiligt, der als letzter entschieden hat, sofern nach der Geschäftsverteilung nicht ein anderer Senat bestimmt ist (Satz 3 aaO). Diese Regelung soll lediglich sicherstellen, daß ein oberster Gerichtshof nur von einem seiner Senate repräsentiert wird; sie beantwortet nicht die dem § 2 Abs. 1 aaO innewohnende Frage, welche obersten Gerichtshöfe "beteiligt" sind, wenn ein oberster Gerichtshof in einer Rechtsfrage von den Entscheidungen mehrerer anderer oberster Gerichtshöfe abweichen will. § 4 Abs. 1 Satz 3 des genannten Gesetzes spiegelt auch keinen allgemeinen Rechtsgedanken wider, der für die Beteiligung der obersten Gerichtshöfe am Verfahren nach diesem Gesetz oder für die Beteiligung mehrerer Senate eines obersten Gerichtshofs am Anrufungsverfahren nach der für ihn geltenden Verfahrensordnung als entsprechend anwendbar in Betracht käme.
In Anwendung der dargelegten Beteiligungsregelung ergibt sich für die Vervollständigung der dem § 41 Abs. 1 SGG zu entnehmenden Besetzung des Großen Senats folgendes:
Der 1. Senat ist als vorlegender Senat am Anrufungsverfahren beteiligt (§ 41 Abs. 5 Satz 2, § 42 SGG).
Der 2. Senat ist beteiligt, weil der vorlegende Senat in einer Rechtsfrage, die für die Entscheidung jenes Senats vom 25. Mai 1961 (BSG 14, 203) erheblich war, von dieser Entscheidung abweichen will. Maßgebend dafür, ob dieselbe Rechtsfrage zur Entscheidung steht, ist zunächst die Begrenzung der Fragestellung nach dem konkreten Sachverhalt. In dieser Hinsicht ist festzuhalten, daß es in beiden Fällen darauf ankam bzw. ankommt, ob in einem kinderlosen Ehegattenhaushalt, der nicht durch sonstige Unterhaltsverpflichtungen belastet ist, bei gleich hohem Unterhaltsbedarf (Verbrauch) der Ehegatten der eine den anderen überwiegend unterhält, wenn sein Beitrag zum gemeinsamen Haushalt mehr als die Hälfte des gemeinsamen Unterhalts ausmacht. Der auszulegende Rechtsbegriff der überwiegenden Unterhaltsleistung an einen Familienangehörigen - hier: den Ehegatten - ist allerdings in den beiden in Rede stehenden Fällen nicht in derselben Rechtsvorschrift enthalten; im Falle des 2. Senats ging es um die Anwendung des § 589 RVO aF, der den Anspruch auf Witwerrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung von der überwiegenden Unterhaltsleistung durch die getötete Ehefrau abhängig machte, im Falle der Vorlage ist dagegen § 18 Abs. 2 AVG (= § 1241 Abs. 2 RVO) zur Ermittlung der Höhe des Übergangsgeldes anzuwenden. Diese Verschiedenheit in der gesetzlichen Verankerung des auszulegenden Begriffs stellt jedoch die Identität der Rechtsfrage im Sinne des § 42 SGG nicht ohne weiteres in Zweifel. Bei gleichen Rechtsbegriffen ist vielmehr, auch wenn sie sich in verschiedenen Vorschriften finden, die Identität zu bejahen, wenn es unter Beachtung hergebrachter Auslegungsregeln nicht folgerichtig wäre, die Begriffe ungleich auszulegen. Diese Auffassung hat das Reichsgericht bereits in Vorlageverfahren nach § 28 Abs. 2 des Gesetzes über Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit vertreten (RGZ 148, 175, 177) und vertritt auch der Bundesgerichtshof seit der Entscheidung BGHZ 9, 179, 181 ständig in Anrufungsverfahren nach § 136 Abs. 1 des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG) (so auch Hanack, Der Ausgleich divergierender Entscheidungen in der oberen Gerichtsbarkeit, 1962, S. 156). Sie entspricht dem Zweck des Anrufungsverfahrens, eine einheitliche Rechtsprechung der Senate ein und desselben obersten Gerichtshofs zu gewährleisten. Dem steht nicht entgegen, daß das BVerwG eine die Nichtzulassungsbeschwerde rechtfertigende "Abweichung" i. S. des § 132 Abs. 2 Nr. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) wiederholt verneint hat, wenn die abweichenden Auffassungen zur Auslegung von Rechtsvorschriften vertreten wurden, die in verschiedenen Gesetzen beheimatet sind. Diese Entscheidungen des BVerwG sind unter dem besonderen "gesetzgeberischen Motiv einer Beschränkung der Statthaftigkeit der Revision zu sehen" und lassen sich deshalb nicht ohne weiteres auf das Anrufungsverfahren nach § 11 Abs. 3 VwGO und § 42 SGG übertragen (vgl. BVerwG 16, 53, 56; BVerwG in NJW 1960, 979 und 1961, 44). Daß der Rechtsbegriff der überwiegenden Unterhaltsleistung an einen Familienangehörigen in § 589 RVO aF und in § 18 Abs. 2 AVG (= § 1241 Abs. 2 RVO) die gleiche Bedeutung hat, ist jedenfalls für den Mehrpersonenhaushalt und die getrennt lebenden Ehegatten bisher nicht bezweifelt worden; dies muß folgerichtig aber auch, wie der vorlegende Senat zum Ausdruck gebracht hat, für den kinderlosen Ehegattenhaushalt gelten.
Der 4. Senat des BSG hatte in seinen im Vorlagebeschluß des 1. Senats angeführten Urteilen vom 23. August und 30. November 1966 die gleiche Vorschrift - § 1241 Abs. 2 RVO - auszulegen, auf die es für die vom vorlegenden Senat zu treffende Entscheidung ankommt. Gleichwohl würde der vorlegende Senat, wenn er in dem vor ihm schwebenden Revisionsverfahren die Voraussetzungen für ein erhöhtes Übergangsgeld bejahen würde, nicht von jenen Entscheidungen des 4. Senats abweichen; denn die Verschiedenheit der Sachverhalte steht der Annahme, es gehe um dieselbe Rechtsfrage, entgegen. Der 4. Senat hat entschieden, unter welchen Voraussetzungen ein Versicherter im Mehrpersonenhaushalt Familienangehörige - den Ehegatten und Kinder - überwiegend unterhalten hat; demgegenüber ist im Ausgangsverfahren die Frage nach dem überwiegenden Unterhalt des Ehegatten im kinderlosen Haushalt entscheidungserheblich: Diese letztere Rechtsfrage hat der 4. Senat in den angeführten Urteilen zwar herausgestellt, aber ausdrücklich unentschieden gelassen. Für solche Fälle ist das Anrufungsverfahren des § 42 SGG nicht vorgesehen (vgl. hierzu Hanack aaO S. 255). Der 4. Senat ist somit entgegen der im Vorlagebeschluß zum Ausdruck gekommenen Auffassung am Verfahren vor dem Großen Senat nicht beteiligt.
Ebensowenig ist der 3. Senat am Anrufungsverfahren beteiligt. Er ist weder vorlegender Senat, noch will dieser Senat von einer Entscheidung des 3. Senats abweichen. Andere Senate sind aber, wie der Bezugnahme auf § 42 in § 41 Abs. 5 Satz 2 SGG zu entnehmen ist, nicht beteiligt. Der Große Senat des BVerwG hat allerdings in der bereits angeführten Entscheidung vom 16. März 1964 auch einen solchen Senat als beteiligt angesehen, der bereits in einer anderen Streitsache mit dem gleichen Ziel wie der vorlegende Senat, also diesen unterstützend, den Großen Senat angerufen hatte. Ob dies - etwa unter dem Blickwinkel einer verfahrensökonomisch sinnvollen Verbindung zweier Anrufungsverfahren - gerechtfertigt ist, bedarf nicht der Entscheidung, weil ein solcher Fall hier nicht gegeben ist.
Nach alledem war die sich aus § 41 Abs. 1 SGG ergebende Besetzung des Großen Senats auf Grund des § 41 Abs. 5 Satz 2 SGG durch den vom Präsidium bestellten Vertreter des Präsidenten des 1. Senats und durch den Präsidenten des 2. Senats zu vervollständigen. Der Präsident des 1. Senats mußte vertreten werden, weil er als Präsident des Bundessozialgerichts dem Großen Senat kraft Gesetzes angehört und vorsitzt (§ 41 Abs. 5 Satz 1 SGG) und deshalb als weiterer Richter des Großen Senats (§ 41 Abs. 5 Satz 2 SGG) nicht zur Verfügung steht. Es entspricht der ständigen Übung in Verfahren des Großen Senats des BSG nach § 42 SGG (vgl. z. B. GS 5/61 vom 27. Juni 1963 - BSG 20, 1 - und GS 2/64 vom 30. Juni 1965 - BSG 23, 129 -), daß ein beteiligter Senat auch dann einen weiteren Richter entsendet, wenn er bereits nach § 41 Abs. 1 SGG mit einem oder mehreren seiner Mitglieder im Großen Senat vertreten ist. Die hiermit übereinstimmende Praxis des BVerwG wird in dessen Entscheidung vom 16. März 1964 (S. 13) damit begründet, daß ein beteiligter Senat seine Rechtsauffassung im Großen Senat besser zur Geltung bringen kann, wenn gewähr leistet ist, daß er eines derjenigen Mitglieder entsenden darf, das die Auffassung der Mehrheit des Senats teilt.
III
Der Große Senat hat die ihm in zulässiger Weise zur Entscheidung vorgelegte Rechtsfrage verneint.
Nach der in ihrem rechtlichen Gehalt umstrittenen Vorschrift des § 18 Abs. 2 AVG wird die Höhe des Übergangsgeldes durch übereinstimmende Beschlüsse der Organe der BfA "unter Berücksichtigung der Zahl der von dem Betreuten vor Beginn der Maßnahmen überwiegend unterhaltenen Familienangehörigen" festgesetzt (Satz 1). Der Mindest- und Höchstbetrag des Übergangsgeldes ist in Vomhundertsätzen (50 - 80 v. H.) des Arbeitsentgelts oder Arbeitseinkommens - in der Regel der letzten zwölf Beitragsmonate - festgelegt (Sätze 2 und 3). Werden dem Betreuten Unterkunft und Verpflegung gewährt, so kann das Übergangsgeld bis auf ein Drittel ermäßigt werden (Satz 4). Nach den Richtlinien, welche die Beklagte auf Grund der angeführten Ermächtigung des § 18 Abs. 2 Satz 1 AVG erlassen hat (Die Angestelltenversicherung 1961, 23, 25), erhält der Versicherte, der vor Beginn der Maßnahmen keine Familienangehörigen überwiegend unterhalten hat, 33 1/3 v. H. des Bruttoarbeitsentgelts oder Bruttoarbeitseinkommens, wenn ihm Unterkunft und Verpflegung auf Kosten des Versicherungsträgers gewährt werden. Unter den gleichen sonstigen Voraussetzungen erhält der Versicherte, der einen Familienangehörigen überwiegend unterhalten hat, 65 v. H. des Bruttoarbeitsentgelts bzw. -einkommens. Bei mehreren überwiegend unterhaltenen Familienangehörigen erhöht sich das Übergangsgeld bis zum gesetzlichen Höchstsatz von 80 v. H. Der für die Höhe des Übergangsgeldes maßgebende Begriff des "überwiegend unterhaltenen Familienangehörigen" bedeutet seinem Wortsinn nach, daß ein Familienangehöriger gemeint ist, den der Versicherte (Betreute) "zu mehr als der Hälfte" unterhalten hat. Darin hat in der Rechtsprechung von jeher Übereinstimmung bestanden, und zwar nicht nur für die Regelung des hier in Rede stehenden Übergangsgeldes, sondern auch für andere Vorschriften, nach denen eine Leistung aus der Sozialversicherung dem Grunde oder der Höhe nach von der Gewährung überwiegenden Unterhalts an eine bestimmte Person abhängig ist. Dies gilt namentlich für die Witwerrente nach § 589 RVO idF vor dem UVNG und nach § 43 des Bundesversorgungsgesetzes (BVG), für die Waisenrente und den Kinderzuschuß bei Enkeln und Geschwistern des Versicherten nach §§ 1267, 1262 Abs. 2 Nr. 8 RVO in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 des Bundeskindergeldgesetzes, für das Krankengeld nach § 182 Abs. 1 Nr. 2, Satz 1, Abs. 4 und 4 a RVO und für das Hausgeld nach § 186 Abs. 1 Satz 2 RVO (vgl. Reichsversicherungsamt - RVA -, grunds . Entsch. Nr. 1981, AN 1915, 386 - betr. Hausgeld -; RVA, grunds . Entsch. Nr. 2881, AN 1925, 276 und Nr. 3390, AN 1929, 161 - betr. Kinderzuschuß -; BSG 14, 203, 205 - betr. Witwerrente - und BSG 20, 148, 150 - betr. Krankengeld und Hausgeld -). Ferner kommt es nach der Fassung des Gesetzes - "...überwiegend unterhaltenen Familienangehörigen" - allein darauf an, ob und inwieweit ein bestimmter Familienangehöriger tatsächlich unterhalten worden ist; die bloße Unterhaltsberechtigung genügt nicht zur Erfüllung der Anspruchsvoraussetzung. Auch hierüber besteht weder unter den beteiligten Senaten noch sonst in der Rechtsprechung eine Meinungsverschiedenheit. Schließlich ist noch auf den Unterschied im Wortlaut des § 18 Abs. 2 AVG einerseits und beispielsweise des § 593 RVO idF des UVNG und des § 1266 RVO andererseits hinzuweisen. In dem einen Falle wird vom "Unterhalt eines Familienangehörigen", in den anderen Fällen vom "Unterhalt der Familie" gesprochen. Diese beiden Begriffe sind weder dem Wort- noch dem Sachsinn nach austauschbar; andernfalls wäre § 18 Abs. 2 AVG, der auf die Zahl der überwiegend unterhaltenen Familienangehörigen abstellt, nicht praktikabel.
Hiernach hat es den Anschein, als sei es lediglich eine rechnerische Aufgabe, wie man die Frage nach der überwiegenden Unterhaltsgewährung zu beantworten hat, wenn feststeht, wie hoch der Unterhalt (Verbrauch) eines jeden Familienangehörigen war und aus welchen Mitteln er bestritten wurde. Tatsächlich geht es jedoch um das Problem, in welcher Weise und in welcher Höhe in einem kinderlosen Ehegattenhaushalt der Unterhaltsbeitrag jedes Ehegatten auf seinen eigenen Unterhalt anzurechnen ist. Das RVA hat in seiner grundsätzlichen Entscheidung Nr. 3379 vom 17. Januar 1929 (AN 1929, 145) bei einem in häuslicher Gemeinschaft lebenden Ehepaar den Ehemann, der wöchentlich 24,- RM - gegenüber 18,- RM der Ehefrau - verdient und in die Verbrauchsgemeinschaft eingebracht hatte, als denjenigen angesehen, der die Ehefrau überwiegend unterhalten habe. Es hat seine Auffassung damit begründet, daß unter solchen Verhältnissen das beiderseitige Einkommen in der Regel zusammengelegt und gemeinsam verbraucht werde, was im übrigen auch der im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) verankerten gegenseitigen Unterhaltspflicht der Ehegatten entspreche. Daraus hat es für den von ihm zu entscheidenden Fall gefolgert, daß bei gleich hohem Verbrauchsanteil der Ehegatten - 21,- RM wöchentlich - der Verbrauchsanteil der Ehefrau, wie der des Ehemannes, sich aus 12,- RM "Beisteuer" des Mannes und 9,- RM "Beisteuer" der Frau zusammensetze. So ist das RVA zu dem Ergebnis gelangt, daß unter den angenommenen Umständen ein Ehegatte schon dann den anderen überwiegend unterhalten habe, wenn sein eigener Beitrag zu den Kosten des gemeinsamen Haushalts mehr als die Hälfte des Gesamtverbrauchs betragen habe. Dieser Rechtsprechung hat sich der 3. Senat des BSG in dem angeführten, in BSG 20, 148 veröffentlichten Urteil um so bereitwilliger angeschlossen als er in der Neugestaltung des Unterhaltsrechts durch das Gleichberechtigungsgesetz vom 18. Juni 1957 (§ 1360 Satz 1 BGB nF) eine Bestätigung dafür gesehen hat, daß die mitverdienende Ehefrau ihren Arbeitsverdienst nicht vorweg für sich allein verbrauche, sondern damit in vollem Umfang zum gemeinsamen Familienunterhalt beitrage,
Nach der Auffassung des Großen Senats bestehen gegen die in der Rechtsprechung des RVA und des 3. Senats des BSG vorgenommene Analysierung der Unterhaltsleistungen der Ehegatten und des gemeinsamen Verbrauchs keine Bedenken. Obwohl die Gestaltung des Unterhaltsrechts vor dem Gleichberechtigungsgesetz nicht die uneingeschränkte gegenseitige Unterhaltspflicht der Ehegatten im Sinne der heutigen Regelung vorsah, konnte früher und kann heute davon ausgegangen werden, daß unter den tatsächlichen Verhältnissen, wie sie dem Anrufungsverfahren zugrunde liegen, die Beiträge jedes Ehegatten zum Unterhaltsaufwand der "Gemeinschaft" zugedacht sind. Das bedeutet für den Fall des Ausgangsverfahrens, daß der Unterhaltsbedarf der Ehegatten, und damit auch jedes einzelnen von ihnen, soweit Geldleistungen in Betracht kommen, zu 64 v. H. vom Ehemann und zu 36 v. H. von der Ehefrau herrührte. Daraus folgt aber entgegen der angeführten Rechtsprechung nicht, daß der Ehemann seine Ehefrau zu mehr als 50 v. H. unterhalten hatte. Da in einem solchen Falle jeder Ehegatte, wie das RVA und auch der 3. Senat des BSG richtig erkannt haben, zugleich Unterstützender und Unterstützter ist, ergibt sich die tatsächliche Unterhaltsleistung aus der Differenz zwischen dem Gegebenen und Empfangenen. Wer seinem Ehegatten 64 v. H. des Unterhalts gewährt und von ihm gleichzeitig und gerade wegen seiner Leistung 36 v. H. der gleich hohen Unterhaltsgröße empfängt, unterhält den anderen nur in Höhe der Differenz von 28 v. H., also nicht überwiegend.
Diese wirtschaftliche Betrachtungsweise, welche sich im Ergebnis mit der Rechtsprechung des 2. Senats in BSG 14, 203 deckt, entspricht auch dem Sinn und Zweck der Bemessung des Übergangsgeldes. Der dem Betreuten während der Rehabilitationsmaßnahmen entgehende Arbeitsverdienst soll durch das Übergangsgeld sozialadäquat ausgeglichen werden. Hatte der Betreute aus seinem Verdienst nur sich selbst unterhalten, so ist während der Durchführung von Maßnahmen, die mit der Gewährung von Unterkunft und Verpflegung verbunden sind, die Unterhaltssituation der Familie nur insofern verschlechtert, als der von dem Betreuten vorher getragene Anteil am allgemeinen Familienaufwand - Miete, Heizung usw. - entfällt; dafür werden 33 1/3 v. H. des Bruttoentgelts gewährt. Nahezu das Doppelte - 65 v. H. des Bruttoarbeitsentgelts - wird nur gewährt, wenn - im kinderlosen Haushalt - der Unterhalt des anderen Ehegatten zu einem erheblichen Teil, nämlich mindestens zur Hälfte zu ersetzen ist. Träfe die Rechtsauffassung des 3. Senats zu, so müßte das Übergangsgeld schon dann 65 v. H. ausmachen, wenn der Versicherte ein Arbeitsentgelt oder -einkommen von 400.- DM und seine Ehefrau ein solches von 398,- DM gehabt hat. Daß der geringfügige Ausfall von (400 - 398 / 2) = 1 DM mit einem weiteren Drittel des Bruttoarbeitsentgelts ausgeglichen werden soll, erscheint ausgeschlossen; es muß ein Ausfall von wirtschaftlichem Gewicht sein, was das Gesetz mit dem Begriff "überwiegender Unterhalt eines Familienangehörigen" zum Ausdruck bringt.
Die vom Großen Senat vertretene Auffassung wird schließlich durch einen Vergleich mit anderen Sachverhalten gestützt, die sowohl nach dieser Auffassung als auch nach der vom 3. und 1. Senat vertretenen Gegenmeinung zum gleichen Ergebnis führen. Dies gilt insbesondere für den Fall, daß Ehegatten von einander getrennt wohnen und im Erwerbsleben stehen und deshalb keinen gemeinschaftlichen Haushalt führen, der mehr verdienende Ehemann aber zum Ausgleich der jedem von ihnen zur Verfügung stehenden Mittel einen Unterhaltszuschuß an die Ehefrau leistet. In diesem Fall läßt sich, wie das RVA in seiner grundsätzlichen Entscheidung Nr. 3379 ausdrücklich eingeräumt hat, eine überwiegende Unterhaltsleistung an die Ehefrau nur dann bejahen, wenn der Zuschuß des Ehemannes mehr als 50 v. H. des Arbeitsentgelts der Ehefrau beträgt. Verdient der Ehemann nicht mehr als das Dreifache des Einkommens der Ehefrau, so ist er nicht in der Lage, durch einen die Mittel beider Eheleute gleichstellenden Zuschuß das Erfordernis des überwiegenden Unterhalts zu erfüllen, und kann infolgedessen auch kein höheres Übergangsgeld als 33 1/3 v. H. beanspruchen. Das bedeutet, daß dem mit seiner Ehefrau in häuslicher Gemeinschaft lebenden Versicherten in der Regel ein weit höheres Übergangsgeld zustände als dem getrennt lebenden, obwohl die Lebenshaltungskosten jenes Versicherten erfahrungsgemäß relativ niedriger sind. Dieses unbefriedigende Ergebnis wird bei der vom Großen Senat vertretenen Auffassung vermieden. Zu einem in gleicher Weise unbefriedigenden Ergebnis führt die abgelehnte Meinung, wenn der Versicherte des Ausgangsverfahrens als Witwer mit einer mitverdienenden minderjährigen Tochter - unter den festgestellten Einkommensverhältnissen - in Hausgemeinschaft gelebt hätte. Es ist kein einleuchtender Grund dafür ersichtlich, das Übergangsgeld anders zu bemessen, wenn es sich bei dem zum Teil mitunterhaltenen Familienangehörigen nicht um die Ehefrau, sondern um die Tochter des Versicherten gehandelt hat. Insbesondere kann die Verschiedenartigkeit der bürgerlich-rechtlichen Unterhaltsverpflichtung gegenüber dem Ehegatten einerseits (§§ 1360, 1360 a BGB) und einem minderjährigen Kinde andererseits (§§ 1601 bis 1603 BGB) eine unterschiedliche Bemessung des Übergangsgeldes nicht rechtfertigen; denn wie bereits dargelegt wurde, kommt es nach der Regelung des Gesetzes nicht auf die Unterhaltsberechtigung oder -verpflichtung, sondern auf die tatsächliche Unterhaltsgewährung an. Wird aber eine minderjährige Tochter unter den gegebenen Verhältnissen vom Vater nicht überwiegend unterhalten, weil sie mit einem Einkommen von 336,- DM den größten Teil ihres Unterhaltsbedarfs selbst bestreitet, so muß dies auch für die Ehefrau gelten. - Im Hinblick darauf, daß im Vorlagebeschluß des 1. Senats mit Recht ausgeführt ist, die Frage nach der überwiegenden Unterhaltsgewährung an den Ehegatten dürfe nicht nach grundsätzlich verschiedenen Methoden beantwortet werden, je nachdem, ob Kinder vorhanden sind oder nicht, sei schließlich noch als Beispiel ein Ehepaar angeführt, das mit drei minderjährigen Kindern von dem Arbeitsentgelt des Ehemannes von 700,- DM und demjenigen der Ehefrau von 600,- DM lebt. Nach der abgelehnten Meinung würde die Ehefrau, wenn alle Familienmitglieder gleichviel verbrauchen - ebenso wie die Kinder -, zu 7/13, also überwiegend, von dem Ehemann unterhalten werden. Es ist jedoch evident, daß die Ehefrau unter den gegebenen Umständen nicht eine den Ehemann wirtschaftlich belastende Familienangehörige, sondern eine hocheinzuschätzende Miternährerin der Familie ist.
In der vom 3. Senat in BSG 20, 148, 152 erwähnten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 24. Juli 1963 (BVerfG 17, 38 ff) sieht der Große Senat keine Stütze für die von ihm abgelehnte Meinung. In dieser Entscheidung, welche u. a. die - vom BVerfG verneinte - Frage betrifft, ob es gegen Art. 3 Abs. 1 und 3 des Grundgesetzes (GG) verstößt, daß der Anspruch auf Witwerrente in der Kriegsopferversorgung - anders als der Anspruch auf Witwenrente - von der überwiegenden Unterhaltsleistung der verstorbenen Ehefrau abhängt, führt das BVerfG aus (aaO S. 53), die Voraussetzung, daß die Verstorbene den Lebensunterhalt ihres Ehemannes überwiegend bestritten haben muß, sei im Versorgungsrecht und im Sozialversicherungsrecht "im wesentlichen inhaltsgleich" (S. 54: "praktisch von gleicher Bedeutung"), obwohl die Formulierungen voneinander abwichen "überwiegende Unterhaltsleistung für die Familie" im Sozialversicherungsrecht (§§ 593, 1266 RVO nF, § 43 AVG nF), für den "Witwer" im Versorgungsrecht (§ 43 BVG). Diesen Ausführungen ist jedoch nicht die These zu entnehmen, daß - was das BVerfG gar nicht zu entscheiden hatte und was der 3. Senat bei seiner Urteilsfällung vom 13. Februar 1964 jener Entscheidung auch nicht entnommen hat - ein Ehegatte, der den Unterhalt der Familie überwiegend bestritten habe, auch den anderen Ehegatten überwiegend unterhalten habe. Die Ausführungen sollen vielmehr nur besagen, daß für die Frage, ob die Anspruchsvoraussetzung der überwiegenden Unterhaltsleistung mit Art. 3 GG vereinbar ist, die unterschiedlichen Formulierungen in den erwähnten Vorschriften ohne Bedeutung seien; die vorgelegte Frage sei deshalb für das Versorgungsrecht im gleichen Sinne zu beantworten wie für das Sozialversicherungsrecht (BVerfG 17, 1 ff; vgl. auch BVerfG 21, 329, 342).
Aus den dargelegten Erwägungen hat der Große Senat die ihm vorgelegte Rechtsfrage wie folgt beantwortet:
Ein Ehegatte, der ohne weitere Angehörige mit dem anderen Ehegatten einen gemeinsamen Haushalt führt und sonst keine Angehörigen unterhält, hat den anderen Ehegatten nicht schon dann überwiegend unterhalten im Sinne des § 18 Abs. 2 AVG, wenn sein Beitrag zum gemeinsamen Unterhalt größer ist als die Hälfte der Summe der Beiträge beider Ehegatten; sein Beitrag muß nach Abzug der Hälfte des gemeinsamen Unterhalts größer sein als der Beitrag des anderen Ehegatten.
Der Große Senat hatte nicht zu entscheiden, ob im Rahmen des § 18 Abs. 2 AVG die Haushaltsarbeit als Unterhaltsleistung anzusehen und wie sie gegebenenfalls zu bewerten ist (vgl. zu § 43 AVG BVerfG, Urt. v. 24. Juli 1963 - BVerfG 17, 1 ff und BSG in SozR Nr. 4 zu § 1266 RVO). Die Vorlage des 1. Senats umfaßt diese Rechtsfrage nicht. Der Senat hätte die Frage auch nicht in zulässiger Weise dem Großen Senat vorlegen können, weil sie für das Ausgangsverfahren nicht entscheidungserheblich ist. Da schon ein Vergleich der von den Ehegatten zum Familienunterhalt erbrachten beiderseitigen Geldleistungen - wie dargelegt - zu dem Ergebnis führt, daß der Versicherte seine Ehefrau nicht überwiegend unterhalten hat, könnte ihm auch die wertmäßige Einbeziehung von Hausarbeiten nicht zu einem höheren Übergangsgeld verhelfen; denn nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen hat der Versicherte jedenfalls keine größere Last an solchen Arbeiten getragen als seine Ehefrau.
Fundstellen