Tenor
1. Das Verfahren wird ausgesetzt.
2. Es wird die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu folgender Frage eingeholt:
Ist § 128 Arbeitsförderungsgesetz i.d.F. des Arbeitsförderungs-Konsolidierungsgesetzes vom 22. Dezember 1981 (BGBl. I 1497) mit dem Grundgesetz vereinbar?
Tatbestand
I
Im Prozeß geht es um die Frage, ob die klagende Kommanditgesellschaft (KG) nach § 128 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) der Beklagten Arbeitslosengeld (Alg) zu erstatten hat.
Die im Jahr 1920 geborene Farmarbeiterin T. H. war seit April 1970 bei der klagenden KG beschäftigt. Ab November 1981 war sie krank und arbeitsunfähig. Der Allgemeinarzt Dr. D. in K. stellte am 12. Januar 1982 ein ärztliches Zeugnis dahin aus, daß sie aus gesundheitlichen Gründen eine leichte körperliche Tätigkeit ohne Leistungsdruck brauche. Darauf vereinbarte die KG am 25. Januar 1982 mit ihr, daß das Arbeitsverhältnis am 27. Januar 1982 in beiderseitigem Einvernehmen ende und daß keine weiteren Ansprüche bestünden. Frau H. erhielt für die Zeit vom 28. Januar bis 13. Juli 1982 Alg. Aufgrund eines Bescheides der Landesversicherungsanstalt (LVA) Niederbayern-Oberpfalz vom 9. Juli 1982 bezieht sie für die Zeit vom 1. Mai 1982 an Rente wegen Erwerbsunfähigkeit.
Mit Bescheid vom 15. Oktober 1982 forderte das Arbeitsamt R. von der KG nach § 128 AFG die Erstattung des für die Zeit vom 28. Januar bis 30. April 1982 gezahlten Alg sowie der auf diese Leistung entfallenden Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung in Höhe von zusammen 3.374,75 DM. Der Widerspruch der KG blieb erfolglos.
Das Sozialgericht (SG) Regensburg hat die Klage abgewiesen. Während des Berufungsverfahrens hat das Arbeitsamt R. mit Bescheid vom 26. Juli 1983 die Erstattung auch des für die Zeit vom 1. Mai bis 13. Juli 1982 gezahlten Alg (abzüglich des von der LVA abgeführten Betrages) und der Rentenversicherungsbeiträge in Höhe von zusammen 1.739,20 DM gefordert. Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen und die Klage gegen den Bescheid des Arbeitsamtes vom 26. Juli 1983 abgewiesen; es hat die Revision zugelassen. In den Entscheidungsgründen ist ausgeführt, der Tatbestand des § 128 Abs. 1 Satz 1 AFG sei erfüllt, keiner der Ausnahmetatbestände liege vor, § 128 Abs. 1 AFG verstoße auch nicht gegen Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG).
Mit der Revision trägt die Klägerin vor: Die Vorschrift des § 128 AFG verstoße gegen Art. 3 GG, da sie keine Ausnahmeregelung für den vorliegenden Fall enthalte. Sie, die Klägerin, wäre berechtigt gewesen, nach Ablauf der Lohnfortzahlungspflicht keine Leistungen mehr an Frau H. zu erbringen, weil diese aufgrund ihrer Arbeitsunfähigkeit die Arbeitsleistung nicht mehr habe anbieten können. Der Gesetzgeber habe es übersehen, daß auch dann ein Ausnahmetatbestand vorliege, wenn das Arbeitsverhältnis einvernehmlich aufgelöst werde, weil der Arbeitnehmer aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in der Lage sei, das Arbeitsverhältnis fortzusetzen.
Die Klägerin stellt den Antrag,
die Urteile der Vorinstanzen sowie die Bescheide des Arbeitsamtes R. vom 15. Oktober 1982 und vom 26. Juli 1983 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Auf Ersuchen des Senats hat der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung (BMAuS) die Stellungnahme vom 2. Januar 1986 abgegeben; auf diese wird Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
II
Die durch Zulassung statthafte Revision der klagenden KG ist zulässig, über ihre Begründetheit vermag der Senat nicht zu entscheiden. Er hält die hier einschlägige Vorschrift des § 128 AFG in der vom 1. Januar 1982 bis 30. April 1984 geltenden Fassung des Arbeitsförderungs-Konsolidierungsgesetzes (AFKG) vom 22. Dezember 1981 (BGBl. I 1497) – a.F. –, die durch das Gesetz zur Anpassung des Rechts der Arbeitsförderung und der gesetzlichen Rentenversicherung an die Einführung von Vorruhestandsleistungen vom 13. April 1984 (BGBl. I 610) abgelöst worden ist, für verfassungswidrig und hat deswegen nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG die Einholung einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) beschlossen.
1. Von der Gültigkeit des § 128 AFG a.F. hängt die Entscheidung des Senats ab.
Die Vorschrift sah vor, daß der Arbeitgeber, bei dem der Arbeitslose innerhalb der Rahmenfrist (drei Jahre, die dem ersten Tag der Arbeitslosigkeit unmittelbar vorausgehen, § 104 Abs. 2 und 3 AFG) mindestens zwei Jahre in einer die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung gestanden hat, der Bundesanstalt für Arbeit (BA) das Alg einschließlich der auf diese Leistung entfallenden Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung für die Zeit nach Vollendung des 59. Lebensjahres des Arbeitslosen, längstens für 312 Tage, erstattet. Abs. 1 Satz 2 enthielt einige vom Arbeitgeber nachzuweisende Ausnahmetatbestände, und in Abs. 4 war bestimmt, daß die Erstattungspflicht entfällt, wenn der Arbeitgeber nachweist, daß die Erstattung für ihn eine unzumutbare wirtschaftliche Belastung bedeuten würde. Die Voraussetzungen des § 128 AFG a.F. lagen hier vor.
Während der gesamten Rahmenfrist hatte Frau H. bei der klagenden KG in einer die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung gestanden. Sie war vom 28. Januar 1982 an arbeitslos und bezog Alg in Höhe des streitigen Erstattungsbetrages. Diese Leistung erfolgte zu Recht. Der Anspruch auf Alg bestand nach § 105 a Abs. 1 Satz 1 AFG i.d.F. des Gesetzes vom 18. August 1980 bis zur Feststellung der Erwerbsunfähigkeitsrente (EU-Rente) durch den Träger der Rentenversicherung auch dann, wenn das Leistungsvermögen der Klägerin schon bei der Arbeitslosmeldung auf Null geschrumpft war, wie von der Beklagten in einem Aktenvermerk angenommen, so daß im Berufungsurteil hierzu zu Recht keine Feststellungen getroffen wurden; auch bewirkte nach § 118 Abs. 1 Satz 2 AFG a.F. nicht schon der Rentenbeginn am 1. Mai 1982, sondern erst der Beginn der laufenden Zahlung aufgrund des Rentenbescheides vom 9. Juli 1982 das Ruhen des Alg. Am Tage des Beginns der Arbeitslosigkeit hatte sie das 59. Lebensjahr vollendet. Die von der Beklagten begehrte Erstattung überschreitet nicht die Alg-Dauer von 312 Tagen. Nach den Feststellungen des LSG lagen „die den Anspruch ausschließenden Ausnahmetatbestände des § 128 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 bis 4 AFG a.F. … nicht vor” und brachte die Erstattungspflicht auch keine wirtschaftlich unzumutbare Belastung mit sich, so daß die Ausnahmevorschrift des Abs. 4 nicht gegeben war. Diese von der Revision nicht angegriffenen Ausführungen lassen Rechtsfehler nicht erkennen. Zur Verneinung des § 128 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 AFG a.F. bedurfte es keiner näheren Ausführungen zur fristlosen Kündigung aus wichtigem Grund. Denn bei der hierbei erforderlichen Abwägung ist die Belastung des Arbeitgebers durch die Erstattungspflicht des § 128 AFG nicht zu berücksichtigen, worauf in anderem Zusammenhang noch eingegangen werden soll, Damit kam wegen der durch Leistungsminderung bedingten fehlenden Einsatzmöglichkeit nur eine fristgemäße Kündigung in Betracht.
Entspräche § 128 AFG a.F. dem GG, so müßte der Senat die Revision der klagenden KG als unbegründet zurückweisen, weil in diesem Fall die Vorinstanzen zutreffend die angefochtenen Bescheide als rechtmäßig betrachtet und die Klage abgewiesen hätten.
Ist dagegen § 128 AFG a.F. verfassungswidrig, so fehlt es an einer die Erstattungspflicht begründenden Rechtsvorschrift, und auf die Revision hin sind unter Änderung der ergangenen Urteile die angefochtenen Bescheide ersatzlos aufzuheben.
2. § 128 AFG a.F. verstößt gegen Art. 3 GG. Diese Vorschrift gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln; demgemäß ist dieses Grundrecht vor allem dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, daß sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (BVerfGE 55, 72, 88; 68, 287, 301 m.w.N., st.Rspr). Dabei ist Art. 3 GG nicht schon dann verletzt, wenn der Gesetzgeber eine zweckmäßigere Lösung hätte treffen können (BVerfGE 54, 11, 26), sondern erst dann, wenn die Lösung des Gesetzes mit dem Gedanken der Gerechtigkeit unverträglich ist (BVerfGE 56, 87, 95). Das ist hier der Fall.
§ 128 AFG a.F. erlegte bestimmten Arbeitgebern eine Zahlungspflicht auf. Diese charakterisiert die Begründung zum AFKG dahin, daß „künftig der bisherige Arbeitgeber das Risiko der Arbeitslosigkeit seines bei ihm langjährig beschäftigten Arbeitnehmers zu tragen” habe (BT-Drucks 9/846, S. 45). Nach der Begründung der Bundesregierung zur Änderung des § 128 AFG durch das AFKG sollte durch die Neufassung „insbesondere der in den letzten Jahren ständig zunehmenden Übung entgegengewirkt werden, die gesetzliche Regelung über das vorgezogene Altersruhegeld für Arbeitslose zur Änderung der betrieblichen Personalstruktur zu nutzen”, da insbesondere Betriebsvereinbarungen der Großbetriebe (über die 59er-Regelung) „zu einer erheblichen finanziellen Belastung der Arbeitslosen- und Rentenversicherung geführt” hätten (a.a.O.). Nach Auffassung der Beklagten ergeben sich die Zahlungspflicht und die Risikoübertragung aus einer durch § 128 a.F. vorgenommenen Ausdehnung der Pflicht des Arbeitgebers zur Fürsorge für den Arbeitnehmer. Letztlich kann offenbleiben, ob die Belastung des Arbeitgebers in der Zahlungspflicht, der Risikoübertragung oder der Ausdehnung der Fürsorgepflicht – oder auch in einer Zusammenschau dieser drei Tatbestände – liegt.
Gleichgültig, in welchem Sinne die Belastung zu verstehen ist, es fehlt jedenfalls an einem sachlichen Grund, diese Belastung nur den in § 128 AFG a.F. genannten Arbeitgebern aufzuerlegen. Da die Belastung durch § 128 AFG a.F. nur diejenigen Arbeitgeber traf, die einen zehn Jahre lang beschäftigten Arbeitnehmer in den letzten drei Jahren mindestens zwei Jahre beschäftigt hatten, deren Arbeitnehmer dann Alg bezog und das 59. Lebensjahr vollendet hatte, ist diese Gruppe der Gruppe aller anderen Arbeitgeber gegenüberzustellen. Zwischen beiden Gruppen bestehen indes keine Unterschiede, die eine so gewichtige Ungleichbehandlung rechtfertigen könnten.
Die Vermeidung mißbräuchlicher Inanspruchnahme der Sozialversicherung kann die Unterscheidung nicht rechtfertigen. Dabei kann dahinstehen, inwieweit in einem rechtstechnischen Sinne oder in einem weiteren Sinne überhaupt ein Rechtsmißbrauch vorliegt. Nach der vor Einfügung des § 128 AFG a.F. ergangenen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zum wichtigen Grund im Sinne der Sperrzeitregelung des § 119 AFG konnte die 59er-Regelung nicht als Rechtsmißbrauch bezeichnet werden (Urteil vom 17. Februar 1981 SozR 4100 § 119 Nr. 14). Weder § 128 AFG a.F. noch dessen Gesetzesmaterialien ergeben, daß der Gesetzgeber nunmehr die 59er-Regelung als Rechtsmißbrauch gewertet wissen will. Die Vorschrift ist jedenfalls nicht vorrangig eine verhaltenssteuernde Norm. Sie soll nicht verhindern, daß ältere Arbeitnehmer vorzeitig in den Ruhestand gehen. Das bestätigt das Vorruhestandsgesetz. § 128 AFG a.F. will auch nicht verhindern, daß die Arbeitnehmer hierfür Mittel der Sozialversicherung in Anspruch nehmen; die Vorschrift bewirkt, daß ein älterer Arbeitnehmer, der seinen Arbeitsplatz im Interesse jüngerer Arbeitnehmer aufgibt, und der dementsprechend zu einer anderweitigen Arbeit auch nur bereit sein wird, soweit dadurch nicht die Interessen jüngerer Arbeitnehmer an einem Arbeitsplatz beeinträchtigt werden, Anspruch auf Alg hat. Die Wertung als mißbräuchliche Ausnutzung des sozialen Sicherungssystems in der Stellungnahme des BMAuS, da diese Arbeitslosen in der Regel nur deshalb Arbeitslosengeld erhielten, weil im allgemeinen nicht nachgewiesen werden könne, daß sie entgegen ihrer ausdrücklichen Erklärung nicht arbeitsbereit seien, wird dem nicht gerecht. Das Gesetz begnügt sich vielmehr damit, die Kosten der insoweit anfallenden Sozialleistung allein den von § 128 AFG a.F. betroffenen Arbeitgebern aufzuerlegen.
Es ist auch nicht ersichtlich, daß die Beklagte gerade durch 59 Jahre alte Alg-Bezieher außerordentlich und unzumutbar belastet würde. Zwar dürfte in Zeiten ohne nennenswerte Arbeitslosigkeit die 59er-Regelung dazu benutzt worden sein, ältere Arbeitnehmer aus dem Arbeitsverhältnis freizusetzen und jüngere Kräfte für den Betrieb zu gewinnen, ohne daß dies einen arbeitsmarktentlastenden Effekt hätte haben können, weil die angestellten jüngeren Arbeitskräfte auch ohne diese Maßnahme nicht arbeitslos geblieben wären; in Zeiten verbreiteter Arbeitslosigkeit führt dagegen die Entlassung älterer Arbeitnehmer zu arbeitsmarktpolitisch erwünschten Effekten und bewirkt keine wesentliche Belastung der Beklagten, weil entweder jüngere, bisher arbeitslose Bewerber eingestellt oder die jüngeren Beschäftigten nicht – anstelle der älteren Arbeitnehmer – entlassen werden (vgl. dazu Buchner, in Buchner/Hanau, Die Erstattungsforderung der Bundesanstalt für Arbeit im Konflikt mit Verfassung und Sozialordnung, V 2 c, S. 28 f). Das 59er-Modell dient während der Phase verbreiteter Arbeitslosigkeit nur dazu, die Auswahl der in die Arbeitslosigkeit zu entlassenden Arbeitnehmer zu beeinflussen, so daß statt der jüngeren die älteren Arbeitnehmer freigesetzt werden. Dadurch entstehen der Beklagten aber – im Gesamtergebnis – keine wesentlichen Folgekosten. Folgekosten entstehen allenfalls den Rentenversicherungsträgern; das kann indes eine Leistung an die BA nicht rechtfertigen. Eine wesentliche Mehrbelastung der BA erfolgt nur in den Fällen, in denen ältere Arbeitnehmer freigesetzt werden, um arbeitslose Berufsanfänger, die noch keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld erworben haben, einzustellen. Es wäre jedoch mit dem Gerechtigkeitsgedanken nicht zu vereinbaren, wenn der Gesetzgeber es einerseits beanstandet, daß der Arbeitgeber wegen der geringeren Lohnansprüche junger Arbeitnehmer an deren Einstellung vorrangig interessiert ist, selbst aber allein aus fiskalischen Erwägungen auf die Beschäftigung älterer Arbeitnehmer hinwirken würde, weil Berufsanfänger erfahrungsgemäß noch keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld haben.
Unter diesen Umständen ist die Mißbrauchsverhinderung kein willkürausschließender sachlicher Grund für eine den Arbeitgeber erheblich belastende Regelung, die über den angeblichen Mißbrauchstatbestand der Verjüngung hinaus allgemein gelten soll.
Für die Regelung des § 128 AFG fehlt es auch unter dem Gesichtspunkt der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers oder einer Risikoübertragung an einem sachlichen Grund: Dem Bundesgesetzgeber steht zwar bei Ausgestaltung der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers in Ausübung seiner Gesetzgebungskompetenz für das Arbeits- und Sozialrecht ein weiter Gestaltungsspielraum zu, insbesondere bei Ausgestaltung einer gesteigerten Fürsorgepflicht für ältere langjährig beschäftigte Arbeitnehmer. Das BVerfG hat es als zulässig angesehen, wenn dem Arbeitgeber Kinderzuschläge zum Arbeitslohn gesetzlich auferlegt würden (BVerfGE 11, 103, 115) oder daß der Gesetzgeber den Arbeitgeber zur Einstellung von Schwerbehinderten verpflichtet (BVerfGE 57, 139, 159). Die Verfassungsmäßigkeit der Lohnfortzahlung bei Krankheit war niemals zweifelhaft. Gleichwohl kann dahinstehen, ob der Gesetzgeber in den Fällen des § 128 AFG a.F. eine Lohnfortzahlung für ein Jahr hätte anordnen können. Denn die hier streitige Erstattung des Alg ist gegenüber einer solchen Lohnfortzahlung nicht nur ein Minus, sondern etwas anderes. Sie ist insbesondere mit der Lohnfortzahlung bei Krankheit unvergleichbar.
Der § 128 AFG a.F. verbessert anders als das Lohnfortzahlungsgesetz nicht die Ansprüche der betroffenen Arbeitnehmer im Hinblick auf deren Schutzbedürftigkeit und deren Schutzwürdigkeit, da diese weiterhin nur Alg oder Arbeitslosenhilfe (Alhi) erhalten. Beim Lohnfortzahlungsgesetz sprach gerade der Versicherungsgedanke dafür, das Krankheitsrisiko für regelmäßig zu erwartende kurzfristige Bagatellerkrankungen aus der Sozialversicherung herauszunehmen; allerdings wurde hier für Kleinbetriebe eine Rückversicherung ermöglicht. Demgegenüber betrifft § 128 AFG a.F. ein Risiko, das nur selten auftritt und im Einzelfall zu einer erheblichen Belastung führt. Gründe, dieses Risiko zwar noch sozialversicherungsrechtlich abzufangen, die hierdurch entstehenden Kosten aber dem Arbeitgeber zusätzlich zu der bestehenden Beitragspflicht aufzuerlegen, sind nicht ersichtlich. Ein Grundsatz, daß der Arbeitgeber für langjährig beschäftigte ältere Arbeitnehmer aufgrund der dadurch gesteigerten Fürsorgepflicht zu einem höheren Anteil zu den Lasten der Sozialversicherung herangezogen wird, ist dem Sozialversicherungsrecht fremd.
Die Erstattungspflicht des § 128 AFG a.F. kann auch nicht damit begründet werden, daß der BA bei der Freisetzung älterer langjähriger Arbeitnehmer höhere Kosten erwachsen würden als bei der Freisetzung anderer Arbeitnehmer. Dem jüngeren wie dem älteren Entlassenen ist, wenn die Voraussetzungen vorliegen, Alg zu zahlen, und zwar in der Regel für einen gleich langen Zeitraum. Das Risiko der BA, für den vollen Zeitraum des § 106 AFG Leistungen erbringen zu müssen, ist bei einem über 59 Jahre alten Arbeitslosen etwas geringer; denn bei diesem wird in der Regel vor Ablauf der Bezugsdauer das vorzeitige Altersruhegeld (§ 1248 Abs. 2 Reichsversicherungsordnung –RVO–) einsetzen und nach § 118 Abs. 1 Nr. 4 AFG den Anspruch auf Alg zum Ruhen bringen. Ein solcher Unterschied im Risiko fällt aber praktisch nicht ins Gewicht.
Schließlich unterscheidet sich die Gruppe der von § 128 AFG a.F. betroffenen Arbeitgeber nicht dadurch von der Gruppe der anderen, nicht von der Vorschrift erfaßten Arbeitgeber, daß das soziale Schutzbedürfnis der mindestens 59 Jahre alten, betriebstreuen Arbeitnehmer größer sei als das aller anderen. Die 59 Jahre alten und älteren Arbeitnehmer sind eher weniger schutzbedürftig als die jüngeren. Sie sind durch Alg und vorzeitiges Altersruhegeld (§ 1248 Abs. 2 RVO) in ihrer wirtschaftlichen Existenz gesichert. Die langjährige Betriebszugehörigkeit führt in vielen Fällen zu einem Anspruch auf eine Betriebsrente und ist bei der Suche nach einem neuen Arbeitsplatz als Beweis der Zuverlässigkeit vielfach förderlich. Der § 128 AFG a.F. sollte nicht die Arbeitnehmer, sondern die Finanzlage der BA schützen, was die Begründung der Bundesregierung bestätigt: Die (zu ergänzen: schon vorhandene) Sicherung für den Fall der Arbeitslosigkeit älterer Arbeitnehmer sollte für eine begrenzte Zeit dem bisherigen Arbeitgeber übertragen werden (BT-Drucks 9/846, S. 45).
Der Gesetzgeber hat auch nicht etwa unbeabsichtigt dem Schutz der älteren Arbeitnehmer und Arbeitslosen gedient. Die (sozial- und arbeits-)rechtliche Situation dieser Personen, die schon immer günstiger war als die der jüngeren, ist durch § 128 AFG a.F. nicht weiter verbessert worden. Allerdings wird die drohende Erstattungspflicht den Arbeitgeber häufig veranlassen, anstelle des älteren einen jüngeren Arbeitnehmer zu entlassen. Ob das für den älteren Arbeitnehmer, der wegen § 119 AFG das Arbeitsverhältnis nicht seinerseits lösen darf, erstrebenswert ist, dürfte fraglich sein. Die Erstattungspflicht widerspricht aber jedenfalls den Interessen der jüngeren Arbeitnehmer oder der sonst einzustellenden Berufsanfänger. Der durch die Erstattungspflicht faktisch bewirkte Schutz der älteren langjährigen Arbeitnehmer geht zu ihren Lasten; insoweit ist das Ausmaß der Ungleichbehandlung unverhältnismäßig und damit nicht durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt.
All das und die Ausrichtung der Regelung auf die einvernehmliche Aufhebung des Arbeitsverhältnisses im Rahmen der 59er-Regelung zeigt, daß der Gesetzgeber nicht die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers und dementsprechend die Interessen der jüngeren und älteren Arbeitnehmer im Blickfeld hatte, sondern allein die Finanzen der Sozialversicherungsträger. Der Gesetzgeber war bemüht, durch die Einführung des § 128 AFG a.F. wie überhaupt durch das AFKG der beklagten BA aus finanziellen Schwierigkeiten zu helfen. Dazu hätten ihm an sich verschiedene Möglichkeiten zur Verfugung gestanden, insbesondere – als versicherungsgemäße Maßnahmen – die Erhöhung der Beiträge, die Einbeziehung weiterer Zahlungspflichtiger und/oder die Herabsetzung der Leistungen. Der auf das Verhältnis zwischen BA und Arbeitgeber beschränkte Ausschluß der Leistungspflicht der Beklagten war aber willkürlich.
§ 128 AFG a.F. weicht auch von der vom Gesetz selbst gewählten Sachgesetzlichkeit ab. Ein solches Abweichen kann vor dem Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG nur dann Bestand haben, wenn das Gewicht der für die Abweichung sprechenden Gründe der Intensität der getroffenen Ausnahmeregelung entspricht (BVerfGE 18, 366, 372, stRspr, zuletzt 67, 70, 85).
Im Recht der Arbeitslosenversicherung ist die Erstattungsregelung des § 128 AFG a.F. systemfremd. Sie widerspricht sowohl der Struktur der Leistungsbeziehungen (alleinige Leistungsträgerschaft der BA) als auch den grundlegenden Prinzipien der Finanzierung (Aufbringung der Mittel durch Arbeitgeber und Arbeitnehmer). Obwohl die Arbeitgeber das Risiko der Arbeitslosigkeit ihrer Arbeitnehmer durch finanzielle Beteiligung (Beitragsaufkommen) am Aufwand der BA bereits mittragen, werden sie für einen Teilbereich – Auflösung von Arbeitsverhältnissen nach dem 59er Modell – zur vollen Übernahme der Kosten der Arbeitslosigkeit herangezogen. Die Leistungspflicht der BA gegenüber den Arbeitnehmern bleibt dabei unberührt. Für diesen Systembruch gibt es keine entsprechend gewichtigen Sachgründe. Zur Behebung der finanziellen Schwierigkeiten der BA hätte es, wie ausgeführt, eine Vielzahl von anderen Möglichkeiten im Rahmen des Systems der Arbeitslosenversicherung gegeben.
Das Risiko des Einkommensverlustes durch Arbeitslosigkeit ist seit langem Gegenstand der Arbeitslosenversicherung. Der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers wird in diesem Bereich durch die Pflicht zur Zahlung des Arbeitgeberanteils am Beitrag Rechnung getragen. Bei langjähriger Beschäftigung steigt die Beitragslast des Arbeitgebers. Es ist deshalb nicht einzusehen, warum der Arbeitgeber grundsätzlich die Kosten der Arbeitslosenunterstützung (Alg und nach § 134 Abs. 4 AFG Alhi) ehemaliger Arbeitnehmer nach Vollendung des 59. Lebensjahres übernehmen soll, insbesondere dann, wenn er schon eine besonders lange Zeit Beiträge zur Arbeitslosenversicherung entrichtet hat. Dem kann auch nicht entgegengehalten werden, daß sonst die nicht vorzeitig Pensionierten die Versicherungsleistungen für die Begünstigten des 59er Modells mitfinanzieren müßten. Denn es ist gerade der Sinn der Sozialversicherung, daß die Verdienenden die Leistungen an die nicht mehr Verdienenden aufbringen.
Daß es in Wahrheit keine allgemeine Einstandspflicht des Arbeitgebers für die Arbeitslosigkeit langjährig Beschäftigter gibt, zeigt sich, wie Buchner (a.a.O., S. 55) darlegt, an der Beschränkung des § 128 AFG a.F. auf das 59. Lebensjahr und der fehlenden Staffelung zwischen Beschäftigungsdauer und Erstattungsumfang: Wäre die langjährige Beschäftigung das Entscheidende, müßte es für die Erstattungspflicht nicht auf ein bestimmtes Alter des Arbeitnehmers, sondern auf eine bestimmte Dauer der Beschäftigung ankommen. Eine nur zehnjährige Beschäftigung kann aber bereits zur Erstattungspflicht führen, während selbst eine zwanzigjährige Beschäftigung keine Erstattungspflicht auslöst, wenn das Arbeitsverhältnis mehrere Jahre vor Vollendung des 59. Lebensjahres beendet ist.
Gleichheitswidrig ist auch der Widerspruch des § 128 AFG a.F. zum Arbeitsrecht, insbesondere zum Kündigungsrecht. Die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers endet, wenn der Arbeitnehmer die Nichtleistung der Arbeit zu vertreten hat. So besteht nach dem Lohnfortzahlungsgesetz kein Anspruch auf Lohnfortzahlung bei selbstverschuldeter Krankheit. Demgegenüber greift die Erstattungspflicht auch dann ein, wenn der Arbeitnehmer ein anderweitiges Arbeitsangebot ohne wichtigen Grund abgelehnt hat und deswegen eine Sperrzeit verhängt wurde. Inwieweit der Arbeitgeber verpflichtet ist, ein Arbeitsverhältnis fortzusetzen und so den Arbeitnehmer vor Arbeitslosigkeit zu bewahren, ist im Kündigungsrecht geregelt. Der Widerspruch des § 128 AFG a.F. zum Kündigungsschutzrecht zeigt sich dort, wo die Entlassung eines Arbeitnehmers, z.B. nach § 1 Kündigungsschutzgesetz, rechtmäßig und sozial gerechtfertigt ist, dem Arbeitgeber aber, wenn die Voraussetzungen des § 128 AFG a.F. vorliegen, trotzdem die Erstattungspflicht auferlegt wird. Daß ein nach arbeitsrechtlichen Gesichtspunkten rechtmäßiges Verhalten auf dem Gebiet der Sozialversicherung mit einer Sanktion belegt wird, ist willkürlich. Wenn dem Arbeitgeber in Abwägung seiner Belange gegen die des Arbeitnehmers unter Berücksichtigung aller Umstände, also auch der Dauer der Betriebszugehörigkeit und des Alters des Arbeitnehmers, die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nur bis zu einem gewissen Zeitpunkt zugemutet wird, zu dem dann die ordentliche Kündigung als sozial gerechtfertigt angesehen wird, und wenn dann die Erstattungspflicht allein aufgrund der bereits berücksichtigten Faktoren der Beschäftigungsdauer und des Alters noch hinzugefügt wird, so liegt auch darin ein gleichheitswidriger Wertungswiderspruch. Auch ist es mindestens zweckwidrig, von dem Arbeitgeber zu verlangen, einen unrentablen Arbeitsplatz nur deshalb aufrechtzuerhalten, weil ein 59 Jahre alter Arbeitnehmer diesen innehat.
Widersprüchlich erscheint auch die unterschiedliche Behandlung von Arbeitgeber und Arbeitnehmer bei einverständlicher Auflösung des Arbeitsverhältnisses. Die weite Fassung des § 128 AFG a.F. kann dazu führen, daß der Arbeitgeber zur Erstattung des Alg verpflichtet ist, obwohl dem jeweiligen Arbeitslosen keine Sperrzeit nach § 119 AFG auferlegt wurde und auferlegt werden konnte, weil die Beendigung des Arbeitsverhältnisses – der der Arbeitnehmer zugestimmt hatte – als gerechtfertigt anerkannt werden mußte. Ein Beispiel für einen derartigen Fall gibt das schon erwähnte Urteil des BSG SozR 4100 § 119 Nr. 14: Dem Kläger war eine Sperrfrist auferlegt worden, weil er der Aufhebung seines Arbeitsverhältnisses zugestimmt hatte; wäre der Kläger nicht von sich aus ausgeschieden, hätte ein jüngerer Arbeitnehmer entlassen werden müssen. Das BSG hat einen wichtigen Grund i.S. des § 119 Abs. 1 Satz 1 AFG angenommen und die Aufhebung des Sperrzeitbescheides gebilligt. In einem vergleichbaren Fall, der sich während der Geltung des § 118 AFG a.F. ereignet hätte, wäre dem Arbeitgeber die Erstattungspflicht auferlegt worden.
Die Einschränkung der Erstattungspflicht im Abs. 4 des § 128 AFG a.F. reicht nicht aus, um die in Abs. 1 Satz 1 liegende Ungleichbehandlung soweit zu mildern, wie es aus verfassungsrechtlichen Gründen geboten wäre. Die Vorschrift sieht vor, daß die Erstattungspflicht entfällt, wenn der Arbeitgeber nachweist, daß die Erstattung für ihn eine unzumutbare wirtschaftliche Belastung bedeuten würde. Eine solche Belastung soll insbesondere vorliegen, wenn die Existenz des Betriebes gefährdet wäre, wenn öffentliche Kredite oder Bürgschaften oder öffentliche Anpassungshilfen geleistet werden (Abs. 4 Satz 2) sowie dann, wenn grundsätzliche Betriebsänderungen zu einem erheblichen Personalabbau zwingen und das Unternehmen in der letzten Zeit nachhaltig Verluste hinnehmen mußte (Dienstblatt-Runderlaß der BA 12/82 vom 22. Dezember 1981, Textziffer 3.23, Abs. 4).
Eine Regelung, die eine Gruppe von Arbeitgebern gleichheitswidrig belastet, kann aber nicht dadurch gerechtfertigt werden, daß sie auf wirtschaftlich potente Arbeitgeber beschränkt wird. Wie ein triftiger Grund, der zum Widerruf einer Versorgungszusage berechtigt, nicht erst dann anzunehmen ist, wenn sich das Trägerunternehmen in einer schweren wirtschaftlichen Notlage befindet (BVerfGE 65, 196, 216), kann der Gesetzgeber auch von der Auferlegung einer Erstattungspflicht nicht nur für den Fall einer unzumutbaren wirtschaftlichen Belastung absehen, zumal es einen unverhältnismäßigen Eingriff in den grundgesetzlich geschützten Bereich wirtschaftlicher Betätigungsfreiheit darstellt, wenn der Arbeitgeber zur Abwendung der Zahlungspflicht gezwungen wird, seine wirtschaftliche Notlage offenzulegen und gerichtlicher Nachprüfung zu unterbreiten (BVerfG a.a.O., S. 217).
3. § 128 AFG a.F. ist weiterhin als Berufsausübungsregelung i.S. des Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG (vgl. BVerfGE 57, 139, 158) verfassungswidrig. Eine solche ist nach der Rechtsprechung des BVerfG nur zulässig, wenn sie durch hinreichende Gründe des Gemeinwohles gerechtfertigt ist, die gewählten Mittel zur Erreichung des verfolgten Zweckes geeignet und erforderlich sind und die Grenze der Zumutbarkeit gewahrt wird (BVerGE 68, 155, 171). Das ist, wie ausgeführt, nicht der Fall. Im übrigen greift § 128 AFG a.F. in den Fällen, in denen vereinbarungsgemäß der Arbeitnehmer kündigt, nicht ein; die dann allenfalls in Betracht kommende Sperrzeit belastet weit weniger als der Erstattungsanspruch. Gerade Großbetriebe werden das zu nutzen wissen. Die Vorschrift ist insoweit nicht geeignet, die gewünschte Risikoverlagerung zu bewirken.
4. Schließlich ist § 128 AFG a.F. nicht mit dem Eigentumsschutz des Art. 14 GG vereinbar, da er eine übermäßige „Sonderabgabe” einführt. Der 2. Senat des BVerfG hat die Inanspruchnahme einer bestimmten gesellschaftlichen Gruppe durch außersteuerliche Abgaben von einer Reihe von Voraussetzungen abhängig gemacht, unter denen hier besonders die sogenannte gruppennützige Verwendung des Abgabenaufkommens wesentlich ist; von dieser darf nur abgesehen werden, wenn die Natur der Sache eine finanzielle Inanspruchnahme zu Gunsten fremder Begünstigter aus triftigen Gründen eindeutig rechtfertigt (BVerfGE 55, 274, 307; 67, 256, 276). Der Zahlungseingang aus der Erstattungspflicht des § 128 AFG a.F. wird nicht gruppennützig verwendet, sondern fließt der BA und damit der Gemeinschaft aller Versicherten zu. Die belastete Gruppe – Arbeitgeber, die einen älteren Arbeitnehmer entlassen – wird durch das Aufkommen nicht begünstigt. Fremdnützige Abgaben sind, soweit ihnen nicht schon Bedenken aus den Grundrechten entgegenstehen, unzulässig. Das alles gilt jedenfalls für diejenigen Sonderabgaben in vollem Umfang, die einen Finanzierungszweck – sei es als Haupt- oder Nebenzweck – verfolgen (BVerfGE 67, 256, 278). Für Sonderabgaben mit Antriebsfunktion (die z.B. die Arbeitgeber anhalten sollen, bei ihnen beschäftigte Schwerbehinderte auch in solchen Fällen nicht zu kündigen, in denen dies nach § 12 Schwerbehindertengesetz zulässig wäre) oder Ausgleichsfunktion (wenn z.B. die Belastungen zwischen denjenigen Arbeitgebern, die ihrer Verpflichtung zur Beschäftigung Schwerbehinderter genügen, und denjenigen, die diese Verpflichtung nicht erfüllen, ausgeglichen werden sollen) gelten nach einer Entscheidung des 1. Senats des BVerfG (BVerfGE 57, 139, 166 ff) die genannten Voraussetzungen nicht unmittelbar. Da bei der Auferlegung der Erstattungspflicht der Gesetzgeber in erster Linie deren Finanzierungsfunktion im Auge hatte, wie sich aus der Begründung der Bundesregierung ergibt, eine daneben etwa noch bestehende Antriebsfunktion zurücktritt und von einer Ausgleichsfunktion überhaupt nicht die Rede sein kann, handelt es sich hier um eine unzulässige Sonderabgabe.
5. Die Erstattungspflicht des § 128 AFG a.F. ist zumindest insoweit verfassungswidrig, als sie auch eintritt, wenn das Arbeitsverhältnis aufgelöst wird, weil der Arbeitnehmer zu seiner vertraglichen Arbeitsleistung nicht mehr in der Lage ist und auch anderweitig im Betrieb nicht beschäftigt werden kann. Auch wenn die Norm nur in diesem eingegrenzten Bereich verfassungswidrig wäre, würde die Entscheidung des Senats hiervon abhängen. Ist die Norm auch insoweit verfassungsgemäß, so muß der Senat das angefochtene Urteil bestätigen. Auf das Klagevorbringen, die Versicherte sei zur vertraglichen Arbeitsleistung aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in der Lage gewesen und eine Umsetzung sei nicht möglich gewesen, kommt es dann schon aus Rechtsgründen nicht an. Ist die Norm aber insoweit verfassungswidrig, so wäre das Vorbringen rechtserheblich. Das LSG hat hierzu lediglich festgestellt, daß die Versicherte den Arbeitsanforderungen aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr gewachsen war, und als Behauptung der Klägerin, die Versicherte sei zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses aus gesundheitlichen Gründen ungeeignet gewesen, was wohl die Verneinung einer Umsetzungsmöglichkeit einschließt. Die im Berufungsverfahren substantiiert angegriffene Feststellung des SG, es müsse außer jedem Zweifel möglich sein, einen anderen Arbeitsplatz im Betrieb zu finden, hat das LSG jedenfalls nicht übernommen. Bei Teilverfassungswidrigkeit müßte damit der Rechtsstreit zurückverwiesen werden.
An einem sachlichen Grund für die Erstattungspflicht fehlt es insbesondere dann, wenn eine weitere Beschäftigung dem Arbeitgeber unmöglich ist, weil der Arbeitnehmer, wenn auch unverschuldet aus gesundheitlichen Gründen, zur vertragsgemäßen Arbeit nicht in der Lage ist und im Betrieb auch anderweitig nicht beschäftigt werden kann. Die Einschränkung des Erstattungstatbestandes in § 128 Abs. 1 Satz 2 AFG a.F. schafft keinen Ausgleich: Nach Abs. 1 Satz 2 wird keine Zahlungspflicht begründet, wenn das Arbeitsverhältnis weniger als 10 Jahre gedauert hat (Nr. 1), durch eine vom Arbeitnehmer ausgesprochene Kündigung beendet worden ist, ohne daß eine Abfindung gezahlt worden ist (Nr. 2), durch eine vom Arbeitgeber wegen vertragswidrigen Verhaltens des Arbeitnehmers ausgesprochene Kündigung (Nr. 3) oder in einer Situation beendet worden ist, in der der Arbeitgeber berechtigt war, das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist zu kündigen (Nr. 4). In diesen Fällen soll die Übernahme des sozialen Schutzes des Arbeitnehmers bei Arbeitslosigkeit nicht – von dem Arbeitgeber – erwartet werden können (BT-Drucks a.a.O.).
Zwar sieht § 128 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 AFG a.F. den Ausschluß der Erstattungspflicht für den Fall vor, daß der Arbeitgeber berechtigt war, aus wichtigem Grund zu kündigen. Damit werden aber die Situationen, in denen dem Arbeitgeber nicht zugemutet werden kann, das Arbeitsverhältnis fortzusetzen, nicht ausreichend erfaßt. Ist als wesentliche Bedingung für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses der Umstand anzusehen, daß die Leistungsfähigkeit des Arbeitnehmers infolge von Krankheit, Alter oder anderen Umständen nachgelassen hat, dieser also nur noch beschränkt verwendungsfähig ist und daß für seine Arbeitskraft im Betrieb kein Bedarf mehr besteht, dann wird diese Fallgruppe ohne rechtfertigenden Grund unterschiedlich behandelt. Der Arbeitgeber kann in zwei Rechtsformen kündigen. Unter besonderen Bedingungen ist die fristlose Kündigung aus wichtigem Grund (§ 626 Bürgerliches Gesetzbuch –BGB–) möglich; nach der Rechtsprechung des BAG ist dabei ein besonders strenger Maßstab anzulegen (Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch, 5. Aufl, § 125 VII 21). Anderenfalls ist die ordentliche Kündigung gegeben (hierzu Schaub, § 129 II 5 und § 130 II 14). Ob die zur Kündigung veranlassende Situation eine fristlose oder nur eine ordentliche Kündigung – wegen Wegfalls der erforderlichen Leistungsfähigkeit – rechtfertigt, hängt von dem Zeitpunkt ab, zu dem ordentlich gekündigt werden kann, und wird in aller Regel vom Verhalten und vom Einfluß des Arbeitgebers unabhängig sein. Wie aus der Sicht des Arbeitgebers und der Beklagten ein wesentlicher Unterschied zwischen den Sachverhalten für fristlose und ordentliche Kündigung – im Hinblick auf eine Erstattungspflicht des Arbeitgebers – begründet werden soll, ist nicht zu erkennen und ergibt sich insbesondere nicht aus der Begründung des Regierungsentwurfs.
Anhaltspunkte dafür, daß in dem hier streitigen Fall die ordentliche Kündigung ausgeschlossen war oder eine besonders lange Kündigungsfrist galt, sind nicht ersichtlich. Damit muß der Senat davon ausgehen, daß dem Arbeitgeber zumindest die Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist zuzumuten war. Insoweit ist das Interesse an der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses gegen das Interesse des anderen Teils an einer fristlosen Beendigung abzuwiegen. Nach dem bisher geltenden Recht, das den Arbeitgeber bei Versagung der außerordentlichen Kündigung und Einräumung der ordentlichen Kündigung nur zur Lohnfortzahlung bis zum Ablauf der Kündigungsfrist verpflichtete, konnte es nicht zweifelhaft sein, daß dieses Interesse des Arbeitgebers für eine fristlose Kündigung nicht ausreichte. Im Hinblick auf § 128 AFG a.F. bedeutet die Versagung der fristlosen Kündigung, daß der Arbeitgeber mit der Erstattungspflicht belastet wird. Würde diese den Arbeitgeber erheblich treffende Erstattungspflicht in die Abwägung mit einbezogen, so würde die fristlose Kündigung wegen Krankheit erheblich erleichtert. Das war vom Gesetzgeber sicherlich nicht gewollt. Desgleichen verbietet sich die Annahme, daß die Erstattungspflicht zwar bei der Abwägung in unmittelbarer Anwendung des § 626 BGB im Arbeitsrecht unberücksichtigt zu bleiben habe, aber bei einer Anwendung des § 626 BGB im Rahmen des § 128 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 AFG a.F. zu berücksichtigen sei. Denn § 128 AFG a.F. ordnet nicht eine entsprechende Anwendung des § 626 BGB an, sondern stellt unmittelbar auf eine nach dieser Vorschrift bestehende Kündigungsmöglichkeit ab.
6. Die Erstattungspflicht ist erst recht insoweit verfassungswidrig, als sie auch dann eingreift, wenn der Versicherte wegen einer nicht nur vorübergehenden Minderung seiner Leistungsfähigkeit keine längere als eine kurzzeitige Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes ausüben kann, und weder Berufsunfähigkeit noch Erwerbsunfähigkeit im Sinne der gesetzlichen Rentenversicherung von dem zuständigen Rentenversicherungsträger festgestellt worden ist (vgl. § 105 a Abs. 1 AFG). Auch insoweit ist die Gültigkeit des § 128 AFG a.F. entscheidungserheblich. Nach einem Vermerk in den Leistungsakten (Bl. 16) war das Leistungsvermögen der Versicherten auf Null gemindert. Wenn das LSG hierzu keine Feststellungen getroffen hat, so kann dies nach dem Gesamtinhalt des Berufungsurteils nur dahin verstanden werden, daß es die Leistungsminderung auch insoweit als rechtlich unerheblich ansah. Wäre die Erstattungspflicht für diesen Tatbestand verfassungswidrig, so käme es hierauf an, und der Senat mußte den Rechtsstreit zur weiteren Sachverhaltsaufklärung an das Berufungsgericht zurückverweisen.
Für diesen Tatbestand erscheint die Erstattungspflicht in ganz besonderem Maße sachwidrig. Denn es handelt sich nur formal um ein Risiko der Arbeitslosigkeit, da Vermittlungsfähigkeit nicht mehr vorliegt. In Wirklichkeit handelt es sich um das Risiko von Krankheit oder Erwerbsunfähigkeit; ersteres hat jedoch der Arbeitgeber mit der Lohnfortzahlung für sechs Wochen, soweit ihm zumutbar, anteilig getragen. Die Erstattungspflicht ist in derartigen Fällen nicht etwa deswegen tragbar, weil der Arbeitnehmer die Erwerbsunfähigkeitsrente beantragen kann und der Alg-Anspruch mit der Feststellung der Erwerbsunfähigkeitsrente entfällt. Denn der Versicherte ist zur Stellung des Rentenantrags nicht verpflichtet. Die Feststellung der Erwerbsunfähigkeit durch den Rentenversicherungsträger kann nur das Arbeitsamt, nicht aber der Arbeitgeber beantragen. Für die Dauer des Feststellungsverfahrens ist der Alg-Anspruch in jedem Fall zu erstatten und der Arbeitgeber hat auf dessen Dauer keinen Einfluß.
7. Eine verfassungskonforme Auslegung des § 128 AFG a.F. ist nicht möglich.
Denkbar wäre zwar, den Grundsatz des Abs. 4, der von der Zumutbarkeit der Erstattungspflicht handelt, auszudehnen und allgemein den Arbeitgeber nur heranzuziehen, wenn ihm das – und zwar nicht nur wirtschaftlich – zumutbar ist.
Weiter käme in Frage, die Vorschrift auf die Fälle ungerechtfertigter Inanspruchnahme von Sozialleistungen zu reduzieren, so daß nur die eigentlichen – zur Beweislast der Beklagten stehenden – Mißbrauchsfälle erfaßt würden.
Das alles wäre aber nicht mit dem Wortlaut des § 128 AFG a.F. in Einklang zu bringen. Diese „Auslegung” griffe in den vom Gesetzgeber geäußerten Willen sowie in die Tendenz der Gesamtregelung ein, stellte somit eine „Uminterpretation des Gesetzes” (Faude, BB 1985, 1002, 1005) dar, für die das Fachgericht nicht zuständig ist. Dem entspricht es, daß der 7. Senat des BSG die Möglichkeit einer einschränkenden Interpretation des § 128 Abs. 1 AFG a.F. ausgeschlossen hat (SozR 4100 § 128 Nr. 3 S. 7).
Fundstellen