Verfahrensgang
Tenor
Der Antrag des Klägers, ihm für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Landessozialgerichts Hamburg vom 10. Juni 2021 Prozesskostenhilfe zu bewilligen und Rechtsanwalt F, H, beizuordnen, wird abgelehnt.
Gründe
I
Der Kläger bezieht Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel des Sozialgesetzbuchs Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) und macht die Gewährung eines Mehrbedarfs wegen kostenaufwändiger Ernährung geltend, weil eine Neurodermitis und eine begleitende Magen-Darm-Störung eine zuckerreduzierte und laktosefreie Ernährung erforderten. Antrag, Klage und Berufung sind ohne Erfolg geblieben (Bescheid vom 13.9.2018; Widerspruchsbescheid vom 28.3.2019; Gerichtsbescheid des Sozialgerichts ≪SG≫ Hamburg vom 2.7.2020; Urteil des Landessozialgerichts ≪LSG≫ Hamburg vom 10.6.2021). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, ein Mehrbedarf sei nur zu gewähren, wenn eine von der Vollkost abweichende besondere Ernährungsform geboten sei. Vorliegend reiche es aus, dass sich der Kläger im Rahmen der Vollkost entsprechend den Empfehlungen seines Hausarztes ernähre, was keinen Mehrbedarf auslöse.
Der Kläger beantragt die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) unter Beiordnung seines prozessbevollmächtigten Rechtsanwalts für eine beabsichtigte Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im bezeichneten Urteil. Mit dem Entwurf für die Begründung einer solchen Beschwerde trägt er vor, das Urteil des LSG beruhe auf Verfahrensfehlern des SG und des LSG.
II
Der Antrag auf Bewilligung von PKH ist nicht begründet. PKH ist nur zu bewilligen, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint (§ 73a Abs 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫ iVm § 114 Zivilprozessordnung ≪ZPO≫); daran fehlt es hier. Hinreichende Aussicht auf Erfolg wäre nur zu bejahen, wenn einer der drei in § 160 Abs 2 SGG abschließend aufgeführten Zulassungsgründe durch einen zugelassenen Prozessbevollmächtigten (§ 73 Abs 4 SGG) mit Erfolg geltend gemacht werden könnte; denn nur diese Gründe können zur Zulassung der Revision führen. Dies ist vorliegend nicht der Fall.
Es ist nicht ersichtlich, dass der vom Kläger behauptete Zulassungsgrund des Verfahrensmangels (§ 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 1 SGG) in einer den Anforderungen des § 160a Abs 2 Satz 3 SGG genügenden Weise geltend gemacht werden kann.
Auf die vom Kläger behaupteten Verfahrensmängel des SG könnte die beabsichtigte Beschwerde von vornherein nicht erfolgreich gestützt werden. Da sich die Zulassung der Revision gegen eine Entscheidung des LSG richtet, kommen im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde nur Mängel des Verfahrens vor dem LSG und nicht vor dem SG in Betracht, es sei denn, dass der Verfahrensmangel fortwirkt und damit zugleich einen Mangel des Verfahrens vor dem LSG bildet (vgl etwa Bundessozialgericht ≪BSG≫ vom 19.1.2011 - B 13 R 211/10 B - juris RdNr 15 mwN). Das LSG hat hier aber eine eigene Sachentscheidung getroffen und nur ergänzend auf die Begründung des SG Bezug genommen (§ 153 Abs 2 SGG), wie es auch der Kläger selbst vorträgt. Allein daraus, dass das SG und LSG ähnliche Maßstäbe zur Prüfung eines Mehrbedarfs bei der Notwendigkeit einer laktose- und zuckerfreien Ernährung angelegt haben, folgt kein fortwirkender Mangel des Verfahrens.
Soweit der Kläger als Verfahrensmangel behauptet, dass LSG habe seine Entscheidung in nicht zulässiger Weise auf die Vermutung gestützt, im Regelfall - wie auch hier - erfordere das Weglassen von zucker- und kuhmilchhaltigen Produkten keinen zusätzlichen Kostenaufwand, es habe nach der Rechtsprechung des BSG (vom 14.2.2013 - B 14 AS 48/12 R - SozR 4-4200 § 21 Nr 15) den Sachverhalt aber weiter aufzuklären gehabt, rügt er eine Verletzung der Amtsermittlungspflicht (§ 103 SGG). Die Verletzung von § 103 SGG kann nach der ausdrücklichen Regelung in § 160 Abs 2 Nr 3 SGG nur erfolgreich geltend gemacht werden, wenn sich der Vortrag auf einen Beweisantrag im Berufungsverfahren bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Bei nicht rechtskundig vertretenen Beteiligten sind zwar weniger strenge Anforderungen an die Form und den Inhalt eines Beweisantrags zu stellen. Auch ein unvertretener Kläger muss aber dem Gericht deutlich machen, welche konkreten Punkte er am Ende des Verfahrens noch für aufklärungsbedürftig gehalten hat und auf welche Beweismittel das Gericht hätte zurückgreifen sollen, um welchen Sachverhalt weiter aufzuklären (vgl etwa BSG vom 28.5.2013 - B 5 R 38/13 B - juris RdNr 8 mwN). Der Kläger behauptet nicht und es lässt sich dem Inhalt der Akten auch nicht entnehmen, dass er zuletzt noch in der mündlichen Verhandlung sinngemäß entsprechenden Aufklärungsbedarf geltend gemacht hat.
Es ist auch nicht erkennbar, dass auf den Vortrag, das LSG sei von der Rechtsprechung des BSG (vom 14.2.2013 - B 14 AS 48/12 R - SozR 4-4200 § 21 Nr 15) abgewichen, eine Divergenzrüge (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG) mit Erfolg gestützt werden könnte. Eine Divergenz liegt nur dann vor, wenn das LSG einen tragenden abstrakten Rechtssatz in Abweichung von einem tragenden abstrakten Rechtssatz des BSG aufgestellt hat. Eine Abweichung ist erst dann zu bejahen, wenn das LSG diesen Kriterien - wenn auch unter Umständen unbewusst - widersprochen, also andere rechtliche Maßstäbe entwickelt hat (BSG vom 29.11.1989 - 7 BAr 130/88 - SozR 1500 § 160a Nr 67 S 91). Einen von der Rechtsprechung des BSG abweichenden Rechtssatz hat das LSG nicht aufgestellt. Vielmehr hat es die vom Kläger angeführte Rechtsprechung zitiert und dadurch deutlich gemacht, sich nicht zu ihr in Widerspruch setzen zu wollen. Selbst wenn man dem Kläger dahingehend folgt, dass das LSG die Rechtsprechung unrichtig angewandt habe, führt dies nicht zum Erfolg der Divergenzrüge. Nicht die Unrichtigkeit der Entscheidung im Einzelfall, sondern die Nichtübereinstimmung im Grundsätzlichen könnte die Zulassung der Revision wegen Abweichung begründen.
Der Rechtssache kommt schließlich nach Aktenlage auch keine grundsätzliche Bedeutung zu (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG). Auch der Kläger meint nicht, dass dieser Zulassungsgrund gegeben sei.
Mit der Ablehnung von PKH entfällt zugleich die Beiordnung eines Rechtsanwalts im Rahmen der PKH (§ 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 121 Abs 1 ZPO).
Krauß Scholz Bieresborn
Fundstellen
Dokument-Index HI15098633 |