Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Krankenkasse. Verwaltungsverfahren. Widerspruchsverfahren. Derselbe Gutachter. MDK-Gutachten. Verwertbarkeit im gerichtlichen Verfahren

 

Orientierungssatz

Es sind keine gesetzlichen Vorschriften ersichtlich, die es einer Krankenkasse verbieten würden, im Verwaltungsverfahren denselben Gutachter zu befragen wie im Widerspruchsverfahren. Die Regelung des § 16 SGB 10 sieht insoweit einen Ausschlussgrund nicht vor. Ebenso wenig ist die Verwertbarkeit von Gutachten des MDK im gerichtlichen Verfahren kraft Gesetzes ausgeschlossen (vgl BSG vom 14.12.2000 - B 3 P 5/00 R = SozR 3-3300 § 15 Nr 11).

 

Normenkette

SGB 10 § 16 Abs. 1; SGB 5 § 275 Abs. 1

 

Verfahrensgang

Bayerisches LSG (Urteil vom 12.08.2004; Aktenzeichen L 4 KR 101/04)

SG Nürnberg (Urteil vom 26.02.2004; Aktenzeichen S 7 KR 393/03)

 

Tatbestand

Der bei der beklagten Ersatzkasse versicherte Kläger begehrt die Übernahme der Kosten einer Laserepilation seiner Behaarung an Oberarmen, Schultern und Rücken. Die Beklagte lehnte dies nach Einholung einer Stellungnahme nach Aktenlage des Dr. K. vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) Bayern ab. Im Widerspruchsverfahren erstattete Dr. K. (nach persönlicher Untersuchung des Klägers) ein Gutachten, worauf die Beklagte den Widerspruch zurückwies. Klage und Berufung des Klägers sind erfolglos geblieben. Das Landessozialgericht (LSG) hat im Wesentlichen ausgeführt: Beim Kläger liege keine Krankheit vor, die nach § 27 Abs 1 Satz 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) Grundvoraussetzung eines Anspruchs auf Krankenbehandlung sei. Es sei ärztlich nicht belegt, dass die Behaarung des Klägers derart ausgeprägt sei, dass von einem erheblich regelwidrigen Körperzustand gesprochen werden könne, der ihn an der Ausübung normaler körperlicher Funktionen hindere. Ein Anspruch auf Kostenübernahme der Entfernung der Behaarung ergebe sich auch nicht im Hinblick auf die von dem Facharzt für Neurologie und Nervenheilkunde Dr. B. bescheinigten Anpassungsstörung und psychischen Befunde. Eine Behandlung (mittels Laserepilation) zur Behandlung psychischer Störungen sei nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) in der Regel ausgeschlossen (Hinweis auf BSGE 90, 289 = SozR 4-2500 § 137c Nr 1). Besondere Rechtfertigungsgründe kämen nicht in Betracht, weil die Behaarung durch kosmetische Maßnahmen beseitigt werden könne. Ob die beantragte Laserepilation eine neue Behandlungsmethode sei, könne offen bleiben, weil nichts für die Annahme eines krankhaften oder entstellenden Befundes spreche (Urteil vom 12. August 2004).

Mit seiner Beschwerde wendet sich der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision. Zugleich beantragt er, ihm für die Durchführung des Beschwerdeverfahrens vor dem BSG Prozesskostenhilfe zu bewilligen. Er trägt im Wesentlichen vor: Die wahren Gründe seines Ersuchens seien unberücksichtigt geblieben, "da es sich hier nicht nur um kosmetische, sondern vielmehr um seelische Gründe" handle. Im Termin vor dem LSG habe er beanstandet, dass er sich mit den "Ausführungen des Dr. K. in seinem Gutachten vom 11.03.2003" in seiner Persönlichkeit auf das Äußerste verletzt fühle. Die Stellungnahme des MDK vom 29. August 2002 und das Gutachten vom 11. März 2003 seien von ein und derselben Person erstellt worden. Dies sei seines Wissens nicht rechtens. Diese Person habe ihre Entscheidung auch nicht unparteiisch getroffen. Erschwerend komme hinzu, dass im Protokoll der Verhandlung vor dem LSG "ein gewisser Dr. H." erwähnt werde, der ihm nicht bekannt sei.

 

Entscheidungsgründe

1. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Durchführung des Beschwerdeverfahrens ist abzulehnen.

Nach § 73a Sozialgerichtsgesetz (SGG) iVm § 114 Zivilprozessordnung (ZPO) kann einem Beteiligten für das Beschwerdeverfahren vor dem BSG nur dann Prozesskostenhilfe bewilligt und ein Rechtsanwalt beigeordnet werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Diese Voraussetzung ist nicht erfüllt.

Das BSG darf gemäß § 160 Abs 2 SGG die Revision gegen eine Entscheidung des LSG nur zulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, das angefochtene Urteil von der höchstrichterlichen Rechtsprechung abweicht oder Verfahrensmängel geltend gemacht werden. Die Durchsicht der Akten und das Vorbringen des Klägers ergeben bei der gebotenen summarischen Prüfung der Erfolgsaussicht keinen Hinweis darauf, dass bezogen auf den allein maßgeblichen, eingangs beschriebenen Streitgegenstand des Rechtsstreits einer der vorgenannten Gründe im Rahmen einer Nichtzulassungsbeschwerde zulässig dargelegt oder bezeichnet werden könnte (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG) und tatsächlich vorliegt. Insbesondere sind keine gesetzlichen Vorschriften ersichtlich, die es der Beklagten verbieten würden, im Verwaltungsverfahren denselben Gutachter zu befragen wie im Widerspruchsverfahren. § 16 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) sieht insoweit einen Ausschlussgrund nicht vor. Ebenso wenig ist die Verwertbarkeit von Gutachten des MDK im gerichtlichen Verfahren kraft Gesetzes ausgeschlossen (vgl BSG SozR 3-3300 § 15 Nr 11 zu einem Gutachten des MDK zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit). Darüber hinaus gibt das Urteil des LSG die Rechtsprechung des BSG zum Krankheitsbegriff und zur mittelbaren Behandlung psychischer Störungen zutreffend wieder.

2. Die vom Kläger privatschriftlich eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde entspricht nicht der gesetzlichen Form. Wirksam kann eine solche Beschwerde nur durch einen beim BSG zugelassenen Prozessbevollmächtigten eingelegt werden (§ 166 SGG). Hierauf ist der Kläger in der Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Urteils ausdrücklich hingewiesen worden. Die nicht formgerecht eingelegte Beschwerde ist danach als unzulässig zu verwerfen.

Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung von § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1755786

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