Verfahrensgang
LSG Nordrhein-Westfalen (Urteil vom 25.04.1996) |
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 25. April 1996 wird als unzulässig verworfen.
Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
Die Beschwerde der Klägerin ist unzulässig, weil ihre Begründung nicht den Anforderungen des § 160a Abs 2 Satz 3 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) genügt. Die Klägerin beruft sich auf die Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache, der Divergenz und von Verfahrensmängeln des Berufungsverfahrens (§ 160 Abs 2 Nrn 1 bis 3 SGG). Sie hat jedoch die Zulassungsgründe nicht in der gebotenen Weise dargelegt bzw bezeichnet.
Für den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung muß insbesondere eine klärungsbedürftige, dh zweifelhafte Rechtsfrage dargelegt werden (vgl BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 1; BSG SozR 3-1500 § 160a Nrn 16 und 19). Daran fehlt es hier. Zu der von der Klägerin aufgeworfenen Rechtsfrage der Abgrenzung der Voraussetzungen eines freien Mitarbeiterverhältnisses und einer abhängigen Beschäftigung gibt es eine umfangreiche, in dem angefochtenen Urteil dargelegte Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG). Darin ist auch geklärt, welche Bedeutung der Verkehrsanschauung und damit dem Umstand zukommt, daß eine Tätigkeit „typischerweise” als abhängige Beschäftigung oder als selbständige Tätigkeit ausgeübt wird (vgl BSGE 45, 199, 200 = SozR 2200 § 1227 Nr 8 S 15f). Die Ausführungen der Beschwerdebegründung enthalten keine Gesichtspunkte, die zu einer über die bisherige Erörterung hinausgehenden Betrachtung führen könnten und eine anderweitige Entscheidung möglich erscheinen lassen (vgl BSG SozR 3-4100 § 111 Nr 1 S 2). Sie betreffen vielmehr die vom Landessozialgericht vorgenommene Bewertung der nach dieser Rechtsprechung für die Abgrenzung maßgebenden Merkmale anhand der Umstände des Einzelfalles und damit die Richtigkeit des angefochtenen Urteils. Sie sind nicht geeignet, die Revision zu eröffnen.
Die Beschwerde genügt auch nicht den formellen Anforderungen, soweit mit ihr geltend gemacht wird, das LSG sei von der Rechtsprechung des BSG abgewichen. Hierzu gehört, daß die Abweichung aufgezeigt wird. Abweichung bedeutet Widerspruch im abstrakten Rechtssatz. Sie kommt nur in Betracht, wenn das LSG einen tragenden abstrakten Rechtssatz in Abweichung von einem vorhandenen Rechtssatz des BSG aufgestellt hat (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 67 mwN). Die Beschwerde trägt lediglich vor, das LSG habe sich gegen die gefestigte Rechtsprechung des BSG (zB BSGE 45, 199, 200f; BSGE 74, 275) gestellt, indem es trotz Vorliegens bestimmter Merkmale, denen nach Auffassung des BSG entscheidendes Gewicht für die Annahme einer selbständigen Tätigkeit zukommt, die Arbeitnehmereigenschaft der Klägerin angenommen hat, weil die Tätigkeit typischerweise als abhängige Beschäftigung ausgeübt werde. Diese Darlegungen begründen keine Divergenz. Sie lassen keine Abweichung des LSG von der Rechtsprechung des BSG im Grundsätzlichen erkennen, sondern eine unterschiedliche Gewichtung der von dieser Rechtsprechung herausgearbeiteten Entscheidungskriterien aufgrund der Umstände des konkret zu beurteilenden Einzelfalls. Nach den vom BSG in ständiger Rechtsprechung herausgearbeiteten Kriterien zur Abgrenzung einer abhängigen Beschäftigung von einer selbständigen Tätigkeit sprechen ein Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte oder die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft für die Annahme einer selbständigen Tätigkeit. Das schließt jedoch nicht aus, daß die Besonderheiten des Einzelfalles zu einer anderen Beurteilung führen. Maßgebend ist das Gesamtbild der jeweiligen Arbeitsleistung unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung. Von diesen Grundsätzen ist das LSG, wie die Beschwerdebegründung selbst darlegt, ausgegangen.
Den Zulassungsgrund eines Verfahrensmangels, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann, stützt die Klägerin auf eine Verletzung des § 103 SGG. Das LSG sei vier Beweisanträgen ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt. Die Beschwerdebegründung hat nicht dargelegt, daß das LSG den Anträgen ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist, dh sich von seinem materiell-rechtlichen Standpunkt aus gedrängt fühlen mußte, die Beweise zu erheben.
Das LSG hat die beantragten Zeugenvernehmungen mit der Begründung abgelehnt, es unterstelle die Richtigkeit des unter Beweis gestellten Vortrags der Klägerin, daß sie nicht ihre gesamte Arbeitskraft in den Büroräumen eingesetzt, sondern zusätzlich in ihren Privaträumen mit einem tragbaren Computer Arbeiten erbracht habe, wobei sie insoweit nicht weisungsgebunden gewesen sei, ihre Arbeitszeiten im wesentlichen selbst habe bestimmen können, ihr Gehalt leistungsabhängig gewesen sei und sie Investitionen für Büromaterial in diesem Bereich eigenverantwortlich getätigt habe. Die zusätzlichen leistungsbezogenen Tätigkeiten außerhalb des Büros hätten ihrer Arbeit aber insgesamt nicht das Gepräge gegeben; vielmehr hätten die Merkmale einer abhängigen Beschäftigung überwogen. Diese Ausführungen stellen nur dann keine hinreichende Begründung für die Nichtbefolgung der Beweisanträge dar, wenn die Arbeiten in abhängiger Beschäftigung, wie vom LSG festgestellt, gar nicht oder nicht überwiegend ausgeübt worden sind. Dies hat die Beschwerde nicht dargelegt.
Die beantragte Beiziehung der Akten des Finanzgerichts Köln hat das LSG mit der Begründung abgelehnt, das finanzgerichtliche Verfahren betreffe einen anderen Streitgegenstand und sei für das sozialgerichtliche Verfahren nicht vorgreiflich. Von diesem Rechtsstandpunkt aus hätte sich das LSG nur dann zur Beiziehung gedrängt fühlen müssen, wenn sich aus den Akten neue Erkenntnisse zu dem im Berufungsverfahren zu entscheidenden Sachverhalt ergeben konnten. Auch das hat die Beschwerde nicht dargelegt.
Die somit mangels ausreichender Darlegungen unzulässige Beschwerde ist entsprechend § 169 SGG zu verwerfen.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Fundstellen