Entscheidungsstichwort (Thema)
Wiederaufnahmeklage. Nichtigkeit. Rechtskraft. Berufungsurteil
Leitsatz (redaktionell)
Wenn der Kläger bereits mit einem PKH-Antrag im Anschluss an die mit der Wiederaufnahmeklage zur Überprüfung gestellte Berufungsentscheidung erfolglos geltend gemacht hat, dass das LSG nicht ohne seine Beteiligung auf mündliche Verhandlung in der Sache hätte entscheiden dürfen, findet die Wiederaufnahmeklage nicht statt, da die Nichtigkeit mittels eines Rechtsmittels geltend gemacht werden konnte und somit in entsprechender Anwendung von § 179 SGG i.V.m. § 579 Abs. 2 ZPO die Rechtskraft des darauf ergangenen Berufungsurteils entgegen steht.
Normenkette
SGG § 73 Abs. 4, § 73a Abs. 1 S. 1, § 158 S. 2, § 160 Abs. 2, § 179; ZPO §§ 114, 121, 579 Abs. 1 Nr. 4
Verfahrensgang
LSG Baden-Württemberg (Beschluss vom 02.11.2016; Aktenzeichen L 7 AS 154/16 WA) |
Tenor
Der Antrag des Klägers, ihm für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 2. November 2016 - L 7 AS 154/16 WA - Prozesskostenhilfe zu bewilligen und einen Rechtsanwalt beizuordnen, wird abgelehnt.
Gründe
Dem Antrag auf Bewilligung von PKH kann nicht stattgegeben werden. Nach § 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 114 ZPO kann einem Beteiligten für das Verfahren vor dem BSG nur dann PKH bewilligt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet; das ist hier nicht der Fall. Es ist nicht zu erkennen, dass ein zugelassener Prozessbevollmächtigter (§ 73 Abs 4 SGG) in der Lage wäre, die angestrebte Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in der bezeichneten Entscheidung erfolgreich zu begründen. Da kein Anspruch auf Bewilligung von PKH besteht, ist auch der Antrag auf Beiordnung eines Rechtsanwalts abzulehnen (§ 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 121 ZPO).
Nach § 160 Abs 2 SGG ist die Revision nur zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1), das Urteil des LSG von einer Entscheidung des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes (GmSOGB) oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Nr 2) oder wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (Nr 3). Ein solcher Zulassungsgrund ist nach summarischer Prüfung des Streitstoffs aufgrund des Inhalts der beigezogenen Verfahrensakte nicht ersichtlich.
Insbesondere kommt der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) nicht zu. Sie ist nur anzunehmen, wenn eine Rechtsfrage aufgeworfen wird, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist, wovon bei der hier streitbefangenen Wiederaufnahmeklage nicht auszugehen ist.
Es ist auch nicht erkennbar, dass die Entscheidung des LSG von einer Entscheidung des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG abweicht, weshalb eine Divergenzrüge keine Aussicht auf Erfolg verspricht (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG).
Schließlich ist nach Durchsicht der Verfahrensakten nicht ersichtlich, dass der Kläger einen Verfahrensmangel geltend machen könnte, auf dem die angefochtene Entscheidung des LSG beruhen kann (§ 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 1 SGG). Insbesondere ist das LSG zunächst zutreffend davon ausgegangen, dass es über die von ihm als unzulässig angesehenen Wiederaufnahmeklage entsprechend § 158 Satz 2 SGG im Beschlusswege und damit ohne Beteiligung ehrenamtlicher Richter entscheiden durfte (vgl nur BSG Beschluss vom 18.9.2014 - B 14 AS 85/14 B - juris mwN). Keinen Verfahrensfehler lässt es weiter erkennen, dass es entschieden hat unter Beteiligung von Richtern, die der Kläger mit der Wendung "Es bleibt beim Befangenheitsantrag gg. den 7. Senat" und damit im Wege einer rechtsmissbräuchlichen Kollektivablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt hatte (vgl BVerfG Kammerbeschluss vom 20.7.2007 - 1 BvR 2228/06 - NJW 2007, 3771, 3772; BSG Beschluss vom 29.3.2007 - B 9a SB 18/06 B - SozR 4-1500 § 60 Nr 4 RdNr 8; BSG Beschluss vom 14.9.2010 - B 5 R 21/10 BH; BFH Beschluss vom 25.8.2009 - V S 10/07 - NJW 2009, 3806, 3807; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 60 RdNr 10b).
Soweit der Kläger weiter seine iS von § 179 SGG iVm § 579 Abs 1 Nr 4 ZPO genügende Vertretung im Hinblick auf die fehlende Möglichkeit der Teilnahme an der mündlichen Verhandlung in dem der Wiederaufnahmeklage zugrunde liegenden Berufungsverfahren in Zweifel zieht, steht dem in entsprechender Anwendung von § 179 SGG iVm § 579 Abs 2 ZPO die Rechtskraft des darauf ergangenen Berufungsurteils entgegen. Hiernach findet die Klage nicht statt, wenn die Nichtigkeit mittels eines Rechtsmittels geltend gemacht werden konnte (zur Anwendung auf die Fälle des § 579 Abs 1 Nr 4 vgl BFH Urteil vom 2.12.1998 - X R 15-16/97 - BFHE 188, 1 mwN; BSG Urteil vom 23.3.1965 - 11 RA 304/64 - BSGE 23, 30). So liegt es hier, nachdem der Kläger bereits mit einem PKH-Antrag im Anschluss an die mit der Wiederaufnahmeklage zur Überprüfung gestellte Berufungsentscheidung erfolglos geltend gemacht hat, dass das LSG nicht ohne seine Beteiligung auf mündliche Verhandlung in der Sache hätte entscheiden dürfen (BSG Beschluss vom 10.10.2016 - B 14 AS 171/15 BH zu L 7 AS 1443/12).
Fundstellen
Dokument-Index HI10448927 |