Entscheidungsstichwort (Thema)
Berücksichtigung des Beweisantrags
Orientierungssatz
Es obliegt rechtskundig vertretenen Beteiligten, in der mündlichen Verhandlung alle diejenigen Anträge zur Niederschrift des Gerichts zu stellen, über die das Gericht entscheiden soll.
Normenkette
SGG §§ 103, 160 Abs 2 Nr 3, § 160a Abs 2 S 3
Verfahrensgang
LSG Rheinland-Pfalz (Entscheidung vom 15.03.1989; Aktenzeichen L 3 U 227/87) |
Gründe
Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Hinterbliebenenversorgung aus Anlaß des tödlichen Verkehrsunfalles, den der verstorbene Ehemann der Klägerin und Vater der Kläger zu 2) und 3) (Versicherter) am 24. September 1982 erlitten hat. Die Beklagte lehnte die Ansprüche der Klägerin mit Bescheid vom 24. Februar 1983 und die der Kläger mit Bescheiden vom 23. Juli 1986 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 26. November 1986 ab. Das Sozialgericht (SG) hat die Beklagte zur Gewährung von Hinterbliebenenversorgung verurteilt (Urteil vom 28. Oktober 1987). Die hiergegen eingelegte Berufung der Beklagten hat das Landessozialgericht (LSG) im wesentlichen zurückgewiesen (Urteil vom 15. März 1989). Es ist zu der Überzeugung gelangt, der Versicherte habe sich zur Zeit des Unfalles auf einer versicherten Dienstreise befunden. Dies stehe insbesondere fest aufgrund der glaubhaften Aussagen des Zeugen F. , die dieser gegenüber der Beklagten am 14. Juni 1984 abgegeben und auf Ersuchen der Beklagten am 25. Juni 1985 vor dem SG Augsburg bestätigt habe. Im Hinblick auf den übrigen Akteninhalt sei eine Vernehmung der Zeugen F. , K. und S. nicht mehr erforderlich gewesen.
Mit ihrer hiergegen gerichteten Nichtzulassungsbeschwerde rügt die Beklagte Verfahrensmängel iS von § 160 Abs 2 Nr 3 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG). Insbesondere habe das LSG seine Pflicht zur Sachverhaltserforschung (§ 103 SGG) verletzt. So habe die Beklagte bereits in ihrer Berufungsbegründung auf eine Reihe von Tatsachen und Widersprüchlichkeiten hingewiesen, die an der inneren Betriebsbezogenheit der Unglücksfahrt Zweifel begründen mußten, und im Hinblick auf diese Unklarheiten mit Schriftsatz vom 11. April 1988 ausdrücklich beantragt, die Zeugen F. , S. und K. einzuvernehmen. Diesem Beweisantrag sei das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt. Zudem habe das LSG gegen den Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme verstoßen (§ 117 SGG). Durch die Ablehnung des Beweisantrages und durch das Absehen von der unmittelbaren Vernehmung seien die Mitwirkungsmöglichkeiten der Beklagten, zB ergänzende Fragen an alle drei Zeugen zu stellen, ausgeschlossen worden.
Die Beschwerde ist unzulässig. Sie entspricht nicht den in § 160 Abs 2 Nr 3 und § 160a Abs 2 Satz 3 SGG festgelegten Erfordernissen.
Nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG kann der geltend gemachte Verfahrensmangel auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Daran fehlt es im vorliegenden Fall. Die Beklagte weist zwar auf ihren mit Schriftsatz vom 11. April 1988 gestellten Beweisantrag hin, dem das LSG nicht entsprochen habe. Dieser Vortrag genügt aber nicht den Anforderungen, die an die hinreichende Bezeichnung eines vom LSG zu berücksichtigenden Beweisantrages zu stellen sind; denn die näheren Umstände sprechen dafür, daß die Beklagte diesen Antrag nicht mehr aufrechterhalten hat. Ausweislich der Sitzungsniederschrift vom 15. März 1989 hat sie in der mündlichen Verhandlung, in der sie sich durch einen Assessor hat vertreten lassen, nämlich keine Beweisanträge, sondern nur noch einen Berufungsantrag zur Sache gestellt. Der Senat hat hierzu in ständiger Rechtsprechung entschieden, daß es jedenfalls rechtskundig vertretenen Beteiligten obliegt, in der mündlichen Verhandlung alle diejenigen Anträge zur Niederschrift des Gerichts zu stellen, über die das Gericht entscheiden soll (vgl zuletzt den Beschluß des Senats vom 22. Juni 1988 - 2 BU 195/87 -). Es ist Sinn der erneuten Antragstellung zum Schluß der mündlichen Verhandlung, auch darzustellen, mit welchen Anträgen sich das LSG nach dem Ergebnis dieser Verhandlung im Urteil befassen soll. Hierzu hätte im vorliegenden Fall um so mehr Veranlassung bestanden, als das LSG durch seine Anfrage vom 15. März 1988, ob die Beteiligten mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden seien, bereits zu erkennen gegeben hatte, daß es keine weitere Beweisaufnahme mehr für erforderlich gehalten und trotz des schriftsätzlichen Antrages vom 11. April 1988 die benannten Zeugen nicht geladen hat.
Auch ein Verstoß gegen den Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme ist nicht schlüssig dargetan; denn ein solcher Verstoß setzt voraus, daß das LSG überhaupt eine Beweisaufnahme durchgeführt hat. Die Würdigung der bereits vorhandenen Beweisunterlagen kann einen solchen Verstoß nicht beinhalten, insbesondere dann nicht, wenn das LSG die vom SG vorgenommene Bewertung der Zeugenaussagen für zutreffend erachtet.
Die Beschwerde war daher als unzulässig zu verwerfen (§ 169 SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Fundstellen