Verfahrensgang
LSG Nordrhein-Westfalen (Urteil vom 12.05.2017; Aktenzeichen L 14 R 550/16) |
SG Düsseldorf (Entscheidung vom 27.04.2016; Aktenzeichen S 48 R 891/13) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 12. Mai 2017 wird als unzulässig verworfen.
Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
I
In dem der Nichtzulassungsbeschwerde zugrunde liegenden Rechtsstreit begehrt der Kläger die Halbierung seiner Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung (GRV) durch Anwendung von § 165 Abs 1 S 2 SGB VI.
Der Kläger ist seit 1.2.1995 als Zahntechniker selbstständig tätig. Er besitzt keinen Meistertitel. Zur Altersvorsorge schloss er mehrere private Versicherungsverträge ab. Nach seiner Anmeldung wurde der Kläger aufgrund einer Ausnahmebewilligung am 10.9.2012 als Inhaber des von ihm geführten Zahntechnikbetriebs in die Handwerksrolle eingetragen. Die Beklagte stellte daraufhin seine Versicherungspflicht nach § 2 S 1 Nr 8 SGB VI fest und forderte Pflichtbeiträge. Der Widerspruch des Klägers blieb erfolglos. Das SG hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 27.4.2016). Das LSG hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen (Urteil vom 12.5.2017). Mit seiner Beschwerde wendet sich der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG.
II
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 12.5.2017 ist gemäß § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 SGG in entsprechender Anwendung von § 169 S 2 und 3 SGG als unzulässig zu verwerfen. Der Kläger hat in der Begründung des Rechtsmittels entgegen § 160a Abs 2 S 3 SGG keinen Zulassungsgrund hinreichend dargelegt oder bezeichnet.
Das BSG darf gemäß § 160 Abs 2 SGG die Revision gegen eine Entscheidung des LSG nur dann zulassen, wenn
- die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1) oder
- das angefochtene Urteil von der höchstrichterlichen Rechtsprechung abweicht (Nr 2) oder
- bestimmte Verfahrensmängel geltend gemacht werden (Nr 3).
Die Behauptung, das Berufungsurteil sei inhaltlich unrichtig, kann demgegenüber nicht zur Zulassung der Revision führen (vgl BSG Beschluss vom 26.1.2005 - B 12 KR 62/04 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 6 RdNr 18 = Juris RdNr 9).
1. Der Kläger beruft sich in der Beschwerdebegründung vom 6.9.2017 ausschließlich auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG). Hierzu muss die Beschwerdebegründung ausführen, welche Rechtsfrage sich ernsthaft stellt, deren Klärung über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung im allgemeinen Interesse erforderlich (Klärungsbedürftigkeit) und durch das Revisionsgericht zu erwarten (Klärungsfähigkeit) ist (stRspr, vgl nur BSG Beschluss vom 17.4.2012 - B 13 R 347/11 B - SozR 4-2600 § 72 Nr 5 RdNr 17 mwN). Die Beschwerdebegründung hat deshalb auszuführen, inwiefern die Rechtsfrage nach dem Stand von Rechtsprechung und Lehre nicht ohne Weiteres zu beantworten ist, und den Schritt darzustellen, den das Revisionsgericht zur Klärung der Rechtsfrage im allgemeinen Interesse vornehmen soll (vgl BSG Beschluss vom 25.10.1978 - 8/3 BK 28/77 - SozR 1500 § 160a Nr 31 S 48). Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht.
Der Kläger wirft auf Seite 3 der Beschwerdebegründung die Frage auf,
"ob § 165 Abs. 1 Satz 2 SGB VI auf einen Versicherungspflichtigen für die Dauer der ersten drei Jahre seiner Beitragspflicht direkt (oder analog) anzuwenden ist, oder stattdessen für die Dauer der ersten drei Jahre der (erstmaligen) Selbständigkeit, wenn zum Einen diese beiden Zeitpunkte auseinander fallen und zum Anderen der Versicherungspflichtige während der ersten drei Jahre seiner Selbständigkeit nicht versicherungspflichtig war."
Anders als vom LSG angenommen könne eine frühere Entscheidung des BSG (Hinweis auf BSG Urteil vom 10.12.1998 - B 12 RJ 2/98 R - SozR 3-2600 § 165 Nr 1) nicht zur Klärung der Frage herangezogen werden, weil sich die Sachverhalte unterscheiden würden. So sei der Kläger in dem der Entscheidung des BSG zugrunde liegenden Sachverhalt bereits seit Jahren in der Handwerksrolle - sogar als Meister - eingetragen gewesen. Auch liege die Entscheidung fast 25 Jahre zurück.
Hierdurch legt der Kläger die Klärungsbedürftigkeit der von ihm gestellten Rechtsfrage nicht hinreichend dar. Denn auch wenn das BSG eine Frage - worauf sich der Kläger vorliegend beruft - noch nicht ausdrücklich entschieden hat, so ist eine Rechtsfrage doch auch dann als höchstrichterlich geklärt anzusehen, wenn schon eine oder mehrere höchstrichterliche Entscheidungen ergangen sind, die ausreichende Anhaltspunkte zur Beurteilung der von der Beschwerde als grundsätzlich herausgestellten Rechtsfrage geben (vgl BSG Beschluss vom 21.1.1993 - 13 BJ 207/92 - SozR 3-1500 § 160 Nr 8 S 17 sowie BSG Beschluss vom 31.3.1993 - 13 BJ 215/92 - SozR 3-1500 § 146 Nr 2 S 6). Der Kläger beschränkt sich darauf, auf Unterschiede in den Sachverhaltskonstellationen hinzuweisen, er unterlässt aber die gebotene Untersuchung, inwieweit sich aus der früheren Rechtsprechung des BSG Anhaltspunkte für die Beantwortung auch unterschiedlicher Sachverhalte ergeben können. Er unterlässt insbesondere die gebotene Auseinandersetzung mit den Ausführungen des BSG, wonach das Gesetz in § 165 Abs 1 S 2 SGB VI den Beginn des Ermäßigungszeitraums allein von der Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit abhängig mache. Die Vorschrift ermögliche es nach der Begründung des Entwurfs (BT-Drucks 11/4124 S 185 zu § 160) dem Selbstständigen, maximal für vier Kalenderjahre den halben Regelbeitrag zu zahlen, um die Bedingungen für Existenzgründungen in den Anfangsjahren zu erleichtern (vgl BSG Urteil vom 10.12.1998 - B 12 RJ 2/98 R - SozR 3-2600 § 165 Nr 1 S 3 = Juris RdNr 14). Angesichts dieser Rechtsprechung des BSG, die sich auf die Gesetzesmaterialien stützt, legt der Kläger nicht hinreichend dar, inwieweit die gestellte Rechtsfrage klärungsbedürftig ist bzw erneut klärungsbedürftig geworden ist und die von ihm für wünschenswert erachtete (analoge) Anwendung von § 165 Abs 1 S 2 SGB VI geboten sein soll.
2. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Fundstellen
Dokument-Index HI11669428 |